Horchposten Bundesgrenzschutz – Legalisierung einer jahrealten Praxis

Mit Datum vom 10.12.1993 legte die Bundesregierung den Entwurf eines ‚Gesetzes zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz‘ vor, der einer Totalrevision des bestehenden BGS-Gesetzes gleichkommt. Das Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz – so der Wort-Bandwurm – legalisiert in 9a nachträglich eine längst betriebene Praxis: die Funkaufklärung für die deutschen Geheimdienste. Darüber hinaus enthält der Entwurf auch Regelungen über Vorfeldmethoden, die denen der Länderpolizeigesetze weitgehend ähneln. Aus Platzgründen kann hier allerdings nur der 9a dokumentiert werden.

Durchgeführt wurde die Funkaufklärung schon bisher von der ‚Gruppe Fernmeldewesen‘, die dem Grenzschutzpräsidium West unterstellt ist. Ihren Sitz hat die selbst innerhalb des BGS streng abgeschirmte Gruppe im BGS-Standort Swisttal-Heimerzheim.

Auch nach dem neuen Entwurf soll nicht der inländische Fernemeldeverkehr überwacht werden. Das „Abhören des von Art. 10 GG geschützten Fernmel-debetriebs“ ist der Gruppe nicht gestattet. Übrig bleibt damit die Überwachung des internationalen Funksalats, wobei das große Ohr des BGS bis zum Ural reichen soll. Damit erfüllt der BGS eine eindeutig geheimdienstliche Aufgabe. Begründet wird diese „Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf dem Gebiet der Funkaufklärung“ mit der Beobachtung geheimdienstlicher Funkaktivitäten ausländischer Geheimdienste. Bedeutung habe sie darüber hinaus auch zur Beobachtung ausländischer Terrorgruppen. Informationen gehen aber auch an den Bundesnachrichtendienst (BND), der diese Art der Funkaufklärung auch selbst betreibt. In welcher Weise diese Lauscherei der BGS-Aufgabe Grenzsicherung(so die BGS-interne Begründung) zugute kommen soll, ist schwer vorstellbar. Die Betrauung des BGS mit dieser Geheimdienstaufgabe muß damit als Verstoß gegen das verfassungsmäßige Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten gelten.

In 27 soll der BGS ferner Befugnisse zum Einsatz „besonderer Mittel der Datenerhebung“ erhalten. Damit wird er zur längerfristigen Observation, zum Einsatz akkustischer und optischer Mittel sowie zum Einsatz von V-Leuten ermächtigt. Die Regelung entspricht im wesentlichen den Befugnissen, die die Länderpolizeien in den neueren Polizeigesetzen erhielten. Einzig der ‚Verdeckte Ermittler‘ fehlt. Wie in einem Teil der Länderpolizeigesetze wird die Befugnis nicht an einen Straftatenkatalog, sondern an die unbestimmte Formulierung „Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung“ gebunden. Der BGS dehnt sich damit nicht nur als Bahn- und Flugsicherungspolizei auf die gesamte Republik aus. Die Bundespolizei wird auch in ihren Befugnissen der Länderpolizei gleichgestellt.

Heiner Busch ist Redaktionsmitglied und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP
vgl. die tageszeitung v. 19.2.94 und 23.2.94