Kommunale Kriminalpolitik in Deutschland – Akteure, Themen und Projekte kriminalpräventiver Gremien

von Christine Hohmeyer[1]

Kommunale Kriminalprävention ist in Deutschland durch einen großen rhetorischen „Überbau“ gekennzeichnet, der mit beachtlichen Versprechen lockt. Gesellschaftliche Gruppen, ja die BürgerInnen selbst sollen sich an der Sicherheitspolitik ihres Wohnortes beteiligen können. Diese Sicherheitspolitik beruhe auf mehr Prävention, mehr Kooperation, mehr Gemeinsinn. Zudem sei es im lokalen Kontext möglich, schnell und effektiv auf jeweils entstehende Probleme zu reagieren. Angesichts dieses beglückenden Szenarios stellt sich die Frage, auf welche Art und Weise die neue Kriminalpolitik in den verschiedenen Gemeinden tatsächlich umgesetzt wird.

Um sich der Wirklichkeit kriminalpräventiver Aktivitäten anzunähern, gibt die Datensammlung des BKA zur Zeit die umfangreichste Übersicht.[2] Dort sind im „Infopool Prävention“ 1.380 kriminalpräventive Gremien, Präventionsräte, Sicherheitspartnerschaften und ähnliche Initiativen aufgeführt. Für diese Liste, die u.a. Teilnehmende, Themen und Projekte dokumentiert, griff das BKA auf Angaben der Landeskriminalämter oder der Landespräventionsräte zurück. Durch die unterschiedlichen Erhebungsmodi in den Ländern ist die Datenquelle mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten: In manchen Fällen wurde übertrieben weitreichend erfaßt, manchmal blieben die Angaben sporadisch und lückenhaft.[3] Doch obwohl die Auswertung des Infopools nur ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit wiederzugeben vermag, werden selbst bei vorsichtiger Interpretation einzelne Tendenzen der „Präventionsbewegung“ sichtbar. Zum einen scheint die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger in der Praxis nicht annähernd so ausgeprägt, wie es die Theorie verheißt. Zum anderen scheint das Repertoire der Aktivitäten darauf hinzuweisen, daß die Möglichkeiten lokalen Handelns beschränkt sind – vor allem dann, wenn es sich um präventive Maßnahmen handeln soll.

BürgerInnen und Polizei: Beteiligung vor Ort

Wer sich in kriminalpräventiven Gremien beteiligt, wird im „Infopool“ durch die Kategorien „Federführung/Vorsitz“ sowie „vertretene Institutionen“ dokumentiert. Hier sind die Angaben nicht standardisiert, meist weder vollständig noch eindeutig. Vor allem drei Faktoren verzerren das Bild:

  • Pauschale Angaben wie „Jugend“, „Schule“, „Vereine“ oder gar „sonstige“ lassen nur erahnen, welche Interessengruppen dort vertreten sind – ob Fußball- oder Heimatverein, Schulleitung oder SchülerInnenvertretung.
  • Während bei manchen Gremien einzelne Ämter als Teilnehmende aufgeführt sind, werden bei anderen pauschal „Ämter“ oder „Stadtverwaltung“ genannt.
  • Angaben über die Zahl der Vertreter werden nicht gemacht. Nennungen wie „Parteienvertreter“ oder „Bürger“ geben weder Auskunft über die Zahl der vertretenen Parteien noch darüber, wie viele einzelne Personen dort tatsächlich sitzen. Die nachfolgend präsentierten Zahlen sagen deshalb weder etwas über die Mehrheitsverhältnisse in den Präventionsinitiativen noch über deren Größe aus.

Hinzu kommt, daß nur von neun Bundesländern[4] Angaben gemacht wurden. Insgesamt sind in der Datensammlung 1.105 Gremien mit Teilnehmenden genannt.

Die Fülle unterschiedlichster Akteure, die im Infopool aufgelistet werden, scheint zunächst auf eine breite gesellschaftliche Beteiligung hinzuweisen: Vom Tiefbauamt bis zum Rotary Club, vom Technischen Hilfswerk bis zur lokalen Presse, von Fahrradhändlern bis zum Bundesverwaltungsamt, von der Volkshochschule bis zum Werkschutz sind zahlreiche gesellschaftliche und staatliche Gruppen vertreten. Betrachtet man aber, in wie vielen lokalen Präventionsgremien einzelne Institutionen, Gruppen oder „Bereiche“ vertreten sind, ergibt sich schon eine anderes Bild:

  • Eindeutig ist die Dominanz der Institutionen: Jugendämter sind in mehr als einem Drittel, die Kirchen in einem Viertel der Gremien vertreten, Ordnungs- und Sozialamt sind jeweils in rund 10% der Gremien dabei.
  • In 86% aller Gremien sitzt die Polizei, sie ist damit die – mit Abstand – am häufigsten beteiligte Organisation. Nach Bundesländern aufgeschlüsselt ergibt sich eine Polizeibeteiligung, die zwischen 56% in Bayern und 100% in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern liegt.
  • Dagegen ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger eher gering. Jugendliche, Frauen, SeniorInnen und AusländerInnen als spezifische Zielgruppen kriminalpräventiven Engagements sind zusammen lediglich in 12% der Gremien vertreten. Die allgemeinere Kategorie „BürgerInnen“ wird gar nur bei 4% genannt.
  • Auch der Einzelhandel ist nur in 5% der Gremien vertreten.
  • Wenig Einfluß scheinen die Arbeitsverwaltung (in 3%) oder die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände (weniger als 1%) zu nehmen.

Auch wenn hier noch einmal betont werden muß, daß die analysierten Zahlen nur scheinbar konkret sind und einer genaueren Überprüfung bedürfen, so ergibt sich doch ein Bild, welches das zentrale Versprechen der Partizipation relativiert. Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht die hauptsächlichen Akteure, vielmehr treten unterschiedliche Behörden miteinander in Kontakt. Auch die Betroffenen, die oben genannten Zielgruppen kriminalpräventiven Engagements, sind kaum vertreten. Dagegen ist die Bedeutung der Polizei rein quantitativ so groß, daß gefragt werden muß, welche Politik in den Präventionsgremien durchgesetzt wird. Anders gefragt: was wird in diesen Gremien konkret getan?

Aktivitäten

Über das lokale Engagement geben im Infopool die Kategorien „Themen“ und „Projekte“ Auskunft. Von den 1.380 Gremien, die dokumentiert sind, haben nur 1.349 überhaupt Themen genannt.[5] Manche nennen ausgefallenere Themen, etwa Schwarzarbeit, Ruhestörung, Schuleschwänzen oder sogar Suizide. Es lassen sich aber Schwerpunkte erkennen:

  • Knapp die Hälfte aller Gremien (680) befaßt sich mit Jugendlichen. Hierzu ist anzumerken, daß sich 246 Gremien nur dann für Jugendliche interessieren, wenn diese als potentielle Täter in Erscheinung treten: sie nennen als Themen Jugendgewalt oder Jugendkriminalität. 151 Initiativen beschäftigen sich mit Jugendlichen ganz allgemein, 95 richten ihren Blick auf das Freizeitverhalten von Jugendlichen, 125 widmen sich der Gewalt an Schulen. Lediglich 63 interessieren sich für den Schutz von Jugendlichen – sei es allgemeiner Opferschutz, sei es speziell der Jugendschutz.
  • Knapp ein Viertel der Gremien (321) befaßt sich mit den Themen Drogenkriminalität, Sucht und Betäubungsmittel.
  • Die Kategorie „Öffentlicher Raum“ umfaßt eine Reihe unterschiedlichster Themen: Kriminalitätsformen wie Straßenkriminalität auf der einen, Ordnungsstörungen wie Schmutz und Verwahrlosung auf der anderen Seite. Zusammen ergeben diese 261 Nennungen.
  • Erst an vierter Stelle rangiert die Gewaltkriminalität, die nicht von Jugendlichen verübt wird. Hier kann unterschieden werden zwischen allgemeinen Formen der Gewalt (114 Nennungen) und Gewalt gegen bestimmte Gruppen, allen voran Frauen (52) und SeniorInnen (41).
  • „AusländerInnen“ werden insgesamt 142 mal thematisiert, darunter fallen so unterschiedliche Themen wie „Aussiedlerintegration“ (71), „Ausländerintegration“ (45) oder „Ausländerkriminalität“ (7). Darüber hinaus nennen 66 Gremien das Thema Fremdenfeindlichkeit.
  • Eigentumsdelikte werden 90 mal, die Themen Einbruch bzw. Wohnsicherheit 63 mal genannt; sie werden also im Vergleich zu ihrer weiten Verbreitung relativ selten behandelt.
  • Soziale Randgruppen (darunter Obdachlose, Punks und Prostituierte) werden nur 42 mal thematisiert.

Projekte

Im Infopool Prävention sind 1.380 Gremien, aber nur 1.000 Projekte dokumentiert. Das ist vergleichsweise wenig, da Gremien eine Vielzahl von Projekten realisieren können (und dies häufig auch tun). Die niedrige Zahl mag als Indiz auf eine Bewegung hinweisen, die eher rhetorisch denn handelnd in Erscheinung tritt. Sehr aussagekräftig ist dieses Indiz allerdings nicht, da die Datenquelle wiederum sehr lückenhaft ist.[6] Zudem wurden bei unserer Analyse bestimmte Angaben nicht als „Projekte“ gewertet, die einzig die Organisation eines neuen Gremiums als Ziel benannten. Stichworte wie: „Gründung einer AG“, „Netzwerk herstellen“ oder „Kontakte zu Jugendämtern“ verraten über das Gremium allenfalls, daß es sich im Anfangsstadium befindet, nicht aber, welche Ziele es mit welchen Strategien verfolgt.

Noch stärker als bei den Themen läßt sich bei den Projekten, Strategien und Maßnahmen der Gremien ein sehr großes Spektrum erkennen. Auch hier finden sich örtliche Spezialitäten – z.B. ein Projekt „Schulbusbegleitung“, eine Studie über den Ecstasy-Konsum bei Jugendlichen, Schuldnerberatung oder Wohncontainer für Obdachlose. Auch thematisch eher abseitige Projekte, wie etwa Gesundheitsaufklärung über Milchtrinken oder Osteoporose sind im Infopool erwähnt. Das Gros dagegen bilden Projekte wie z.B. Öffentlichkeitsarbeit, Sport für Jugendliche, die Einrichtung eines Jugendhauses bzw. Cafés. Auffällig ist, daß entgegen der häufigen Nennung des Themas Fremdenfeindlichkeit bundesweit kein einziges Projekt zu dieser Problematik angegeben wurde.

Betrachtet man diese Aktivitäten der kommunalen Gremien vor dem Hintergrund ihres eigenen Anspruchs, nämlich präventiv zu wirken gegenüber Kriminalität und Unsicherheit, so fällt zunächst auf, daß es eine große Anzahl von Projekten gibt, die sich als unspezifisch bezeichnen lassen. Diese Projekte weisen keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Kriminalität auf, wie etwa Sport oder Disco-Veranstaltungen, Theateraufführungen, Bildungsangebote. Sie erfüllen auch dann noch einen Zweck, wenn sie nicht im Rahmen der Kriminalitätsprävention betrachtet werden, d.h. sie sind ursprünglich eigenständig, vom Politikfeld „Innere Sicherheit“ unabhängig. Knapp ein Drittel (ca. 32%) aller Projekte sind in diesem Sinn unspezifisch. Auch hier gibt es bestimmte Schwerpunkte:

  • 55,6% dieser unspezifischen Projekte sind Maßnahmen zur Freizeitgestaltung, hauptsächlich an Jugendliche, aber auch an AusländerInnen und SeniorInnen gerichtet. Diese Freizeitangebote können u.U. zu besseren Lebensverhältnissen beitragen, ob sie der Verhinderung von Kriminalität dienen, wissen wir nicht.
  • Die unspezifischen Beratungen oder Hilfen zur Lebensgestaltung wie etwa Kindersorgentelefon, Sprachkindergarten, Bildungsangebote für AusländerInnen machen 16,5% aus. Zum großen Teil sind dies Aufgaben, die bislang unabhängig vom Zweck der Kriminalitätsbekämpfung von sozialen Diensten oder privaten Initiativen erledigt wurden.
  • Mit 13,7% werden von den Gremien Projekte ausgewiesen, die zu den „klassischen“ Maßnahmen der Jugendhilfe gehören. Dies sind Streetwork und Sozialarbeit, Aufsichtsmaßnahmen durch das Jugendamt, betreutes Wohnen von Jugendlichen, sogar das Erstellen eines Jugendhilfeplans. All dies sind Aufgaben, die nach den Bestimmungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) ohnehin von den Gemeinden wahrzunehmen sind.
  • Relativ wenig vertreten sind die Aktivitäten, die von den BürgerInnen vor Ort selbst ausgeübt werden können, nämlich Nachbarschaftshilfe oder Projekte, die das Leben in der Gemeinde fördern (7,8%). Hierunter fallen Feste ebenso wie die Bildung von Hausräten. Dies sind Projekte, die Lebensbedingungen in der Gemeinde verbessern helfen, auf Kriminalität aber nur sehr mittelbar bezogen sind. Daß es vergleichsweise wenige sind, könnte mit der relativ geringen Beteiligung der BürgerInnen zusammenhängen.

Insgesamt besteht knapp ein Drittel lokaler Aktivitäten aus Maßnahmen, die ohnehin zum kommunalpolitischen Angebot gehören – unabhängig von Sicherheitslage oder subjektiver Kriminalitätsfurcht. Neu ist daran nur, daß Freizeitmaßnahmen, Jugendhilfeleistungen und soziale Angebote in den Dienst der inneren Sicherheit gestellt werden.

Spezifisch auf Kriminalität bezogene Projekte

Die restlichen zwei Drittel der lokalen Aktivitäten sind unmittelbar auf Kriminalität bezogen. Dadurch unterscheiden sie sich von den unspezifischen Projekten. Während ein Jugendcafé neben seiner möglicherweise kriminalpräventiven Funktion vor allem Treffpunkt und Aufenthaltsort für Jugendliche sein kann, hat die Fahrradcodierung keinen anderen Sinn als den, Diebstahl zu vereiteln. Auch die Beratung an Schulen zum Thema „Gewalt“ oder Informationsbroschüren über Schutzmaßnahmen für SeniorInnen dienen in der Hauptsache dazu, Kriminalität zu vermeiden. Diese Maßnahmen wurden von uns spezifisch genannt. Auch hier differiert die Art und Weise der Intervention:

  • Den größten Raum nehmen Strategien der Information und Öffentlichkeitsarbeit ein (ca. 29%). Diese wirken nicht unmittelbar gestaltend, sondern zielen mittelbar auf Veränderungen, indem sie an das Bewußtsein der handelnden Personen appellieren. Das gleiche gilt für Beratungen, die ca. 8% der spezifischen Maßnahmen ausmachen.
  • Einen ebenso großen Schwerpunkt bilden die Aktivitäten, die sich mit Lageerhebung und Analyse befassen: Befragungen von BürgerInnen oder an Schulen, Erhebungen über Kriminalitätsniveau oder Sicherheitsgefühl in einzelnen Bezirken. Diese können als Vorarbeiten dienen; eine präventive Funktion erfüllen sie selbst noch nicht.

Im Hinblick auf die Ausgangsfrage, was denn die kriminalpräventiven Gremien eigentlich tun, ist also festzustellen, daß der überwiegende Teil (zusammen gut 70%) der spezifischen Projekte auf Bewußtseinsänderung oder Informationsaustausch zielt. Strukturelle Veränderungen, Verhinderung von Tatgelegenheiten, sichtbare räumliche Veränderungen und ähnliches bringen diese Projekte nicht hervor – sie sind daher nicht unmittelbar gestaltend. Dagegen lassen sich die übrigen Projekte, also knapp ein Drittel aller, als tatsächlich gestaltend bezeichnen; sie bringen räumliche oder strukturelle Veränderungen mit sich:

  • Unter diesen gestaltenden Projekten nimmt die technische Prävention bzw. die Umfeldgestaltung mit 46% den größten Raum ein. Dazu gehören Maßnahmen wie die Bauleitplanung zusammen mit der Polizei, aber auch konkrete Baumaßnahmen, Frauenparkplätze und die Beleuchtung von sogenannten Angsträumen.
  • Als gestaltend lassen sich auch die konkreten Hilfen bezeichnen (18,3%), wozu Streitschlichter an Schulen, Kurse zur Konfliktlösung und die Verbesserung der Infrastruktur durch Nachttaxis gehören.
  • Ebenfalls ins Gewicht fallen die repressiven Maßnahmen, die angesichts des Präventionsversprechens im Instrumentarium präventiver Gremien eigentlich nichts zu suchen hätten. Die Erhöhung der Kontrolldichte durch Streifengänge, Wachen etc. macht 19,8% des Anteils aus, der Erlaß schärferer städtischer Verordnungen oder Polizeiverordnungen schlägt mit 5,1% zu Buche.

Tendenzen kommunaler Kriminalprävention

Die Analyse des Infopool Prävention ergibt nur ein grobes Bild darüber, was Präventionsräte oder ähnliche Gremien tun. Doch selbst in dieser holzschnittartigen Darstellung werden einzelne Tendenzen sichtbar, die den verkündeten Wechsel zu einer neuen, besseren lokalen Sicherheitspolitik fraglich werden lassen.

  • Die versprochene Partizipation der Bürgerinnen und Bürger wird nur ungenügend umgesetzt. Überwiegend werden die Gremien von Behörden dominiert. Die Polizei ist nahezu überall dabei.
  • Ein Drittel aller Projekte, die als Mittel der Prävention ausgewiesen werden, sind ohnehin Aufgaben kommunaler Gestaltung.
  • Von den Projekten, die spezifisch auf Kriminalität zielen, ist wiederum nur ein geringer Teil unmittelbar gestaltend. Es überwiegen die Strategien der Information und Aufklärung.
  • Dort hingegen, wo in örtliche Strukturen eingegriffen wird, werden häufig technische Prävention und repressive Maßnahmen eingesetzt.

Die Auswertung des BKA-Infopools verrät nichts über Wirkungen und Nebenfolgen der angestrebten Projekte; und auch nichts über die Gründe, warum bestimmte Maßnahmen bevorzugt werden, andere dagegen fehlen. Dennoch lassen sich einige vorsichtige Schlüsse ziehen. Daß Projekte nur selten tatsächlich gestaltend in die örtlichen Strukturen eingreifen, verweist auf die begrenzten Möglichkeiten lokalen Handelns. Möglicherweise werden Information und Aufklärung gerade deswegen favorisiert, weil sie auch ohne große Interessenkonflikte realisiert werden können. Auch das Repertoire der verwendeten Mittel – von der Aufklärungsbroschüre bis hin zur Fahrradcodierung – zeugt weder von neuer Qualität noch von besonderer Reichweite. Tendenziell neu ist dagegen die umfassende Einbindung sozialer Dienste und Freizeitaktivitäten in ein Gesamtkonzept der Kriminalprävention. Dadurch entsteht die Gefahr, daß soziale Dienste oder Leistungen der Jugendhilfe nicht nur ihr Selbstverständnis verändern, sondern auch von Anforderungen und finanziellen Zuwendungen einer – möglicherweise nur kurzlebigen – Bewegung abhängig werden. Nicht zuletzt ergibt sich die Frage, welche Interessen im Zusammenspiel der unterschiedlichen Kräfte lokal durchgesetzt werden können und welche Rolle die Polizei als allgegenwärtige Behörde dabei übernimmt.

Christine Hohmeyer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FU Berlin und Redakteurin von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
[1] Der Artikel fußt auf einer gemeinsam mit Martina Kant und Norbert Pütter vorgenommenen Auswertung.
[2] Bundeskriminalamt, Infopool Prävention: Kriminalprävention in Deutschland. Kommunale Präventionsgremien. Wiesbaden, 3. Auflage 1999 (Datenbank)
[3] Baden-Württemberg hat z.B. viele lokale Gremien gemeldet, die sich erst in Vorbereitung befanden; Nordrhein-Westfalen meldete auch Jugendhilfeausschüsse, die zum gesetzlich vorgeschriebenen kommunalen Instrumentarium gehören. Dagegen ist Berlin z.B. nur mit einer als Verein organisierten Initiative vertreten, während es in der Stadt eine Vielzahl kriminalpräventiver Initiativen bis hin zu Präventionsräten gibt.
[4] Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.
[5] Aus den Ländern Bayern, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt liegen keine Angaben vor.
[6] Wieder wurden von Bayern, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt, aber auch von vielen Einzelgremien keine Angaben gemacht.

 

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