von Otto Diederichs
Trotz anhaltender Hitzewelle mit z.T. bis zu 35o C ist es dennoch gelungen, Bürgerrechte & Polizei/CILIP rechtzeitig zum Ende der allgemeinen Ur-laubssaison in die Briefkästen zu bekommen. Hierfür bedanken wir uns auch bei unseren AutorInnen, die der Hitze zumeist ebenso trotzen mußten.
Zum Schwerpunkt:
Als polizeiliches Fachgebiet ist der Staatsschutz zuständig für die Spionage-abwehr, den Schutz hochrangiger Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft – und eben für die Aufklärung und Verfolgung aller als „politisch motiviert“ eingestuften Straftaten. Was das im Ergebnis bedeutet, hat der frühere Leiter des Berliner Staatsschutzes auf folgenden klaren Nenner gebracht: „Für Diebstahl, Betrug oder Urkundenfälschung sind wir im Grunde genommen nicht zuständig. Und auch nicht für Hausfriedensbruch. Aber: wenn dies aus politischer Überzeugung geschieht, dann sind wir für alle Delikte, die das Strafgesetzbuch sanktioniert, zuständig. Auch für Diebstahl.“1
Im öffentlichen Bewußtsein allerdings kommt der polizeiliche Staatsschutz so gut wie gar nicht vor. In der Rolle der ‚Politischen Polizei‘ ist er hier längst vom Inlandgeheimdienst Verfassungsschutz2 abgelöst worden. Das allerdings ist offenkundig ein Trugschluß.
Folgt man innenministeriellen Verlautbarungen oder den Bekundungen aus Polizeikreisen, so sind Staatsschutzkommissariate lediglich Fachabteilungen wie andere auch. Irgendwie scheint dies dann aber doch wieder nicht so ganz der Fall zu sein. Wie anders ist es zu erklären, daß sich der polizeiliche Staatsschutz konsequent mit einer Aura der Geheimhaltung umgibt. Aussage-kräftige Literatur zu diesem Thema ist äußerst dünn gesät und mußte geradezu detektivisch zusammengetragen werden (siehe S. 86). Selbst statistisches Material, das aufgrund seines Alters lediglich noch von zeitgeschichtlichem Wert sein kann, wurde mit dem Verweis auf einen immer noch fortdauernden Verschlußsachen-Schutz verweigert (siehe S. 47). Warum bis zu 30 Jahre alte Zahlen heute noch VS-würdig sein könnten, vermochte allerdings auch niemand zu erklären. Ähnliches gilt für die Suche nach GesprächspartnerInnen, die bereit waren, über ihre Arbeit zu reden. Während angesichts der historischen Veränderungen und der neuen (welt)politischen Situation allenthalben – wenn auch nicht immer ganz freiwillig – über eine Reduzierung oder totale Abschaffung der Geheimdienste (insbesondere des Verfassungsschutzes) nachgedacht wird, ist der polizeiliche Staatsschutz davon völlig ausgenommen. Ohne daß hierzu bislang irgendwelche Änderungsabsichten bekannt geworden wären, soll an ihm unvermindert festgehalten werden.
Um so richtiger erscheint daher der Entschluß, den polizeilichen Staatsschutz einmal im Rahmen eines Schwerpunktheftes etwas ausführlicher zu behandeln. Dabei ist ein Teilaspekt – die Datenverarbeitung – bewußt ausgeklammert worden, da sich das letzte Schwerpunktheft von Bürgerrechte & Polizei/CILIP ausführlich damit befaßt hat. 3
Die nächste Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP (erscheint Ende November) wird ebenfalls ein bislang eher vernachlässigtes Thema aufgreifen, das gegenwärtig jedoch immer heftiger in den Vordergrund drängt: Private Sicherheitsdienste.