von Sophie-Anne Bisiaux und Lorenz Naegeli
Die Europäische Kommission finanziert unterschiedliche Datenerfassungssysteme für Migrant*innen auf dem Balkan. Recherchen zur biometrischen Datenerfassung in den Nicht-EU-Staaten werfen die Frage auf, ob der Dublin-Mechanismus über die EU-Grenzen hinaus ausgeweitet werden soll. Das wäre ein weiterer Schritt zur Externalisierung der Migrationskontrolle.
„Wir werden die Dublin-Verordnung abschaffen und sie durch ein neues europäisches System zur Steuerung der Migration ersetzen … Es wird einen neuen starken Solidaritätsmechanismus geben“.[1] Das sagte Ursula von der Leyen im September 2020, eine Woche vor der Vorstellung des neuen Europäischen Pakts zu Migration und Asyl. Die Abschaffung von „Dublin“ und mehr Solidarität: zwei verlockende Versprechen in einem Europa, das sich in einer Aufnahmekrise befindet. Doch bei der Lektüre der vorgeschlagenen Verordnungen des „Pakts“ klingt die von der Chefin der europäischen Exekutive versprochene Solidarität seltsam. Ein Eckpfeiler des neuen Vorhabens ist der „verpflichtende Solidaritätsmechanismus“. Er eröffnet den Mitgliedstaaten, die sich gegen jede Form der Aufnahme wehren, die Möglichkeit, die Ausweisung von „irregulären“ Personen in deren Herkunftsländer zu „unterstützen“.[2] Die Regierungen sollen sich ihrer Aufnahmeverantwortung zusätzlich entziehen können, indem sie einem anderen Mitgliedstaat beim Ausbau seiner Grenzkontrollkapazitäten und seiner Zusammenarbeit mit Drittländern in diesem Bereich helfen. Es ist damit gleichsam die Zusammenfassung der EU-Migrationspolitik: Solidarität gibt es nur zwischen europäischen Ländern. Ziel ist es nicht, Migrant*innen in würdiger oder gar fairer Weise aufzunehmen, sondern primär, sie von den europäischen Grenzen fernzuhalten. Eurodac für die Balkanregion? Ausgelagerte Datenbanken im Dienst der Migrationswehr weiterlesen