Archiv der Kategorie: CILIP 117

Drohende Gefahren (November 2018)

Umkämpfte Seenotrettung

Seit der Beschlagnahme des dem Verein „Jugend Rettet“ gehörenden Schiffes „Iuventa“ im August 2017 werden alle Nichtregierungsorganisationen, die zur Seenotrettung in internationalen Gewässern zwischen Libyen und Italien unterwegs waren, juristisch verfolgt. Am 2. Juli 2018 wurde die „Sea Watch 3“ von Sea-Watch e.V. im Hafen von Valletta/ Malta festgesetzt, nachdem die Hafenbehörde zur Untersuchung des niederländischen Flaggenstatus die Ausfahrt verweigert hatte. Auch die „Sea Watch 2“, die vom Verein „Mission Lifeline“ übernommen und in „Lifeline“ umbenannt wurde, liegt in Valletta/Malta fest. Der Kapitän hatte sich geweigert, Geflüchtete an die libysche Küstenwache zu übergeben. Gegen Claus-Peter Reisch wird jetzt in Malta wegen der angeblich ungenügenden Registrierung des Schiffes in den Niederlanden verhandelt. Schließlich ist auch der deutsche Sea-Eye e.V. von der Kriminalisierung betroffen. Der Verein betrieb unter niederländischer Flagge die „Seefuchs“, die ebenfalls in Malta am Auslaufen gehindert wird. Umkämpfte Seenotrettung weiterlesen

Tschüss Soko

MitarbeiterInnen der Hamburger Sonderkommission „Schwarzer Block“ sind nach dem G20-Gipfel mehrmals für einen „Erkenntnisaustausch“ in Nachbarländer gereist.[1] Zuvor hatten die BeamtInnen Hausdurchsuchungen bei sieben Personen in Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz veranlasst, um dort mögliche Beweismittel zu sichern.[2] Am 29. Mai wurden neun Objekte durchsucht und dabei Rechner, Laptops, Mobiltelefone, Speichermedien und Bekleidung beschlagnahmt. Französische AktivistInnen, die im südwestlich von Nancy gelegenen Dörfchen Bure gegen Europas größtes Atommüll-Endlager CIGEO demonstrieren, berichten zudem von der Anwesenheit deutscher Polizei bei Demonstrationen. Tschüss Soko weiterlesen

Mehr Polizeipanzer

Mehrere Dutzend Polizeistandorte in Deutschland werden mit neuen Rad­­panzern ausgestattet.[1] Die Bereitschaftspolizeien der Länder erhalten erstmals 45 Fahrzeuge, die Bundespolizei erhöht ihren Bestand außerdem um zehn „geschützte“ Geländewagen und Personentransportfahrzeuge. Mit dem Großauftrag will das Bundesinnenministerium (BMI) den seit 1984 von Bund und Ländern genutzten „Sonderwagen 4“ (SW 4) ersetzen. Die neuen Fahr­zeuge werden dementsprechend vom BMI als „Sonderwagen 5“ (SW 5) bezeichnet. Die Bundespolizei will diesen Be­griff jedoch nicht verwenden. Welche Firma den Zuschlag für den SW 5 bekommt, soll eine Ausschreibung ergeben.  Mehr Polizeipanzer weiterlesen

Passagierdaten in Zügen

Die belgische Regierung hat die Ausweitung ihres Passagierdatensystems auf Bus- und Bahnreisen beschlossen.[1] Nach einer Vereinbarung mit der britischen Regierung erhalten belgische Behörden in einer Testphase vor jeder Ankunft des Fernzugs Eurostar, der zwischen Brüssel und London im Tunnel unter dem Ärmelkanal verkehrt, die Daten der Reisenden. Mit Flixbus nimmt auch erstmals ein Busunternehmen am Austausch von Passagierdaten teil. Belgien ist damit der erste Mit­glied­staat, der die EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten (PNR) auf landbasierte Verkehrsmittel anwendet. Passagierdaten in Zügen weiterlesen

Die „drohende Gefahr“: Eine konkrete Gefahr für die Freiheitsrechte

von Michael Lippa

Mit der Einführung des Begriffs der „drohenden Gefahr“ im Polizeiaufgabengesetz verließ Bayern als erstes Bundesland die bis dahin geltende Dogmatik der Gefahrenbegriffe im Polizeirecht und beruft sich dabei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz.[1] Ob dies so richtig ist, muss stark bezweifelt werden.

Die Polizeigesetze gehören klassischerweise zum Gefahrenabwehrrecht. Das traditionelle Gefahrenabwehrrecht bewegt sich im Spannungsverhältnis zwischen Eingriffen in die Grundrechte potenziell Betroffener auf der einen Seite und der Pflicht des Staates zum Schutz der Grundrechte auf der anderen Seite.[2] Schon der Begriff „Gefahren-Abwehr“ macht es deutlich: Keine Gefahr – keine Abwehr (durch Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger)!

Ob eine Gefahr überhaupt vorliegt oder nicht, ist stets im Rahmen der Ermessensausübung durch eine auf Tatsachen beruhende Gefahrenprognose zu ermitteln. Auch wenn mittlerweile eine Vielzahl an qualifizierten Gefahrenbegriffen existiert, wird grundsätzlich zwischen einer konkreten und einer abstrakten Gefahr unterschieden. Die „drohende Gefahr“: Eine konkrete Gefahr für die Freiheitsrechte weiterlesen