Telekommunikations-Überwachungsstatistik 2005

Auf Nachfrage veröffentlichte die Bundesregierung im Oktober die Statistik der Landesjustizverwaltungen und des Generalbundesanwalts zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) im Jahr 2005:[1] Bundesweit kam es demnach zu TKÜs in insgesamt 4.925 Verfahren; das entsprach einer Steigerung von 4,5 % gegenüber dem Vorjahr. Auffallend an der Statistik sind die geografischen und deliktischen Ungleichheiten. So führt Bayern mit 885 TKÜ-Verfahren die Rangliste an; Nordrhein-Westfalen kam trotz größerer Bevölkerung und mehr registrierten Straftaten mit fast der Hälfte an Überwachungen aus. In einigen Bundesländern stieg die Zahl der TKÜs weiter: mit 116 Verfahren verdoppelte sie sich im Saarland fast; Thüringen (+36 %), Hamburg (+31 %), Rheinland-Pfalz (+28 %), Mecklenburg-Vorpommern (+27 %) und Schleswig-Holstein (+24 %) wiesen ebenfalls erhebliche Steigerungsraten auf.

Das Gros der Überwachungen betraf auch in diesem Jahr Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (3.331 Verfahren); auch hier liegt Bayern vorn (599 Verfahren) – während etwa Berlin nur 42 TKÜ-Verfah­ren im Rauschgiftbereich meldete. Auffällig ist die ungewöhnlich hohe Zahl von 24 bayerischen Verfahren wegen Straftaten gegen die Landesverteidigung, denen nur ein einziges Verfahren in Nordrhein-Westfahlen gegenüber stand. In 47 vom Generalbundesanwalt geführten Verfahren kam es zu TKÜs. Bei 34 dieser Verfahren wurde wegen „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung“ ermittelt, also u.a. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft etc. in kriminellen oder terroristischen Vereinigungen.

Bereits im April hatte die Bundesnetzagentur ihre Statistik der TKÜs vorgelegt.[2] Im Unterschied zu den Justizverwaltungen zählt die Netzagentur nicht die Ermittlungsverfahren, sondern die Anordnungen auf Überwachung und die davon betroffenen Anschlüsse: 2005 wurden in der Bundesrepublik insgesamt 42.508 Überwachungen der Telekommunikation angeordnet. Diese betrafen 49.243 „Kennungen“ (= Anschlüsse bzw. Telefonnummern). Mit einer Steigerungsrate von mehr als 20 % im Vergleich zum Vorjahr (2004 waren 40.973 Anschlüsse überwacht worden) wurden 2005 so viele Telefon, Fax- und Internetanschlüsse staatlich abgehört wie nie zuvor. Wie in den vergangenen Jahren entfiel der Großteil der Überwachungen auf Mobiltelefone (42.011 Anschlüsse). Nach wie vor niedrig ist die Zahl der Überwachungen im Bereich der digitalen Medien. Obgleich die 193 überwachten Internetzugänge eine Verdopplung und die 365 E-Mail-Zugänge mehr als eine Vervierfachung der Fälle gegenüber dem Vorjahr darstellen.

(Jan Wörlein)

[1]      Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen), BT-Drs. 16/3054 v. 20.10.2006, S. 5 ff.
[2]     abgedruckt ebd., S. 8