Die Bank. Der Filz. Und der Tod. – Strafrechtliche Folgen des Berliner Bankenskandals

von Wolfgang Wieland

Wenn die geneigten LeserInnen die Lektüre dieses Artikels beendet haben, ist das Land Berlin um ca. 100.000 Euro ärmer. Das liegt nicht allein an dem Desaster um die Bankgesellschaft, ihre faulen Kredite, Fonds und Risiken. Dennoch denken viele BerlinerInnen, sie sparten und bluteten vor allem für die Bankgesellschaft. Die Frage nach den Schuldigen ist öffentlich gestellt.

Auch ohne die Bank, ohne die 1,8 Milliarden Euro, die der Steuerzahler im Sommer 2001 „einschießen“ musste, wäre Berlin ein Sanierungsfall. Aber spätestens nach den öffentlichen Auseinandersetzungen um die sogenannte Risikoabschirmung, eine Art 30-jähriger Bürgschaft bis zu einer Höhe von 21,6 Milliarden Euro für die Fonds-Geschäfte der maroden Bank, lösen die Sparvorhaben des Senats wahre Wutwellen aus. „Berlin ist pleite. Ich bin schuld“, heißt es auf den T-Shirts von ver.di.

Während in den Schulen die Lernmittelfreiheit abgeschafft wird, die Gebühren in den Kindertagesstätten erhöht werden, die Lehrer vier Stunden pro Woche mehr arbeiten müssen, schanzten sich die Banker, die wahren „Master of Desaster“, zum unfreiwilligen Abschied aus ihrem Amt Altersversorgungen in schwindelerregenden Höhen zu: Der bekannteste Beteiligte, der frühere langjährige CDU-Fraktionsvor­sit­zende Klaus-Rüdiger Landowsky, kassierte zwei Jahre lang seine bisherigen Bezüge von gut 700.000 DM im Jahr, danach lebenslänglich die Hälfte dieser Summe. Tantiemen, Provisionen, Nebeneinkünfte, früher und heute, sind dabei nicht erfasst. Die Spitzen-Banker haben silberne Löffel gestohlen, sind dabei erwischt worden und erhielten dann auch noch einen goldenen Spazierstock. Kein Wunder, dass die ZeitungsleserInnen darob verzweifelten oder zynisch wurden angesichts dieser Gerechtigkeitslücke.

Die Angst des Staatsanwalts vor dem Schnellschuss

Fast möchte man sagen, mit Zwangsläufigkeit, erklang deshalb im Frühjahr 2001 der Ruf nach dem Staatsanwalt. Und zwar von allen: Von Journalisten, von Politikern sämtlicher Parteien und den sprichwörtlichen Frauen und Männern auf der Straße. Das Vertrauen in die herrschende Politik war erschüttert und führte folgerichtig zur Abwahl der CDU. Sie war nicht nur als Partei des Regierenden Bürgermeisters die bestimmende Kraft in Berlin, sondern es schlug bei ihr auch direkt ein. Die illegale Parteispende, das „Bakschisch-Banking“ der beiden Großkreditnehmer Wienhold und Neuling, machte die Bankenkrise direkt zur CDU-Krise. Diese Wirkung dauert an bis zum heutigen Tage und erlaubte es dem sozialdemokratischen Juniorpartner der Großen Koalition, sich aus der Verantwortung für die Gründung der Bankgesellschaft Berlin und die völlig fehlende Kontrolle dieses Horror-Konstruktes herauszustehlen. Vor allem SPD-Politiker wie der Aufsichtsratsvorsitzende Edzard Reuter oder der heutige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Dietmar Staffelt stellten durch die Verkoppelung zweier Privatbanken – Berliner Bank und Berliner Hypothekenbank – mit der öffentlich rechtlichen Landesbank Berlin und damit deren staatlicher Gewährsträger-Haftung bildlich gesprochen dem Land Berlin ein kleines Atomkraftwerk in den Vorgarten. Sie vergaßen sämtliche funktionierenden Kontrollsysteme, ließen die Bank vielmehr munter zum Global-Player werden, immer mit dem Geld des Steuerzahlers im Rücken.

So groß das Erschrecken über die Selbstbedienungs-Nieten in Nadelstreifen war, das Vertrauen in die Justiz war noch unerschüttert. Hat die Justiz ihre Chance genutzt und diese Bewährungsprobe bestanden? Ein klares Nein ist das Urteil der Banken-Initiative um Prof. Peter Grottian. Vor ihrem Kongress am 1. Februar 2003 übte sie Kritik an den bis dahin ausgebliebenen Anklagen gegen die Banken-Manager. Justizsenatorin Karin Schubert konterte tags darauf mit einer Presseerklärung: Die Staatsanwaltschaft ermittle gründlich und intensiv. Sie fabriziere keine Schnellschüsse. Ob nun tatsächlich einen Schnellschuss fordert, wer fragt, wo denn die Anklagen bleiben, nachdem seit der ersten Strafanzeige in dem ganzen Komplex (übrigens vom Autor dieses Artikels), mehr als zwei Jahre vergangen sind, mag jedeR selber beantworten.

Jedenfalls traut sich so schnell kein Politiker der rot-roten Berliner Regierungskoalition mehr, die konkrete Erwartung der baldigen Erhebung von Anklagen auszusprechen. Die sollten nämlich nach Ankündigung der Justizsenatorin und des Sprechers der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses, Frank Zimmermann, schon im Herbst vergangenen Jahres erfolgen.

Aber just diese Ankündigung sowie telefonische Anfragen des Ausschussvorsitzenden und von Fraktionsassistenten nahm Berlins vom Parlament geschasster und von den Verwaltungsgerichten wieder inthronisierter Generalstaatsanwalt Hans-Joachim Karge zum Anlass, in seine Lieblingsrolle als Opfer politischer Vorgaben zu schlüpfen. So, als sei von ihm eine Großinquisition aus parteipolitischen Gründen gefordert. Verkehrte Welt: Ein unfähiger Behördenchef, der seine Mitarbeiter demotiviert, indem er lauthals in den Medien verkündet, bei diesen Ermittlungen käme ohnehin nichts heraus und vieles sei verjährt, stilisiert sich zum Heroen des Widerstandes gegen politische Einflussnahme.

Neuland

Wenn es schon keine Prognose über das „Wann“ gibt, wie sieht es dann mit dem „Ob-Überhaupt“ aus? Tatsächlich musste die Staatsanwaltschaft hier Neuland betreten. Denn die Affäre um die Bankgesellschaft Berlin war nicht nur in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik die größte Schieflage einer Bank überhaupt. Auch nach zwei Jahren der rettenden Spritzen aus Steuergeldern und der Risikoabschirmung ist sie immer noch nicht saniert und frei von den Risiken des Alt-Geschäftes. Die wenigen potenziellen Kaufinteressenten boten zuletzt nur noch einen sogenannten negativen Kaufpreis, was bedeutet, dass sie die Bank nur übernehmen wollten, wenn das Land ihnen weitere Risiken abnimmt. Daraufhin erklärte der Senat die Privatisierung für gescheitert.

Diese Pleite in neuen Dimensionen wurde begleitet von einer neuen Dimension des Verdachtes von strafbarem Verhalten auf allen Etagen und in vielfältigsten Verästelungen der Bankenholding, ihrer Teilbanken und ihren Immobilientöchtern. Von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin wurden folgerichtig auf Anzeige und von Amts wegen – Stand März 2003 – 81 Ermittlungsverfahren geführt. In drei Fällen wurde Anklage erhoben, einmal wurde ein Strafbefehl beantragt. Zwei Verfahren wurden intern abgegeben, 30 Verfahren wurden mangels Tatverdachtes nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt. In 45 Verfahren wird weiter ermittelt, sie sind noch offen.

Diese Zahlen alarmieren zunächst, wenn man die Quote von 30 Einstellungen zu vier Anklagen bzw. Strafbefehlsverfahren zu Grunde legt. Dies relativiert sich allerdings, wenn man berücksichtigt, dass zunächst die Spreu vom Weizen zu trennen war. Ein Teil der Anzeigen war in der Tat substanzlos, beruhte auf Zeitungswissen oder Vermutungen, was bei den monatelangen spektakulären Enthüllungen nicht verwundert.

Ermittelt wird gegen die bis auf zwei Ausnahmen ausgewechselte Führungsspitze der Bankgesellschaft, gegen etliche Banker aus den Teilbanken, gegen die Fonds-Konstrukteure und -Vertreiber, zusammen knapp hundert Personen. Es gibt jedoch keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Aufsichtsräte und auch keine Ermittlungen gegen diverse Buch- und Wirtschaftsprüfer, die jahrelang falsche Bilanzen testiert und die Risiken verschleiernde Prüfberichte abgegeben haben.

Unter Rot-Grün wurde im Juni 2001 sofort die „Sonder-Ermitt­lungsgruppe Bankgesellschaft“ eingerichtet. In ihr arbeiteten von Anfang an WirtschaftsreferentInnen mit – zur Zeit sind es sechs, die Sollzahl von 11 fachkundigen WirtschaftsprüferInnen wurde nie erreicht. Der „Markt“ bietet eben erheblich lukrativere Tätigkeiten.

Die Vorwürfe lauten in beinahe allen Fällen auf Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch – StGB), dazu kommt häufig Betrug (§ 263 StGB), insbesondere Provisionsbetrug sowie Urkundenfälschung bei den Vertragsgestaltungen (§ 267 StGB). Auch die Arbeit des Untersuchungsausschusses sowie die Medienberichterstattung hat eine Reihe von Verfahren geboren: von der Falschaussage im Untersuchungsausschuss (§ 153 StGB) über die Verleumdung der Banker durch Journalisten (§ 187 StGB) bis hin zum Bruch des Privatgeheimnisses und des Verratens von Amtsgeheimnissen durch Indiskretionen aus dem Ausschuss (§ 203 StGB). Auch die Initiative Berliner Bankenskandal durfte sich wegen ihrer Aufforderung an die Fondszeichner, ihre Anteile zurückzugeben, durch die Veröffentlichung der Liste der Fondszeichner und der Organisation eines „Grunewald- Spazierganges“ zu den Villen einiger Bankvorstände der Aufmerksamkeit der Strafverfolger erfreuen.

Die Staatsanwaltschaft hat den Stoff in drei Hauptkomplexe aufgeteilt und jeweils eine Untergruppe auf sie angesetzt: 1. Vergabe der Kredite an die Aubis-Gruppe der Plattenbaukönige und CDU-Funktionäre Wienhold und Neuling. 2. Schädigung der Bank durch die normalen Publikumsfonds – die Rundum-Sorglos-Fonds – mit abnormen Garantien zu Gunsten der Anleger sowie durch die Auflage der sogenannten Exklusiv-Fonds für ausgewählte Kundschaft, für „family and friends“, schließlich für sich selbst. 3. Sonstige strafbare Handlungen, wie die Zahlung zu geringer Miete für die Dienstvillen, deren klimatisches Problem z.B. in dem dichten Nebeneinander des zu kühlenden Weinkellers und der aufzuheizenden Sauna lag. Als der Aufsichtsrat endlich marktübliche Mieten auf Grund öffentlichen Druckes verlangte, wurde in der gleichen Sitzung eine Erhöhung der Tantiemen wegen dieser außergewöhnlichen Härte gewährt. Die Vertreter des Landes Berlin im Aufsichtsrat schwiegen zu diesem Bubenstück.

Die Könige der Platte

Klaus Wienhold ist ehemaliger Kripobeamter des gehobenen Dienstes und war als früherer Landesgeschäftsführer die rechte Hand des seinerzeitigen CDU-Generalsekretärs – „Sagen Sie einfach General zu mir“ – Klaus-Rüdiger Landowsky. Er stieg zusammen mit dem langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Christian Neuling, aus dem väterlichen Alt-Öl-Geschäft stammend, Mitte der 90er Jahre groß in den Ankauf und die Sanierung von Plattenbauten quer durch die ehemalige „Republik“ ein. Sie nutzten den Verkaufszwang für die Wohnungsbaugesellschaften durch das Altschuldenhilfegesetz der damaligen Kohl-Regierung. Die Wohnungen sollten nach diesem Gesetz zunächst an sogenannte Zwischenerwerber verkauft werden, um dann nach Sanierung den Mietern zum Kauf angeboten zu werden. In einer Art „Kaufrausch“, so der Chef des Bundesamtes für das Finanzwesen, Jochen Sanio, verleibten sie ihrem Imperium Hunderte von Plattenbauten ein. Die Bank kreditierte jede einzelne Wohnung mit über 100 %, Eigenkapital wurde nicht verlangt. Sogenannte weiche Kosten wie Landungskosten etc. wurden vorgestreckt, obwohl beide, wie ausgeführt, nicht vom Fach waren und ihr Konzept auf den ersten Blick und erst recht auf den zweiten (den aber niemand verschwendete) nicht schlüssig war. Die Bereitschaft zum Kauf der eigenen Plattenwohnung war nie da. Wer es sich finanziell leisten konnte, zog ins Häuschen im Grünen. Der Rest blieb Mieter.

Dazu kam, dass die beiden lediglich eine sogenannte Pinselstrich-Sanierung vornahmen, für die sie die der Bank angekündigten Miethöhen gar nicht hätten nehmen dürfen. Der Lebensstil der Herren war entsprechend aufwendig. Die ehemaligen Kripo-Kollegen staunten nicht schlecht über Luxusvilla, eigenes Sportflugzeug, eigenen Fußballclub in Leipzig, eigenes Hotel auf Rügen etc. Dieser Reichtum war märchenhaft und, was das Schönste ist, völlig legal. Der Bank gegenüber brauchten keine gefälschten Unterlagen eingereicht zu werden, sie zahlte auch so. Deswegen wird gegen die Bankmanager nun wegen Untreue ermittelt. Man brauchte sie gar nicht erst zu betrügen. Es wäre bei diesem Reichtum der Cleveren geblieben, wenn nicht der dringende Verdacht bestände, dass zusätzlich illegal der Hals noch voller genommen wurde. Aufgrund dieses Verdachtes erging Haftbefehl, der gegen Kaution in Millionenhöhe außer Vollzug gesetzt wurde.

In einem Firmengeflecht aus Dienstleistungen rund um die Immobilie schloss man Verträge immer mit sich selbst, für Planungen, Verwaltung, Hauswartsleistungen, Wärmelieferungen etc. Auch nach dem Verlust der Immobilien durch Einräumen eines sogenannten Nießbrauchsrechtes an die Bank wollte man als Wärmelieferant mit der eigenen Firma Elpac im Geschäft bleiben. Leider, so der Vorwurf, durch überhöhte, nicht marktübliche Preise. Die eigenen Verwaltungen wurden gezwungen, zu diesen überteuerten Bedingungen abzuschließen. Zahlen mussten die Mieter. Ferner soll man absichtlich zu hohe Versicherungsprämien für die Häuser gezahlt haben, wobei ein Teil der Police zurückfloss. Kick back eben, die Policen wurden dann wie üblich auf die Mietnebenkosten umgelegt.

Und schließlich kam auch noch der Tod. Der für die Datenverarbeitung zuständige Mitarbeiter der Aubis soll versucht haben, mit seinem Wissen über diese Machenschaften als Erpresser gegenüber Wienhold und Neuling zu Geld zu kommen. Zunächst auch erfolgreich. Dann fand man ihn erhängt im Grunewald, ohne Handy, Organizer, Geld und Ausweispapiere. Deshalb wurde er erst Wochen später auf Grund einer Vermisstenanzeige des Vaters identifiziert. Kein Fremdverschulden feststellbar, befand der allseits geschätzte Gerichtsmediziner auch auf wiederholtes Nachuntersuchen. Ihm folgte die Staatsanwaltschaft. Nicht so der Vater und etliche hartnäckig weiter recherchierende Journalisten. Es bleibt für sie der Verdacht des vorgetäuschten Freitodes.

Der Kreditrahmen, den die Berlin Hyp insgesamt, gegen erhebliche Widerstände aus dem eigenen Haus, Wienhold und Neuling bewilligt hatte, betrug 350 Millionen Euro. Er ist nicht vollständig ausgeschöpft worden, denn schnell wurde klar, dass diese Kredite niemals bedient werden könnten. So kam es zu einer Rettungsaktion durch die Bank. Sie entschuldete ihre beiden Großkunden zu 100 %, einschließlich ihrer Privatverbindlichkeiten. „Das war ein Sechser im Lotto“, so Jochen Sanio, einmalig in der deutschen Bankengeschichte.

Man ließ sich nämlich an den Grundstücken ein Nießbrauchsrecht einräumen. Eigentümer blieb Aubis. Nun wurde nicht etwa der Wert der einzelnen Nießbräuche festgestellt und zusammengezählt als Kaufpreis für die beiden Verkäufer. Nein, man ging von dem aus, was die beiden als Miese in den Büchern der Bank stehen hatten. Wir sind quitt, pflegte daraufhin Klaus Wienhold zu sagen.

Die Rundum-Sorglos-Fonds

Wer in einen geschlossenen Immobilienfonds investierte, insbesondere in den neuen Bundesländern, war in der Regel der Dumme. Häufig musste er nachschießen, oft waren die Mietgarantien das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt waren. Nicht so bei der Bankgesellschaft. Hier war der Kunde noch wirklich König. Er erhielt eine Art Bundesschatzbrief mit Steuerabschreibungsmöglichkeit. Weltweit einmalig.

Niemand regte es auf, dass eine öffentliche, im Besitz des Landes Berlin befindliche Bank ihren Daseinszweck darin sah, dass Begüterte keine oder möglichst wenig Steuern zu zahlen hatten. „Sie wollen doch nicht etwa ihr Geld zum Finanzamt tragen, geben Sie es besser uns“, so lauteten ihre Prospekte. Kein Wunder, dass man europaweit zum größten Fondsaufleger wurde, das ganz große Rad drehte, nachdem man ursprünglich einmal Kapitalsammelstelle für die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus war. Schließlich lenkte man dem Finanzamt –ganz legal – vorenthaltene Gelder in Immobilien weltweit, Schiffe, Flugzeuge und Hollywood-Filme. Das Stück Sahnetorte waren immer die eigenen Immobilienfonds. Da gab es die Garantien im Dutzend billiger: Schließungsgarantie, Vermietungsgarantie, Höchstpreisgarantie etc.

Im Ergebnis bedeutete dies: 25 oder 30 Jahre lang eine feste Einnahme von 4 bis 7 %, Steuerersparnis sofort, nach 25 oder 30 Jahren Geld zurück, im letzteren Fall noch mit 10 % Aufschlag. Ein Idiot, wer da nicht zugriff. So war auch der Berliner Bausenator und gleichzeitige Bankaufsichtsrat Peter Strieder dabei. Der Kurzzeit-Wirtschafts­senator Gregor Gysi legte Wert auf die Feststellung, nur bei einem steueroptimierten Fonds mit Immobilien aus den USA und nicht aus der ehemaligen DDR involviert gewesen zu sein.

Bei dieser Konstruktion konnte es den Anlegern völlig gleichgültig sein, welche Immobilien in den Fonds waren. Es hätten Sandburgen und Luftschlösser sein können. Für die Garantien stand schließlich nicht eine windige GmbH, die irgendwann von der Bildfläche verschwindet, sondern das Land Berlin, der Steuerzahler. Von daher war es nicht verwunderlich, dass im Wege der sogenannten Objektverschiebung die Bank ihre faulen Eier, notleidend gewordene Immobilien, in die Fonds schob und dort von den Anlegern teuer kaufen ließ. Bei Fonds mit Zeichnungssummen von über 1 Milliarde DM hatte ohnehin niemand den Überblick über die enthaltenen Immobilien, am allerwenigsten die Fondsgesellschaften selber. Die Bank verdiente gleich mehrfach. Sie kassierte munter Provisionen, ließ sich die Garantien bezahlen und gab Kredite auf den Kauf der Fondsanteile.

Dieses System konnte noch nicht einmal mittelfristig gut gehen. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete es schon im Dezember 2001 als eine Art Schneeballsystem. Irgendwann musste der Zug gegen die Wand rasen. Die Banker hofften offenbar, dann längst im wohlverdienten Ruhestand zu sein. Sie setzten die Probleme auf die „Zeitschiene“. Mal sehen, ob und wer sie auf die Anklagebank setzt.

Die Staatsanwaltschaft will hier in vier sogenannten Pilotprojekten vorgehen, eine Begrifflichkeit, die man ansonsten aus der Verwaltungsreform kennt. Je zwei Publikumsfonds und zwei Exklusivfonds sollen zur Anklage gebracht werden. Die Exklusivfonds hatten noch höhere Abschreibungsmöglichkeiten, sie waren die Turbos unter den Fonds. Man vertrieb sie per Telefon, und die Crème de la Crème des deutschen Bankenadels griff zu. Man hatte ja selbst nichts Vergleichbares im Angebot. So wie die Köche aus Berlins China-Restaurants nach Feierabend in das „Good Friends“ zum Essen gehen. Nur dass sie dort reell bezahlen müssen. Das war bei den Prominentenfonds nicht vorgesehen. Als der eine nicht so lief wie vorgestellt, nahm man die Anteile einfach zurück. Wegen einer möglichen Haftung aufgrund mangelhafter Beratung. Ein Banker wie Landowsky, bei den Zeichnern natürlich dabei, hat sich also gleich selber falsch beraten. Ein klarer Haftungsfall. Bei dem anderen Fonds trat nach Vermietungsschwierigkeiten die Bank einfach selbst als Generalmieter ein und rettete so die Rendite ihrer Direktoren.

Diese Bank war ein gigantischer Selbstbedienungsladen, eine Spielbank und zugleich die Hausbank der politischen Klasse Berlins. Hätte der arme Bert Brecht die Gründung dieser Bank zum Thema eines seiner Stücke gemacht, man hätte ihn der plumpesten Agitation geziehen. Herr Staatsanwalt, wir warten!

Wolfgang Wieland ist innenpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin. Im Übergangssenat im Jahre 2001 war er Justizsenator.