Gesetze gegen Geldwäsche – OK-Bekämpfung ohne Grenzen!?

von Norbert Pütter

Seit mehr als zehn Jahren ist die „Geldwäsche“ in Deutschland strafbar. In diesem Jahrzehnt wurden die entsprechenden Gesetze mehrfach „nachgebessert“ und erweitert. Statt – wie versprochen – Organisierte Kriminalität (OK) effektiv „bekämpfen“ zu können, hat die Geldwäsche-Gesetzgebung vor allem die weitere Entgrenzung des Strafrechts bewirkt.

„Geldwäsche“ bezeichnet die Überführung illegal erlangten Geldes in den legalen Wirtschaftskreislauf. Die „Wäsche“ besteht darin, dass eine legale Herkunft des Geldes vorgetäuscht wird.[1] Um die Aktivitäten des Gesetzgebers gegen die Geldwäsche zu verstehen, muss man sich deren kriminalstrategische Bedeutung vor Augen führen. Ihr Ausgangspunkt ist die sogenannte „Organisierte Kriminalität“. Dieser Begriff steht als Chiffre für besonders schwere, professionelle, arbeitsteilig und international begangene Kriminalität, die zu erheblichen Gewinnen bei den OK-Tätern führe. Da – so die kriminalistische Überlegung – die bisherigen Bemühungen, diese Täter zu entdecken, zu überführen und der Strafjustiz zuzuführen nicht ausreichten, müssten neue Instrumente und Strategien eingesetzt werden. Zu diesen Instrumenten gehört der „Kampf“ gegen die Geldwäsche, der nicht an den „eigentlichen“ OK-Delikten ansetzt, sondern an deren Folgen: der Verwandlung der illegal erlangten Werte in legale.[2] Die Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung dient der rechtlichen Absicherung dieser strategischen Verschiebung.

Während der Sinn des Strafrechts nach herrschender Lehre darin besteht, einem gesellschaftlichen Unwerturteil mit Sanktionsdrohungen Nachdruck zu verleihen, und das Eingriffsrecht (Strafprozessordnung) die Verfahren regelt, wie die verbotenen Handlungen sanktioniert werden, ist dieses Verhältnis bei der Geldwäsche umgekehrt.[3] Zwar lassen sich auch Gefährdungen und Schäden ausmachen, die durch die Geldwäsche entstehen (etwa die Verletzung der Regeln des legalen Marktgeschehens oder das Ermittlungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden), aber die eigentliche Schädigung geschieht durch die „Vortat“, aus der der Erlös stammt, der „gewaschen“ werden soll. Die kriminalstrategische Wende besteht darin, dass über das Delikt „Geldwäsche“ Hinweise auf jene Vortaten gewonnen werden sollen; die Spur des (Papier-)Geldes („paper trail“) soll schließlich zu den „Hintermännern“ Organisierter Kriminalität führen. Das Eingriffsrecht dient deshalb nicht der Durchsetzung des Strafrechts, sondern das Strafrecht wird in den Dienst von Ermittlungsstrategien gestellt.[4] Weil nicht der Unrechtsgehalt der Geldwäsche deren Strafbarkeit bestimmt, sondern die kriminalistischen Interessen an erweiterter Verdacht­schöpfung und an erfolgreicher Sanktionierung, unterliegen die Geldwäsche-Bestimmungen einem raschen Wandel. Denn es soll sichergestellt werden, dass möglichst lückenlos Verdacht geschöpft wird und alle gewonnenen Erkenntnisse in strafrechtliche Sanktionen umgesetzt werden können. Die Regelungen zur Geldwäsche müssen deshalb im Kontext mit den Bestimmungen über die Verdachtschöpfung und über jene Strafen gesehen werden, die auf das Vermögen von Straftätern zielen.

Der Straftatbestand

„Geldwäsche“ war bis 1992 in Deutschland nicht strafbar. Erst durch das „Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität“ (OrgKG) wurde mit dem § 261 des Strafgesetzbuches (StGB) die Geldwäsche unter Strafe gestellt.[5] Weil es um die „Bekämpfung … der Organisierten Kriminalität“ gehen sollte, wurde nicht das Waschen von Erlösen aus allen strafbaren Handlungen verboten, sondern nur von solchen Delikten, die der „Organisierten Kriminalität“ zugerechnet wurden. Diese „Vortaten“ waren nach der Fassung des OrgKG: alle Verbrechen, das Herstellen, der Handel mit und der Verkauf von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes) und Vergehen, die von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) begangen worden waren.

Bereits diese Vortaten waren nicht auf OK beschränkt, da etwa Mord, Geiselnahme, Raub oder Versicherungsbetrug zwar Verbrechen sind (Mindeststrafe von wenigstens einem Jahr Freiheitsstrafe), diese aber nicht als besonders OK-typisch gelten. In den folgenden Jahren wurde der Katalog der Vortaten und damit die Strafbarkeit der Geldwäsche mehrfach erheblich erweitert. Hier die wichtigsten Stationen:

  • 1994 erklärte das „Verbrechensbekämpfungsgesetz“ eine Reihe von Delikten zu Geldwäsche-Vortaten, sofern diese gewerbsmäßig oder von einem Bandenmitglied begangen wurden: Unterschlagung, Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Bestechung und Bestechlichkeit.[6]
  • Durch das „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“[7] wurde 1998 jede Form von Bestechung oder Bestechlichkeit zur Geldwäsche-Vortat. Zudem wurde die Liste jener Delikte, die nur dann Vortaten sind, wenn sie gewerbsmäßig oder von einem Bandenmitglied begangen wurden, um ein gutes Dutzend erweitert. Das Spektrum reicht von Diebstahl, Hehlerei und Erpressung über Menschenhandel, die Förderung der Prostitution oder die Veranstaltung illegalen Glücksspiels bis zur umweltgefährdenden Abfallbeseitigung. Außerdem wurden das Waschen von Erlösen, die aus dem Einschleusen von Ausländern und der Verleitung zu „missbräuchlicher“ Asylantragstellung sowie aus bandenmäßigem oder gewerblichem Schmuggel oder der Steuerhehlerei resultierten, unter Strafe gestellt.
  • Im Rahmen des „Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes“[8] wurde die „Gewerbsmäßige und bandenmäßige Steuerhinterziehung“ zum 1.1.2002 in die Abgabenordnung eingefügt (§ 370a). Durch die Mindeststrafe von einem Jahr stufte der Gesetzgeber sie als Verbrechen ein. Sie wurde damit zu einer weiteren Vortat der Geldwäsche.
  • Seit 2002 stellt der neue § 129b StGB die Mitgliedschaft, Unterstützung und Werbung für eine kriminelle oder terroristische Vereinigung im Ausland unter Strafe. § 129b wurde ebenso in den Katalog der Geldwäsche-Vortaten aufgenommen wie Unterstützen und Werben für eine inländische terroristische Vereinigung.[9]

Der Vortatenkatalog hat sich längst davon verabschiedet, auf „Organisierte Kriminalität“ zielen zu wollen. Das wird nicht allein daran deutlich, dass auf Eingrenzungen wie „bandenmäßig“ verzichtet wurde oder Taten aufgenommen wurden, die eher der gewöhnlichen als der „Organisierten Kriminalität“ zugerechnet werden, wie etwa Betrug oder Diebstahl. Besonders eklatant ist der Widerspruch zwischen dem vermeintlichen Anspruch des Gesetzgebers und den geschaffenen Normen bei der Steuerhinterziehung. Sofern das Geldwäschemodell zutrifft, versuchen die OK-Straftäter gerade durch die Geldwäsche ihr Geld zu legalisieren – und das heißt auch, es der Steuerpflicht zu unterwerfen.[10] Hier wird offenkundig, dass es nicht um die Sicherung der Steuerehrlichkeit mit den Mittel des Strafrechts geht, sondern dass über den Geldfluss Hinweise auf andere illegale Handlungen – gleich welcher „Qualität“ oder Gefährlichkeit – erlangt werden sollen.

Zwischen Verdachtschöpfung und Sanktionierung

Auch andere Bestimmungen sollen dafür sorgen, dass ein möglichst weites Netz der Verdachtschöpfung ausgeworfen wird. Entgegen der ursprünglichen Überschrift des § 261 StGB,[11] ist nicht nur das „Waschen“ von illegal erlangtem Geld unter Strafe gestellt, sondern von allen „Gegenständen“, die aus den Katalogtaten „herrühren“. Durch diese Formulierung ist die „Wäsche“ nicht auf den Geldverkehr beschränkt, sondern jeder Kauf oder Verkauf kann unter die Bestimmungen des § 261 StGB fallen, sofern entsprechende Vortaten im Spiel sind. Dabei reicht aus, dass lediglich ein Teil des Wertes aus jenen Taten „herrührt“.

Wie weit die Strafandrohung geht, wird daran deutlich, dass der „Geldwäsche“-Paragraf bereits unter Strafe stellt, wenn jemand „leichtfertig nicht erkennt“, dass ein Gegenstand, den er erwirbt oder annimmt, aus einer der Katalogtaten stammt. Diese Regelung zielt zunächst auf alle, die beruflich Geld- und andere Vermögensgeschäfte abwickeln, also insbesondere für die Beschäftigten in der Finanzwirtschaft. Aber „leichtfertig“ können alle handeln, denen sich nach Sachlage aufdrängt, dass ein Gegenstand aus einer Katalogtat stammt, und die dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer acht lassen.[12]

Ursprünglich hatte der Gesetzgeber nur das „Waschen“ von Gegen­ständen „eines anderen“ unter Strafe gestellt. Wer etwa den Verdienst aus dem eigenen Drogenhandel selbst „legalisierte“, konnte durch die Bestimmung nicht bestraft werden. Diese Konstruktion entsprach dem kriminalstrategischen Konzept, dem es eigentlich um die Vortat der Geldwäsche ging. Wer aber wegen dieser Vortat bereits bestraft wurde, für den war die zusätzliche Bestrafung wegen Geldwäsche überflüssig. In der Praxis zeigte sich schnell, dass mit dieser Konstruktion die Strafbarkeit der Geldwäsche vor Gericht ausgehebelt werden konnte: Ein vermeintlicher Geldwäscher bezichtigte sich selbst der Vortat und konnte wegen Geldwäsche nicht mehr belangt werden. Für den gerichtlichen Nachweis der Vortat reichten jedoch die Beweise nicht für eine Verurteilung, so dass der Angeklagte straffrei blieb.[13] Das „OK-Bekämpfungs-Verbesserungsgesetz“ änderte diese Konstruktion 1998:[14] Seither ist die Geldwäsche aus eigenen Vortaten ebenfalls strafbar. Damit ist der Bezug zur denkbar kleinsten Form organisierter Kriminalität (dass wenigstens zwei Personen zusammenwirken) aufgegeben: auch ein Alleintäter kann Geldwäscher sein.

Das Geldwäschegesetz

Die Strafbarkeit der Geldwäsche war die Voraussetzung für ein weiteres Gesetz, mit dem die Aufdeckung von Geldwäsche-Vorgängen ermöglicht werden sollte. Das „Geldwäschegesetz“ zielt auf die Schnittstelle, an der Bargeld in andere Vermögensformen des legalen Wirtschaftskreislaufs überführt wird. Da, so die Vermutung, bei illegalen Geschäften bar bezahlt werde, fielen bei großen illegalen Geschäften große Bargeldmengen an, die in andere Werte überführt werden müssten. Das Geldwäschegesetz (GwG)[15] schuf deshalb zwei Verpflichtungen für Kredit- und Finanzinstitute und für Spielbanken: die zur Identifizierung und die zur Meldung von Verdachtsfällen. Die Identifizierung, die auch für sonstige gewerbliche Vermögensverwalter (etwa Notare) gilt, wurde für Bareinzahlungen ab 20.000 DM eingeführt (1998 wurde dieser Betrag auf 30.000 DM erhöht; seit 1.1.2002 beträgt er 15.000 EUR). Seit 1993 müssen Namen, Geburtsdatum und Anschrift des Bargeld Einzahlenden registriert werden; seit 2002 müssen zusätzlich der Geburtsort und die Nationalität des Kunden oder der Kundin festgehalten werden.[16] Die Aufzeichnungen sind sechs Jahre aufzubewahren; sie können zur Verfolgung der Geldwäsche herangezogen werden. Die Identifizierungspflicht ist für laufende Ermittlungen und für gerichtliche Sanktionen von Bedeutung. Sie erlaubt der Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungen Einblick in die finanziellen Transaktionen von Tatverdächtigen; und sie erlaubt dem Gericht Sanktionen, die auf das Vermögen der Verurteilten zielen (Verfall, Vermögensstrafe[17]).

Nicht zur Unterstützung laufender Verfahren, sondern zur Initiierung neuer Verfahren dient die Meldepflicht von Verdachtsfällen, die das Gesetz Instituten und Spielbanken auferlegt. Diese Pflicht besteht unabhängig von der Höhe der Zahlungen. Die Meldung hat zu erfolgen „bei der Feststellung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches dient“. Eine derart verdächtige Transaktion darf erst nach zwei Werktagen oder nach der Zustimmung der Staatsanwaltschaft erfolgen.[18]

Durch das GwG wird den Kredit- und Finanzinstituten und den Spielbanken sowie ihren MitarbeiterInnen die Aufgabe der Verdachtschöpfung übertragen. Sie müssen bei jeder Zahlung prüfen, ob „Tatsachen“ vorliegen, die auf eine Geldwäsche hindeuten. Das Gesetz schweigt darüber, wie die kriminalistischen Laien in der Finanzwirtschaft einen Geldwäscheverdacht erkennen können. Die zuständigen Aufsichts­behörden haben zu diesem Zweck umfangreiche Merkmalslisten erarbeitet, die es den MitarbeiterInnen ermöglichen sollen, „verdächtige“ Transaktionen zu erkennen. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen legte z.B. 1998 ein „Geldwäsche-Typologiepapier“ vor, das insgesamt 112 „spezielle Problem-Indikatoren“ auflistete.[19] Bereits nach der Verabschiedung des GwG hatten der Zentrale Kreditausschuss und das Bundeskriminalamt eine Zusammenstellung von „Anhaltspunkten“, die auf Geldwäsche hindeuten, zur Sensibilisierung der Beschäftigten vorgelegt.[20] Wie im „Typologiepapier“ wird die Aufmerksamkeit auf untypisches Finanzverhalten (gemessen an den Usancen des jeweiligen Marktes oder am bisherigen Verhalten des Kunden) gelenkt; die Anhaltspunkte benennen aber auch konkrete Umstände, wie den Transport großer Mengen Geld in Plastiktüten, Überweisungen in Drogenproduktionsländer oder die Herkunft der Einzahlenden („südeuropäische Gastwirte“ etc). Es ist offenkundig, dass in diesem Raster vor allem die „kleinen Fische“, die Dummen oder die „üblichen Verdächtigen“ hängen bleiben.

Durch das „Geldwäschebekämpfungsgesetz“ von 2001 ist der Kreis derjenigen, die ihre Kunden identifizieren und etwaige Verdachtsfälle auf Geldwäsche melden müssen, erheblich erweitert worden. Seither gelten beide Pflichten u.a. auch für Rechtsanwälte und Notare, wenn sie im Namen ihrer Mandanten Transaktionen durchführen, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, Steuerberater und Immobilienmakler.[21]

Da bereits die fahrlässige Geldwäsche unter Strafe steht, ist gewährleistet, dass die Meldepflichtigen gewissenhaft prüfen und im Zweifelsfall eher einen Verdachtsfall zu viel als zu wenig melden. Ein hohes Meldeaufkommen entspricht der Logik der Anti-Geldwäsche-Strategie; schließlich sollen aus den Finanztransaktionen Hinweise auf (bislang unentdeckte) OK-Strukturen gewonnen werden. Das GwG gab deshalb zugleich den Startschuss für die Einrichtung von polizeilichen (und zum Teil staatsanwaltschaftlichen) Spezialdienststellen für „Fi­nanzermittlungen“.[22] Die polizeilichen Finanzermittler überprüfen die Verdachtsanzeigen und werten die Informationen aus. Im Rahmen von „verfahrensunabhängigen Finanzermittlungen“ sollen, angestoßen durch die Verdachtsmeldungen, neue Ermittlungen gegen Organisierte Kriminalität eingeleitet werden. Hierin manifestiert sich die kriminalstrategische Wende am sinnfälligsten: Im Idealfall soll der Verdacht eines Bankangestellten zur Zerschlagung „der Organisierten Kriminalität“ führen.[23]

Eingriffsbefugnisse

Der Aufstieg der „Geldwäsche“ in das Repertoire polizeilich-straf­rechtlicher OK-Bekämpfung war mit der Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse verbunden. Durch das Gesetz zur Verbesserung der OK-Be­kämpfung wurde die Fernmeldeüberwachung für Ermittlungen wegen Geldwäsche erlaubt. Mit der Aufnahme in den entsprechenden § 100a der Strafprozessordnung (StPO) sind seither nicht nur Überwachungen der Telefon-, Fax- oder E-Mail-Kommunikation zulässig (einschließlich des mittlerweile legalisierten Zugriffs auf die entsprechenden Verbindungsdaten), sondern auch die Überwachung mit technischen Mitteln außerhalb von Wohnungen und das Abhören von Wohnungen (§ 100c StPO).

Weil über die Spur des Geldes die OK-Strukturen und die Hintermänner ermittelt werden sollen, entfalten die Verdachtsmeldungen erst ihre eigentliche Wirkung, wenn die verdächtigen Zahlungen nicht gestoppt oder verweigert, sondern ausgeführt werden. Erst dann ließe sich verfolgen, wer am Ende des Geldwaschens von den legalisierten Werten profitieren möchte. 1994 unternahm Bayern einen erfolglosen Vorstoß im Bundesrat,[24] durch den Geldwäsche-„Handlungen, die zur Strafverfolgung erforderlich sind“, legalisiert werden sollten. Das GwG sieht die Möglichkeit zur staatlich „kontrollierten Geldwäsche“ (analog zur „kontrollierten Lieferung“) bislang nicht vor. Weil man Geldwerten ihre Herkunft nicht ansieht und weil im Zeitalter des EDV-gestützten globalen Zahlungsverkehrs Werte in nahezu jedes Land in Sekundenschnelle transferiert werden können, erscheint eine solche Ermächtigung wenig sinnvoll. Einschlägige Gerichtsverfahren belegen jedoch, dass die „kontrollierte Geldwäsche“ praktiziert wird.[25] Den Finanzinstituten wird dabei Straffreiheit zugesagt, da es ihnen am nötigen Vorsatz für die Geldwäsche fehle. In wie vielen Fällen diese staatlich geduldete Geldwäsche durchgeführt wurde, sie aber nicht zur Ermittlung der Hintermänner, sondern zum „erfolgreichen“ Waschen führte, ist nicht bekannt.

Flankierende Maßnahmen (an den Grenzen)

Durch die Novellierung des Zollverwaltungsgesetzes[26] wurden 1998 die Zollbehörden ermächtigt, die Ein- oder Ausfuhr von Bargeld oder anderen Wert- oder Zahlungsmitteln zu kontrollieren. Personen, die mehr als 15.000 Euro mit sich führen, müssen Angaben über die Höhe des Betrages, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck machen. Darüber hinaus können die Zöllner die Vorlage von Ausweispapieren verlangen, Fahrzeuge und mitgeführte Sachen durchsuchen und bei zureichenden Anhaltspunkten die Person durchsuchen. Mittel, die zum Zweck der Geldwäsche ins Ausland verbracht werden sollen, können sichergestellt und für maximal drei Werktage in zollamtliche Verwahrung genommen werden. Durch richterliche Entscheidung kann diese Frist auf einen Monat verlängert werden. Die Zollbehörden dürfen ihre Erkenntnisse aus den Bargeldkontrollen an die Strafverfolgungsbehörden sowie an andere Finanzbehörden weiterleiten.[27] Durch das Finanzministerium kann der Bundesgrenzschutz beauftragt werden, die Bargeldkontrollen für den Zoll vorzunehmen. Zudem wurden den Zollfahndungs­ämtern zur Verfolgung der international organisierten Geldwäsche die entsprechenden Befugnisse aus der StPO übertragen.

Kosten der Geldwäschebekämpfung

Der „Kampf gegen die Geldwäsche“ findet weltweit statt. Neben einigen internationalen Übereinkünften, denen Deutschland beigetreten ist, verpflichten auch zwei EU-Richtlinien den deutschen Gesetzgeber zu entsprechenden Bestimmungen.[28] Für die bundesrepublikanischen Umsetzungen dieser Vorgaben ist jedoch kennzeichnend, dass sie regelmäßig über das hinausgehen, was international verlangt wird: Dass die Vortatenkataloge ständig ausgeweitet werden, dass es keine Straflosigkeit für Bagatellbeträge gibt oder dass bereits die „leichtfertige“ Geldwäsche strafbar ist, entspringt nicht den internationalen Vorgaben, sondern sind Leistungen des deutschen Gesetzgebers.

Die deutsche Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung ist eine Geschichte ständiger Ausweitungen:[29] Der strafrechtliche Geldwäsche-Begriff löst sich immer mehr von seinem ursprünglichen Bezug zu organisierter Kriminalität. Nach den Finanzinstituten sind mittlerweile auch viele freie Berufe, die Finanzdienstleistungen erbringen, zur vorpolizeilichen Verdachtschöpfung verpflichtet. Dabei wirkt offenkundig ein sich selbst verstärkender Kreislauf: Die Verdachtsmeldungen der kriminalistischen Laien verlangen nach einer Ausweitung der Vortatenkataloge, weil nur so die Meldungen als Geldwäsche sanktioniert werden können. Verdeckte Polizeimethoden müssen dann legalisiert werden, um den Verdacht zu erhärten. Die ausgeweiteten Vortatenkataloge führen wiederum zu neuen Verdachtsanzeigen, weil man sich immer weniger sicher sein kann, dass die Gelder oder Gegenstände nicht aus einer Vortat stammen. Im Namen der Geldwäschebekämpfung sind alle verdächtig – und besonders die, bei denen man Geld oder anderen Besitz nicht erwartet. Die größten Gefahren der Geldwäsche liegen deshalb in ihrer Bekämpfung: „Das Konzept selbst gefährdet womöglich die Grundlagen dessen, was es zu schützen verspricht.“[30]

Norbert Pütter ist Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
[1] Daher der Begriff „Geldwäsche“ (money laundering): Im Amerika der Alkoholprohibition sollen die Erlöse aus dem Alkoholverkauf als Einnahmen von Waschsalons (launderettes) deklariert worden sein, weil dort regelmäßig viel Bargeld anfiel.
[2] s. exemplarisch für die deutsche Diskussion die BKA-Jahrestagung von 1986: Bundeskriminalamt (Hg.): Macht sich Kriminalität bezahlt?, Wiesbaden 1987
[3] s. Tröndle, H.; Fischer, T.: Strafgesetzbuch, 51. Aufl., München 2003, S. 1618 ff.
[4] s. Kaufmann, M.: Die Bedeutung der Einbeziehung von Bankmitarbeitern in die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche, Bremen 2000, S. 201
[5] BGBl. I 1992, S. 1302
[6] Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28.10.1994, BGBl. I, S. 3186
[7] vom 4.5.1998, BGBl. I, S. 845
[8] Gesetz zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der Umsatzsteuer und zur Änderung anderer Steuergesetze (StVBG) vom 19.12.2001, BGBl. I, S. 3922 (geändert 2002 durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I, S. 2715
[9] Vierunddreißigstes Strafrechtsänderungsgesetz – § 129b StGB v. 22.8.2002, BGBl. I, S. 3390
[10] Flatten, T.: Zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche, Frankfurt/M. u.a. 1996, S. 168
[11] Das Verbrechensbekämpfungsgesetz (a.a.O., Fn. 6) trug diesem Umstand Rechnung und erweiterte die Überschrift „Geldwäsche“ um „Verschleierung unrechtmäßiger Vermögenswerte“.
[12] Tröndle; Fischer a.a.O. (Fn. 3), S. 1637
[13] ebd., S. 1627
[14] a.a.O. (Fn. 7)
[15] Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) v. 25.10.1993, BGBl. I, S. 1770
[16] Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus (Geldwäschebekämpfungsgesetz) v. 8.8.2002, BGBl. I, S. 3105 (§ 1 Abs. 5 (neu) GwG)
[17] Die Bestimmungen über die Vermögensstrafe – 1992 zusammen mit denen über die Geldwäsche in das StGB eingeführt – wurden am 20.3.2002 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt, s. www.bundesverfassungsgericht.de.
[18] GwG a.a.O. (Fn. 15), § 11 Abs. 1
[19] Abdruck in: Fülbier, A.; Aepfelbach, Rolf R.: GwG – Kommentar zum Geldwäschegesetz, Köln 1999, S. 519-529
[20] Abdruck in: Körner, H.H.; Dach: E.: Geldwäsche, München 1994, S. 162 f.
[21] Geldwäschebekämpfungsgesetz a.a.O. (Fn. 16), § 3 Abs. 1 (neu), § 11 (neu) GwG
[22] zur ersten Umsetzungsphase s. Pütter, N.: Geldwäsche und die Achillesferse des „organisierten Verbrechens“, in: Kriminologisches Journal 1995, H. 4, S. 257-275 (S. 267 ff.)
[23] zum Scheitern dieses Ansatzes s. S. 50 ff. in diesem Heft
[24] Flatten a.a.O. (Fn. 10), S. 173
[25] s. einige Fälle bei Fülbier; Aepfelbach a.a.O. (Fn. 19), S. 401 und 404
[26] Verbrechensbekämpfungsgesetz a.a.O. (Fn. 6), Art. 4
[27] s. Bundesbeauftragter für den Datenschutz: 18. Tätigkeitsbericht 1999-2000, www.bfd. bund.de/information/18tb9900.pdf, Kap. 13.5
[28] s. FATF-Artikel in diesem Heft, S. 56-61
[29] Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass seit 1994 auch der Bundesnachrichtendienst eine Zuständigkeit für die internationale Geldwäsche bei bestimmten Vortaten besitzt.
[30] Tröndle, H.; Fischer, T. a.a.O. (Fn. 3), S. 1622