Dokumentation:
Die künftige Gliederung der Polizei des Landes Brandenburg steht noch nicht abschließend fest. Neben der Polizeiabteilung im Innenministerium wird es voraussichtlich eine Landeskriminaldirektion, ein Wasserschutzpolizeipräsidium, eine Bereitschaftspolizeiabteilung, eine Zentrale Beschaffungsstelle und eine Fortbildungseinrichtung geben. Man diskutiert für die Ortsebene noch verschiedene Organisationsmodelle. Die bisherigen Volkspolizei-Kreisämter sind jedenfalls keine geeignete Basis.
Unter den bisher vorliegenden Vorschlägen dürfte der Bildung von fünf oder sechs Polizeipräsidien, die jeweils mehrere bisherige Kreise abdecken und ohne Mittelinstanz unmittelbar dem Ministerium des Innern unterstehen, Vorrang gegeben werden.
Solange hierüber noch keine Entscheidung gefallen ist, fällt eine gezielte und breitgefächerte Beratung durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes und durch Verwaltungsbeamte des Landes Nordrhein-Westfalen beim Aufbau der Polizeibehörden aller Stufen im Lande Brandenburg noch schwer. Z. Zt. sind deshalb noch relativ wenige Beamte vorübergehend zur schwerpunktmäßigen Beratung in Grundsatzfragen nach Brandenburg entsandt. Der ehemalige Inspekteur der Polizei des Landes NRW Dietel und der ehemalige Direktor der Bereitschaftspolizei NRW Dr. Gintzel sind seit Ende August als Berater in Potsdam tätig.
Nach der Regierungsbildung und den Organisationsentscheidungen aber wird ein großer Bedarf an Beratung und Unterstützung in Brandenburg gedeckt werden müssen. Es ist deshalb erfreulich, daß sich mehr als 600 Polizeivollzugs- und Verwaltungsbeamte für eine Tätigkeit in Brandenburg gemeldet haben. Vertreten sind alle polizeilich relevanten Bereiche, so daß ein alsbaldiger Einsatz möglich wird. Auf dem Hintergrund der mehr als 600 Meldungen ist hierzu vom Innenministerium NRW bereits ein vorläufiges Konzept entwickelt worden, daß nach Abstimmung mit Brandenburg dann konkretisiert wird. Die Auswahl und Benachrichtigung der Beamten, die sich als Berater gemeldet haben, wird anschließend vorgenommen. Eine Aussage zum Zeitpunkt läßt sich aber im Augenblick noch nicht machen. Dieser „Schwebezustand“ hat freilich nicht daran gehindert, bereits eine große Anzahl von Fortbildungsveranstaltungen für Polizeikräfte der ehem. DDR in Nordrhein-Westfalen anzubieten und durchzuführen.
Nach einer Vielzahl von Informationsgesprächen und mehreren Arbeitsbesprechungen und Vertretern der Volkspolizei über notwendige Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sind folgende Unterstützungsmaßnahmen vereinbart und in Teilen bereits begonnen und abgeschlossen worden:
* Teilnahme von Angehörigen der ehemaligen Deutschen Volkspolizei an laufenden Fortbildungsseminaren des Landes NRW.
Im September/Oktober nahmen 35 Teilnehmer an 9 Seminaren bei der Landeskriminalschule, 36 Teilnehmer an 6 Seminaren bei der Höheren Landespolizeischule in Münster teil. Dieses Programm wird fortgeführt.
* Sonderseminare für DVP-Angehörige.
Bisher richtete die LKS ein Seminar „Inpol“ aus, an dem 8 Angehörige der Kriminalpolizei aus den Bezirken Frankfurt/Oder, Cottbus und Potsdam teilnahmen. Es umfaßte auch eine Grundinformation über den Datenschutz.
* Grundseminar „Polizei im demokratischen Verfassungsstaat“.
Bis Ende des Jahres 1990 finden 6 Seminare mit je etwa 20 Teilnehmern in der Katastrophenschutzschule Wesel und in der Außenstelle der HLPS Schloß Schellenberg über einen Zeitraum von je 4 Wochen statt. Den Teilnehmern soll das Bild einer demokratisch-rechtsstaatlichen Polizei vermittelt werden, das an einer bürgernahen polizeilichen Aufgabenerfüllung orientiert ist. Inhaltlich reicht das Angebot von Staats- und Verfassungsrecht über die Grundzüge des Eingriffsrechts bis zur Darstellung kooperativer Führung. Diese wird auch praktisch durch Hospitationen in den unterstützenden Behörden OKD Wesel und PP Essen erlebbar. Die Seminare werden durch Sonderveranstaltungen begleitet.
Die ersten zwei Seminare mit 20 zukünftigen Fachlehrern für die Ausbildung sind bereits in Wesel und in Essen durchgeführt worden.
* Unterstützung bei der Auswahl von zukünftigen Fachlehrern und Konfliktbewältigungstrainern.
Mit intensiver Unterstützung durch die Direktion der Bereitschaftspolizei wurden im September 25 Angehörige der Polizei im Land Brandenburg nach einer entsprechenden Ausschreibung als zukünftige Fachlehrer ausgewählt, ebenso 31 Personen für die zukünftige Tätigkeit als Ausbilder in der Bereitschaftspolizei. Beide Personengruppen werden ab November durch die BPD auf ihre künftige Tätigkeit vorbereitet. Die Fachlehrer haben zuvor das Grundseminar absolviert. Die Ausbildung der durch die HLPS ausgewählten künftigen vorerst 11 Konfliktbewältigungstrainer wird später auch von der HLPS übernommen.
* Ausbildung von Angehörigen des Mittleren Dienstes.
Ab November übernimmt das Land NRW (durch die BPD) die Ausbildung von 170 Berufsanfängern, 23 werden vom Saarland ausgebildet. Diese Ausbildung wird als 1. Ausbildungsjahr ausgestaltet; die folgende Ausbildung schließt sich später in Brandenburg an.
* Unterstützung der Fortbildung von Angehörigen des geh. und mittleren Dienstes.
In Zusammenarbeit mit dem Saarland und Mitarbeitern der Polizeischule Potsdam haben Fachbereichsleiter der HLPS auf der Basis des in NRW durchgeführten Grundseminars ein Curriculum entwickelt, das ab Ende November/Anfang Dezember zur Fortbildung des genannten Personenkreises angewendet werden soll. Am Ende der vorgesehenen vierwöchigen Seminare werden nordrhein-westfälische Kollegen notwendige Unterstützung leisten.
Die vom Land NRW angeboteten Fortbildungsveranstaltungen beschränken sich in diesem Jahr auf ausgewählte Schwerpunkte des Fortbildungsprogramms. In den nächsten Jahren wird voraussichtlich das gesamte Fortbildungsprogramm angeboten werden können, soweit hierzu ein Bedarf vom Land Brandenburg angemeldet wird.
Über den Fortgang der Unterstützungmaßnahmen des Landes wird die „Streife“ weiter berichten.
Aus: Die Streife, Nr. 11/29. Jg. November 1990