Chronologie

zusammengestellt von Norbert Pütter

Dezember 2004

01.12.: „Skinheads Sächsische Schweiz“: Die Staatsanwaltschaft Dresden und das sächsische Landeskriminalamt durchsuchen Wohnungen von Mitgliedern der verbotenen Neonazi-Gruppe. 25 Beschuldigten wird vorgeworfen, die 2001 verbotene Organisation aufrechtzuerhalten.

03.12.: „Al Aqsa“-Verbot bestätigt: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) billigt das Vereinsverbot, das der Bundesinnenminister im Sommer 2002 mit der Begründung verhängt hatte, Al Aqsa sammele Gelder für die palästinensische Hamas. Laut BVerwG ist es unerheblich, dass die Spenden für soziale Projekte von Hamas verwendet werden sollten. Wer für eine terroristische Organisation wie die Hamas Geld beschaffe, verstoße gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

Durchsuchungen wegen Anschlagsplänen: Während des Besuches des irakischen Ministerpräsidenten Ijad Alawi in Berlin durchsucht die Polizei neun Wohnungen in Stuttgart, Augsburg und Berlin und nimmt drei Iraker unter dem Verdacht fest, ein Attentat geplant zu haben. Waffen oder Sprengstoff werden nicht gefunden. Am 4.12. ergeht gegen die drei Männer Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (Ansar al-Islam).

Misshandlungsvorwürfe von Soldaten: Bundesverteidigungsminister Peter Struck teilt mit, dass 23 Ausbilder der Bundeswehr wegen entsprechender Beschuldigungen vom Dienst suspendiert und vier entlassen wurden.

07.12.: Metin Kaplan: Das BVerwG bestätigt die Rechtmäßigkeit der Abschiebung in die Türkei. Der Führer der 2001 verbotenen Organisation „Kalifatsstaat“ war im Oktober 2004 abgeschoben worden. Laut BVerwG bietet das Rechtssystem der Türkei Möglichkeiten, sich gegen die von Kaplan befürchtete Folter oder gegen unmenschliche Behandlung in der Haft zu wehren. Insofern habe kein Abschiebehindernis bestanden. Am 20.12. beginnt in Istanbul die Gerichtsverhandlung gegen Kaplan, dem ein geplanter Anschlag auf die türkische Regierung und ein Umsturzversuch der türkischen Verfassungsordnung vorgeworfen wird.

08.12.: Installation von Abhörgeräten: Das Amtsgericht Bremen spricht die beiden Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma von dem Vorwurf frei, den Einbau von Wanzen in den Büros zweier führender CDU-Politiker veranlasst zu haben. Der Hauptbelastungszeuge hatte vor Gericht die Aussage verweigert.

09.12.: Abschiebungsverfahren gegen Imam: Die Berliner Ausländerbehörde eröffnet das Verfahren gegen den Geistlichen einer Kreuzberger Moschee, dem Hetzreden vorgeworfen werden.

11.12.: PDS von „Extremistenliste“ gestrichen: Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilt mit, dass die Partei von der Liste des Bundesamtes für Verfassungsschutz gestrichen wurde. Die Liste wird Antragstellern im Einbürgerungsverfahren vorgelegt. Sie sollen sich von den verzeichneten Organisationen distanzieren.

Razzia gegen die rechtsextremistische Szene: Wegen des Verdachts auf nicht genehmigten Getränkeausschank durchsucht die Berliner Polizei ein Lokal im Stadtteil Treptow. 130 PolizistInnen sind im Einsatz. Gegen 62 Gäste werden Platzverweise ausgesprochen, 13 Ermittlungsverfahren werden eingeleitet, vor allem wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Eine CD und zahlreiche Papiere werden beschlagnahmt.

14.12.: „Lage- und Analysezentrum“: Bundesinnenminister Schily stellt der Öffentlichkeit das Zentrum zur Terrorismus-Abwehr in Berlin vor. Durch die engere Zusammenarbeit von Dienststellen des Verfassungsschutzes und des Bundeskriminalamtes sollen die Ressourcen zur Terrorbekämpfung gebündelt werden. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten werde gewahrt. (Siehe auch S. 31.)

Karl Wienand verurteilt: Wegen seiner Beteiligung an den Schmiergeldzahlungen beim Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage verurteilt das Landgericht (LG) Köln den früheren SPD-Politiker zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 25.000 Euro.

Neues hessisches Polizeirecht: Der hessische Landtag beschließt eine Novellierung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, die neue bzw. erweiterte Befugnisnormen u.a. für die Videoüberwachung, den IMSI-Catcher, die präventive Telefonüberwachung, den polizeilichen Todesschuss, die automatische Kfz-Kennzeichenerfassung, Identitätsfeststellungen, Observationen und technische Überwachungen vorsieht.

Entwurf eines neuen Hamburger Polizeigesetzes: Der Senat der Hansestadt beschließt eine Novellierung des Polizeirechts, die u.a. langfristige Aufenthaltsverbote, verdachtsunabhängige Personenkontrollen, die Videoüberwachung und den „finalen Rettungsschuss“ legalisieren soll.

15.12.: Lauschangriff-Novelle: Die Bundesregierung bringt ihren Gesetzentwurf zur Neufassung der akustischen Wohnraumüberwachung in den Bundestag ein. Im März 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die bestehenden Regelungen in der Strafprozessordnung für verfassungswidrig erklärt.

16.12.: Sondereinsatzkommando stürmt falsche Wohnung: Nach einem Hinweis, ein Dresdner Bordell-Betreiber verstecke Rauschgift und Waffen zu Hause, dringt die Spezialeinheit nachts in die Wohnung eines Nachbarn ein. Bevor der Irrtum entdeckt wird, werden der Nachbar und seine Lebensgefährtin – ein Polizist und eine Angestellte des Innenministeriums – auf dem Boden liegend gefesselt. Ihre beiden Hunde werden erschossen. Am 23.2.2005 teilt die Staatsanwaltschaft Dresden mit, dass der Einsatz rechtswidrig war.

17.12.: Sperrung ausländischer Webseiten: Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Arnsberg war die durch die Bezirksregierung Düsseldorf verfügte Sperrung rechtmäßig. Die Klage von Internet-Providern gegen die Behörde blieb erfolglos. Die Anordnung hatte sich auf volksverhetzende und kriegsverherrlichende Homepages von Anbietern aus den USA bezogen. (Az.: 13 K 3173/02)

20.12.: Urteil im Daschner-Verfahren: Nach den Folterdrohungen gegen den Entführer Jakob von Metzler verurteilt das LG Frankfurt den ehemaligen Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner wegen Verleitung zur Nötigung im Amt zur niedrigst denkbaren Strafe. Es setzt eine Geldstrafe von 10.800 Euro zur Bewährung aus. Ein mitangeklagter Hauptkommissar wird wegen Nötigung im Amt zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro auf Bewährung verurteilt (vgl. S. 69 ff.). Am 21.12. weist das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde des Entführers ab, in der er unter Hinweis auf die gegen ihn eingesetzten verbotenen Vernehmungsmethoden ein Verfahrenshindernis geltend machte.

Anklage gegen Peter Michael Diestel: Die Potsdamer Staatsanwaltschaft teilt mit, dass sie Anklage gegen den letzten Innenminister der DDR erhoben hat. Diestel soll drei Mitbeschuldigte dazu verleitet haben, in einem Zivilrechtsstreit mit dem Liedermacher Wolf Biermann die Unwahrheit zu sagen.

28.12.: Überwachung durch das Zollkriminalamt: Die Neuregelung der Befugnis des Amtes zur Post- und Telekommunikationsüberwachung tritt in Kraft (siehe Bürgerrechte & Polizei/CILIP 79 (3/2004), S. 83 f.).

Januar 2005

01.01.:  Stasi-Unterlagenbehörde: Das Bundesinnenministerium gibt die Zuständigkeit für die „Birthler-Behörde“ an die Kulturstaatsministerin Christina Weiss ab, die dem Bundeskanzleramt untersteht.

03.01.: Berliner Demo-Statistik: Nach Angaben der Polizei ist die Zahl der Demonstrationen in der Hauptstadt erstmals seit der Wiedervereinigung gesunken. Im Jahr 2004 zählte die Polizei 2.400 Demonstrationen, im Jahr 2003 waren es noch 3.022.

Statistik der Drogentoten: Im Jahr 2004 starben nach Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 1.344 Personen an den Folgen des Konsums illegaler Drogen – 143 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Drogentoten ist damit auf dem niedrigsten Stand seit 1989.

07.01.: Tod im Polizeigewahrsam: Ein Asylbewerber aus Guinea-Bissau stirbt bei einem Brand im Dessauer Polizeigewahrsam. Nach Darstellung der Polizei soll der Mann, der an Händen und Füßen gefesselt war, das Feuer selbst entzündet haben. Die Staatsanwaltschaft leitet ein Ermittlungsverfahren gegen drei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt bzw. fahrlässiger Tötung ein.

Tod nach Brechmitteleinsatz: Ein 35-jähriger Mann aus Sierra Leone stirbt, 11 Tage nachdem ihm die Bremer Polizei Brechmittel verabreicht hatte. Während des Brechmitteleinsatzes war der vermeintliche Dealer ins Koma gefallen (siehe S. 75 ff.). Am 25.1. erstatten 33 Bürger Anzeige gegen Innensenator Thomas Röwekamp wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und „Freiheitsberaubung in 1.000 Fällen“. In der Bürgerschaft wird ein Misstrauensantrag gegen den Senator abgewiesen.

12.01.: Razzia gegen ein islamistisches Netzwerk: Die bundesweite Aktion richtet sich gegen 22 Personen, die beschuldigt werden, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung zu sein, die unter anderem mit gefälschten Pässen handeln und Ausländer illegal nach Deutschland schleusen soll. Zudem sollen die Beschuldigten extremistisches Gedankengut in volksverhetzender Art und Weise verbreitet haben.

Horst Mahler verurteilt: Das LG Berlin verurteilt den Rechtsanwalt wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von neun Monaten. Mahler hatte im September 2002 ein antijüdisches Pamphlet an Journalisten verteilt.

Luftsicherheitsgesetz: Bundespräsident Horst Köhler unterschreibt das Gesetz; wegen Zweifeln an dessen Verfassungsmäßigkeit empfiehlt er eine Klage vor dem BVerfG. Am 28.1. wird eine erste Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingelegt.

13.01.: Rudolf Moshammer tot: In München wird der Modemacher ermordet. Zwei Tage später nimmt die Polizei den Täter in seiner Wohnung fest. Da die schnelle Identifizierung des Täters mit einem DNA-Abgleich gelang, setzt eine öffentliche Diskussion über die Ausweitung von DNA-Speicherungen ein.

14.01.: Einbürgerungen: Es wird bekannt, dass einige Bundesländer nach den Anschlägen vom 11.9.2001 Einbürgerungen wegen Sicherheits­bedenken zurückgenommen haben. Seit Anfang 2002 wird bei Einbürgerungen bei den Verfassungsschutzämtern nachgefragt.

19.01.: Übergriffe in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel: Nach­dem ehemalige Häftlinge im Fernsehen erneut schwere Anschuldigungen erhoben haben, weitet die Potsdamer Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen aus. Dreizehn JVA-Bediensteten war bereits 1999 vorgeworfen worden, Gewalt gegen Gefangene angewendet zu haben.

Zugang zu sicherheitsempfindlichen Bereichen: Das VG Frankfurt/ Main weist die Klage eines Mannes ab, dem das Land Hessen den Zutritt zum Transitbereich des Frankfurter Flughafens verweigert hatte. Der deutsche Geschäftsmann vermittelt Pilgerreisen und wollte seine Kunden begleiten. Der im Libanon geborene Mann ist Mitglied der „Muslimbruderschaft“. Da nach Ansicht des Gerichts deren Ziele nicht mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen seien, sei die Zugangsverweigerung zu sicherheitsempfindlichen Bereichen rechtmäßig.

Durchsuchung der Taqwa-Moschee: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main gibt bekannt, dass bei der Aktion im Juli 2004 kein belastendes Material gefunden wurde und die Ermittlungen eingestellt sind. Rund 100 Polizisten hatten die Moschee durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt, nachdem eine neunjährige Schülerin ausgesagt hatte, in den Räumen der Moschee würden Gewaltvideos gezeigt.

21.01.: Asylanträge auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sank die Zahl der in Deutschland gestellten Asylanträge im vergangenen Jahr auf 35.607; 2003 waren noch 50.563 Anträge gezählt worden. Nur 960 Menschen wurden im vergangenen Jahr als Asylberechtigte anerkannt.

23.01. Wohnungen in Mainz und Bonn durchsucht: Bei einer Razzia wird umfangreiches Material sichergestellt. In Mainz werden ein Iraker und ein Palästinenser festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglied in der Terrororganisation Al Qaida zu sein. Am 24.1. erlässt der Bundesgerichtshof Haftbefehle wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung.

25.01.: Brandenburg streicht 900 Stellen: Laut Mitteilung von Innenminister Jörg Schönbohm werden bei der Polizei des Landes bis 2009 900 Stellen wegfallen. Dies entspricht einem Abbau von rund 10 Prozent.

27.01.: Zollfahndung beschlagnahmt 150 kg Kokain: Die bei Kontrollen im Rostocker Hafen entdeckten Drogen waren in einem aus Venezuela kommenden Kohlefrachter versteckt.

Februar 2005

02.02.: Bundesweite Razzia: Rund 200 Angehörige von Polizeien und Staatsanwaltschaften durchsuchen 33 Wohnungen und vier Geschäfte in sieben Bundesländern. Die Aktion richtet sich gegen 24 mutmaßliche Is­lamisten, gegen die wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Ver­einigung ermittelt wird. Umfangreiche Unterlagen werden sichergestellt.

Fußball-Wettskandal: 150 PolizistInnen durchsuchen in zehn Bundesländern Wohnungen und Büros. Gegen 25 Beschuldigte wird wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs ermittelt.

03.02.: Mann von einem Polizisten erschossen: Der Mann war im bayerischen Karlskron vor einer Verkehrskontrolle geflüchtet. Der tödliche Schuss fällt bei dem Versuch, ihn festzunehmen.

04.02.: Beschlagnahme von Mobiltelefonen: Nach einem Beschluss des BVerfG darf die Polizei Handys nicht ohne richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung beschlagnahmen und die im Gerät gespeicherten Daten auswerten. (Az.: 2 BvR 308/04)

08.02.: 551 rechtsextremistische Angriffe: Nach Angaben der Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt wurden im Jahr 2004 in den fünf neuen Bundesländern und Berlin 805 Personen von Rechtsextremisten angegriffen. Dies entspricht dem Niveau des Vorjahres. Am 28.2. teilt das Bundesinnenministerium mit, dass die Polizeibehörden im Januar 745 rechtsextreme Straftaten (davon 39 Gewalttaten und 586 Propagandadelikte) registrierten.

10.02.: Keine Ermittlungen gegen Donald Rumsfeld: General­bundes­anwalt Kay Nehm lehnt Ermittlungen gegen den US-Verteidi­gungs­minister wegen der Folter von Gefangenen im Irak ab. Für die Ermittlungen seien die Justizbehörden der USA zuständig.

12.02.: Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz: In München kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten. 18 Demonstranten und zwei Polizisten werden verletzt. Von den 53 vorläufig festgenommenen Demonstranten werden vier „zur Verhütung weiterer Straftaten“ in Gewahrsam genommen.

18.02.: Tod im Polizeigewahrsam: In Magdeburg stirbt ein 51-jähriger Obdachloser, der in hilflosem Zustand von einem Rettungsdienst zur Polizei gebracht und in eine Gewahrsamszelle gesperrt worden war. Nach Stunden wurde er bei einer Routinekontrolle tot aufgefunden.

22.02.: Keine Geldbuße für Atomtransport-Blockierer: Nach einem Urteil des VG Schleswig müssen DemonstrantInnen die ihnen vom Bundesgrenzschutz für ihre Räumung in Rechnung gestellten 7.000 Euro nicht bezahlen. Bei ihrer Gleisblockade im März 2001 habe es sich um eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung gehandelt. Die Einsatzkosten hätte die Polizei ggf. nur dann in Rechnung stellen können, wenn sie die Versammlung förmlich aufgelöst hätte. Dies war bei der Blockade unterblieben.

März 2005

01.03.: „Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen“: Die Antirassistische Initiative stellt die 12. Auflage ihrer Dokumentation vor. Demnach starben seit 1993 161 Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland, 125 töteten sich angesichts drohender Abschiebung selbst, 48 starben in der Abschiebehaft und fünf kamen während ihrer Abschiebung ums Leben.

04.03.: Länge der Untersuchungshaft: Das BVerfG unterstreicht den Anspruch auf ein angemessen schnelles Untersuchungsverfahren. Das Gericht gibt der Beschwerde eines Mannes statt, der seit zweieinhalb Jahren in U-Haft sitzt. (Az.: 2 BvR 109/05)

Prozess gegen Thomas Wüppesahl: Vor dem Hamburger Schwurgericht beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Sprecher der Bundes­arbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten. Ihm wird vorgeworfen, einen Überfall auf einen Geldtransporter und die Ermordung des Geldboten geplant zu haben.

07.03.: „Freikorps“ als terroristische Vereinigung: Das Oberlandesgericht Potsdam verurteilt zwölf junge Männer wegen Gründung bzw. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung. 2003 hatten die damals zwischen 14- und 18-Jährigen die Organisation mit dem Ziel gegründet, die im Havelland lebenden Ausländer zu vertreiben. Eine Angeklagte wird zu einer Jugendstrafe von viereinhalb Jahren Haft verurteilt; gegen die anderen Angeklagten werden Bewährungsstrafen verhängt.

08.03.: „Kameradschaft Süd“: Im Münchener Prozess gegen vier Neonazis legen zwei Angeklagte umfassende Geständnisse ab, in denen sie sowohl von Schießübungen als auch von Anschlagsplänen berichten.

09.03.: Abschiebungen im Jahr 2004: Nach Angaben der Bundesregierung wurden im vergangenen Jahr 21.970 Personen auf dem Luftweg aus Deutschland abgeschoben. Die meisten Abschiebungen betrafen jugoslawische (4.421) und türkische (3.666) Staatsangehörige.

Neonazi-Gruppierungen verboten: Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting verbietet die „Kameradschaft Tor“ und die „Berliner Alternative Süd-Ost“. Beide Organisationen zählen je 15 Mitglieder.

10.03.: Behördlicher Datenaustausch: Das BVerwG entscheidet, dass die Behörden eines Landes personenbezogene Daten nicht automatisch untereinander austauschen dürfen, da es sich dabei um einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung handelt. Die Weitergabe von Informationen über eine Mitgliedschaft bei Scientology durch das Bayerische Innenministerium an die Stadt München war damit rechtswidrig. (Az.: BVerwG 6 C 3.04)

„Landser“ als kriminelle Vereinigung: Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt das Urteil gegen den Texter der Nazi-Band, Michael Regener. Bei der Band handele es sich um eine kriminelle Vereinigung. Regener war vom Kammergericht Berlin im Dezember 2003 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. (Az.: 3 StR 233/04)

18.3.: Verschärfung des Versammlungs- und Strafrechts: Der Bundesrat billigt die Novelle, die am 1.4. in Kraft tritt. Das Versammlungsrecht wird um Bestimmungen erweitert, nach denen Aufmärsche und Versammlungen an bestimmten Orten verboten werden können, wenn die Würde von NS-Opfern verletzt werden könnte. Dazu zählt ausdrücklich das Berliner Holocaust-Mahnmahl. Weitere Orte sollen die Länder bestimmen. Zukünftig wird die öffentliche Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der Nazi-Herrschaft unter Strafe gestellt.

Einführung des digitalen Polizeifunks: Der Bundesinnenminister einigt sich mit den Länderinnenministern auf die Einführung der neuen Technik bis spätestens Ende 2010. Nach Schätzungen werden die Kosten des Netzaufbaus drei bis vier Milliarden Euro betragen. Bereits zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 soll der Digitalfunk in einigen WM-Austra­gungs­orten zur Verfügung stehen.

23.03.: Konto-Screening: Das BVerfG lehnt eine einstweilige Anordnung gegen die neue Befugnis ab. Damit erhalten die Finanz- und Sozialbehörden ab dem 1.4. Zugang zu den Konto- und Depotstammdaten von Bankkunden. Über die Verfassungsbeschwerde wird das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.

24.03.: Stasi-Unterlagen über Helmut Kohl: Nach jahrelangem Rechtsstreit wird ein kleiner Teil der Unterlagen über den Alt-Kanzler der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach Durchsicht der Papiere hatte Kohl seine Bedenken gegen eine Veröffentlichung zurückgezogen.

29.03.: Bildung einer kriminellen Vereinigung: Vor dem LG Flensburg beginnt der Prozess gegen fünf Rechtsextremisten aus Norddeutschland. Die Anklage wirft den 23- bis 30-jährigen Männern Herstellung und Handel mit volksverhetzendem und gewaltverherrlichendem Propagandamaterial vor.