von M. Brusten
Ombudsmänner und ‚Police Complaints Authorities‘ stellen kein Patentrezept gegen polizeiliches Fehlverhalten dar. Doch können sie dazu beitragen, daß Fehlverhalten und Machtmißbrauch der Polizei in bürgernaher und demokratischer Weise kontrolliert und damit reduziert werden. Doch wichtiger als ihre Kontrollfunktion im Hinblick auf individuelles Fehlverhalten einzelner Polizeibeamter ist ihr Einfluß auf die Struktur der Polizei und auf das, was heute häufig mit dem englischen Ausdruck des ‚Policing‘ bezeichnet wird, d.h. die polizeilichen Strategien und Methoden der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Unser Autor, Prof. für Soziologie an der Universität (GHS) Wuppertal, hat in Australien vor Ort dieses System studiert.
1. Die Entwicklung der Beschwerdeinstitutionen in Australien
Die Formierung dieser neuen Institutionen ist zwar aufgrund der besonderen politischen Beziehungen des Landes zu Großbritannien vor allem durch die dortige Entwickung (aber auch durch ähnliche Einrichtungen in den USA und Canada) angeregt worden; doch handelt es sich dennoch keineswegs um Kopien, sondern um Institutionen, die innerhalb Australiens selbst hart erkämpft wurden. Besonders geprägt hat den ‚Australian way of the civilian oversight of law enforcement’1) jedoch eine für den Durchschnittsbürger der BRD geradezu irritierende politische Kultur, in der Mißtrauen gegenüber dem Staat kein Makel ist, sondern Ausdruck bürgerlichen Selbstbewußtseins und – im Zweifelsfall – auch Bürgerpflicht.
Trotz des gemeinsamen kulturellen Hintergrunds ist die Entwicklung der neuen Beschwerde-Institutionen in Australien keineswegs einheitlich verlaufen. Der Startschuß fiel Mitte der 70er Jahre auf Bundesebene: denn dort hatte bereits 1975 die ‚Australian Law Reform Commission‘ (ALRC) vorgeschlagen, dem für das Bundesterritorium um Canberra und für Bundesangelegenheiten in den austra-lischen Bundesstaaten zuständigen ‚Commonwealth Ombudsman‘ die Befugnis zur Kontrolle von Beschwerden gegen die Polizei zu übertragen. Dennoch beschränkte der neue ‚Ombudsman Act‘ von 1976 die Zuständigkeit zunächst noch – wie damals üblich – auf ‚Beschwerden gegen polizeiliche Verwaltungsakte‘. Erst nachdem die ALRC 1978 ihre Forderung wiederholte, daß der ‚Commonwealth Ombudsman‘ auch für Beschwerden über das Verhalten einzelner Polizeibeamter zuständig sein sollte, wurde diesem eigentlichen ‚Kernpunkt‘ einer demokratischen Kontrolle der Polizei in dem ‚Complaints Act‘ von 1981 Rechnung getragen.
Die meisten australischen Staaten folgten in den darauf folgenden Jahren – wenn auch in unterschiedlicher Weise – dem Vorbild auf Bundesebene und übertrugen die Kompetenzen zur Überprüfung von Beschwerden gegen die Polizei auf die bereits bestehende, geachtete und meist auch einflußreiche Institution des ‚Ombudsman‘ 2); so in New South Wales, Westaustralien, Tasmanien und im Northern Territory. In Süd-Australien und Victoria wurde diese Aufgabe dagegen neu geschaffenen ‚Police Complaints Authorities‘ (PCA) übertragen: relativ kleinen ‚Spezial-Behörden‘ für Beschwerden gegen die Polizei, deren Befugnisse und Zuständigkeiten jedoch im großen und ganzen denen des ‚Ombudsmann-Modells‘ entsprechen. Eine strukturelle Sonderrolle spielte von vornherein lediglich das ‚Police Complaints Tribunal‘ in Queensland, bei dessen Einrichtung 1982 der damalige Polizeiminister des Landes vor dem Parlament ausdrücklich hervor-hob, daß dieses ‚Tribunal‘ als ‚Antwort auf die ständigen Angriffe gegen die Rechtschaffenheit der Polizei‘ gedacht sei, als jederzeit verfügbares und unabhängiges Forum, das sich mit unbewiesenen Behauptungen und Beschwerden gegen ‚unsere Polizei‘ befaßt 3). Parallel zur Entwick-lung der neuen Beschwerde-Institu-tionen wurden innerhalb der australi-schen Polizei auf Bundes- und Lan-desebene ‚Police Internal Investiga-tion Branches‘ gebildet.
1.1 Police Internal Investigation Branches
Sie fungieren als eine Art Polizei in der Polizei und stellen als solche im Hinblick auf Personal und Kompetenz bestens ausgestattete Spezialabtei-lungen der Polizei dar, deren Hauptaufgabe darin besteht, die polizeilichen Ermittlungen von Disziplinar-, Beschwerde- und Strafverfahren gegen Polizeibeamte durchzuführen. Das heißt, auch innerhalb der Polizei selbst ist die Kontrolle des Fehlverhaltens einzelner Polizeibeamter den jeweiligen Vorgesetzten weitgehend entzogen. Diese polizeiinternen Untersuchungs-Abteilungen stellen damit de facto die entscheidenden Koopera-tions-Partner der neuen Beschwerde-Institutionen dar: denn sie erledigen in der Regel die konkrete Ermitt-lungsarbeit, weil nur sie über die hierzu notwendigen Experten und Fähigkeiten verfügen. Auch wenn diese polizeiinternen Untersuchungs-abteilungen besser geeignet sind als Vorgesetzte, um Beschwerden gegen Polizeibeamte effizient und scho-nungslos aufzuklären, bleiben selbst-verständlich dennoch gewisse Zwei-fel, ob Ermittlungen von Polizeibe-amten gegen Polizeibeamte auch wirk-lich ohne bias zugunsten der Polizei durchgeführt werden.
Andererseits ist jedoch zu befürchten, daß externe Er-mittlungen gegen Polizeibeamte zu einer kollektiven Abwehrhaltung der Polizei und schließlich sogar zu einer Unterminierung der polizeiinternen Disziplin führen könnten. Die hier getroffenen Konfliktregelungen sind daher eine Art Kompromiß und in den verschiedenen Bundesstaaten sehr un-terschiedlich: von der bloßen Über-prüfung der polizeilichen Ermitt-lungsberichte über das Recht zur Nachforderung weiterer Ermittlungen durch die Polizei bis hin zur Berechtigung, im Konfliktfall auch eigene, polizeiunabhängige Ermitt-lungen durch die jeweilige Beschwer-de-Institution selbst durchführen zu können 4).
1.2 ‚Facts and figures‘ für ganz Australien
Um Struktur und Funktion der neuen Kontroll-Institutionen beurteilen zu können, sind nicht nur die entsprechenden gesetzlichen Regelungen von Interesse, sondern vor allem auch die praktischen Erfahrungen mit der An-wendung dieser Gesetze. Auch wenn hierzu noch keine einheitlichen stati-stischen Daten vorliegen, so ergeben die Parlamentsberichte der für Be-schwerden über die Polizei zuständigen Ombudsmänner und Police Complaints Authorities doch zumindest erste Hinweise darüber, wie die ‚demokratische Kontrolle der Polizei‘ in Australien gegenwärtig tatsächlich funktioniert. Dabei ergeben sich für den gesamten Kontinent zur Zeit (1987/88) etwa folgende Daten: 5)
– Bevölkerung: ca. 16,5 Mio.
– Polizeipersonal insg. ca. 43.000
– davon Polizeibeamte ca. 37.300
– Anzahl der Beschwerden gegen
Polizeibeamte ca. 5.500
(d.h. etwa 1 Beschwerde pro
7 Polizisten)
– Personal der Ombudsmänner u.
Police Complaints Authorities,
das sich mit Beschwerden gegen
Polizeibeamte befaßt, ca. 55
– Personal der polizeiinternen Ab
teilungen, die u.a. die Ermitt
lungen bei Beschwerden aus der
Bevölkerung durchführen, ca. 350.
2. Die Police Complaints Authority in Südaustralien
Wer die neuen Kontroll-Institutionen nicht nur im Hinblick auf ihre allge-meinen Strukturen und ihre Unterschiedlichkeiten, sondern auch in bezug auf ihre konkrete Praxis kennenlernen will, wird gut tun, sich zu diesem Zweck zunächst einmal mit einer dieser Institutionen näher vertraut zu machen. Wir wollen uns daher im Folgenden nur noch mit der ‚Police Complaints Authority‘ in Süd-Australien befassen. 6)
Zu den strukurellen Rahmendaten der PCA von Süd-Australien gehört, daß die rund 150-jährige ‚Geschichte der Weißen‘ in diesem Bundesstaat – im Gegensatz zu anderen Staaten Australiens – nicht auf die Gründung einer englischen Strafgefangenen-Kolonie zurückzuführen ist, sondern ganz wesentlich auf den starken Zustrom deutscher Einwanderer, und daß die Landfläche dieses Staates (wenn auch größtenteils Wüste) etwa das Vierfache der BRD ausmacht. Dennoch leben in diesem Land insgesamt nur knapp 1,5 Millionen Menschen und von diesen wiederum rund 1 Million in der Hauptstadt Adelaide. Die Gesamtstärke der Polizei des Landes beträgt ca. 3.800 Beschäftigte, darunter ca. 3.500 Polizeibeamte. Bei der ‚Police Internal Investigation Branch‘ sind insgesamt 16 Personen beschäftigt, 11 Polizeibeamte und 5 Büroangestellte.
Im Office der PCA sind neben dem Chef der Institution (der eigentlichen ‚Police Complaints Authority‘) seit 1988 noch weitere 5 Personen vollzeit und hauptamtlich mit der Bearbeitung von Beschwerden gegen Polizeibeamte beschäftigt. Als Leiter der PCA kommen laut Gesetz nur anerkannte Rechtsanwälte oder aber erfahrene Richter eines höheren Gerichts in Frage. Die Ernennung der PCA erfolgt durch den Gouverneur des Staates; zunächst auf maximal 7 Jahre, eine Vertragsverlängerung ist jedoch möglich. Eine vorzeitige Entlassung der PCA ist dem Gouverneur nur aufgrund gesetzlich genau festgelegter Kriterien und nur mit Zustimmung des Landesparla-ments erlaubt. Alle Mitarbeiter im Büro der PCA werden dagegen vom Leiter dieser Institution selbst ausgewählt und angestellt. Die PCA hat sich im übrigen in besonderer Weise gegenüber dem Landesparla-ment zu verantworten und diesem jährlich einen ausführlichen Tätigkeitsbericht vorzulegen; unabhängig davon kann sie sich in dringenden Angelegenheiten auch jederzeit unmittelbar mit einem ’special report‘ an das Parlament wenden.
Die gesetzliche Grundlage der ‚Police Complaints Authority‘ ist der sogenannte ‚Police (Complaints and Disziplinary Procedings) Act‘, ein insgesamt rund 30seitiges und sehr detalliertes Gesetzeswerk, das am 1. September 1985 nach jahrelangen Kommissions-Verhandlungen und öffentlichen Debatten zwischen Politikern der verschiedenen Parteien, Wissenschaftlern, Vertretern von Polizeibehörden und der Polizeigewerkschaft sowie Repräsentanten von Bürger-rechtsbewegungen endlich in Kraft trat.
Nicht zuletzt wegen dieser in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Diskussionen über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer demokratischen Kontrolle der Polizei wissen die meisten Bürger in Südaustralien, daß sie sich seit 1985 ohne administrative Hürden kostenlos bei der ‚Police Complaints Authority‘ in Adelaide über Maßnahmen der Polizei oder das Verhalten einzelner Polizeibeamter beschweren können. Weitere Informationsquellen sind Berichte über die PCA in den Massenmedien sowie öffentliche Vorträge und Jahresberichte der PCA an das Parlament. Besonders bürgerfreundlich ist ein sehr informatives Faltblatt, in dem die PCA den Bürgern ihre neuen Rechte und die wesentlichen Aspekte des neuen Gesetzes in einer für jedermann verständlichen Form darstellt. Um die Breitenwirkung dieser Information sicherzustellen, ist dieses Faltblatt nicht nur im ‚Office‘ oder bei öffentlichen Auftritten der PCA zu erhalten, sondern praktisch überall dort, wo es gebraucht werden könnte: bei Anwälten, kommunalen Ämtern, Büros von Bürgerrechtsbewegungen, lokalen Politikern – und sogar bei der Polizei selbst.
Neben sachdienlichen Informationen über Status und Rechte der neuen PCA macht diese Broschüre den Bürgern – vor allem auch Bürgern aus unteren sozialen Schichten – Mut, ihre neuen Rechte auch wahrzunehmen.
2.1 Erste Erfahrungen mit den neuen Beschwerde-Regeln
Beschwerden gegen die Polizei sollen zwar möglichst schriftlich eingereicht werden. Doch ist die PCA auch bereit, die Angelegenheit vorher erst einmal durchzusprechen und bei der Abfassung der Beschwerde behilflich zu sein. Wenn nötig, wird bei Ausländern/ ethnischen Minderheiten sogar ein Übersetzer hinzugezogen. Selbst während des Beschwerdeverfahrens – etwa bei Zeugenvernehmungen durch die polizeilichen Untersuchungsbehörden – steht die PCA dem sich beschwerenden Bürger auf Verlangen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Strafgefangenen und Personen in Polizeigewahrsam muß von den betreffenden Behörden die Möglichkeit gegeben werden, sich jederzeit direkt an die PCA wenden zu können. Die entsprechenden Behörden sind daher verpflichtet, die hierzu notwendigen Hilfsmittel (Papier, Bleistift, Briefumschläge etc.) zur Verfügung zu stellen und verschlossene Beschwerdebriefe ohne Verzögerung an die PCA weiterzuleiten.
Beschwerden können aber auch im Auftrag oder im Namen eines anderen Bürgers eingereicht werden, was z.B. für Bürgerrechtsbewegungen wichtig ist, die sich für die Rechte der Ureinwohner Australiens, den ‚Aborigines‘ einsetzen, da diese selbst in der Regel mit Behörden nichts zu tun haben wollen oder aber nicht mit ihnen zurechtkommen.
Selbstverständlich werden die Untersuchungen von Beschwerden strikt vertraulich behandelt: wer dennoch Angst vor Repressalien hat oder aus anderen Gründen lieber anonym bleiben möchte, reicht seine Beschwerde damit noch keineswegs sogleich vergeblich ein. Auch wenn die PCA in solchen Fällen nicht verpflichtet ist, entsprechende Nachforschungen anzustellen, so weiß sie doch auch, daß bestimmte Mißstände (wie z.B. Bestechung und Korruption) möglicher-weise nur über anonyme Anzeigen ans Tageslicht kommen.
Wer indes absichtlich falsche Beschuldigungen gegen die Polizei erhebt, sollte auch wissen, daß es eine Straftat ist, wissentlich eine Beschwerde zu machen, die Unwahrheiten enthält. Es ist allerdings ebenso eine Straftat, jemanden daran zu hindern oder davon abzuhalten, eine Beschwerde gegen die Polizei einzureichen; ein besonders wichtiger Paragraph, der vor allem die Polizei selbst zu größtmöglicher Vorsicht im Umgang mit Bürgern mahnt, die sich über die Polizei beschweren möchten.
Die Erfahrungen der ersten 7 Jahre zeigen folgendes sehr deutlich:
* Die Gesamtzahl der Bürger Süd-Australiens, die sich über die Polizei be-schwert haben, hat sich inzwischen mehr als verdoppelt (von 334 auf 810),
* Die Bürger nehmen in zunehmendem Maße die Dienste der PCA unmittelbar in Anspruch (42,5:58,5),
* Sie haben auch mehr Mut, sich bei der Polizei selbst zu beschweren, weil sie wissen, daß auch die Bearbeitung dieser Beschwerden von der PCA überwacht wird.
Da die relativ rasch ansteigende Zahl der Beschwerden 7) inzwischen kaum noch zu bewältigen ist, sieht sich die PCA trotz großer Bedenken mittlerweile gezwungen, die eingehenden Beschwerden stärker nach ‚Wichtig-keit‘ zu selektieren und zu behandeln 8).
Um unnötige Kosten und Verzögerun-gen zu vermeiden, können sowohl der Chef der Polizei (Commissioner of Police) als auch die PCA vorschlagen, ihnen dafür geeignet erscheinende Be-schwerde-Fälle durch Schlichtung aus der Welt zu schaffen. Voraussetzung eines solchen Versuchs ist jedoch, daß alle Seiten, sowohl der Commissioner als auch die PCA und natürlich der sich beschwerende Bürger, damit einverstanden sind. Ist dies der Fall, dann kann ein Treffen zwischen den betreffenden Bürgern und Polizeibe-amten arrangiert und der Anlaß zur Beschwerde besprochen werden. Kann der Konflikt auf diese Weise tat-sächlich zur Zufriedenheit aller Beteiligten beigelegt werden, kann die PCA entscheiden, daß zu diesem Be-schwerdefall keine weiteren Ermitt-lungen angestellt werden müssen.
2.2 Anlässe zu Beschwerden über Polizeibeamte
Sehr differenziert registriert die PCA die jeweiligen Anlässe, die zu Be-schwerden geführt haben. Tab. 2 gibt hierüber nur einen relativ groben Überblick. Auch wenn die quantitative Verteilung der Beschwerden auf die hier unterschiedenen Kategorien auf den ersten Blick – im nachhinein – vielleicht wenig überraschend ist. Der PCA bietet sie jedenfalls erste Ansät-ze, um vor allem die besonders häufig vorgebrachten „Steine des Anstoßes“ für die Zukunft auszuräumen oder doch zumindest zu reduzieren. Neben Beschwerden treffen bei der PCA zahlreiche Anfragen von Bürgern ein, die sich auf polizeiliche Maßnahmen beziehen, die diese Bürger nicht ver-stehen oder für ungerechtfertigt hal-ten. Im Tätigkeits-zeitraum 1987/88 registrierte die PCA insgesamt 304 derartiger Anfragen, immerhin 52 von ihnen veranlaßten jedoch die PCA zu „offiziellen Nachforschungen“ ihrer-seits und dazu, die-se Anfragen zu Beschwerden umzuwerten.
2.3 Nichtverfolgung von Beschwerden
Unabhängig davon, ob die Bürger ihre Beschwerde bei der PCA oder der Polizei einreichen, liegt es laut Gesetz nur im Ermessen der PCA, ob entsprechende Untersuchungen eingeleitet werden oder nicht. Unter welchen Bedingungen die PCA von dem ihr zugestandenen Ermessen Gebrauch machen kann, ist jedoch wiederum im Gesetz genau festgelegt. Insgesamt wurde in den letzten drei Jahren rund ein Drittel der eingegangen Beschwerden aus den verschiedensten Gründen (zumindest vorläufig) nicht weiter verfolgt.
Wie Tab. 3 zeigt, werden Beschwerden, in deren Zusammenhang ein Ge-richtsverfahren ansteht, zunächst nicht weiter bearbeitet. Je nach Verlauf des Gerichtsverfahrens ist eine Behandlung der Beschwerde durch die PCA später jedoch durchaus noch möglich (z.B. dann, wenn der Gegenstand der Beschwerde im Gericht nicht zur Sprache kam). Die Polizei hatte sich im übrigen jahrelang gegen die Einführung einer PCA mit dem Argument zur Wehr gesetzt, viele Bürger würden leichtfertige, schikanöse und böswillige Beschwerden gegen Polzeibeamte einreichen. Die Erfahrungen der PCA in den ersten drei Jahren zeigen jedoch, daß der Anteil derartiger Beschwerden offenbar relativ gering ist.
Es besteht sicherlich kein Zweifel, daß die Einstellungspraxis der PCA trotz gewissenhafter Prüfung der jeweiligen Beschwerden nicht zuletzt auch auf subjektive Eindrücke, Erfahrungen und vorhandene Ressourcen zurückzuführen ist. Um jedoch die hierin liegenden Probleme in Grenzen zu halten, ist die PCA verpflichtet, in diesen Fällen nicht nur den Chef der Polizeibehörde, sondern auch den jeweiligen Beschwerdeführer entsprechend ausführlich zu informieren. Sollte der Beschwerdeführer mit der Einstellung des Verfahrens nicht ein-verstanden sein, kann er ohne große Umstände Widerspruch einlegen und um Neubehandlung seiner Beschwerde bitten.
Ein ganz entscheidender Punkt der neuen Regelung besteht darin, daß die Begutachtung und Bewertung des gesamten Beschwerdeverfahrens letztendlich ausschließlich in der Kompetenz und Zuständigkeit der polizeiunabhängigen PCA liegt.
2.4 Bewertung der Ergebnisse der Beschwerde-Ermittlungen durch die PCA
Dies gilt nicht nur für den Eingang der Beschwerden im Hinblick auf die Ent-scheidung, ob entsprechende Untersuchungen eingeleitet werden sollen oder nicht, sondern auch – im Gegensatz zu anderen Staaten – für die Bewertung der polizeilichen Ermittlungsergebnisse nach Vorliegen der betreffenden Untersuchungsberichte. Dabei richtet sich die Bewertung nicht nur auf die Ergebnisse der Untersuchung, sondern auch auf das professionelle Vorgehen der Polizei bei derartigen Ermittlungen.
Die bisher vorliegenden Daten (Tab. 4) dokumentieren, daß die polizei-un-abhängige Auswertung der polizeilichen Ermittlungsergebnisse durch die PCA in rund 2/3 aller untersuchten Beschwerdefälle ergab, daß den betreffenden Polizeibeamten ein vom Gesetz her zu beanstandendes Fehlverhalten nicht nachzuweisen und in weiteren rund 5% der Fälle eine eindeutige Beurteilung aufgrund der polizeilichen Ermittlungsergebnisse noch nicht möglich war.
In immerhin rund 30% der untersuchten Beschwerdefälle haben jedoch die polizeilichen Ermittlungen nach Einschätzung der PCA ohne Zweifel ergeben, daß das Verhalten der betreffenden Polizeibeamten zu Recht beanstandet wurde; auch wenn es sich hierbei nur zu einem geringen Teil um Straftaten oder Disziplinarvergehen handelte.
Im übrigen zeigt Tab. 4, daß viele vom Gesetz her vorgesehene Kategorien poli-zeilichen Fehlverhal-tens in der Praxis bislang kaum relevant waren.
Nun mag dieses Ergebnis zwar einerseits aus der Sicht der sich beschwerenden Bürger nicht gerade ermunternd sein; andererseits ist zu berücksichtigen, daß von vornherein nicht damit gerechnet werden kann, daß sich bei allen Beschwerden gegen Polizeibeamte – mögen sie objektiv oder subjektiv noch so berechtigt gewesen sein – im nachhinein der Beweis für ein Fehlverhalten der beschuldigten Polizisten erbringen läßt. Dabei können die Gründe für Fehlanzeigen durchaus unterschiedlich sein:
* In vielen Fällen wird Aussage gegen Aussage stehen, ohne daß entschieden werden kann, wer Recht hat.
* In anderen Fällen mag die Beschwerde an sich durchaus berechtigt sein, das Verhalten des betreffenden Polizeibeamten angesichts der konkreten Handlungssituation aber dennoch kaum zu beanstanden.
* In wieder anderen Fällen werden sich Bürger aus Unkenntnis der tatsächlichen Befugnisse der Polizei beschweren, subjektiv also durchaus verständlich, objektiv aber unbegründet.
Doch auch ‚Fehlanzeigen‘ der beiden letzten Kategorien sind keineswegs ‚Pannen‘, sondern sie unterstreichen nur auf andere Weise die Wichtigkeit einer polizei-unabhängigen Beschwerde-Institution für das Verhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung; denn viele Beschwerden bieten nicht zuletzt die beste Gelegenheit, sich über Befugnisse und Arbeitsbedingungen von Polizeibeamten genauer zu informieren.
2.5 Die PCA als Institution struktureller Prävention polizeilichen Fehlverhaltens
Doch wäre es nach Ansicht der Vertreter der australischen Beschwerde-Institutionen auch aus anderen Gründen völlig falsch, den Erfolg von Be-schwerden nur daran zu messen, ob einzelnen Polizeibeamten Fehlverhalten nachgewiesen werden kann oder nicht. Andere Erfolgskriterien könnten wichtiger sein:
* Da alle Beschwerden statistisch erfaßt werden, werden einzelne Polizeibeamte oder Polizeieinheiten, die immer wieder mit den verschiedensten Bürgern in Konflikt geraten, über kurz oder lang doch als Problem-Polizisten erkannt, auch wenn einzelne Beschwerden nicht durch entsprechende Ermittlungsergebnisse bestätigt werden können.
* Allein die Tatsache, daß Bürger Beschwerden einreichen können, entsprechende Ermittlungen durchgeführt werden und die Ermittlungsergebnisse von einer polizei-unabhängigen Instanz überprüft werden, veranlaßt viele Polizeibeamte, ihr Verhalten selbst stärker ‚unter Kontrolle‘ zu halten, sowohl gegenüber den Bürgern als auch im Hinblick auf die ‚Professionalität‘ ihrer Ermittlungsar-beit.
* Die Bürger wissen, daß sie im Zweifelsfall der Polizei gegenüber nicht hilflos und ohnmächtig sind, auch wenn dies oft mehr von ‚psychologischer‘ als von tatsächlicher Bedeutung ist. Beschwerden können aber auch ein wichtiges ‚Ventil‘ zur Äußerung von Unmut sein, hinter dem die Bedeutung des eigentlichen Beschwerdeanlasses dann oft weit zurückfällt; und die Existenz dieses ‚Ventils‘ beeinflußt nicht nur das Verhalten der Bürger gegenüber der Polizei, sondern letztendlich auch das Verhalten der Polizei gegenüber dem Bürger, weil sich Konflikte zwischen ihnen weniger schnell ‚aufschaukeln‘.
2.6 Die PCA als Instanz sozialer Kontrolle der Polizei
Die scheinbar insgesamt relativ geringe Erfolgsquote der Beschwerden wird von vielen Bürgern allerdings immer noch als Indiz dafür gewertet, daß die Polizei trotz der polizei-unabhängigen PCA auch weiterhin in der Lage ist, die Ermittlungen so zu führen, daß aus Beschwerden Fehlanzeigen werden. Doch besteht kein Zweifel: unter der Aufsicht der neuen PCA ist ein polizei-interner ‚White-Wash‘ zumindest ganz erheblich erschwert und für die Polizei mit großem Risiko verbunden. Zu den in diesem Zusammenhang wichtigsten gesetzlichen Regelungen gehören:
* Die PCA kann den Polizeibericht über die Ermittlungen in einem konkreten Beschwerdefall als unzulänglich zurückweisen, sie kann zusätzliche und weitergehende Ermittlungen seitens der Polizei fordern oder – falls nötig – weitere Untersuchungen sogar selbst durchführen; wobei vor allem letzteres eine kaum noch zu überbietende Möglichkeit der Kontrolle der Polizei darstellt.
* Auch im Hinblick auf die Regelung von Konflikten zwischen Polizei und PCA ist die Position der PCA relativ stark. Zwar sendet die PCA ihre Beurteilung der polizeilichen Beschwerde-Ermittlungen zunächst zur Stellungnahme dem Chef der Polizei; doch hat dieser damit keineswegs das letzte Wort in der Sache. Denn sollte der Polizeichef mit der Bewertung des Falles nicht einverstanden sein (was bislang in Süd-Australien nur in ca. 5% der Fälle vorkam), dann ist vom Gesetz her vorgesehen, daß der Polizeichef zunächst mit der PCA Rück-sprache nimmt. Führt auch dies nicht zu einer Übereinstimmung der Beurteilung, muß der Fall dem zuständigen Minister zur Entscheidung bzw. Vermittlung vorgelegt werden. Sollte die PCA jedoch auch mit dem Vorschlag des Ministers nicht einverstanden sein, bleibt ihr immer noch der Weg zum Parlament und damit an die Öffentlichkeit.
* Die PCA ist verpflichtet, nach Abschluß einer Beschwerde-Untersuchung sowohl den von der Beschwerde betroffenen Polizeibeamten als auch den beschwerdeführenden Bürger über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens und dessen Beurteilung ausführlich zu informieren. Damit erhält der Bürger nicht nur ein offizielles Dokument, sondern zugleich auch die Möglichkeit, auf der Basis dieses Berichts erneut vorstellig zu werden. Es versteht sich fast von selbst, daß auch diese Endkontrolle durch den Bürger selbst nicht nur die PCA, sondern auch die Polizei zu äußerst sorgfältigem Umgang mit der Beschwerde veranlaßt.
2.7 Empfehlungen der PCA im Hinblick auf die zutreffenden Maßnahmen
Der PCA obliegt nicht nur die Aufgabe, die Ermittlungsergebnisse der Polizei in Beschwerdefällen daraufhin zu überprüfen, ob das Verhalten des betreffenden Polizeibeamten nachweislich zu beanstanden ist oder nicht. Vielmehr soll die PCA dem Chef der Polizei darüber hinaus auch empfehlen, welche Maßnahmen in jenen Fällen zu treffen sind, in denen die Beschwerde eines Bürgers durch die entsprechenden Ermittlungsergebnisse gestützt wird. Das neue Gesetz bietet hierzu folgende Empfehlungsmöglichkeiten:
* Die betreffenden Polizeibeamten wegen des Begehens einer Straftat oder eines Disziplinarvergehens zur Rechenschaft zu ziehen,
* eine polizeiliche Entscheidung, die Anlaß zu einer Beschwerde gab, nochmals zu überdenken, zu ändern oder ganz zurückzunehmen oder aber entsprechende Gründe für die polizeiliche Entscheidung vorzulegen,
* die Auswirkungen einer polizeilichen Entscheidung, Maßnahme oder deren Unterlassung zu beseitigen, zu mildern oder zu kompensieren,
* eine gesetzliche Regelung Vorschrift, Verfahrensweise oder Politik, die zu einer zu beanstandenden Entscheidung, Maßnahme oder deren Unterlassung seitens der Polizei geführt hat, zu ändern,
* andere Konsequenzen vorzuschlagen bezüglich der Ausstattung der Polizei, bestimmter Praktiken des Polizeialltags, der Arbeitsbedingungen und der Ausbildung von Polizeibeamten.
Sowohl die gesetzlichen Vorgaben als auch die Praxis der PCA zeigen, daß sich die neue Beschwerde-Institution keineswegs damit begnügt, individuelles Fehlverhalten einzelner Polizeibeamter zu verfolgen. Auch wenn alljährlich etliche Beschwerden in Straf- oder Disziplinarverfahren gegen die betreffenden Polizisten münden 10), so liegt die besondere Bedeutung der PCA doch vor allem darin, daß die aufgrund von Beschwerden eingeleiteten Untersuchungen zu Emp-fehlungen führen, die in erster Linie auf strukturelle Veränderungen der Bedingungen polizeilichen Handelns abzielen: auf die Korrektur ungeeigneter Gesetze, Erlasse oder Verfügungen, auf Änderungen bestimmter Polizeipraktiken, Routinen, Arbeitsbedingungen und Ausstattungen sowie auf Änderungen in der Ausbildung und in der Einstellung von Polizeibeamten. Hierzu geben die Be-schwerden der Bürger im Einzelfall aber auch – über systematische Regi-strierung und Analyse – in ihrer Gesamtheit der PCA immer wieder viele äußerst wertvolle Anregungen.
*) Der vorliegende Beitrag geht auf eine ‚explorative Recherche‘ zurück, die ich mit finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) von Oktober 1987 bis Januar 1988 in verschiedenen Bundesstaaten Australiens durchgeführt habe. Ausführlichere Informationen über das hier zugrunde liegende Forschungsprojekt: Brusten 1988.
1) So lautet inzwischen die englische Fachbezeichnung für alle formen institu-tionalisierter Bürgerkontrolle über die Polizei. Seit 1985 bietet die damals gegründete ‚International Association for Civilian Oversight of Law Enforcement (IACOLE) allen Interessierten ein professionelles Forum des gegenseitigen Informations- und Meinungsaustauschs. Anfang 1990 hatte IACOLE bereits 133 Mitglieder: 78 ‚regular members‘ (Vertreter der entsprechenden Kontrollinstitutionen) und 55 ‚associate members‘ (Wissen-schaftler, Polizeiangehörige). 65 Mitglie-der kommen aus USA, 44 aus Canada, 8 aus Europa (England, Irland, Nordirland, ein BRD-Professor für Soziologie), 8 aus Australien und 8 aus New Zealand, Hongkong, New Guinea und Israel. Wei-tere Information: IACOLE, 12 Wesley Avenue, Evanston, Illinois 60202, USA.
2) Im bevölkerungsreichsten Bundesland Australiens New South Wales (ca. 5,5 Mio) hatte das Büro des Ombudsmanns (1974 eingerichtet und seit 1978 auch zu-ständig für Beschwerden gegen Polizeibeamte) im Jahre 1987 bereits einen Personalbestand von insgesamt 65 Beschäftigten; davon insgesamt 17 im Bereich Polizei (von diesen wiederum 10 ehemalige Polizisten) zur Bearbeitung von jährlich über 2000 Beschwerden.
3) Obwohl die unterschiedlichen Strukturen und Entwicklungen dieser neuen In-stitutionen in Australien ein geradezu einmaliges Feld für eine entsprechende vergleichende Institutionen-Analyse und zugleich einen äußerst anregenden An-schauungsunterricht im Hinblick auf die institutionellen Möglichkeiten der Kontrolle polizeilichen Fehlverhaltens bieten, muß hier selbstverständlich aus Platzgrün-den auf eine differenziertere Analyse der unterschiedlichen ‚Modelle‘ verzichtet werden. Siehe stattdessen die vergleichende Darstellung in Pidgeon 1986 und Brusten 1988 bzw. die dort angegebene Spezialliteratur zur Entwicklung in den einzelnen Bundesstaaten Australiens. Im übrigen wurde die PCA von Victoria – nach heftigen Kontroversen mit der Polizei – inzwischen (Mai 1988) wieder aufgelöst und ihre Funktion – wie in anderen australischen Staaten – dem Büro des zuständigen Ombudsmanns übertragen. Auch das Police-Complaints-Tribunal von Queensland wurde (1989) – infolge der Empfehlungen einer parlamentarischen Untersuchungskommission, (der ‚Fitz-gerald Commission Inquiry‘), die sich speziell mit Problemen der Polizei-Korruption in Queensland befaßte, umstrukturiert.
4) Die Ermittlungen bei Beschwerden, die sich gegen Mitglieder der IIB oder gegen hochrangige Polizeibeamte richten, werden von vornherein von den zuständigen Ombudsmännern bzw. PCA selbst durchgeführt.
5) Ein besonderes organisatorisches Problem der Kontrolle ergibt sich aus der Besiedlungsstruktur des Landes. Da der weitaus größte Teil der Australier in den jeweiligen Landes-Hauptstädten und deren unmittelbarer Umgebung lebt, sind auch die neuen Beschwerde-Institutionen im wesentlichen auf diese urbanen Zentren beschränkt und für ländliche Gebiete z.T. andere Regelungen vorgesehen.
6) Die Entscheidung für eine ‚exemplarische Darstellung‘ der neuen Beschwerde-Institutionen am Beispiel der PCA in Süd-Australien erklärt sich zum einen durch die relativ ‚modellhafte‘ Struktur und Funktionsweise dieser Insti-tution, zum anderen daraus, daß die ‚explorative Recherche‘ in Südaustralien durch mehr Zeit, persönliche Kooperationsbereitschaft der Interviewpartner (PCA, Polizei und ‚kritische Öffentlichkeit‘) sowie durch die vielfältige Unterstützung seitens der ‚National Police Research Unit‘ (NPRV) in Adelaide, die nicht nur den Anstoß zu dieser Recherche gab, sondern zugleich auch für mehrere Wochen den hierzu erforderlichen Arbeitsplatz zur Verfügung stellte, besonders günstig war.
7) Dies ist nicht zuletzt ein Indiz dafür, in welchem Umfang Beschwerden von Bürgern durch die ‚traditionellen Kontrollsysteme‘ (wie etwa in der BRD) ‚unterdrückt‘ werden. Im Vergleich zu den übrigen Bundesstaaten Australiens ist jedoch der Anstieg der Beschwerden und die Zahl der Beschwerden in der Relation zur Polizeistärke in Süd-Australien besonders markant und wohl nicht zuletzt auf die hohe Akzeptanz der PCA in Adelaide (und damit auf ihren besonderen Stil im Umgang mit Polizei und Bürgern) zurückzuführen.
8) Zudem läßt sich der Arbeitsanfall nicht unbedingt an der bloßen Anzahl der eingehenden Beschwerden ablesen, denn in vielen Beschwerden werden gleich meh-rere Beschuldigungen gegen (mehrere) Polzeibeamte vorgebracht, denen dann auch im einzelnen ’nachgegangen‘ werden muß. So enthalten z.B. die 641 Beschwerden des Berichtszeitraums 1987/88 insgesamt 1.146 Beschuldigungen gegen Polizeibeamte.
9) Tab.3 berücksichtigt lediglich die Entscheidungen der PCA in bezug auf Be-schwerde-Fälle, die im jeweiligen Jahr eingereicht wurden (wobei die Angaben für 86/87 aus dem entsprechenden Jahresbericht der PCA selbst rekonstruiert werden mußten). Sie berücksichtigt nicht, daß zumindest ein Teil der Beschwerdefälle, die nur vorläufig von der PCA eingestellt werden, weil in diesen Fällen auch Gerichtsverhandlungen anstehen, später doch noch von der PCA als Beschwerdefall weiterverfolgt werden. Die Zahl der Beschwerden, die seitens der PCA endgültig nicht weiter bearbeitet werden, ist also insgesamt geringer als in der Tabelle ausgewiesen.
10) So z.B. die Empfehlung zur Einleitung von vier Strafverfahren und insge-samt 26 Disziplinarverfahren gegen 13 Polizeibeamte im Berichtszeitraum 87/88. Eine differenziertere statistische Analyse über den Ausgang dieser Straf- und Disziplinarverfahren liegt z.Z. wegen der insgesamt noch zu geringen Zahl, wegen der Länge der Verfahren und der Komplexität der Fälle noch nicht vor. Zu den von der PCA in Süd-Australien für derartige Fälle entwickelten ‚Maßstäbe und Regeln‘ siehe jedoch Ch. Haskett 1989.
Literatur:
Brusten, M., Kriminalität in der Polizei, in: GdP (Hg.). Zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Berufsethos des Polizeibeamten. Düsseldorf 1986, S. 9-15
Brusten, M., Neue Wege zur demokratischen Kontrolle der Polizei? Die ‚Police Complaints Authorities‘ in Australien als Anregung und Vorbild für eine kriminal- und polizeipolitische Diskussion in der BRD. In: Kaiser, G./Kury, H/Albrecht, H.J. (Hg.), Kriminologische Forschung in den 80er Jahren. MPI-Eigenverlag, Bd. 35/1, 1988, S. 157-190
Cunningham, A., Police Complaints Authority, in: The Police Journal of the South Australian Police Association. 11/1986, S. 38-42
Cunningham, A., (PCA – South Australia), Oversight of Policing in Remote Areas, in: International Association for Civilian Oversight of Law Enforcement (IACOLE), Proceedings of the Second Annual Conference, Miami Beach, Florida, Dec. 1-4 1986, S. 75 – 105.
Haskett, C.M., Civilian Oversight in Times of Stormy Weather. The Experience of South Australia. In: Police Complaints Authority Annual Report, 1st July 1987 to 30. June 1988, Adelaide 1989, S. 28-32
Law Reform Commission, Complaints against Police (Report No 1), Australian Government Publishing Service, Canberra 1975
Law Reform Commission, Complaints against Police – Supplementary Report (No 9), Australian Government Publishing Service, Canberra 1978
Masterman, G.G. (Ombudsman of New South Wales), Special Report to Parliament: The First Three Years of the New Police Complaints System. Sydney 1987
Pidgeon, S., Complaints against Police: Legislation and Issues in Australia. Theseis submitted for the Degree of Master of Public Law of the Australian National University. Canberra 1986
Rowett, G.D. (Senior Sergeant of the South Australian Police Department in Adelaide), Investigation of Complaints against Police in Australia and Overseas, in: Police Journal, 1/1986, S. 2-13