Für die Teilnahme am Visa Waiver Programm erlaubt Israel den USA Zugang zu seinen biometrischen Daten. Die Regierung in Washington will dies für weitere 40 Länder vorschreiben.
Die US-Regierung hat ein Schreiben an EU-Mitgliedstaaten verschickt, das eine Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership – EBSP) ankündigt. Darin soll der Zugriff auf Fingerabdruck-Datenbanken durch US-amerikanische Grenzbehörden geregelt werden. Dies würde eine Bedingung für Länder, deren Staatsangehörige visafrei in die Vereinigten einreisen können.
Auch die Bundesregierung hat am 9. Februar eine solche Mitteilung von der US-Botschaft erhalten, antwortet das Innenministerium auf eine parlamentarische Schriftliche Frage. Die Vorschrift soll demnach ab 2027 gelten. „Im Wesentlichen soll damit wohl unter anderem ein Austausch von biometrischen Daten, unter anderem von Reisenden, ermöglicht werden“, schreibt das Ministerium und will weitere Einzelheiten klären. Überprüfung von Reisenden: US-Behörden wollen Fingerabdrücke in EU abfragen weiterlesen →
von Eric Töpfer
Die Zahl der großen IT-Systeme der EU zur Kontrolle von Grenzen, Migration und Kriminalität wird sich in den kommenden Jahren verdoppeln. Zugleich werden sie mit dem Ziel, die Datenbanken interoperabel zu machen, immer enger zusammengeführt. Allen Widerständen zum Trotz sind die Kommission und ihre Agenturen die Gewinner dieser Entwicklung. Verlierer sind insbesondere jene, die nicht das Privileg der Unionsbürgerschaft haben.
Seit 27 Jahren brummen in einem Bunker bei Straßburg die Server des Schengen-Informationssystems (SIS). Gedacht war das polizeiliche Fahndungssystem als „Ausgleichsmaßnahme“ für den befürchteten Sicherheitsverlust durch den Wegfall der Grenzkontrollen zwischen den Schengen-Staaten. Sein Personendatenbestand wird seit jeher durch Ausschreibungen von Nicht-EU-Bürger*innen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung dominiert. 2003 gesellte sich die zentrale Einheit für Eurodac hinzu, ein automatisches Fingerabdruckidentifizierungssystem (AFIS) zur biometrischen Erfassung von Asylsuchenden und irregulären Migrant*innen. Zwar dient Eurodac primär der Umsetzung des Dublin-Regimes und soll sicherstellen, dass Asylanträge im Land der Ersteinreise bearbeitet werden. Da die Verordnung von 2000 es den teilnehmenden Staaten aber freistellte, auch Menschen zu erfassen, die im Hinterland beim unerlaubten Aufenthalt erwischt werden, zielte Eurodac von Anfang an auch auf die Kontrolle irregulärer Migration. Im Jahr 2011 nahm das Visa-Informationssystem (VIS) seinen Betrieb auf, das der alphanumerischen und biometrischen Registrierung von Menschen dient, die Anträge auf EU-Kurzzeitvisa stellen. Etwa 80 Millionen Personendatensätze waren Ende 2020 in den drei Systemen erfasst: 73 Mio. im VIS,[1] 5,8 Mio. in Eurodac[2] und etwa 965.000 im SIS.[3] Bereits seit Mitte der 2000er Jahre plant die EU den weiteren Ausbau von SIS, Eurodac und VIS, den Aufbau neuer Datenbanken und die enge Verschränkung all dieser Systeme.[4] (Ver)wachsende Datenbanken: Digitale Grenzen als Integrationsprojekt weiterlesen →
von Sophie-Anne Bisiaux und Lorenz Naegeli
Die Europäische Kommission finanziert unterschiedliche Datenerfassungssysteme für Migrant*innen auf dem Balkan. Recherchen zur biometrischen Datenerfassung in den Nicht-EU-Staaten werfen die Frage auf, ob der Dublin-Mechanismus über die EU-Grenzen hinaus ausgeweitet werden soll. Das wäre ein weiterer Schritt zur Externalisierung der Migrationskontrolle.
„Wir werden die Dublin-Verordnung abschaffen und sie durch ein neues europäisches System zur Steuerung der Migration ersetzen … Es wird einen neuen starken Solidaritätsmechanismus geben“.[1] Das sagte Ursula von der Leyen im September 2020, eine Woche vor der Vorstellung des neuen Europäischen Pakts zu Migration und Asyl. Die Abschaffung von „Dublin“ und mehr Solidarität: zwei verlockende Versprechen in einem Europa, das sich in einer Aufnahmekrise befindet. Doch bei der Lektüre der vorgeschlagenen Verordnungen des „Pakts“ klingt die von der Chefin der europäischen Exekutive versprochene Solidarität seltsam. Ein Eckpfeiler des neuen Vorhabens ist der „verpflichtende Solidaritätsmechanismus“. Er eröffnet den Mitgliedstaaten, die sich gegen jede Form der Aufnahme wehren, die Möglichkeit, die Ausweisung von „irregulären“ Personen in deren Herkunftsländer zu „unterstützen“.[2] Die Regierungen sollen sich ihrer Aufnahmeverantwortung zusätzlich entziehen können, indem sie einem anderen Mitgliedstaat beim Ausbau seiner Grenzkontrollkapazitäten und seiner Zusammenarbeit mit Drittländern in diesem Bereich helfen. Es ist damit gleichsam die Zusammenfassung der EU-Migrationspolitik: Solidarität gibt es nur zwischen europäischen Ländern. Ziel ist es nicht, Migrant*innen in würdiger oder gar fairer Weise aufzunehmen, sondern primär, sie von den europäischen Grenzen fernzuhalten. Eurodac für die Balkanregion? Ausgelagerte Datenbanken im Dienst der Migrationswehr weiterlesen →
Auch das Schengener Informationssystem (SIS II) verfügt jetzt über ein System zur Identifizierung von Personen mithilfe von Fingerabdrücken. Nach zweijähriger Probezeit wurde das „Automatic Fingerprint Identification System“ (AFIS) am Montagabend von der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA ) freigeschaltet. Das zentral angelegte „Fingerabdruckidentifizierungssystem“ ist beispielsweise im Rahmen einer Polizeikontrolle durchsuchbar. Jeder neu in der Fahndungsdatenbank eingespeicherte Abdruck wird außerdem mit den vorhandenen daktyloskopischen Daten abgeglichen. So sollen die allgemeine Kriminalität, aber auch der Missbrauch von Identitäten bekämpft werden. Neues EU-System zur Identifizierung mit Fingerabdrücken freigeschaltet weiterlesen →
Vor dem 11. September 2001 erschien die Biometrie im Wesentlichen als eine Technik, die das Allerheiligste von Banken und Versicherungen oder allenfalls die Chefetagen großer Firmen vor dem Zugang durch Unbefugte schützen sollte. Gesichtserkennung, das Abchecken der Augeniris und dergleichen mehr kannte man meist nur aus Science-Fiction-Filmen. Automatische Fingerabdruckidentifizierungssysteme – kurz AFIS – gab es zwar schon seit den 1990er Jahren, aber sie wurden bis dahin nicht unter dem Stichwort Biometrie diskutiert, sondern galten als Fortentwicklung einer bekannten polizeilichen Methode, nämlich der Daktyloskopie. Kommentar: Biometrie: Vom Ende des «Identitätsbetrugs» in Europa weiterlesen →
Heiner Busch and Matthias Monroy. Translation by Viktoria Langer
The topic of counter-terrorism in Europe remains closely linked to the development and expansion of police (and secret service) databases. This was the case in the 1970s, after 11 September 2001 and has also been the case since 2014, when the EU Member States started working on their action plans against ‚foreign terrorist fighters‘.
The first effect of this debate has been a quantitative one: the amount of data in the relevant databases has increased explosively since 2015. This can be seen by looking in particular at available data on the Europol databases, like ‚Focal Points‘ (formerly: Analytical Work Files) of the Europol analysis system. Since 2015 they have become one of the central instruments of the European Counter Terrorism Centre (ECTC) which was established in January 2016. Counter-terrorism and the inflation of EU databases weiterlesen →
Personendaten und Fingerabdrücke von irregulär eingereisten Geflüchteten sollen bei deren Einreise in die Europäische Union sofort an sämtliche Mitgliedstaaten weitergegeben werden. Die Maßnahme soll laut dem Vorschlag für die neue Verordnung der Fingerabdruckdatei EURODAC bei der Prüfung helfen, ob einem „illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen“ von einem anderen Mitgliedstaat ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Dann könnte die betreffende Person dorthin zurückgeschoben werden. Gemäß dem Dublin-Abkommen sind die AntragsstellerInnen verpflichtet, im Land der erstmaligen Registrierung auf europäischem Boden zu verbleiben.
In der Diskussion um die neue EURODAC-Verordnung ist geplant, den Austausch auszuweiten. Zukünftig sollen nicht nur Personendaten und Fingerabdrücke von Asylsuchenden und irregulär Eingereisten gespeichert werden. Hinzu kommen auch jene Personen, die offensichtlich eine EU-Außengrenze ohne Registrierung überwinden konnten und danach in einem EU-Mitgliedstaat angetroffen werden. Die Daten dürften dann auch zur Identifizierung von Personen genutzt werden, deren Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden kann. Strafverfolgung und Gefahrenabwehr: Ausbau von EURODAC zum Alarmsystem für einreisende Geflüchtete weiterlesen →
von Eric Töpfer
Ursprünglich waren die drei großen IT-Systeme zur Überwachung von Nicht-EU-BürgerInnen als Instrumente zur Umsetzung von Dublin-Regime und Schengener Abkommen gedacht. Doch obwohl sowohl das Gemeinsame Europäische Asylsystem als auch das Europa der offenen Grenzen am Ende scheinen, hält die EU unbeirrt an ihren „digitalen Grenzen“ fest. Nun soll ihre Nutzung für eine verschärfte Abschiebepraxis und die Terrorabwehr sogar noch intensiviert werden.
Eigentlich hat eu-LISA, die 2012 gegründete Agentur für das Betriebsmanagement der drei großtechnischen IT-Systeme, die sich die Europäische Union zur Migrationskontrolle leistet, ihren Sitz in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Tatsächlich aber arbeiten zwei Drittel ihrer etwa 120 Beschäftigten im französischen Straßburg.[1] Dort ist der Maschinenraum von Europas digitalen Grenzen. In einer Hochsicherheitsanlage stehen die Server, auf denen die zentralen Datenbanken des Schengen- und des Visa-Informationssystems (SIS und VIS) sowie von Eurodac laufen. Gespeichert und verarbeitet werden dort Informationen zu mehr als sieben Millionen Personen sowie weit über 50 Millionen Datensätze zu Reise- und anderen Dokumenten, Fahrzeugen, Banknoten und Waffen – Tendenz steigend. Der Betrieb der drei Systeme kostet allein die EU jährlich mehr als 30 Millionen Euro.[2] Dazu kommt eine unbekannte Summe, die die teilnehmenden Staaten für den Betrieb der nationalen Teilsysteme aufbringen müssen. Die Trias digitaler Grenzen: Eurodac, SIS II und VIS weiterlesen →
von Brigitta Kuster und Vassilis S. Tsianos
Der folgende Text beschäftigt sich am Beispiel von Eurodac mit der Digitalisierung der europäischen Grenzkontrolle. Eurodac, eine Informations-, Kommunikations- und Kontrolltechnologie, operiert mittels einer europäischen Datenbank, in der die Fingerabdrücke von Asylsuchenden und irregulären MigrantInnen in einem so genannten Automatischen Fingerabdruck-Identifikations-System (AFIS) gespeichert werden. Der politische Geltungsraum dieses Systems bildet die Dublin II Regulation. Sie wurde als Antwort auf die Krise des europäischen Asylsystems konzipiert, die die Konstruktion und den Gebrauch von flapsigen Begriffen wie “refugees in orbit” und “asylum shopping” begleiteten.[1] Dublin II folgt dem Verursacherprinzip, welches besagt, dass der Mitgliedstaat, der die Einreise eine_r Asylantragssteller_in „verursacht“ hat (etwa durch Vergabe eines Visums oder aufgrund mangelnder Sicherung der Grenze), das Asylverfahren durchführen muss. Indem es mit Hilfe der Datenbank Eurodac die Zuständigkeit eines und nur eines Mitgliedstaates pro Asylantrag rekonstruiert, bildet Dublin II das innere Regulativ der Mobilität von Nicht-EU-Staatsbürger_innen ohne Visum innerhalb der EU. Eurodac und die IT Agentur: Zur Digitalisierung der europäischen Grenze weiterlesen →
von Eric Töpfer
Die europaweite Verknüpfung polizeilicher DNA-Datenbanken schreitet voran. Wirklich reibungslos funktioniert der grenzüberschreitende Informationsaustausch, der auf eine Initiative des ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schily aus dem Jahr 2003 zurückgeht, bislang allerdings nicht.
Stichtag ist der 26. August 2011: Bis dahin soll die Vernetzung der nationalen DNA- und Fingerabdruckdatenbanken sowie der Kraftfahrzeugregister aller 27 EU-Mitgliedstaaten abgeschlossen sein; so gibt es der Ratsbeschluss der Europäischen Union (EU) 2008/615/JI zur „Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität“ vor.[1] Gemäß den Prüm-Beschlüssen, mit denen das 2005 geschlossene Abkommen in den EU-Rahmen überführt wurde, sollen europäische Polizeien die entsprechenden Datenbestände anderer Staaten automatisch durchsuchen können. Mit der Teilautomatisierung der Rechtshilfe würden sich lange Dienstwege verkürzen auf die Anfrage bei nationalen Kontaktstellen, die als elektronische Schnittstellen für die Datenabfrage bei den Partnerländern zuständig sind. In Deutschland übernimmt das Bundeskriminalamt diese Funktion, bei Kfz-Registerdaten zusammen mit dem Kraftfahrzeugbundesamt. Erst im Falle eines „Treffers“ müssten auf dem Wege klassischer Rechtshilfeersuchen weitere Informationen angefragt werden. Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund weiterlesen →
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