Die Krise nutzen: Zur Umsetzung der Empfehlungen des 1. NSU-Unter­suchungs­ausschusses des Bundestages

von Gerd Wiegel

Im dritten Teil der ARD-Trilogie zum NSU sagt der smarte junge Verfassungsschützer zum aufrechten Thüringer Ermittler: „Ich bin überzeugt, die Ämter werden gestärkt aus dieser Sache hervorgehen.“[1] Sicher, das ist Fiktion. Allerdings ist es durchaus wahrscheinlich, dass bereits im Winter 2011 und Frühjahr 2012 die Überzeugung im Sicherheitsapparat vorherrschte, man werde die Krise für sich zu nutzen wissen.

Viereinhalb Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU muss man jedenfalls feststellen, dass sich die Prognose des fiktiven Verfassungsschützers bewahrheitet hat. Die Ämter, die im Zentrum der Kritik standen und stehen – allen vorweg der Verfassungsschutz –, gehen deutlich gestärkt aus dem NSU-Skandal hervor. Dies gilt in jedem Fall für die materielle Ebene, d.h. die Frage von finanzieller Ausstattung und Ausweitung der Befugnisse. Beobachten lässt sich ein völliges Auseinanderfallen von öffentlichem Ansehen des Verfassungsschutzes und dem realen Einflussgewinn des Bundesamtes bei gleichzeitigem finanziellen und personellen Aufwuchs. Nicht nur die erwähnte ARD-Trilogie, sondern auch die zahlreichen Dokumentationen, Hintergrundartikel und Recherchen zum NSU-Komplex zeigen, dass dem Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit so ziemlich jedes Verbrechen in diesem Zusammenhang zugetraut wird – von der bewussten Verhinderung der Festnahme des Trios, über die Kenntnisse des Aufenthaltes der drei und wahlweise auch ihrer Taten bis hin zur Liquidierung von ZeugInnen, die zur Aussage bereit sind. Die hierfür gesammelten und präsentierten Indizien, die sich bisher jedoch nicht handfest beweisen lassen, perlen am Amt ohne jede sichtbare Folge ab.

Doch nicht nur beim Verfassungsschutz scheint die Krise des NSU-Skandals wenig verändert zu haben. Auch die Polizei hat vor dem Hintergrund von elf Jahren fehlgeleiteter Ermittlungen im Rahmen der Ceska-Mordserie und einer völligen Verkennung rassistischer Tatmotivationen keinerlei grundlegende Änderung vollzogen. Die im Mai 2015 aufgedeckten rassistischen Vorfälle bei der Bundespolizei in Hannover wurden schnell als Einzelfälle bagatellisiert, die zu keinem „Generalverdacht“ bei der Polizei führen dürften.[2] Bis heute wird das Stichwort des „strukturellen“ oder „institutionellen Rassismus“ bewusst missverstanden und als Vorwurf an den einzelnen Beamten, die einzelne Beamtin gedeutet, obwohl es gerade um einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang geht, in dem die Polizei ein spezifischer Teil ist. Auch die Wertung und Einordnung von Taten im Rahmen der aktuellen rassistischen Gewaltwelle gegen Geflüchtete und ihre Unterkünfte lässt an einer solchen generell veränderten Wahrnehmung zweifeln.

Schließlich ist auch bei der Justiz keine grundlegende Veränderung der Wahrnehmung sichtbar: Ein einziger Fall aus der seit 2014 anhaltenden und sich steigernden Serie rechter und rassistischer Angriffe schien dem Generalbundesanwalt bisher bedeutsam genug, um die Ermittlungen an sich zu ziehen. Und auch die Verurteilungen der wenigen ermittelten TäterInnen ist sehr unterschiedlich und lässt keine generell erhöhte Sensibilität bei diesem Thema erkennen.

Justiz, Polizei und Verfassungsschutz waren die drei zentralen Institutionen, die der erste NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages (PUA-NSU) in den Blick genommen und für die er konkrete Empfehlungen ausgesprochen hat. Sieht man sich diese 47 Empfehlungen heute noch einmal an, dann zeigt sich die andere Seite der Medaille der für die konkrete Ausschussarbeit wichtigen und hilfreichen Zusammenarbeit aller Fraktionen. Der Ausschuss initiierte zwar vorsichtige Reformschritte und machte konkrete Änderungsvorschläge, ein grundsätzlicher Blickwechsel oder gar eine veränderte Philosophie der Behörden ließ sich damit jedoch nicht bewirken. Dass das Stichwort „Rassismus“ im Zusammenhang mit den Ermittlungen nicht einmal im Abschlussbericht auftaucht, da es bei SPD und Union nicht durchsetzbar war, ist nur der sichtbarste Ausweis dieses Mangels. Dennoch wäre schon die konkrete Umsetzung einiger der 47 Empfehlungen ein Fortschritt – allerdings nur dann, wenn es sich um eine inhaltliche und nicht nur eine rein formale Umsetzung handelte. Hier liegt eines der zentralen Probleme.

Empfehlungen des 1. Untersuchungsausschusses NSU

Bereits im Februar 2014 präsentierte die Bundesregierung einen „Bericht zur Umsetzung der Empfehlungen des 2. Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode“.[3] Legt man die darin getroffenen Ausführungen zugrunde, dann sind mehr oder weniger alle Empfehlungen des PUA-NSU, die im Verantwortungsbereich der Bundesregierung lagen, umgesetzt worden. Für den Bereich der Justiz und den Verfassungsschutz legte die Bundesregierung Gesetzentwürfe vor, die auf Mängel, die der Ausschuss festgestellt hatte, reagieren und zur Umsetzung der Empfehlungen beitragen sollen.[4] Ob die inzwischen verabschiedeten Gesetzesänderungen tatsächlich diese Mängel beseitigen und im Sinne der Empfehlungen zu einer Änderung führen, ist politisch umstritten, wie sich nicht zuletzt in den Anhörungen und Debatten zu den angeführten Gesetzentwürfen gezeigt hat. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Linksfraktion zur Umsetzung aller 47 Empfehlungen des PUA-NSU wird für Juni 2016 erwartet.

Nach Berichten von NebenklagevertreterInnen im Münchner NSU-Prozess haben die überlebenden Opfer und die Angehörigen der Ermordeten nicht den Eindruck, dass es zu einem generellen Mentalitätswechsel in den Sicherheitsbehörden gekommen ist – eine Erwartung, die auch mit der Arbeit des Untersuchungsausschusses verbunden war. Dieser konnte sich zwar nicht darauf einigen, die Ermittlungen zu den Taten des NSU als „strukturell rassistisch“ zu bewerten. Dennoch steht nach wie vor die Frage im Raum, ob die Ermittlungen nicht anders geführt worden wären, wenn es sich bei den Opfern der NSU-Taten (mit Ausnahme von Michèle Kiesewetter) nicht um Menschen mit einem türkischen bzw. griechischen Migrationshintergrund gehandelt hätte.

Zur Forderung nach massiven Konsequenzen führte schließlich auch die Rolle des Verfassungsschutzes: seine Unfähigkeit bei der Aufklärung über die rechtsterroristische Gefahr, die erschreckenden Erkenntnisse über das Ausmaß des V-Mann-Einsatzes in der Naziszene und – damit verbunden – die objektive Unterstützung der Szene und das völlige Versagen des Instruments V-Leute bei der Aufdeckung des NSU. Dass die vom Ausschuss formulierten Empfehlungen im Sinne der ihnen zugrundeliegenden Erkenntnisse und Probleme umgesetzt wurden, lässt sich nicht erkennen.

Motiv Rassismus erkennen

Zentrale Folgerung für die in zahlreichen Fällen strukturell rassistischen Ermittlungen zu den Morden der Ceska-Serie, die sich über Jahre vor allem gegen die Familien und das Umfeld der Opfer richteten, ist die Empfehlung Nr. 1 des Untersuchungsausschusses:

„In allen Fällen von Gewaltkriminalität, die wegen der Person des Opfers einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Hintergrund haben könnten, muss dieser eingehend geprüft und diese Prüfung an geeigneter Stelle nachvollziehbar dokumentiert werden, wenn sich nicht aus Zeugenaussagen, Tatortspuren und ersten Ermittlungen ein hinreichend konkreter Tatverdacht in eine andere Richtung ergibt. Ein vom Opfer oder Zeugen angegebenes Motiv für die Tat muss von der Polizei beziehungsweise der Staatsanwaltschaft verpflichtend aufgenommen und angemessen berücksichtigt werden. Es sollte beispielsweise auch immer geprüft werden, ob es sinnvoll ist, den polizeilichen Staatsschutz zu beteiligen und Informationen bei Verfassungsschutzbehörden anzufragen. Dies sollte in die Richtlinien für das Straf- und das Bußgeldverfahren (RiStBV) sowie in die einschlägigen polizeilichen Dienstvorschriften aufgenommen werden.“[5]

Bis heute kann nicht von einer tatsächlichen Umsetzung dieser Empfehlung im Sinne des Wortlauts gesprochen werden. Erst im Sommer 2015 ist es nach langwierigen Abstimmungen im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) gelungen, eine Änderung der RiStBV zu diesem Punkt zu verabschieden.[6] Jedoch ist durch die vorgenommene Änderung in keiner Weise erkennbar, wie die Dokumentation eines möglichen rassistischen Tatmotivs durch die Polizei vorgenommen wird. Auch auf Nachfragen aus dem Bundestag lieferte die Bundesregierung darauf keine befriedigende Antwort.[7] Die Erfahrungen im Zusammenhang der aktuellen rassistischen Gewaltwelle zeigen, dass es keine einheitliche Handhabung im Sinne der Empfehlung Nr. 1 gibt.

Im August 2015 trat eine von der Bundesregierung initiierte Verschärfung von § 46 Strafgesetzbuch (StGB) in Kraft, wonach eine festgestellte „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Motivation einer Tat als strafverschärfend gewertet werden soll.[8] Viele ExpertInnen verweisen darauf, dass es sich bei dieser Verschärfung vor allem um Symbolpolitik handelt. Einerseits, weil eine höhere Strafzumessung bei entsprechender Motivation auch vorher schon möglich gewesen wäre und andererseits, weil nicht die Frage der Strafzumessung, sondern die Berücksichtigung und Thematisierung der rassistischen Motivation entscheidend sei, die jedoch damit in keiner Weise gewährt werden kann. Noch immer wird diese Dimension bei zahlreichen Taten bagatellisiert oder schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Gerade aus diesem Grund wäre eine konsequente Umsetzung der Empfehlung Nr. 1 von entscheidender Bedeutung, da hier die erste Aufnahme und mögliche Bewertung einer Tatmotivation in den Blick genommen wird. Dafür wäre jedoch eine höhere Sensibilität für dieses Thema in Polizei und Justiz wichtig. Zahlreiche Empfehlungen des PUA-NSU bezogen sich auf diesen Bereich der Aus- und Fortbildung bzw. der Sensibilisierung. Eine tatsächliche Evaluation, was sich hier wie verändert hat, steht aus. Allerdings macht es stutzig, wenn die Bundesregierung in ihrer Darlegung zur Umsetzung der Empfehlungen an zahlreichen Stellen schreibt, dass Sensibilisierung für und Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsextremismus in der Aus- und Fortbildung der Polizeien des Bundes schon immer eine Rolle gespielt habe. Also, so muss man folgern, bedarf es da trotz der Erfahrungen des NSU-Skandals keiner grundlegenden Änderung.

Für die Einordnung und Bewertung von Taten im Zusammenhang politischer Motivation sind die Kriterien „politische motivierter Kriminalität“ – in diesem Fall rechts (pmk-rechts) von Bedeutung. Der Untersuchungsausschuss hatte eine Überarbeitung dieser Kriterien und einen besseren Austausch dazu zwischen Polizei und Justiz angemahnt. Letzteres ist über eine „Modifizierung der Benachrichtigungs- und Übersendungspflichten der Staatsanwaltschaften an das Bundeskriminalamt“ im Rahmen der RiStBV geschehen.[9] Eine Überarbeitung des Kriterienkatalogs „pmk-rechts“ wurde auf den Weg gebracht, ist jedoch bis heute nicht mit den Ländern endgültig abgestimmt.

Insgesamt ist festzuhalten, das zentrale Empfehlungen des PUA-NSU für den Bereich von Polizei und Justiz bis heute nicht vollständig umgesetzt bzw. in einer Art und Weise angegangen wurden, die dem zentralen Problem in diesem Zusammenhang, nämlich dem institutionellen Rassismus, gerade nicht gerecht wird.

Verfassungsschutz als Gewinner

Noch während des laufenden ersten NSU-Untersuchungsausschusses wurden die Weichen für eine Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestellt. Unverzüglich und mit einer Schnelligkeit, die man an anderen Stellen vergeblich erhofft, wurde das „Gemeinsame Abwehrzentrum Rechts“ (GAR) geründet, das dann kurze Zeit später, der Extremismuslogik folgend, zum „Gemeinsamen Extremismus und Terrorismusabwehrzentrum“ (GETZ) mutierte. Hier wird der vom Ausschuss tatsächlich angemahnte bessere und schnellere Austausch von Informationen zwischen Polizei und Verfassungsschutz – immer unter Wahrung des Trennungsgebots, wie natürlich versichert wird – und zwischen den Verfassungsschutzbehörden organisiert.

Ohne jeden Zweifel sind mit den erfolgten Zentralisierungsschritten Gefahren für bürgerschaftliche Schutzrechte verbunden. Technisch können erhobene Informationen speziell gespeichert und zwischen den Ämtern ausgetauscht werden. So wurde im September 2012 eine neue Rechtsextremismusdatei (RED) zum Informationsaustausch zwischen Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei, Landeskriminalämtern, Verfassungsschutz-Behörden und Militärischem Abschirmdienst (MAD) eingerichtet. Als Folgerung aus dem teilweise chaotischen Gegeneinander von Landespolizeien und BKA im NSU-Fall mag ein solcher Ansatz verständlich sein, zweifellos wird er sich jedoch nicht auf den Bereich Rechtsextremismus beschränken lassen. Angesichts der gegenwärtigen rechten und rassistischen Gewaltwelle und den mageren Ermittlungsergebnissen zu den TäterInnen stellt sich dennoch die Frage nach dem realen Nutzen solcher Dateien.

Weiter beschloss die IMK mit Blick auf die Folgerungen aus dem NSU die Einrichtung eines „polizeilichen Informations- und Analyseverbundes“ (PIAV) – auch dies eine informationstechnische Aufrüstung, die nicht auf den Bereich Rechtsextremismus beschränkt ist. Schließlich soll in diesem Zusammenhang als erstes eine zentrale Erfassung im Bereich der „Waffen- und Sprengstoffkriminalität“ erfolgen, eine unmittelbare Folgerung aus den Sprengstoffanschlägen des NSU, die, bei konsequenter Abfrage, zu einer früheren Ergreifung des Trios hätte führen können.

Herzstück der Reform im Rahmen des Verfassungsschutzes ist die 2015 verabschiedete Novelle des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Neu geregelt wird hier der Informationsaustausch im Verfassungsschutzverbund, in dem das BfV die Funktion einer Zentralstelle einnehmen soll. Zentraler Punkt in der Debatte zum Gesetzentwurf waren jedoch die Reglungen für den Einsatz von verdeckten MitarbeiterInnen bzw. Vertrauenspersonen (V-Leuten). Insbesondere der Einsatz letzterer (angeworbene Spitzel aus der Naziszene) hatte im Rahmen des NSU-Unter­suchungsausschusses gezeigt, dass das V-Leute-System sich in Teilen zu einer Finanzierungs- und Organisationsbasis für die Naziszene entwickelt hatte, das entweder völlig aus dem Ruder gelaufen war oder mit dem bewusst die Szene gesteuert und finanziert wurde. Zentrale über den Ausschuss bekannt gewordene „Auswüchse“ sollten über das Gesetz eingedämmt werden. So sollen die Spitzelhonorare nicht länger die Hauptfinanzierungsquelle der V-Leute darstellen dürfen (wobei fraglich ist, ob sie das z.B. im Fall von Tino Brandt überhaupt war), die „erlaubten“ szenetypischen Straftaten werden im Gesetz genauer gefasst und die Ausschlussgründe für die Werbung von Spitzeln wurden konkretisiert. „Verurteilungen wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden“ ist, sollen die Anwerbung und den Einsatz grundsätzlich ausschließen. Damit sollte auf den Fall „Piato“ (Carsten Szczepanski) reagiert werden, einen V-Mann aus dem NSU-Zusammenhang, der trotz schwerster Straftaten angeworben wurde. Ausnahmen sind, so wird es in der Begründung zum Gesetz formuliert, jedoch unter Abwägung der konkreten Umstände möglich, und da in solchen Fällen die Behördenleitung die Entscheidung treffen kann, werden die eingezogenen Barrieren gleich wieder eingerissen.

Sieht man sich die aktuelle Debatte zu der Frage an, ob Uwe Mundlos möglicherweise zwischen 2000 und 2002 in der Baufirma eines damaligen V-Mannes des BfV (Ralf Marschner) beschäftigt war, dann wird die fatale Wirkung der V-Leute deutlich. Sollte sich der Verdacht bestätigen, dann zeigt sich bestenfalls die Nutzlosigkeit des Mittels, da der V-Mann dem Amt zentrale Ereignisse eben nicht berichtete. Schlimmer aber nicht unwahrscheinlich wäre, dass das BfV durch seinen V-Mann von Uwe Mundlos‘ Tätigkeit und vom Aufenthaltsort des Trios wusste, aber aus Gründen des Quellenschutzes keine Informationen an die Polizei weitergeben wollte. Wie immer die Antwort ausfallen wird, die einzig richtige Schlussfolgerung aus dem NSU-Skandal wäre der sofortige Verzicht auf das Mittel V-Leute gewesen.

Fazit

Der erste NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes konnte durch seine Arbeit zahlreiche wichtige Facetten des Behördenversagens im NSU-Zusammenhang dokumentieren und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen. Er hat es jedoch nicht vermocht, einen grundsätzlichen Mentalitätswechsel der Sicherheitsbehörden im Umgang mit der extremen Rechten und rassistischer Gewalt zu bewirken. Das Thema institutioneller Rassismus ist nach wie vor nicht ernsthaft im Rahmen der Polizei angegangen worden. Die Einführung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle mit weitreichenden Kompetenzen könnte hier ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Im Bereich des Verfassungsschutzes ist das Bundesamt mit einem enormen finanziellen und personellen Aufwuchs der eigentliche Gewinner des Desasters. Angezeigt wäre ein sofortiger Verzicht auf die Spitzel aus der Naziszene und perspektivisch die Auflösung des Inlandsgeheimdienstes. Beides ist nicht zu erwarten. Für den zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, der Ende 2015 seine Arbeit aufnahm, bleibt daher eine pessimistische Prognose: Er wird vielleicht so manche interessante Erkenntnis zu Tage fördern, den anscheinend sakrosankten Sicherheitsbehörden aber nichts anhaben können.

[1]   www.daserste.de/unterhaltung/film/mitten-in-deutschland-nsu/index.html
[2]   proasyl.de v. 18.5.2015 und 3.6.2015
[3]   BT-Drs. 18/710 v. 28.2.2014
[4]   BT-Drs. 18/3007 v. 30.10.2014; BT-Drs. 18/4654 v. 28.4.2015
[5]   BT-Drs. 17/14600 v. 22.8.2013, S.861
[6]   Bundesanzeiger, Amtlicher Teil, v. 31.7.2015
[7]   vgl. BT-Drs. 18/3678 v. 30.12.2014
[8]   Gesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses, in: Bundesgesetzblatt – Teil I, Nr. 23 v. 19.6.2015; BT-Drs. 18/3007 v. 30.10.2014
[9]   BT-Drs. 18/710 v. 28.2.2014

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