Literatur zum Schwerpunkt
Kerner, Hans-Jürgen: Professionelles und organisiertes Verbrechen. Ver-such einer Bestandsaufnahme und Bericht über neuere Entwicklungsten-denzen in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden, BKA-Schriftenreihe, Wiesbaden 1973
Kerner unterscheidet noch deutlich zwischen organisierter und professioneller Kriminalität. Erstere ist seiner Auffassung nach in den beiden Ländern nicht vorhanden, letztere sehr wohl.
Zühlsdorf, Hans: Bekämpfung organisierter Verbrechen. Polizei aktuell Bd. 18, Boorberg Verlag Stuttgart etc. 1974
Zweifelhafte Studie, denn der damalige Hamburger Kripochef stand selbst im Verdacht, enge Beziehungen zur Unterwelt zu pflegen. (vgl. hierzu GAL Hamburg, Ist Hamburgs Polizei sauber?, Hamburg 1982)
BKA (Hg.): Organisiertes Verbrechen. BKA-Vortragsreihe Bd. 21, 1974
Wichtig u.a. der Aufsatz von Boettcher, in dem wesentliche Teile des Gut-achtens der AG-Kripo-Fachkommission enthalten sind. Kennzeichnend für die Beiträge aus der Anfangszeit der OK-Debatte: auch die „Politkrimina-lität“ wird zur OK gerechnet.
Gemeinsame Arbeitsgruppe des Innen- und Justizministeriums Baden-Württemberg: Rechtsprobleme der Polizei bei verdeckten Ermittlungen, 1978 (dok. in Bürgerrechte & Polizei/CILIP 11, 1/1982)
Schon 1978 wurde gefordert, Verdeckte Ermittler nicht alle Straftaten verfol-gen zu lassen, sondern ihnen besondere Möglichkeiten (Legenden, Tarnpapiere etc.) einzuräumen. Das Papier inspirierte in wesentlichem Maße die Diskussionen der IMK.
BKA (Hg.): Perspektiven der Verbrechensbekämpfung, BKA-Vortragsreihe Bd. 27, Wiesbaden 1981
Siehe u.a. den Beitrag von A. Werner, Organisierte Kriminalität – Fiktion oder Realität?
Gewerkschaft der Polizei (Hg.): Organisierte Kriminalität – eine akute Be-drohung, Beiträge einer Fachtagung der GdP, Hilden 1983
U.a. Vorträge von Boge, Stümper, Korneck, Schmude, Spranger und von Schoeler, in denen sie sich weitgehend einig sind über Organisierte Kriminalität und verdeckte Methoden. Aus dem Reigen affirmativer Beiträge fällt einzig der des Frankfurter Kriminologen Henner Hess heraus.
Ad hoc-Kommission des AK II der IMK: Neue Methoden der Verbrechensbekämpfung
Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Baden-Württemberg. Ihre Ergebnisse leiteten den Aufbau von OK-Dienststellen und eine gewisse Standardisierung des V-Mann- und VE-Einsatzes durch Richtlinien ein (dok. in Bürgerrechte & Polizei/CILIP 17, 1/1984).
Burghard, Waldemar: Organisierte Kriminalität – Fiktion oder Realität, in: Taschenbuch für Kriminalisten, Bd. 33, Hilden (Verlag Deutsche Polizei) 1983, S. 75-98
Sielaff, Wolfgang: Bis hin zur Bestechung leitender Polizeibeamter. Er-scheinungsformen und Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Hamburg, in: Kriminalistik Nr. 8/9 1983, S. 417-422
Der spätere LKA-Chef Hamburgs ist einer der wesentlichen polizeilichen Vertreter der OK-Debatte.
Bürgerrechte & Polizei/CILIP 17, 1/1984: Schwerpunktheft V-Leute
U. a. Dokumentation der Hamburger V-Leute-Richtlinien und des o.g. AK II-Papiers
Sielaff, Wolfgang: Verdeckte Ermittlungen in der Sex- und Glücksspielindu-strie, in: Kriminalistik Nr.12/ 1985, S. 577-583
Der Artikel gibt u.a. Einblick in Konzeption und Arbeitsweise der Fach-dienststelle für OK in Hamburg.
Hamacher, Hans Werner: Tatort Bundesrepublik – Organisierte Kriminalität, Hilden 1986
Schuster, Leo: Entwicklung Strukturen und Bekämpfungsansätze organisierter Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, in: Taschenbuch für Kriminalisten Bd. 37, Hilden 1987, S. 7-21
Schwind, Hans-Dieter/ Steinhilper, Gernot/ Kube, Edwin: Organisierte Kriminalität. Beiträge einer Fachtagung der deutschen kriminologischen Ge-sellschaft, Heidelberg 1987
Rebscher, Erich/ Vahlenkamp, Werner: Organisierte Kriminalität in der Bundesrepublik, Sonderband der BKA-Forschungsreihe, Wiesbaden 1988
(Besprechung in Bürgerrechte & Polizei/CILIP 37, 3/1990)
BKA (Hg.): Ausländerkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, BKA-Vortragsreihe Bd. 34, Wiesbaden 1988
Irreführender Titel, die Diskussion um OK stand bei vielen Beiträgen im Vordergrund.
PFA (Hg.): Thema Organisierte Kriminalität, Schriftenreihe der Polizeifüh-rungsakademie Heft 3/4 1990
Tenor: die Existenz der OK ist anerkannt. Erwähnenswert der Beitrag von Sielaff, der die Struktur der OK-Abteilung im Hamburger LKA darstellt.
Gemeinsame Arbeitsgruppe Organisierte Kriminalität: Strafverfolgung bei Organisierter Kriminalität. Bericht der vom Ministerium für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und dem Innenministerium des Landes Baden-Württemberg eingesetzten Gemeinsamen Arbeitsgruppe „Organisierte Krimi-nalität“, Stuttgart 1990
Der Bericht enthält einen Forderungskatalog und einen Gesetzentwurf, der zur Grundlage der Bundesratsvorlage des OrgKG wurde.
BKA (Hg.): Organisierte Kriminalität in einem Europa durchlässiger Grenzen, COD-Literaturreihe Bd. 10, Wiesbaden 1990
Die COD-Reihe des BKA dient zur Vorbereitung der Arbeitstagungen des BKA.
IMK (Hg.): Organisierte Kriminalität in Europa. Dokumentation einer in-ternationalen Expertentagung an der PFA im März 1990, Stuttgart 1990
Neben Vorträgen aus den USA, Großbritannien, der Schweiz, Italien, Frankreich und der BRD enthält das Bändchen Beschlüsse der IMK und Statements mehrerer Innenminister.
Schmidt, Jürgen: Organisierte Kriminalität, in: Informationen der Polizei Schleswig-Holstein, Heft 2/ 1991, S. 12-16
Neben den üblichen Erklärungen zum Begriff der OK Organisationspläne der OK-Dienststelle des Kriminalpolizeiamtes des Landes.
Wirtschaftskriminalität
BKA (Hg.): Wirtschaftskriminalität, BKA-Vortragsreihe Bd. 29, Wiesbaden 1983
BKA (Hg.): Wirtschaftskriminalität, COD-Lieteraturreihe Bd. 2, 1983 und Bd. 7, 1988
Bd. 2 enthält eine Bibliographie von Titeln bis 1983, Bd. 7 ergänzt bis zum Jahre 1987.
Poerting, Peter (Hg.): Wirtschaftskriminalität, BKA-Schriftenreihe Bde. 52 und 53, Wiesbaden 1983
Liebl, Karlhans (Hg.): Internationale Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Wirtschaftskriminalität. Beiträge zur gesellschaftswissenschaftlichen For-schung Bd. 1, Pfaffenweiler (Centaurus) 1987
Der Band enthält eine Vielzahl von Aufsätzen zur Problematik der Wirt-schaftskriminalität und ihrer Bekämpfung in Europa, Nord- und Südamerika sowie Japan. Leider gibt es keine gemeinsame Fragestellung, was bei den Unterschieden der ökonomischen und politischen Bedingungen der Länder nicht verwundern kann. Trotzdem eine Fundgrube von Informationen, die auch dem nur an europäischen Verhältnissen interessierten Leser etwas bieten können.
Menschenhandel
AGISRA (Hg.): Frauenhandel und Prostitutionstourismus, Frankfurt 1990
AGISRA (Hg.) Forderungen gegen Sextourismus und Frauenhandel für die Verbesserung der Situation ausländischer Frauen in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1988
Inescu, Lotte: Verkauft und Verraten. Wege zur Bekämpfung des internationalen Frauenhandels, in: Vorgänge 109, Heft 1/1991, S. 27-36
Regtmeier, Wilhelm: Menschenhandel – Erfahrungen einer Sonderkommission in einem besonderen Deliktsbereich der Organisierten Kriminalität, in: PFA-Schriftenreihe 3-4/ 90, S. 81-94
Die drei erstgenannten Veröffentlichungen legen großen Wert auf die Notlagen der betroffenen Frauen. Der letzte Aufsatz widmet sich einem Fall, den eine niedersächsische Sonderkommission der Polizei bearbeitete. Allerdings thematisiert auch Regtmeier, daß die Abschiebung der Frauen bedeutet, sie wieder ins Elend zurückzutransportieren.
Italienische Mafia
Hess, Henner: Mafia. Zentrale Herrschaft und lokale Gegenmacht, Tübingen (Mohr Verlag-Paul Siebeck) 1988
Arlacchi, Pino: Mafiose Ethik und der Geist des Kapitalismus, Frankfurt (Cooperative) 1989
Müller, Peter: Die Mafia in der Politik, Beck-Verlag München 1990
Drogenhandel
Thamm, Berndt Georg: Drogenfreigabe – Kapitulation oder Ausweg?, Hilden (Verlag Deutsche Polizei) 1989
(Besprechung in Bürgerrechte & Polizei/CILIP 33, 2/1989)
Thamm, Berndt Georg: Drogen – legal – illegal, Hilden 1991
Thamm hat zum zweiten Mal die Gelegenheit ergriffen, im Verlag der GdP eine anti-prohibitionistische Position zu vertreten. Das neue Buch gibt eine verständliche Übersicht über diverse Drogen (legale und illegale), ihre Ge-schichte, Herstellung und Handel (samt Preisen und Gewinnspannen) sowie die damit befaßten repressiven und sozialarbeiterischen Instanzen. Zum Einstieg in die Problematik ist das Buch sicherlich gut geeignet. Trotzdem ist eine Reihe von Ungenauigkeiten festzustellen, insbesondere da, wo dem Autor bei der Darstellung der organisierten Händler die Phantasie durchgeht. Ein wenig mehr Genauigkeit wäre angebracht (z.B. Übersicht S. 55).
Scheerer, Sebastian/ Vogt, Irmgard (Hg.): Drogen und Drogenpolitik. Ein Handbuch, Frankfurt/ New York (Campus) 1989
Wärmstens zu empfehlen. Die AutorInnen bemühen sich um genaue, gut do-kumentierte Darstellungen zu einzelnen Drogen und den mit der Drogenpolitik zusammenhängenden Problemen. Der Beitrag von Hess „Der illegale Drogenhandel“ (S. 449-485) bietet einen guten Einstieg ins Thema und rückt eine Vielzahl falscher Vorstellungen über die Struktur des Drogenhandels zurecht. Im Vergleich zu den oft sehr schnellen Ausführungen von Thamm, eine solide Argumentationsgrundlage.
Schmidt-Semisch, Henning: Drogenpolitik – Zur Entkriminalisierung und Legalisierung von Heroin, AG SPAK-Bücher M 100, München 1990
Während frühere Plädoyers für eine Lockerung der Drogenprohibition meist am schwächsten Glied der Kette, an Haschisch und Marihuana, ansetzten, macht der Autor den mutigen Versuch am Beispiel Heroin. Er zeigt, wie Prohibition zu ständig wachsenden repressiven Maßnahmen führt, wie sie das Problem der Drogenabhängigkeit immer weiter steigert und geht dann auf die verschiedensten Modelle der Entkriminalisierung und Legalisierung von Drogen ein. Sicherlich ein weiter, aber lohnender Weg.
García Sayan, Diego (Hg.): Coca, cocaína y narcotráfico. Laberinto de los Andes. Comisión Andina de Juristas, Lima 1989
ders. (Hg.): Narcotráfico. Realidades y alternativas, Comisión Andina de Juristas, Lima 1990
Für des Spanischen kundige LeserInnen bieten diese Bände umfangreiches und gutes Material über Anbau und Vermarktung von Koka und Kokain. Der erste Band ist eine Aufsatzsammlung von Beiträgen über die ökonomischen und politischen Bedingungen in den Herstellerländern, das Problem der Geldwäsche in Panamá, die Militarisierung der Problem“lösungen“ usw. Der zweite Band ist Ergebnis einer internationalen Konferenz in Lima 1990. In den Vorträgen geht es um Regierungspolitiken in den südamerikanischen Produktionsländern und einigen europäischen Konsumländern, die Wiener Konvention von 1988 und den Bush-Plan zur Bekämpfung des Kokainhandels.
Geldwäsche
Naylor, Robert T.: Hot Money and the Politics of Debt. From Watergate to Irangate, from Afghanistan to Zaire, London/ Sydney (Unwin-Hyman) 1987
Naylor stellt den Zusammenhang her zwischen internationalem Finanzsystem, Schuldenkrise, illegalen Märkten, „heißen Geldern“ sowie der Politik der USA und ihrer befreundeten Regierungen. Eine saubere und lesenswerte Analyse.
Ziegler, Jean: Die Schweiz wäscht weißer. Die Finanzdrehscheibe des inter-nationalen Verbrechens, München/ Zürich (Piper) 1990
Die Schweiz gehört unzweifelhaft zu den Paradiesen der Geldwäsche, nicht nur von Drogengeldern, denen sich der Schweizer Abgeordnete und Soziologe Ziegler widmet. So sehr man seine Rage über die Klüngelei von Bankern, Dealern und Diktatoren nachvollziehen kann, so sehr geht einem doch schon nach wenigen Seiten sein Skandalstil (Todesdollars, Ansteckungsherd) und seine ans rassistische grenzende Darstellung von Personen auf den Senkel.
Weßlau, Edda: Neue Methoden der Gewinnabschöpfung? Vermögensstrafe, Beweislastumkehr, in: Strafverteidiger, Heft 5/ 1991, S. 226-236
Kritik der Pläne, die auch im OrgKG ihren Niederschlag fanden.
Meyer, J., u.a.: Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteln, Sonderband der BKA-Forschungsreihe, Wiesbaden 1989
Rechtsvergleichende Studie mit diversen Länderberichten
Zeugenschutz
Krehl, Christoph: Der Schutz von Zeugen im Strafverfahren, in: NJW, 2/1991, S. 85 f.
Kritische Betrachtung der Zeugenschutzrichtlinien des hessischen Justizmini-steriums
Steinke, Wolfgang: Der Zeugenschutz im Strafprozeß, in: Kriminalistik, Heft 7/ 1991, S. 455-457
Steinke wirft den Politikern wieder einmal Untätigkeit vor, nur die Polizei sei in dieser Frage am Ball.
Journalistische Schnellschüsse
Das Thema „organisierte Kriminalität“ verleitet wie wenig andere zu journa-listischen Skandalschriften. Einige der Bücher haben wir bereits besprochen.
Lindlau, Dagobert: Der Mob, Hamburg 1987
Lindlau hat inzwischen auch die Fernsehzuschauer schon das Gruseln gelehrt. Er gehört zu jenen, die Ungenauigkeit bei der Recherche mit lauten Forderungen nach Härte verkleistern.
Peters, Butz: Die Absahner, Reinbek (Rowohlt) 1990
Schlechte Kriminalerzählung (Besprechung in Bürgerrechte & Polizei/CI-LIP 37, 3/1990).
Niemetz, Alexander: Die Kokain-Mafia. Deutschland im Visier, München (Bertelsmann) 1990
Der Chefreporter des ZDF über die „Drogenbosse“ Boliviens und Kolumbiens; die ökonomische Bedeutung des Drogengeschäfts kommt nicht vor. Gute lateinamerikanische Quellen werden so gut wie nicht benutzt. Die meisten Informationen scheinen von der DEA zu stammen. Daß Niemetz auch den US-offiziellen Fehlmeldungen auf den Leim geht, ist kein Zufall. Ein schauerliches Gemälde von Staaten, die „bereits fest im Griff der Syndikate“ sind und solchen, die sie im „Blick“ haben.
Raith, Werner: Mafia: Ziel Deutschland, Köln (Kösler) 1989
Leider erliegt auch Raith den Versuchungen dieses Genres. So gelingt es ihm nicht, zu polizeilichen Autoren auf Distanz zu gehen. Betrachtet man den In-terview-Anhang des Buches, so wird deutlich, daß nahezu ausschließlich aus polizeilichen und staatsanwaltlichen Quellen geschöpft wird. In den Teilen zu Italien durchaus informativ, in seinen BRD-Teilen völlig ungenau. Auch die These vom Verfall der politischen Kultur ist mehr als problematisch und un-terliegt einer einseitigen Sichtweise. Trotzdem geht die zugrundeliegende Vorstellung, OK sei am ehesten durch die demokratische Einmischung der BürgerInnen in politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu verhindern, in die richtige Richtung. Während Raith solche Beispiele in Italien lobt (Frauenbewegung gegen die Mafia, Anstrengungen des Bürgermeisters Orlando in Palermo), hat er für Bundesrepublikaner nur eine Lösung parat; den Parteienstreit aufgeben und gemeinsam mit guten Kräften in Polizei und Justiz gegen die OK vorgehen.
sämtlich: HB
Sonstige Neuerscheinungen
Mansel, Jürgen: Die Selektion innerhalb der Organe der Strafrechtspflege am Beispiel von jungen Deutschen, Türken und Italienern, Frankfurt etc. (Verlag Peter Lang) 1989
Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Differenz der Kriminalitätsbelastung ausländischer Jugendlicher in der polizeilichen Kriminalstatistik und der Verurteiltenstatistik. Während in der ersten ausländische Jugendliche etwa doppelt so oft geführt werden wie deutsche, verschwindet diese Differenz in der Verurteiltenstatistik. Grund: Einstellung von Bagatelldelikten durch die StA, die sich als Teil der Justiz stärker von strafrechtlichen Kriterien leiten läßt als die Polizei, bei der größere Kontrollhäufigkeit und Abhängigkeit von der gegenüber ausländischen Jugendlichen größeren Anzeigebereitschaft zu vermehrter Registrierung führt. Die überdurchschnittliche Kriminalisierung ausländischer Jugendlicher sieht Mansel in der unterschiedlichen Herrschaftsfunktion von Justiz und Polizei begründet. Gegenüber der genauen empirischen Analyse bleibt der methodisch-theoretische Rahmen des Interaktionismus für die Analyse der Herrschaftsfunktion etwas blaß.
Behrendes, Udo: 40 Jahre Bereitschaftspolizei 1950 – 1991, Hilden (Verlag Deutsche Polizeiliteratur) 1991, 36 S.
Erfreulich offen und nüchtern gibt diese Broschüre einen Abriß der 40jähri-gen Geschichte der Bereitschaftspolizeien der Länder. Für die Gründungs-phase der Bereitschaftspolizei 1950/51 ist es dem Autor gelungen, neue Quel-len aus dem Archiv des Bundeskanzleramtes und des Bundesinnenministeri-ums zu erschließen, die vertiefende Einblicke hinter die Kulissen jenes Pro-zesses geben, innerhalb dessen zwischen der Bundesregierung, den West-mächten und den Ländern das erste „Verwaltungsabkommen über die Errich-tung der Bereitschaftspolizei der Länder“ ausgehandelt wurde. Deutlich wird die Distanz des Autors zur militärischen Polizeikonzeption der 50er und 60er Jahre. Etwas zu idyllisch geraten allerdings die knappen Passagen zur Rolle der Bereitschaftspolizei in den 70er und 80er Jahren. Da gab es aus Kreisen der GdP schon deutlichere Worte. Gleichwohl, wer an Polizeigeschichte Inte-resse hat, dem sei der Text empfohlen.
FW
Döding, Horst/ Schipper, Dieter: Die Polizei im demokratischen Rechtsstaat, Hilden (Verlag Deutsche Polizeiliteratur) 1990, 74 S.
Als „Starthilfe für den täglichen Polizeidienst unter den geänderten gesell-schaftlichen und rechtlichen Bedingungen“ dient der GdP-Verlag diese Broschüre Polizisten in den neuen Bundesländern an. Sie enthält in knappester Form einen Überblick über die politische Struktur der Bundesrepublik und polizeirelevante Rechtsgrundsätze. Ob eine solche Broschüre helfen kann, rechtsstaatliches Denken und Handeln zu lernen und der Verpflichtung zur Eigenverantwortlichkeit des Handelns gerecht zu werden, ist nachhaltig zu bezweifeln. Sie vermittelt ohne jegliches didaktische Konzept in ihrer Kürze und dem pur institutionell-rechtlichen Ansatz die Illusion, als ginge demokratisches Handeln von Polizisten in der Befolgung (neuer) Gesetze auf.
Die Broschüre ist konzipiert für die „Anpassungsfortbildung der Angehörigen der künftigen Vollzugspolizei in den Ländern der ehemaligen DDR“ (S.5). Für die „Anpassung“ an einen neuen Jargon wird diese Broschüre hilfreich sein. In einer Situation, in der jene, denen Hilfe angedient wird, gerade Eigenverantwortlichkeit und Distanz zu Anpassungszwängen lernen müßten, ist diese Broschüre eine „Anpassungshilfe“ im schlechtesten Sinne.
FW
Meggeneder, Oskar: Arbeitsbedingungen von Polizei- und Gendarmeriebe-diensteten, (Haag + Herchen), 2.Auflage, 1988, 144 S.
Auf Anregung der „Gewerkschaft öffentlicher Dienst“ versuchte der Autor im Frühjahr 1987, per Fragebogen Arbeitsbedingungen und -belastungen der Bediensteten der Österreichischen Bundespolizei und Gendarmerie zu erfassen. Befragt wurden 3.500 Beschäftigte – Vollzugsbeamte und Beschäftigte mit handwerklicher Tätigkeit. Die Rücklaufquote lag bei knapp 55 %. Gefragt wurde u.a. nach der Einschätzung des Verhältnisses Polizei-Öffentlichkeit, dem Betriebsklima, der Ausstattung der Arbeitsplätze und Dienststellen, Berufszufriedenheit, der Haltung zur EDV, etc.
Ein Versuch, die Ergebnisse der Befragung mit objektiven Daten (Kranken-stand, Kündigungs-/ Fluktuationsrate etc.) gegenzuprüfen, erfolgte nur beim Krankenstand (Angaben der Befragten). So spiegeln die Ergebnisse mehr oder weniger die subjektive Befindlichkeit der Befragten wider.
Insgesamt hinterläßt die Studie einen ausgesprochen theorielosen, eklektizi-stischen Eindruck, der sich dadurch verstärkt, daß weder ein konzeptioneller Rahmen entwickelt, noch der Versuch gemacht wird, Ergebnisse miteinander in Beziehung zu setzen. Eine jener schlechten sozialwissenschaftlichen Studien, die durch umfangreiche Computer-Ausdrucke über theoretisch-interpretative Mängel hinwegzutäuschen versuchen.
FW
Peet, John: Der Spion der keiner war, Wien/ Zürich (Europaverlag) 1991
Daß der Autor Chefredakteur der Nachrichtenagentur Reuter war, daß er im spanischen Bürgerkrieg bei den internationalen Brigaden kämpfte, dort vom sowjetischen Geheimdienst angeworben wurde, später für einige Zeit bei der britischen Kolonialpolizei in Palästina Dienst tat, bevor er sich 1950 in die DDR absetzte – all das könnte diese Autobiographie interessant machen.
Diese Erwartungen hält das Buch jedoch nicht im mindesten. Soweit man über die genannten Stationen überhaupt etwas erfährt, so ist dies durchweg belanglos bis banal. Auch stilistisch unterscheidet sich das Buch nur wenig vom Feuilleton-Teil einer Tageszeitung. Lediglich in einem Punkt wird dem Leser Respekt abgenötigt: den journalistischen Agenturstil, wonach eine Meldung im Idealfall so geschrieben sein sollte, daß sie „von unten gekürzt“ werden kann, beherrscht Peet meisterhaft. Problemlos ließe sich das ganze Buch von hinten um 275 Seiten bis hin zum Titel kürzen, ohne an Substanz zu verlieren.
OD
Gruppe „Wüster Haufen“ (Hg.): Aufruhr – Widerstand gegen Repression und 129a, Amsterdam/ Berlin (Edition ED-Archiv) 1991
Bücher zu besprechen, in denen FreundInnen und Bekannte schreiben, ist eine undankbare Aufgabe. Nach dem Willen der HerausgeberInnen soll das Buch eine „breite Diskussion in der Linken über Repression, deren Wirkung und Funktion, anregen, verschiedene gesellschaftliche und politische Kreise mit ihren Ansätzen und Analysen zusammenbringen“. Daß dies gelang, darf getrost bezweifelt werden. Richtiger liegen sie da schon mit dem Willen, „grundlegende Informationen (zu) vermitteln“ und „Analyseansätze zur Diskussion (zu) stellen“. Insgesamt ein kunterbunter, materialreicher Reader, der allerdings für die LeserInnen keine Überraschungen bereithält. Ärgerlich ist das anstrengende Schriftbild.
OD
Treverton, Gregory F.: Top Secret. Geheime Operationen und ihre politischen Auswirkungen, Stuttgart (Verlag Bonn-Aktuell) 1988
Treverton setzt sich mit verdeckten Operationen der CIA aus vier Jahrzehnten auseinander. Dabei stützt er sich in starkem Maße auf seine Erfahrungen als Mitglied eines Komitees des US-Senats, das sich Mitte der 70er Jahre mit den Aktivitäten der CIA beschäftigte. Auf rund 350 Seiten analysiert er „covert actions“ des US-Geheimdienstes in Mittelamerika, im Nahen Osten und in Afrika. Das Spektrum reicht dabei von der einfachen Propaganda bis zur Unterstützung von Putschversuchen und Bürger-kriegsparteien. Anschaulich werden Befehls- und Entscheidungsketten aufgezeigt. Bei aller Kritik an der verdeckten Arbeit der CIA kann sich Treverton jedoch nicht durchringen, die Sinnhaftigkeit der Institution generell in Frage zu stellen. So wird das Problem auf eine rein moralische Frage reduziert, die sich – so der Autor – „nur von Fall zu Fall entscheiden“ ließe.
OD