Tom Jennissen
Gegen die Verabschiedung der Verordnung zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte (TERREG-VO) durch das Europaparlament am 28. April 2021 haben sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppierungen in einem offenen Brief an die Abgeordneten gewandt.[1] Die Unterzeichnenden, zu denen neben Organisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen vor allem netzpolitische Akteure wie European Digital Rights oder die deutsche Wikimedia gehören, warnen vor den Gefahren für die Meinungsfreiheit im Internet und dem Untergraben rechtsstaatlicher Grundsätze. Bereits der im September 2018 vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission[2] hatte massive Kritik auf sich gezogen. Dieser sah unter anderem die Verpflichtung von Service-Providern zur automatisierten Überwachung sämtlicher hochgeladener Daten auf sogenannte „terroristische Inhalte“ vor. Kritiker*innen sahen darin nicht nur einen Dammbruch zur umfassenden Regulierung des Internets, sondern auch konkrete Gefahren für die Presse- und Meinungsfreiheit, da die automatisierte Filterung und Löschung nicht zwischen verherrlichender Propaganda und legitimer Berichterstattung und Dokumentation unterscheiden kann. Die ausdrückliche Verpflichtung zum Einsatz von Uploadfiltern wurde zwar im Verlauf der Verhandlungen gestrichen, doch sieht auch die abschließende Fassung „technische und operative Maßnahmen“ der Service-Provider vor, ihrer gemäß Art. 5 der Verordnung bestehenden Verpflichtung nachzukommen, „zu verhindern, dass über (ihre) Dienste terroristische Inhalte öffentlich verbreitet werden.“
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Einführung grenzüberschreitender sanktionsbewährter Entfernungsanordnungen. Die Verordnung sieht vor, dass von den Mitgliedstaaten zu bezeichnende Behörden dazu berechtigt sind auch Provider, die ihren Sitz bzw. ihre EU-Vertretung in einem anderen Mitgliedstaat haben, zur Entfernung von Inhalten innerhalb einer Stunde nach Anordnung verpflichten zu können. Nicht nur angesichts der laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen einzelne Mitgliedstaaten wegen Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze stößt eine derart Entgrenzung der Zugriffsmöglichkeiten nationaler Behörden auf grundlegende Kritik.