Zollkriminalamt weiter vierter Geheimdienst

Zum Jahresanfang trat die 10. Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) in Kraft. Damit verlängerte das Parlament zum dritten Mal die 1992 erstmals beschlossene und zunächst auf zwei Jahre befristete Befugnis des Zollkriminalamts (ZKA), als „vierter Geheimdienst“ zu agieren. Seit sechseinhalb Jahren kann das ZKA präventiv Post und Telekommunikation überwachen, um schwere Ausfuhrdelikte und Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu verhindern. Wegen der seit 1992 anhängigen Normenkontrollklage des Landes Rheinland-Pfalz entschied sich die Bundesregierung erneut für eine Befristung bis 2003.

Die Begründung des Gesetzentwurfs[1] liefert den Zweifel an der vorgeblichen Effizienz der präventiven Überwachung gleich mit: 143 „Sachverhalte“ habe das ZKA auf ihre „Eignung“ geprüft, in 30 Fällen wurde nach Zustimmung des Finanzministeriums eine richterliche Anordnung erwirkt, eine Maßnahme war im Sommer letzten Jahres noch im Gange. In den 29 abgeschlossenen Fällen wurden insgesamt 55 direkt betroffene sowie 21 Drittpersonen und 52 Firmen überwacht. Dabei ging es um „Anhaltspunkte“ (keine konkreten Verdachtslagen) für Embargobrüche und Lieferungen von atomaren und Rüstungsgütern in den Iran (acht Fälle), nach Libyen (6), Pakistan (4), Syrien (3), in den Irak (3), nach Jugoslawien (2), Nordkorea (1) sowie zwei weitere nicht näher spezifizierte Fälle der illegalen Waffenausfuhr und des Umgehungsexports.

Pro Fall waren durchschnittlich neun bis zehn Telekommunikationsanschlüsse sowie drei bis vier Postämter in die Kontrolle einbezogen. Die Anordnungen wurden meist über die ersten drei Monate hinaus verlängert (62 Erweiterungen und Verlängerungen, Durchschnittsdauer vier Monate). Eine Maßnahme ergab im Schnitt ca. 11.000 Dokumente.

In 15 Fällen hat man die gewonnenen Dokumente nach der Unterrichtung der Betroffenen ganz, in zweien teilweise vernichtet. Ebenfalls in 15 Fällen stellte das ZKA die Überwachung selber ein (darunter fünf bei denen sich die Annahmen definitiv nicht bestätigten, vier bei denen die Exporte wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder Geschäftsaufgabe nicht erfolgen konnten, drei weil „keine Durchführung des Geschäfts in naher Zukunft erkennbar war“).

Zu einem Anfangsverdacht reichte es bei 14 Fällen, wovon vier wieder eingestellt wurden. Bleiben drei rechtskräftige Verurteilungen, ein Urteil, gegen das die Staatsanwaltschaft in Berufung ging, eine Anklageerhebung und fünf noch dauernde Ermittlungen. Angesichts der hohen Erwartungen, die 1992 mit dem Gesetz verbunden waren, und bei dem Aufwand der einzelnen Überwachungen ist das nicht gerade viel.

[1]      BT-Drs. 14/1415 v. 20.7.1999