Chronologie

zusammengestellt von Marion Knorr

Juli 2003

01.07.: Lichtenhagen-Prozess beendet: Der Bundesgerichtshof (BGH) beendet das letzte Verfahren wegen der rassistischen Krawalle in Rostock-Lichtenhagen von 1992. Er verwirft die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Schwerin, das im Juni 2002 drei zur Tatzeit 17-19-jährige Männer wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu ein bis anderthalb Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt hatte.

03.07.: Verschärftes Sexualstrafrecht: Der Bundestag führt neue Straftatbestände für sexuellen Missbrauch von Kindern ein und erhöht die Mindeststrafe für schweren sexuellen Missbrauch von einem auf zwei Jahre Gefängnis. Eine Anzeigepflicht für Personen, denen ein Missbrauchsfall bekannt wird, wird nicht eingeführt.

09.07.: Haft für Stralsunder Polizisten: Das LG Stralsund verurteilt zwei Polizisten, die Ende 2002 einen betrunkenen Obdachlosen am Stadtrand ausgesetzt hatten, zu drei Jahren Haft. Der 35-Jährige war erfroren.

10.07.: Sachsens Polizeigesetz teilweise verfassungswidrig: Der Sächsische Verfassungsgerichtshof erklärt eine Regelung für nichtig, wonach BürgerInnen nicht nachträglich informiert werden müssen, wenn der Einsatz verdeckter Ermittler gefährdet wäre. Schleierfahndung und Videoüberwachung seien dagegen verfassungskonform.

14.07.: Bewährung für Erfurter Polizisten: Ein Hamburger Amtsgericht verurteilt drei Thüringer Polizisten wegen Körperverletzung im Amt zu je einem Jahr Haft auf Bewährung. Im November 2002 hatten sie bei einer Demonstration in Hamburg zwei Zivilpolizisten verprügelt.

15.07.: Schmerzensgeld für Prügel: Aufgrund eines zivilgerichtlichen Vergleichs muss die Stadt Bremen einem Studenten, der an Sylvester 1999 auf einer Polizeiwache verprügelt worden war, 4.250 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das Strafverfahren gegen die beschuldigten Beamten war hingegen eingestellt worden.

16.07.: Verfassungsbeschwerde gegen Handy-Ortung: Die Humanistische Union (HU) reicht Verfassungsbeschwerde gegen den Einsatz des IMSI-Catchers ein. Der Einsatz des Gerätes, das alle Handys in der Nähe orten und abhören kann, verstoße gegen das Fernmeldegeheimnis.

17.07.: Deutsch-polnisches Rechtshilfeabkommen unterzeichnet: Der Vertrag regelt u.a. die grenzüberschreitende Telefonüberwachung.

22.07.: Klage gegen Videokontrolle abgewehrt: Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg können Städte und Gemeinden Kriminalitätsbrennpunkte weiter per Videokamera über­wachen. Ein „überwiegendes Allgemeininteresse“ mache Einschränkungen für Einzelne nötig.

Auslieferung trotz Foltergefahr: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) verwirft die Beschwerde eines des Betruges Beschuldigten gegen seine Auslieferung nach Indien. Der deutsch-indische Auslieferungsvertrag von 2001 sei ein Indiz für die Achtung der Menschenrechte in dem Land. Die Klage hatte auf Berichte von Amnesty International und des Auswärtigen Amtes verwiesen, wonach Folter eine von der indischen Polizei „häufig angewandte Vernehmungsmethode“ sei.

24.07.: „Überreaktion im Stress“: Ein Berliner Kriminalpolizist, der im Oktober 2002 einem bereits Festgenommenen durch einen Tritt ins Gesicht den Kiefer gebrochen hatte, wird zu elf Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt; er entgeht damit einer Entlassung.

25.07.: Bewährungsstrafen für Kölner Polizisten: Das LG Köln verurteilt sechs Polizisten wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung im Amt mit Todesfolge zu Strafen zwischen sechs und zwölf Monaten auf Bewährung. Sie hatten 2002 den 31-jährigen Stephan N. im Polizeiauto und auf der Kölner Eigelsteinwache so schwer misshandelt, dass er nach zweiwöchigem Koma starb (vgl. CILIP 72, S. 84).

28.07.: Urteil zu WM-Krawallen in Frankreich: Das LG Bochum verurteilt einen 28-Jährigen zu 40 Monaten Haft. Bei den Krawallen an der Fußball-WM 1998 habe er zwar nicht selbst den Polizisten Daniel Nivel angegriffen, aber das brutale Vorgehen von vier anderen bereits verurteilten Hooligans gebilligt. Die Verteidigung kündigt Revision an.

29.07.: Urteil im Metzler-Prozess: Das LG Frankfurt verurteilt den 28-jährigen Magnus Gäfgen wegen Entführung und Ermordung des elfjährigen Jakob von Metzler zu lebenslanger Haft. Die Verteidigung hatte zu Beginn des Verfahrens eine Einstellung gefordert, weil dem Beschuldigten während der Vernehmung im Oktober 2002 auf Anordnung des Frankfurter Polizeivizepräsidenten mit Folter gedroht worden war.

30.07.: Beschlagnahmeprivileg von Abgeordneten: Auch die Büros der Mitarbeiter von Abgeordneten sind vor Beschlagnahme geschützt. Das BVerfG gibt der Verfassungsbeschwerde des SPD-Obmanns im Parteispendenausschuss Frank Hofmann statt. Er hatte gegen die Durchsuchung von Bundestagsbüro und Wohnung eines Mitarbeiters der SPD-Arbeitsgruppe im Ausschuss geklagt. (Az.: 2 BvR 508/01-2 BvE 1/01)

August 2003

04.08.: Mehrjährige Haft für Neonazi: Das LG Berlin verurteilt einen Neonazi wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung zu sechs Jahren und drei Monaten Haft. Der 23-Jährige war seit 2001 an zahlreichen Gewalttaten beteiligt.

06.08.: Gefängnis für Ersttäter: Sachsen führt in einem Modellprojekt ein eigenes Gefängnis für „Ersttäter“ ein, das „kriminelle Ansteckung“ vermeiden soll und für 300 Gefangene Platz bietet.

09.08.: Grenzcamp aufgelöst: Erst nach 17 Stunden beendet die Polizei die Einkesselung eines Grenzcamps gegen die restriktive Flüchtlingspolitik in Köln. Den TeilnehmerInnen war zuvor das Wasser abgestellt worden. Nur wer sich fotografieren ließ und seine Personalien angab, durfte den Kessel verlassen.

14.08.: Klage von NPD-Spitzel: Der NPD-Funktionär und ehemalige Verfassungsschutz-Spitzel Wolfgang Frenz verklagt das Land Nordrhein-Westfalen auf Schadensersatz. Durch das Auffliegen seiner V-Mann-Tätigkeit habe seine Heilpraxis viele Patienten verloren; das Landesamt für Verfassungsschutz habe seine Geheimhaltungsvorschriften verletzt. Am 3.12. lehnt das LG Düsseldorf Forderungen des Ex-V-Mannes ab.

Berlin stoppt Überwachung von Scientology: Der Berliner Verfassungsschutz beendet die Beobachtung der Sekte und greift damit einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) vor. Dieses hatte schon 2001 den weiteren Einsatz von V-Leuten gegen die Sekte untersagt.

15.08.: Häuserräumung rechtswidrig: Es wird bekannt, dass das VG Berlin im Juli 2003 einem ehemaligen Bewohner der Rigaer Straße 80 rechtgegeben und die Räumung des besetzten Hauses im Jahre 1997 für rechtswidrig erklärt hat. (Az.: VG 1 A 321.98)

19.08.: Schill entlassen: Hamburgs Erster Bürgermeister entlässt Innensenator Roland Schill. Dessen Nachfolger wird am 3.9. der ebenfalls der Schill-Partei angehörende Dirk Nockemann.

23.08.: Iris-Erkennung auf dem Flughafen Frankfurt: Das Bundesinnenministerium (BMI) kündigt einen im September startenden sechsmonatigen Feldversuch an, bei dem VielfliegerInnen nur einer automatisierten Grenzkontrolle per Iris-Erkennung unterworfen werden. Die biometrischen Daten werden auf einer Chipkarte gespeichert.

27.08.: Metin Kaplan darf bleiben: Laut Urteil des VG Köln habe der Islamist Metin Kaplan zwar keinen Asylanspruch, dürfe aber wegen der ihm in der Türkei drohenden Folter nicht abgeschoben werden. Am 18.10. bestätigt das BVerfG das Verbot von Kaplans „Kalifatstaat“.

Verdacht der Misshandlung: Braunschweiger Polizisten misshandelten nach Angaben des niedersächsischen Flüchtlingsrats einen nigerianischen Mann, der nach einer Verkehrskontrolle auf die Wache verbracht wurde, wo er sich ausziehen musste und von fünf Beamten getreten und geschlagen wurde. Die Staatsanwaltschaft bestätigt später Wunden und Prellungen am ganzen Körper des Mannes. Sie ermittelt sowohl gegen die Beamten als auch wegen Widerstandes gegen den Nigerianer.

September 2003

04.09.: Keine Abschiebungen in den Kongo: Vorerst schiebt Berlin keine Menschen mehr in die Demokratische Republik Kongo ab. Ein noch am 30.8. abgeschobener 37-jähriger Kongolese war bei seiner Ankunft in Kinshasa festgenommen und misshandelt worden. Innensenator Körting (SPD) lässt die Lage nun durch das Auswärtige Amt prüfen.

Haft für irakische Botschaftsbesetzter: Das LG Berlin verhängt gegen fünf Exil-Iraker Strafen von jeweils drei Jahren Haft. Sie hatten ein Jahr zuvor die irakische Botschaft in Berlin demonstrativ besetzt.

Erfolg für Castor-GegnerInnen: Das LG Lüneburg, so wird jetzt bekannt, hat im August Urteile des Amtsgerichts (AG) Dannenberg aufgehoben. Atomkraft-GegnerInnen hatten gegen Massenfestnahmen bei den Anti-Castor-Protesten 2001 und 2002 geklagt, waren aber vom AG nicht persönlich angehört worden.

Aktenfälschen zum Abschieben: Pro Asyl rügt ein Urteil des AG Cloppenburg. Das Gericht hatte einen Beamten der Kreisverwaltung Cloppenburg (Niedersachsen) freigesprochen, der im Jahr 2000 einem abgelehnten Asylbewerber frei erfundene Personendaten zugeschrieben hatte, damit er abgeschoben werden konnte. (Az.: 3 Ls 131 Js 35096/00)

08.09.: Keine Anklage gegen Seidler: Das Verfahren gegen Christoph Seidler wegen gemeinschaftlichen Mordes an dem Bankier Alfred Herrhausen 1989 wird von der Bundesanwaltschaft eingestellt. Der Haftbefehl gegen den heute 45-Jährigen war bereits aufgehoben worden, als er sich 1996 den Behörden stellte.

09.09.: Asylstatistik veröffentlicht: Laut Statistik des BMI ist die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit 1987 gesunken. Die Anerkennungsquote liegt bei nur 1,7 %.

12.09.: Videoüberwachung auf Bahnhöfen verschärft: Es wird bekannt, dass ab Oktober 2003 in 23 Bahnstationen die Bilder der dortigen Überwachungskameras nicht mehr nur in gefährlichen Situationen, sondern permanent aufgezeichnet werden sollen.

15.09.: Sexuelle Übergriffe der Polizei Bremen: Ein Bremer Polizeibeamter wird vom Dienst suspendiert, weil er 1998/99 weibliche Gefangene im Abschiebegewahrsam zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll. Im November werden die Ermittlungen auf weitere Beamte ausgedehnt. Am 17.11. bestätigt Polizeipräsident Eckard Mordhorst, dass aufgrund der Beschwerden einer Gefangenen bereits 1998 eine allerdings ergebnislose interne Untersuchung geführt worden war. Die Opfer sind mittlerweile alle abgeschoben. Einige der jetzt zur Debatte stehenden Übergriffe sind bereits verjährt.

16.09.: Rosenholz-Kartei: Die 141 Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses werden anhand der sog. Rosenholz-Kartei erneut – zum zweiten Mal in zwei Jahren – auf eine frühere Stasi-Mitarbeit überprüft. Im Zusammenhang mit der Kartei, in der die Namen von 50.000 Westdeutschen mit Stasi-Kontakten verzeichnet sind, steht auch der Schriftsteller Günter Wallraff im Verdacht, für die Stasi gespitzelt zu haben.

Freispruch für Flüchtlingsberater: Das AG Berlin-Tiergarten spricht den Leiter und eine Mitarbeiterin der Berliner Beratungsstelle für Folteropfer vom Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte frei. Ihnen war vorgeworfen worden, im November 2002 die Festnahme eines 17-jährigen Kurden behindert zu haben. Als die Polizei auf der Suche nach dem jungen Mann durch die Beratungsstelle stürmte, war dieser aus dem Fenster gesprungen und hatte lebensgefährliche Verletzungen erlitten.

17.09.: Kohls Stasi-Unterlagen: Das VG Berlin gibt der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen recht. Die Akten über Ex-Kanzler dürfen wie die anderer Personen der Zeitgeschichte grundsätzlich herausgegeben werden.

18.09.: MAD-Einsatz im Ausland: Das Bundeskabinett verabschiedet einen Gesetzentwurf, gemäß dem der Militärische Abschirmdienst nicht mehr nur im Inland, sondern bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch jenseits der bundesdeutschen Grenzen arbeiten soll.

24.09.: Todesschuss auf Verwirrten: Im niedersächsischen Mellendorf attackiert ein 40-Jähriger mehrere Anwohner und anschließend die zu Hilfe gerufene Polizei. Ein Polizist wird von einer Stablampe am Kopf getroffen und gibt darauf zunächst einen Warnschuss und danach mehrere Schüsse auf den Körper des offenbar verwirrten Mannes ab, der später im Krankenhaus stirbt.

25.09.: Hartes Landfriedensbruch-Urteil: Das AG Berlin-Tiergarten verurteilt einen in Berlin lebenden 29-jährigen Polen wegen Landfriedensbruch, schwerem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft. Er habe am 1. Mai 2003 Steine auf Polizisten geworfen, bei der Festnahme um sich getreten und Beamte beschimpft.

Oktober 2003

01.10.: Frauenhäuser nicht mehr anonym: Die Hamburger Behörde für Soziales und Familie weist die Frauenhäuser an, monatlich die Namen der wieder ausgezogenen Frauen zu melden. Die Behörde will so die tatsächliche Auslastung der Häuser, deren Konzept Anonymität ist, prüfen und die Vergabe öffentlicher Mittel besser kontrollieren.

09.10.: Freispruch für Polizisten: Das LG Mühlhausen (Thüringen) spricht einen Polizisten vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Er hatte einen 30-jährigen Automaten-Knacker mit einem Schuss in den Rücken tödlich getroffen. Das Gericht wertete den Schuss als Notwehr. (Az: 142 Js55603/02)

15.10.: Telekommunikationsgesetz-Entwurf: Das Bundeskabinett ver­abschiedet den Regierungsentwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz. Alle Betreiber von Telekommunikationsdiensten müssen demnach die Aufstellung von Überwachungsgeräten für die strategische Fernmeldeüberwachung dulden und BND-Bediensteten sowie der Kontrollkommission des Bundestags jederzeit Zugang gewähren.

16.10.: Geldstrafe für Aufruf zu Anti-Nazi-Demo: Der Münchner Grünen-Stadtrat Siegfried Benker kassiert eine Geldstrafe von 150 Euro. Er hatte Ende 2002 dazu aufgerufen, sich einer Neonazi-Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung „friedlich entgegenzustellen“.

21.10.: Prozessauftakt in Halle: Im Sicherheitstrakt des Justizzentrums Halle Beginnt der Prozess gegen drei 22- bis 24-jährige Magdeburger, denen die Bundesanwaltschaft Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie mehrere Brandanschläge vorwirft.

24.10.: Big Brother Award 2003: Die diesjährigen Datenschutz-Negativ-Preise gehen u.a. an Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) wegen der von der Berliner Polizei eingesetzten „verdeckten SMS“ zur Lokalisierung von Verdächtigen sowie an die Innenminister von Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen für die (geplante) Einführung der präventiven Telefonüberwachung im Polizeirecht.

Folter und Auslieferung: Das BVerfG verwirft die Verfassungsbeschwerde von Pablo Elkoro gegen seine Auslieferung nach Spanien. Spanien habe den EU-Vertrag und die UN-Anti-Folterkonvention unterzeichnet, es bestehe kein Grund für die Annahme, dass Gefangene, die der Mitgliedschaft oder Unterstützung der ETA beschuldigt werden, gefoltert würden.

Urteil im Potzlow-Prozess: Das LG Neuruppin (Brandenburg) verurteilt drei Skinheads, die im Juli 2002 einen als links geltenden Schüler stundenlang gequält und dann ermordet hatten, zu 15 Jahren, acht Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren Gefängnis. Die Leiche des Schülers war erst Monate später in einer Jauchegrube gefunden worden.

25.10.: Erstmals Schadensersatz nach Lauschangriff: Nachdem das LG Freiburg schon 1998 die Rechtswidrigkeit des Lauschangriffs festgestellt hatte, spricht nun der BGH einer Bauernfamilie aus dem Schwarzwald Schadensersatz zu. Gestützt auf das baden-württembergische Polizeigesetz hatte die Polizei eineinhalb Jahre lang eine Wanze in dem Bauernhof installiert. Die Familie war verdächtigt worden, zwischen 1992 und 1995 auf dem eigenen Hof sowie in Horben bei Freiburg Feuer gelegt zu haben. Der Verdacht wurde nie erhärtet.

27.10.: Berliner Polizeitaktik 1. Mai 2004: Polizeipräsident Dieter Glietsch stellt Pläne für den Umgang mit den Krawallen vor. Entscheidungsbefugnisse sollen stärker „nach unten“ delegiert werden, zivile und uniformierte Beamte sich stärker unter die Menschen mischen.

29.10.: Rechtsextreme Gruppe aufgelöst: Bei einer Razzia in mehreren Städten gegen die rechtsextremistische Gruppierung „Combat 18“ beschlagnahmen 300 schleswig-holsteinische Polizisten Waffen und nehmen sechs Verdächtige fest, u.a. einen Ex-NPD-Landesvorsitzen­den.

30.10.: Sicherungsverwahrung: Der niedersächsische Landtag beschließt ein Gesetz, wonach als nicht-therapierbar geltende Straftäter nachträglich in Sicherungsverwahrung genommen werden können. Gegen ähnliche Gesetze in Sachsen-Anhalt und Bayern sind Verfassungsbeschwerden beim BVerfG anhängig.

November 2003

01.11.: Rasterfahndung: Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm teilt mit, dass aufgrund der Rasterfahndung seit Oktober 2002 in Brandenburg rund 20.000 Personen überprüft worden sind.

02.11.: GSG 9 im Irak: Das BMI bestätigt, dass die Grenzschutzgruppe 9 im Irak im Einsatz ist, um Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks, die dort das Trinkwassernetz wiederaufbauen, vor Anschlägen zu schützen.

08.11.: Münchner Neonazis: Der BGH erlässt Haftbefehle gegen 14 Rechtsextreme, davon elf aus der „Kameradschaft Süd“. Sie werden beschuldigt, einen Sprengstoffanschlag auf die Baustelle des jüdischen Ge­meindezentrums in München sowie weitere Anschläge geplant zu haben.

12.11.: Bewährungsstrafen für Neonazis: Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, schwerem Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung verurteilt das LG Dresden elf Mitglieder der 2001 verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) zu Strafen zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren auf Bewährung.

14.11.: Haftstrafe für Bremer Polizisten: Das AG Frankfurt/Main verurteilt einen Polizeikommissar wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt zu zweieinhalb Jahren Haft. Der 46-Jährige hatte bei einem Einsatz in Bad Homburg einen Obdachlosen schwer misshandelt.

17.11.: Castor-Transport 2003: Das niedersächsische Innenministerium gibt bekannt, dass gegen die nach Polizeiangaben 3.500 DemonstrantInnen 12.500 PolizistInnen im Einsatz waren. Der Einsatz kostete 25 Mio. Euro. 1.247 Personen habe die Polizei in Gewahrsam genommen, 255 in die Gefangenensammelstelle „Neu Tramm“ gebracht. 85 Strafverfahren wurden eingeleitet.

18.11.: Auslieferung an USA: Zwei in den USA unter Terrorverdacht stehende und in Deutschland verhaftete Jemeniten werden ausgeliefert, nachdem das BVerfG ihre Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen hat.

21.11.: Freispruch für Berliner Polizisten: Das LG Berlin spricht zwei Beamte vom Vorwurf der Misshandlung eines aus der Türkei stammenden Kameramannes frei. Als Folge eines Polizeieinsatzes in der Nacht zum 1. Mai 2000 hatte der Mann einen Nasenbeinbruch und ein Schädelhirntrauma erlitten. Die Vorfälle seien nicht mehr aufzuklären. Der Kameramann wurde seinerseits vom Vorwurf des Widerstandes freigesprochen.

22.11.: Innenminister wollen abschieben: Die Innenministerkonferenz ist sich einig, ab 2004 Flüchtlinge aus Afghanistan „zurückzuführen“. Auch irakische Flüchtlinge sollen gehen, wobei die „freiwillige Heimführung“ Vorrang habe.

26.11.: Urteil gegen Al Tawhid-Mitglied: Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt den Palästinenser Shadi Abdella wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu vier Jahren Haft. Der 27-Jährige hatte zugegeben, verschiedene Anschläge in Düsseldorf und Berlin geplant zu haben. Nach seiner Verhaftung 2002 hatte Abdella vier Komplizen beschuldigt, was das Gericht in seinem Urteil honorierte. Bei der Urteilsverkündung warb der Vorsitzende für die Wiedereinführung der 1999 ausgelaufenen Kronzeugenregelung.

Marion Knorr ist Politikwissenschaftlerin und Redaktionsmitglied von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.