Chronologie

zusammengestellt von Martina Kant

Juli 1993

01.07.: Das neue Asylrecht tritt in Kraft. Es sieht u.a. vor, Asylsuchende, die aus einem sog. sicheren Drittland einreisen wollen, umgehend zurückzu-schicken.
Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) wurden bis Ende Juni von Rechtsextremisten 9 Menschen getötet. Insgesamt wurden 971 Gewaltdelikte mit rechtsextremistischem Hintergrund verzeichnet.
Wegen polizeilicher Fehleinschätzung und Untätigkeit bei einem Skinhead-Konzert in Prieros am 19.6. läßt Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel (SPD) gegen zwei verantwortliche Polizeiführer disziplinarische Ermittlungsverfahren einleiten. Trotz Anzeigen über Heil-Hitler-Rufe war die Polizei nicht eingeschritten.
02.07.: Nach Angaben des Nachrichtenmagazins ‚Der Spiegel‘ soll das Bundesamt für Verfassungsschutz von 1980 bis 1985 im Rahmen einer sog. ‚counter-Operation‘ authentische Personendaten von 800 BundesbürgerInnen aus dem Geheimdienstcomputer NADIS an den Staatssicherheitsdienst der früheren DDR geliefert haben.
06.07.: Nach Pressedarstellungen hat der Bundesnachrichtendienst (BND) während des Iran-Irak-Krieges in den 80er Jahren an beide Kriegsparteien Spionageelektronik und Militärtechnik geliefert. Der BND bestreitet den Vorwurf.

07.07.: Manfred Kanther (CDU) wird zum Nachfolger des wegen der GSG-9-Aktion in Bad Kleinen zurückgetretenen Innenministers Rudolf Seiters (CDU) ernannt.
Die Teilergebnisse zweier Gutachten aus Lübeck und Münster zur Tötung des mutmaßlichen RAF-Mitglieds, Wolfgang Grams, ergeben, daß der aufgesetzte tödliche Kopfschuß nicht von einer der eingesetzten untersuchten Polizeiwaffen stammt. Das Münsteraner Gutachten hält Grams eigene Waffe als Tatwaffe für möglich. Ein drittes (Teil)Gutachten aus Zürich kommt zum selben Ergebnis. Wer den tödlichen Schuß abgab, bleibt in allen Gutachten ausgeklammert. Die dritte, bisher unbekannte Person, die bei der Festnahmeaktion in Bad Kleinen anwesend war, wird am 15.7. als V-Mann Klaus Steinmetz enttarnt. Er war seit zwei Jahren auf die RAF-Kommandoebene angesetzt. Am 12.8. bestätigt die Schweriner Staatsanwaltschaft die Eröffnung von Ermittlungsverfahren gegen zwei GSG-9-Beamte wegen des Verdachts des Totschlags an Grams. Wegen der Einsatzpannen in Bad Kleinen kommt es am 3.9. zur Ablösung des Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Gerhard Köhler. Weitere personelle und strukturelle Veränderungen im BKA kündigt Innenminister Kanther an.
36 von der Abschiebung bedrohte Asylsuchende im Transitbereich des Frankfurter Flughafens treten in den Hungerstreik.
Aufgrund der Änderung des Opferentschädigungsgesetzes, das bislang nur für EG-BürgerInnen galt, können nun rückwirkend zum 1. Juli 1990 auch ausländische Gewaltopfer, die sich drei Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, wie Deutsche volle Leistungen erhalten.
Der Bundesrat billigt die Gesetze zum Schengener Abkommen. Am 18.10. teilen die Europaminister der Unterzeichnerstaaten die Verschiebung des vorgesehenen freien Grenzverkehrs von Dezember ’93 auf Februar 1994 mit. Grund sind Probleme mit dem ‚Schengener Informationssystem‘ (SIS).
12.07.: Der Kolumbianer Oscar García Escobar wird im bisher größten deutschen Drogenprozeß vom Mainzer Landgericht wegen Handels mit 2 Tonnen Kokain und 8,5 Tonnen Marihuana zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Der Drogenhandel war durch einen V-Mann und mittels einer BKA-Scheinfirma eingefädelt worden.
Im Prozeß um die diesjährigen Mai-Krawalle in Berlin wird ein 21jähriger Mann, der seit dem 1. Mai in Untersuchungshaft gesessen hatte, wegen eines Flaschenwurfs auf PolizistInnen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung ver-urteilt.
14.07.: Das baden-württembergische Innenministerium spricht ein Verbot der rechtsextremistischen ‚Heimattreuen Vereinigung Deutschlands‘ aus.
Bei einer friedlichen Demonstration von 500 Kali-Bergleuten aus Bischofferode versuchen in Erfurt drei bewaffnete Zivilbeamte der Polizei, die De-monstrantInnen zu Gewaltaktionen anzustacheln.
Der Vorsitzende der ‚Deutschen Vereinigung für Datenschutz‘, Thilo Weichert, stellt Strafantrag gegen Eckhardt Werthebach wegen des Bruchs von Dienstgeheimnissen und unbefugter Datenweitergabe. Der BfV-Präsident hatte 1991 der brandenburgischen FDP-Abgeordneten Rosemarie Fuchs auf deren Bitte Material gegen den damaligen Kandidaten für das Amt des Daten-schutzbeauftragten, Weichert, geliefert.
15.07.: Bei bundesweiten Durchsuchungsaktionen der Wohnungen von 75 mutmaßlichen AnhängerInnen der verbotenen rechtsextremen ‚Deutschen Al-ternative‘ stellt die Polizei neben rechtsextremen Schriften auch Luftdruck-gewehre, Schreckschußpistolen und Schlagstöcke sicher.
Der 1992 in Griechenland festgenommene ehemalige Stasi-Offizier Helmut Voigt wird an Deutschland ausgeliefert. Voigt, der als Verbindungsmann zur RAF gilt, soll den Sprengstoff für den Anschlag auf das Berliner ‚Maison de France‘ im August 1983 geliefert haben.
Der ehemalige DDR-Unterhändler Wolfgang Vogel wird vor dem Landgericht Berlin wegen des Verdachts der Erpressung Ausreisewilliger in 53 Fällen angeklagt. Am 19.07. wird er wegen Fluchtgefahr verhaftet.
19.07.: In seinem Bericht kritisiert das ‚Anti-Folter-Komitee‘ des Europarats die Isolationshaft in einigen deutschen Gefängnissen, insbesondere in der Vollzugsanstalt Berlin-Tegel, ihrer psychiatrischen Abteilung und der Dealer Station sowie in der JVA Straubing in Bayern.
22.07.: Das schleswig-holsteinische Innenministerium kündigt die Übernahme von AusländerInnen in den Polizeidienst für August 1994 an.
Nach einem Urteil des Dresdener Oberlandesgerichts können Stasi-Opfer von ihren DenunziantInnen Schadensersatz beanspruchen.
25.07.: Nach Angaben der staatsanwaltschaftlichen ‚Arbeitsgruppe Regie-rungskriminalität‘ seien derzeit 1.750 Verfahren gegen frühere DDR-Funktionäre anhängig; in fünf Fällen wurden rechtskräftige Urteile gesprochen.
28.07.: Die Staatsanwaltschaft in Bayreuth hat gegen einen Polizisten Anklage wegen Freiheitsberaubung und Nötigung erhoben. Dem Mitglied der ‚Republikaner‘ (REP) wird vorgeworfen, im vergangenen Jahr seine Dienstbefugnisse überschritten und in zwei Fällen ungerechtfertigt Ausländer festgenommen zu haben.
30.07.: Es wird bekannt, daß gegen den FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Lüder auf der Grundlage von Stasi-Akten wegen des Verdachts der Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi ermittelt wird. Am 30.8. stellt die Bundesanwaltschaft das Verfahren ein. Anfang Oktober stellt Lüder Strafanzeige gegen Beamte des BfV wegen Verdachts des Geheimnisverrats.
31.07.: In Rheinland-Pfalz kommt es zur Verhaftung der mutmaßlichen SpionInnen ‚Topas‘ und ‚Türkis‘, die NATO-Geheimnisse an die STASI und den russischen Geheimdienst KGB geliefert haben sollen. Die Verhaftung wurde durch Mithilfe der CIA möglich.

August 1993

03.08.: Vom Rostocker Amtsgericht wird ein 20jähriger Mann wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung bei den ausländerfeindlichen Krawallen in Rostock im August 1992 zu sieben Tagen gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Aus einem am 13.9. veröffentlichten Gutachten zum Polizeieinsatz in Rostock-Lichtenhagen geht hevor, daß die damaligen Polizeiführer eindeutig den Vorschriften zuwider gehandelt haben. Gegen leitende Beamte wird wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt.
Der Vizepräsident des BfV, Peter Frisch, spricht sich für den ‚Großen Lauschangriff‘ aus und fordert den Einsatz seiner Behörde bei der Bekämpfung von ‚Organisierter Kriminalität‘.
09.08.: In Göttingen kommt es nach einer friedlichen Blockade zur Räumung des Frauen- und Lesbenzentrums durch die Polizei. In dem nun leeren Gebäude will die Stadt Asylsuchende unterbringen.
12.08.: In Erfurt wird ein Schwarzafrikaner nach einem versuchten Kredit-kartenbetrug von einem Polizisten bei der Verfolgungsjagd angeschossen und schwer verletzt. Gegen den Polizisten wird ein Verfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung eingeleitet.
13.08.: Die Bundesregierung teilt mit, daß es unterdessen allein im Westen Deutschlands 270.000 bis 280.000 ‚Schwarze Sheriffs‘ gebe. Die Zahl der PolizeibeamtInnen wird mit 250.000 angegeben.
14.08.: In Thüringen und Sachsen verhindert die Polizei Kundgebungen von Rechtsradikalen aus Anlaß des sechsten Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß; 28 Personen werden festgenommen. Gleichzeitig halten ca. 500 Neonazis in Fulda unter Aufsicht von 60 PolizistInnen unbehelligt eine Gedenkfeier ab, während rund 400 GegendemonstrantInnen von 150 BeamtInnen an einer Kundgebung gehindert werden. Nach Anzeigen eines Bürgers und des Magistrats der Stadt Fulda wird gegen den Einsatzleiter wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Am 23.8. wird wegen der Polizei-Pannen der hessische Innenstaatssekretär Kulenkampff entlassen.
16.08.: Das Nachrichtenmagazin ‚Der Spiegel‘ meldet, daß die Justiz im vergangenen Jahr in Deutschland 3.499 Genehmigungen zum Telefonabhören erteilt hat.
Auf dem Düsseldorfer Flughafen beendet ein Einsatzkommando der GSG 9 eine Flugzeugentführung unblutig.
18.08.: Die Berliner Innenverwaltung gibt die Abschiebung von 1.557 AusländerInnen in der Zeit von Januar bis Juli bekannt. Die Zahl hat sich damit im Vergleich zu 1992 verdreifacht.
19.08.: Im Eilverfahren erklärt das Potsdamer Verwaltungsgericht die Un-zulässigkeit der Datenweitergabe aus dem DDR-Einwohnerregister an den Bund, da die gesetzliche Grundlage fehle.
Im Kreis Bernau wird ein fliehender Strafgefangener nach einem Sprung von einer Brücke in den Oder-Spree-Kanal von zwei Polizisten durch gezielte Kopfschüsse getroffen und ertrinkt. Gegen die Beamten wird ein Ermitt-lungsverfahren wegen gemeinschaftlichen Totschlags eingeleitet.
23.08.: Nach Schätzungen des BKA werden in Deutschland ca. 15.000 bis 20.000 osteuropäische Frauen zur Prostitution gezwungen.
24.08.: Gegen BewohnerInnen des brandenburgischen Dorfes Dolgenbrodt wird wegen des Verdachts der Anstiftung zur Brandstiftung auf das örtliche Asylbewerberheim im November 1992 ermittelt. Sie sollen Rechtsradikale für die Tat mit 2.000 DM bezahlt haben. Am 9.9. wird bekannt, daß gegen drei Tatverdächtige ermittelt wird.
26.08.: Laut Verfassungsschutzbericht 1992 waren in der Bundesrepublik Ende 1992 in 82 rechtsextremistischen Organisationen insgesamt 41.900 Mitglieder aktiv. Unter den 2.584 rechtsextremistischen Straftaten waren 15 Tötungsdelikte mit 17 Todesopfern und 708 Brandanschläge zu verzeichnen.
27.08.: In Brandenburg wird die Polizei künftig gegen das öffentliche Zeigen der Reichskriegsflagge wegen „Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung“ einschreiten. Am 7.9. erlassen nach Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt auch Berlin und Nordrhein-Westfalen ein Verbot.
28.08.: Aus dem Lagebericht Zeugenschutz des BKA geht hervor, daß im vergangenen Jahr 372 ZeugInnen und 285 Angehörige vom Bundeskriminalamt und den Länderpolizeien geschützt wurden.

September 1993

01.09.: Das Landgericht Duisburg spricht zwei schwerverletzten libanesischen Opfern des Brandanschlages in Hünxe vom Oktober 1991 ein Schmerzensgeld von 255.000 DM zu.
Durch eine Ausnahmeregelung im Beamtenrecht beginnen in Bayern erstmals zwei ausländische MitbürgerInnen die Ausbildung als PolizistIn.
In Nordrhein-Westfalen werden erstmals Private Sicherungskräfte als Auf-sichtspersonal in Abschiebehaftanstalten eingesetzt.
02.09.: Durch Verwaltungsgerichtsentscheid wird in Baden–Württemberg die Überwachung der ‚Republikaner‘ durch den Verfassungsschutz erlaubt. Auch der bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärt am 7.10. die Beobachtung der REPs durch den Verfassungsschutz für rechtens.
Wegen Körperverletzung im Amt an zwei Demonstranten wird in Berlin ein Polizist zu einer Geldstrafe von 4.500 DM verurteilt.
06.09.: In Zusammenhang mit dem sog. ‚Mykonos-Attentat‘ auf vier kurdische Exilpolitiker im September 1992 nimmt in Berlin ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß die Arbeit auf. Geklärt werden sollen mögliche Ver-säumnisse des Innensenators und des Verfassungsschutzes im Vorfeld der Morde.
Der für die Koordination der deutschen Geheimdienste zuständige Kanzler-amtsminister Bernd Schmidtbauer sowie die Präsidenten von BfV und BND, Werthebach und Porzner, empfangen bei einem Geheimtreffen am 6.10. Irans Sicherheitsminister Ali Fallahian. Der für die Geheimdienste zuständige ira-nische Minister gilt als Auftraggeber für das Attentat.
07.09.: Das SPD-Präsidium beschließt in einem Leitantrag zur Kriminali-tätsbekämpfung die Zulässigkeit des Einsatzes von Abhörgeräten in eng umgrenzten Einzelfällen.
15.09.: Die Bundesregierung beschließt, das Verbot der rechtsextremistischen ‚Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei‘ (FAP) beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen.
Im ersten Halbjahr wurden 244 Disziplinarverfahren gegen Berliner Polizi-stInnen eingeleitet, davon wurden 115 eingestellt, 5 PolizistInnen wurden förmlich verurteilt, gegen 29 Disziplinarmaßnahmen verhängt.
17.09.: Das hessische Innenministerium beschließt die Einführung von Namensschildern für PolizistInnen zum 1.11.
20.09.: Das Bundesverfassungsgericht lehnt eine Klage der ‚Gewerkschaft der Polizei‘ (GdP) gegen die Berliner ‚Freiwillige Polizeireserve‘ (FPR) ab. Die GdP wollte eine grundsätzliche Klärung der Aufgaben und Funktion der FPR erreichen.
21.09.: Anläßlich der IOC-Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Spiele werden in Monte Carlo fünf Berliner Olympia-GegnerInnen festgenommen und ausgewiesen. Die Polizeiaktion in Monaco basierte auf 164 Datensätzen und 133 Bildern der Berliner Polizei, die zudem mit 11 Beamten selbst vor Ort war. Die Rechtmäßigkeit von Auslandseinsatz und Datentransfer wird vom Abgeordnetenhaus überprüft.
22.09.: In Berlin wird nach einem neuerlichen Polizeiübergriff auf einen Ausländer bekannt, daß wegen der Beschuldigung einer Mißhandlung von Ausländern zu diesem Zeitpunkt 17 Ermittlungsverfahren gegen BeamtInnen anhängig sind.
24.09.: Bundestag und Bundesrat stimmen beim Geldwäschegesetz einer Kompromißfassung zu: Ab einer Einzahlung von 20.000 DM bei einer Bank, Spielbank oder einem Unternehmen muß künftig die eigene Identität oder die des Auftraggebers genannt werden.

Oktober 1993

01.10.: Mit einem Freispruch endet ein Verfahren für 10 Polizeibeamte wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt an einer Studentin, die im Juni 1990 in einem Polizeifahrzeug durch Tritte schwere Blutergüsse erlitten hatte.
Von der Jugendstrafkammer des Berliner Landgerichts werden im Prozeß wegen der Tötung von Silvio Meier im November 1992 drei Jugendliche aus der Hooligan-Szene zu Freiheitsstrafen von viereinhalb und dreieinhalb Jahren sowie zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Einen politischen Hintergrund schloß das Gericht aus.
05.10.: Das Bundesinnenministerium beziffert den Rückgang der Asylbe-werberInnenzahlen seit Jahresbeginn im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Vorjahres mit 13,7%.
06.10.: Vor dem Münchener Landgericht beginnt ein Prozeß gegen den Freistaat Bayern wegen des sog. ‚Münchner Kessels‘ beim Weltwirtschaftsgipfel 1992 in München. 126 KlägerInnen fordern Schmerzensgeld und Schadensersatz in einer Gesamthöhe von 26.000 DM.
08.10.: Vor dem Frankfurter Oberlandesgericht beginnt der Prozeß gegen das RAF-Mitglied Rolf Clemens Wagner wegen des Verdachts des dreifachen versuchten Mordes und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Wagner soll 1979 am Anschlag auf den damaligen Nato-Oberbefehlshaber, General Alexander Haig, beteiligt gewesen sein.
09.10.: In Hamm wird ein 39jähriger Mann erschossen, als ein Sonderein-satzkommando der Polizei seine Wohnung stürmt und dabei einer der Beamten durch einen Messerstich in den Hals schwer verletzt wird. Ausgangspunkt des Polizeieinsatzes war eine Meldung besorgter Nachbarn, die in der Wohnung des Mannes ungewöhnlichen Lärm gehört hatten.
12.10.: Das Bundeskabinett beschließt einen Gesetzentwurf zur Regelung des Einsatzes des sog. genetischen Fingerabdrucks in Strafverfahren.
13.10.: Mit einem Polizei-Klo am Bein wird ein wohnsitzloser Mann ins Krankenhaus eingeliefert. Der Mann war in einer Polizeizelle ausgerutscht und im Abfluß der Fußbodentoilette hängengeblieben.
15.10.: Vor dem Potsdamer Bezirksgericht endet der Prozeß gegen zwei der mutmaßlichen Brandstifter der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen von September 1992 mit Freispruch. Aufgrund der ungenügenden Ermittlungstätigkeit der Polizei galt die Beweislage für eine Verurteilung trotz belastender Zeugenaussagen als unzureichend. Die Staatsanwaltschaft kündigt Revision an.
18.10.: Das Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim verurteilt das seit neun Jahren inhaftierte ehemalige RAF-Mitglied Ingrid Jacobsmeier wegen versuchten Mordes an 17 Menschen und Beihilfe zum versuchten Mord an vier weiteren Personen zu 15 Jahren Haft. Ingrid Jacobsmeier soll 1981 bei einem Sprengstoffanschlag auf den US-Militärflughafen Ramstein beteiligt gewesen sein.
19.10.: Bei der Erstürmung des besetzten polnischen Generalkonsulats in Hamburg durch Beamte des MEK wird der Täter erschossen.
Der brandenburgische Innenminister ordnet ein Verbot der Parteiversammlung der ‚Republikaner‘ in Tiefensee an. In einem Vergleich vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht lassen die ‚Republikaner‘ ihren Parteitag ausfallen, im Gegenzug wird das Verbot aufgehoben.
21.10.: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden von Januar bis September 1993 offiziell 1.182 Drogentote gezählt. Das sind 21,3 % weniger als im selben Zeitraum 1992.
22.10.: In Berlin werden zwei Polizisten vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt an einem Studenten freigesprochen, den sie im Verlauf eines Demonstrationseinsatzes im April mit Tritten mißhandelt haben sollen.
Die Innenminister Deutschlands und Italiens unterzeichnen ein Abkommen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Polizeien, das u.a. auf die Bekämpfung der Mafia in Deutschland abzielt.
23.10.: In Wernigerode kommt es zu einer Straßenschlacht zwischen 60 links- und 350 rechtsgerichteten Jugendlichen, bei deren Auflösung zwei PolizistInnen verletzt und 17 Jugendliche festgenommen werden.
24.10.: Aus ausländerfeindlichen Motiven verletzt in Lüneburg ein Mann durch Schüsse auf AusländerInnen einen Asylsuchenden schwer.
25.10.: Ehemalige Stasi-MitarbeiterInnen dürfen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht als Grenzschutzbeamte eingesetzt werden. (AZ: 8 AZR 655 u. 656/92)
26.10.: Das Berliner Landgericht verurteilt nach fast zweijähriger Prozeßdauer den früheren DDR-Staatsminister Erich Mielke wegen Doppelmordes und versuchten Mordes an Polizisten im Jahre 1931 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.
28.10.: Der Leiter des Grenzschutzpräsidiums Ost teilt den Einsatz von Wärmebildgeräten an der deutschen Ostgrenze zur Entdeckung von Ein-wandererInnen und SchleuserInnen mit.
29.10.: Im Prozeß um die Tötung des Mozambikaners Jorge Gomondai im Jahr 1991 werden die drei Angeklagten vor dem Dresdener Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu Strafen von 18 Monaten auf Bewährung bzw. zu zweieinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt. Gomondai war damals nach einem Angriff von Rechtsradikalen aus einer fahrenden Straßenbahn gestürzt und an den erlittenen Verletzungen gestorben.

Martina Kant ist Mitglied der ‚Arbeitsgruppe Bürgerrechte‘