Nach hitzigen Diskussionen stimmte im Jahr 2020 der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer der Förderung einer Polizeistudie zu. Damals wurde im Kontext der Veröffentlichung rechtsextremer Polizeichatgruppen eine Studie über Rassismus innerhalb der Behörden gefordert. Letztendlich einigte sich die große Koalition darauf, nicht explizit Rassismus, sondern allgemein den Arbeitsalltag deutscher Polizeibeamt*innen zu untersuchen. Gefördert wurde daraufhin die Studie „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“ (MEGAVO) unter der Leitung der Strafrechtsprofessorin Anja Schiemann, die nun ihren ersten Zwischenbericht vorlegt.[1]
Im Rahmen der Studie verschickte das Forschungsteam u. a. Fragebögen zum Berufsalltag und den Einstellungen der Polizist*innen an alle deutschen Polizeibehörden. Hinsichtlich der Einstellungen orientiert sich die Studie an den Fragen der Autoritarismus- bzw. „Mitte“-Studie der Universitäten Leipzig und Bielefeld und vergleicht die Angaben der Polizeibediensteten mit denen der Gesamtbevölkerung. Dabei wurde deutlich, dass Muslimfeindlichkeit und die Abwertung von Wohnungslosen in der Polizei überdurchschnittlich ausgeprägt sind. Auch gaben etwa 20 % der Befragten an, daran zu zweifeln, ob die parlamentarische Demokratie „noch die beste Staatsform“ sei; ähnlich viele stimmten der Aussage zu, Demonstrationen seien oft nur ein „Deckmantel für Menschen, die Krawall machen wollen“.
Die MEGAVO-Studie verfügt mit etwa 51.000 ausgefüllten Fragebögen über die wohl größte Stichprobe über die Einstellungen von Polizeibeamt*innen und birgt somit viel Potential für die Polizeiforschung. Zugleich müssen die Ergebnisse vor dem Hintergrund reflektiert werden, dass die Stichprobe nur einen Rücklauf von 16 % abbildet. Dies belegt einmal mehr den in der Polizei verbreiteten Unwillen, sich der Forschung zu öffnen. Besonders drastisch zeigte sich dieser in den Bundesländern Baden-Württemberg und Hamburg – dort verweigerten die Hauptpersonalräte die Teilnahme an der Studie völlig.