Chronologie

zusammengestellt von Norbert Pütter

Dezember 2005

06.12.: Ausländische terroristische Vereinigung: Generalbundesanwalt Kay Nehm klagt drei Männer wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung an. Einer der drei soll als hochrangiges Al Qaida-Mitglied die anderen angeworben und zusammen mit ihnen Anschläge und mehrfachen Versicherungsbetrug zur Terrorfinanzierung vorbereitet haben.

07.12.: Privater Strafvollzug: Im hessischen Hünfeld wird die erste teilprivatisierte Haftanstalt in Deutschland eröffnet. Der private englische Betreiber stellt 45 % des Gefängnispersonals, das u.a. für Reinigung, Verpflegung und psychologische Betreuung zuständig ist.

08.12.: Untersuchungshaft zu lang: Auf Anweisung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wird ein Mann nach mehr als acht Jahren Untersuchungshaft freigelassen. Der Mann war zwar als Drahtzieher einer Wohnhaus-Ex­plosion verurteilt worden, bei der es 1997 sechs Tote gegeben hatte. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Am 3.1.2006 trifft das BVerfG eine ähnliche Entscheidung im Falle eines Mannes, der seit fast sechs Jahren in Untersuchungshaft gesessen hatte.

09.12.: Anti-Terror-Datei: Die Innenministerkonferenz (IMK) einigt sich auf den schnellen Aufbau einer „Volltextdatei“, in die Polizei und Geheimdienste gleichermaßen ihre Informationen einstellen sollen.

Kein Bleiberecht: Die IMK einigt sich nicht auf eine Regelung für langjährig geduldete AusländerInnen. Die im Koalitionsvertrag angekündigte „Lösung des Problems der Kettenduldungen“ steht damit weiter aus.

Massen-Gentest: Zur Aufklärung der Vergewaltigung einer Fünfjährigen beginnt die Polizei im hessischen Viernheim mit einer DNA-Über­prüfung, die sich auf 4.600 Männer erstrecken soll.

10.12.: Protest gegen Neonazi-Aufmarsch: Im brandenburgischen Senf­tenberg demonstrieren rund 1.000 Menschen gegen den Aufmarsch von 200 Neonazis. Ca. 1.000 PolizistInnen sind im Einsatz. Ein Beamter wird von einem Stein getroffen, der Werfer wird festgenommen.

11.12.: Brand in Ausnüchterungszelle: In Memmingen (Bayern) erleiden zwei Häftlinge und vierzehn Polizisten Rauchvergiftungen, nachdem ein stark alkoholisierter Mann seine Matratze in Brand steckt.

12.12.: Rasterfahndung wird nicht gerichtlich überprüft: Der hessische Staatsgerichtshof weist die Klage gegen die entsprechenden Bestimmungen des Hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes ab, weil der klagende Student „mit einiger Wahrscheinlichkeit“ nicht selbst von dem 2003 ausgeführten Datenabgleich betroffen war. (Az.: P.St.1914)

13.12.: Freiheitsentziehungen erneut vor Gericht: Das BVerfG gibt der Verfassungsbeschwerde einer Anti-Castor-Demonstrantin statt, die im November 2001 fast 22 Stunden ohne richterliche Anordnung in Polizeigewahrsam verbracht hatte. Amtsgericht (AG) und Landgericht (LG) hätten es an „zureichender richterlicher Sachaufklärung“ fehlen lassen. Das LG muss die Sache erneut verhandeln. (Az.: 2 BvR 447/05)

15.12.: TKÜ durch Zoll: Der Bundestag verabschiedet die Novelle des Zollfahndungsdienstgesetzes. Die Befugnis des Zollkriminalamts zur Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) und der Post wird bis zum 30.6.2007 verlängert (s. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 82, S. 86).

Fragebogen zur Einbürgerung: Das baden-württembergische Innenministerium legt einen „Leitfaden“ für das Einbürgerungsverfahren von Immigrantinnen aus islamischen Ländern vor. Durch einen Fragekatalog soll die Verfassungstreue der Einbürgerungswilligen überprüft werden. Im Februar und März 2006 legen Bayern und Hessen veränderte Fragen­kataloge vor, die alle AntragstellerInnen beantworten sollen.

Januar 2006

01.01.: Novellierung des Bayerischen Polizeigesetzes in Kraft: Durch die neuen Bestimmungen wird auch im Freistaat die präventive TKÜ sowie die Nutzung der Kfz-Kenn­zeichenerkennung für Fahndungszwecke erlaubt. Auch eine Rechtsgrundlage für den „Taser“ wird geschaffen, der in einem Modellprojekt getestet werden soll.

02.01.: Abo von Zeitungen straffrei: Ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH vom 3.11.2005) wird bekannt, dem zufolge der Bezug von Zeitschriften verbotener Vereine nicht strafbar ist. Anders als das Verteilen der Publikation habe ein Abonnement nicht unmittelbar die Aufrechterhaltung der organisatorischen Struktur des Vereins zum Ziel. Das LG Koblenz muss über den Fall, bei dem es um die Zeitschrift des verbotenen „Kalifatstaats“ ging, erneut verhandeln. (Az. 3 StR 333/ 05)

03.01. Weniger Drogentote: Nach Angaben der Bundesländer wurde im Jahr 2005 der Tod von ca. 1.200 Menschen auf den Konsum illegaler Drogen zurückgeführt. Dies ist ein Rückgang von mehr als 13 %.

06.01.: Weniger Asylsuchende: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) beantragten im Jahr 2005 28.914 Menschen Asyl in der BRD. Mit einem Rückgang von 18,8 % gegenüber dem Vorjahr sei der tiefste Stand seit 1983 erreicht. Die Anerkennungsquote liegt bei 0,8 %.

09.01.: Rechtsextremisten misshandeln farbigen Jungen: In Pömmelte (Landkreis Schönebeck in Sachsen-Anhalt) schlagen, treten und quälen fünf Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren einen aus Äthiopien stammenden Zwölfjährigen.

10.01.: Erscheinungsbild der Bundespolizei: Mit einem Erlass will das BMI „ein gepflegtes Erscheinungsbild“ der Bundespolizei sicherstellen. Polizisten sollen keinen „Drei-Tage-Bart“ und keinen „Lagerfeld-Zopf“ haben; Polizistinnen will das BMI einen „maximal 10 mm großen Ohrring je Ohr“ zugestehen. Sichtbare Tätowierungen und Piercings sollen generell verboten, Make up soll – für beide Geschlechter – nur in „sozialadäquater“ Form zugelassen sein.

11.01.: Razzia gegen Neonazis: In Berlin, Greifswald und der Stadt Brandenburg durchsuchen rund 100 PolizistInnen 20 Objekte. Die Aktion richtet sich gegen vierzehn Personen, denen vorgeworfen wird, die verbotene „Kameradschaft Tor Berlin“ weitergeführt zu haben.

12.01.: Haft wegen Flaschenwurfs: Das AG Berlin-Tiergarten verurteilt einen Mann zu einer einjährigen Haftstrafe, weil er am Rande einer Demonstration gegen einen Naziaufmarsch in Dresden eine Flasche geworfen hatte. In dem Prozess tritt ein Zivilfahnder des Berliner Landeskriminalamtes als Belastungszeuge auf. Statt eines Namens gab der Beamte eine Nummer an, sein Äußeres war durch Perücke, falschen Bart und Brille verändert.

Haftstrafe wegen § 129b: Wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilt das Oberlandesgericht (OLG) München den irakischen Kurden Lokman Mohammed zu sieben Jahren Haft. Nach Auffassung des Gerichts hat der Mann als Mitglied von „Ansar al-Islam“ „Gotteskrieger“ angeworben und in den Irak gebracht. Am 7.2. erhebt Generalbundesanwalt Kay Nehm Anklage gegen einen weiteren Iraker wegen Mitgliedschaft in „Ansar al-Islam“.

24.01.: Freispruch für Polizisten: Das AG Berlin-Tiergarten spricht fünf Polizisten von der Anklage frei, einen arabischen Demonstranten geschlagen und getreten zu haben. Der Mann hatte an der Wegstrecke von US-Präsident Bush bei seinem Berlin-Besuch im Mai 2002 eine Palästina-Fahne geschwenkt. Der Freispruch erfolgte, weil die Übergriffe keinem der Beamten konkret nachgewiesen werden konnten.

26.01.: Haft für Angriff auf Afrikaner: Wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt das AG Frankfurt/Oder einen 24-Jährigen zu einer zweijährigen Haftstrafe ohne Bewährung und einen 26-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe. Die beiden hatten den Asylbewerber nach einem Disco-Besuch von hinten angegriffen und gegen den Kopf getreten.

Passentzug für Horst Mahler: Die brandenburgischen Behörden entziehen dem Rechtsextremisten für sechs Monate seinen Pass, um ihn an einer Reise nach Bagdad zu hindern. In der irakischen Hauptstadt hatte Mahler an einem Treffen von Holocaust-Leugnern teilnehmen wollen.

27.01.: Weniger Demonstrationen in der Hauptstadt: Nach Angaben der Berliner Polizei fanden im Jahr 2005 1.955 angemeldete Demonstrationen in der Stadt statt. Damit sank die Zahl der Proteste zum ersten Mal seit 1998 unter 2.000. Im Vorjahr gab es noch über 3.000 Demos.

28.01.: Ausschreitung in Stuttgart: Im Anschluss an eine Demonstration gegen einen Neonazi-Aufmarsch kommt es zu gewalthaften Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten. 30 Personen, darunter mindestens zehn Passanten und drei Polizisten, werden verletzt.

Februar 2006

07.02.: Al-Motassadeq aus Haft entlassen: Nach einem Beschluss des BVerfG wird der Marokkaner aus der U-Haft entlassen. Mounir al-Motassadeq war im Sommer 2005 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mit der BVerfG-Entscheidung wird eine zwischenzeitlich gewährte Haftverschonung wiederhergestellt.

Schleierfahndung in Bayern eingeschränkt: Durch eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs wird die Anwendung ver­dachts­unabhängiger Kontrollen im Freistaat begrenzt. Die Durchsuchung mitgeführter Sachen sei nur zulässig, wenn eine „erhöhte abstrakte Gefahr“ vorliege. (Az.: Vf. 69-VI-04)

11.02.: Nazi-Demo in Dresden gestoppt: Durch die Besetzung einer Elbbrücke wird der Marsch von ca. 4.000 Nationalisten in die Dresdener Innenstadt verhindert.

12.02.: Mehr rechtsextreme Gewalttaten: Nach Recherchen der Beratungsstellen für Opfer rechter Angriffe wurden im Jahr 2005 616 einschlägige Gewalttaten in den neuen Bundesländern und Berlin registriert; im Vorjahr waren 551 gezählt worden.

13.02.: Abschiebehäftlinge im Hungerstreik: Mit der Aktion protestieren 14 Häftlinge des Berliner Abschiebegewahrsams gegen zu lange Haftzeiten und die ihnen in Rechnung gestellten Unterbringungskosten.

14.02.: Kostenforderungen des BGS unzulässig: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig bestätigt ein Urteil der Vorinstanz, dem zufolge die Forderungen des Bundesgrenzschutzes (BGS) an Castor-Gegner unrechtmäßig sind. Der BGS habe versäumt, die Versammlung ausdrücklich aufzulösen. Für die Auflösung einer Gleisblockade im März 2001 sollten sieben DemonstrantInnen ca. 7.300 Euro zahlen.

15.02.: Luftsicherheitsgesetz verfassungswidrig: Das BVerfG erklärt den Abschuss entführter Passagierflugzeuge für unvereinbar mit dem Grundgesetz (s. den Beitrag von Martin Kutscha in diesem Heft, S. 76).

Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung: Das OLG Düsseldorf verurteilt einen 43-jährigen Kurden zu sechs Jahren Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er für die verbotene türkische DHKP-C Spendengelder erpresst und zwei Abweichler schwer verletzt hatte.

20.02.: Fesselung von nackten Gefangenen: Die Hamburger Justizbehörde bestätigt Presseberichte, denen zufolge wenigstens drei Strafgefangene nackt auf Liegen gefesselt worden sind. Die Maßnahmen seien zur Abwehr von Gefährdungen erforderlich und durch das Straf­vollzugs­gesetz gedeckt gewesen.

Polizisten-Beschimpfung für 10.000 Euro: Nach dem Urteil des LG Braunschweig muss Stefan Effenberg nur ein Neuntel der ursprünglichen Strafe von 90.000 Euro zahlen. Der frühere Fußballstar soll im Januar 2003 einen Polizisten als „Arschloch“ bezeichnet haben. Bis zuletzt bestritt Effenberg dies.

21.02.: Gössner klagt gegen die Bundesrepublik: Die Internationale Liga für Menschenrechte teilt mit, dass ihr Präsident Rolf Gössner Klage beim VG Köln eingereicht hat. Die Klage richtet sich gegen die jahrzehntelange Überwachung des Publizisten und Rechtsanwalts durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Zunächst soll eine vollständige Auskunft über die über Gössner gespeicherten Daten erreicht werden.

23.02.: Razzia wegen Spionage: Auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft werden zwölf Wohnungen und Häuser in vier Bundesländern durchsucht. Die Beschuldigten, von denen zwei festgenommen werden, sollen Rüstungsgüter für einen anderen Staat beschafft haben.

Übergriffe auf Chinesen: Nach erneuten Angriffen auf chinesische Stu­denten ermittelt die Polizei in Köthen (Sachsen-Anhalt) gegen zehn Per­sonen im Alter von 15 bis 21 Jahren, die sie der rechten Szene zuordnet.

Bremer Polizeigesetz novelliert: Die Bremische Bürgerschaft verabschiedet eine Erweiterung des Polizeigesetzes. Das präventive Abhören von Wohnungen, die Videoüberwachung öffentlicher Plätze sowie der „finale Rettungsschuss“ werden legalisiert.

25.02.: Randale nach Opernball-Demo: Nach einer Demonstration gegen den Opernball werden in der Innenstadt in Frankfurt/M. Schaufenster eingeschlagen und Autos beschädigt. Die Polizei nimmt 15 Personen in Gewahrsam. Einige der rund 500 DemonstrantInnen, die von der Polizei eingekesselt wurden, wollen die Rechtmäßigkeit des polizeilichen Vorgehens gerichtlich überprüfen lassen.

27.02.: Telefonüberwachung von Journalisten: Es wird bekannt, dass die Polizei im Oktober 2003 und im Februar 2004 drei Anschlüsse der „Wolfsburger Allgemeinen Zeitung“ und die Privatanschlüsse von zwei Journalisten überwacht hat. Die Erfassung der Verbindungsdaten sollte den Verdacht belegen, dass die Journalisten Polizisten bestochen hätten.

28.02.: Abschiebehaft „völlig inakzeptabel“: Ein Bericht des Anti-Folter-Komitees des Europarates über die Abschiebehaft in Deutschland wird bekannt. Demnach seien die Häftlinge in der Hamburger Haftanstalt „Holstenglacis“ in schmutzigen und heruntergekommenen Zellen untergebracht, die sie nur für eine Stunde am Tag verlassen dürften. Auch in anderen Bundesländern seien die Bedingungen für Abschiebehäftlinge nicht angemessen.

März 2006

02.03.: Beschlagnahme von E-Mails und Handy-Daten: Das BVerfG erleichtert den Zugriff auf elektronische Nachrichten. Sofern deren
Über­mittlung abgeschlossen sei, unterlägen sie beim Empfänger nicht mehr dem besonderen Schutz des Post- und Fernmeldegeheimnisses. (Az.: 2 BvR 2099/04)

Polizeibegleitung kostenpflichtig: Nach einer Entscheidung des rhein­land-pfälzischen OVG muss ein Pakistaner 7.000 Euro dafür zahlen, dass ihn zwei Polizisten bei der Abschiebung begleiteten. Es sei nicht ausgeschlossen gewesen, dass er die Flugsicherheit beeinträchtige.

06.03.: Körperverletzung im Amt: Nach Auskunft des Berliner Innensenators Ehrhart Körting wurden im Jahr 2005 gegen mehr als 700 PolizistInnen der Hauptstadt Ermittlungsverfahren wegen Übergriffen eingeleitet. In den bereits erledigten 376 Verfahren seien nur zwei Beamte verurteilt worden. 361 Verfahren seien eingestellt, in weiteren 13 seien die Angeklagten freigesprochen worden.

Versuchte Abschiebung durch Kindesentführung: In einer Dresdener Kindertagesstätte holen Polizisten einen 3-jährigen Angolaner ab. Die Beamten wollen über das Kind der Mutter habhaft werden, die nach einem abgelehnten Asylantrag abgeschoben werden soll. Nach vier Stun­den wird das Kind zurückgebracht. Mutter und Kind sind seither untergetaucht.

07.03.: Razzia gegen „Blood and Honour“: In sieben Bundesländern durchsucht die Polizei 119 Wohnungen und Objekte. Die Razzia richtet sich gegen 80 Tatverdächtige, denen vorgeworfen wird, die im Jahr 2000 verbotene Vereinigung und deren Jugendorganisation fortzuführen.

Schmerzensgeld für Angehörige von Polizeiopfer: Das LG Köln verurteilt das Land Nordrhein-Westfalen zur Zahlung von 15.000 Euro an die Mutter und den Bruder von Stephan Neisius. Der Mann war 2002 nach Misshandlungen auf einer Kölner Polizeiwache gestorben.

12.03.: Geiselnahme in Klinik: In Eschweiler (Nordrhein-Westfalen) nimmt ein Mann seine Ex-Freundin und ihren Säugling als Geisel. Nach mehreren Stunden kann der Mann ohne Blutvergießen überwältigt werden. Der Syrer, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, wollte seine Abschiebung verhindern.

13.03.: Berufsverbot bestätigt: Das VG Karlsruhe lehnt die Klage des Berufsschullehrers Michael Csaszkóczy auf Einstellung in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg ab. Wegen seiner Arbeit in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg hatten die Behörden Zweifel an seiner Verfassungstreue (s.a. S. 84 f. in diesem Heft).

15.03.: „Cicero“-Anklage: Die Staatsanwaltschaft Potsdam teilt mit, dass sie gegen zwei Journalisten Anklage wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat erhoben hat. Ein Berliner Journalist hatte im Magazin „Cicero“ aus einem internen Bericht des Bundeskriminalamtes (BKA) zitiert. Auf der Suche nach dem Informanten aus dem BKA hatte die Polizei Redaktionsräume und Wohnung durchsucht. Der zweite Angeklagte, ein Schweizer Journalist, soll den Bericht weitergegeben haben.

16.03.: Castor-Demonstrationsverbot rechtswidrig: Nach einem Urteil des VG Lüneburg, waren die großflächigen Demonstrationsverbote anlässlich des Castor-Transports im November 2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Dies gelte sowohl für das Verbot aller öffentlichen Versammlungen in einem 50 Meter breiten Streifen beiderseits der Bahnstrecke als auch für das Verbot von Spontandemonstrationen an den Tagen vor der Ankunft der Castoren.

17.03.: Anklage wegen PKK-Tätigkeit: Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen 36-Jährigen wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung. Der Mann soll für die Finanzen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zuständig gewesen sein.

Polizist erschossen: In Berlin-Neukölln wird ein Beamter auf offener Straße durch Schüsse in den Kopf tödlich verletzt. Der Schütze und sein Begleiter hatten zuvor einen Handtaschenraub verübt und waren auf der Flucht. Die beiden Männer werden am 25.3. verhaftet.

20.03.: Lafontaine unter Beobachtung: Laut Presseberichten wird der Faktionschef der Linkspartei im Bundestag und frühere SPD-Vorsitzende vom saarländischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Wegen seiner Mitgliedschaft in der Linkspartei seien seine Daten in das bundesweite Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) eingestellt worden.

Haftstrafen nach Angriff auf Linke: Das LG Potsdam verurteilt vier der örtlichen Neonazi-Szene angehörende Personen, die im vergangenen Jahr zwei stadtbekannte Linke angegriffen und verprügelt hatten. Die Strafen nach Jugendstrafrecht bewegen sich zwischen einer Verwarnung und drei Jahren und drei Monaten Haft. Wegen des selben Überfalls verurteilt das LG am 28.3. fünf Männer im Alter von 22 bis 32 Jahren zu mehrjährigen Haftstrafen.

21.03.: Meldeauflagen rechtens: Das Berliner OVG bestätigt die Meldeauflagen der Polizei gegen einen damals 21-jährigen Mann während des G8-Gipfels in Genua im Juli 2001. Nach Ansicht des Gerichts seien die Einschätzung der Polizei, der Mann sei ein potentieller Gewalttäter, und die Meldepflichten nicht zu beanstanden.

23.03.: LabourNet-Verfahren eingestellt: Die Staatsanwaltschaft stellt das Ermittlungsverfahren gegen das Internetportal ein (s.a. S. 82 in diesem Heft).

27.03.: Private und Polizei kooperieren: Die Berliner Polizei und die Landesgruppe des „Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V.“ unterzeichnen einen Kooperationsvertrag. Die Zusammenarbeit sieht den Austausch von Informationen und die Beteiligung der Privaten an der Öffentlichkeitsfahndung vor.

Justizsenator entlassen: Ausgelöst durch die Weitergabe vertraulicher Unterlagen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses entlässt der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust seinen Justizsenator Roger Kusch (beide CDU). Am 29.3. wählt die Hamburger Bürgerschaft den CDU-Politiker Carsten Ludwig Lüdemann zu Kuschs Nachfolger.

30.03.: Abschiebungen mit Gewalt: Nach Angaben der Bundesregierung wurden im Jahr 2005 16.865 Personen aus Deutschland abgeschoben. In 1.983 Fällen wurde die Abschiebung mit Gewalt durchgeführt.

Reeperbahn unter Videoüberwachung: In Hamburg werden zehn Videokameras in Betrieb genommen, die rund um die Uhr Bilder der Rotlichtmeile in die Polizeieinsatzzentrale senden.

31.03.: Kein Asyl für Kaplans Familie: Nach dem Urteil des OVG Münster ist die Aufhebung der Asylanerkennung der Frau und der Tochter des „Kalifen von Köln“ rechtmäßig.

CIA, BND, BKA … eine unabgeschlossene Chronologie

24.11.: CIA-Flugzeuge in Deutschland: Nach Presseberichten sind die Flugzeuge, die dem Transport von Gefangenen in Geheimgefängnisse des Geheimdienstes dienen sollen, auch in Deutschland gelandet.

04.12.: Khaled el Masri: Es wird bekannt, dass die damaligen Regierungsmitglieder Otto Schily und Frank-Walter Steinmeier bereits Mitte 2004 von der Entführung des Deutschen nach Afghanistan wussten.

14.12.: Verhöre im Ausland: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble räumt ein, dass zwei in Syrien und im US-Gefangenenlager Guantánamo als Terrorverdächtige inhaftierte Deutsche von deutschen Geheimdiensten und dem Bundeskriminalamt verhört worden sind.

11.01.: BND in Bagdad: Nach Medienberichten haben zwei in Bagdad stationierte Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) den US-Truppen geholfen, Bombenziele zu identifizieren.

22.01.: CIA-Flüge in Europa: Der Sonderberichterstatter des Europarates, Dick Marty, legt seinen Zwischenbericht über die Flüge und die vermuteten Geheimgefängnisse vor,
s. http://assembly.coe.int/CommitteeDocs/2006/20060124_ Jdoc03200 6_E.pdf 

20.02.: Bericht der Bundesregierung: Der Bericht über den BND in Bagdad wird dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) vorgelegt. Eine gekürzte Version wird veröffentlicht: www.bundesregierung.de/Anlage 965868/Bericht+der+Bundesregierung+-+offene+Fassung.pdf

24.02.: Bewertung des Berichts durch das PKGr:     http://dip.bundestag.de/btd/16/008/1600800.pdf
Abweichende Stellungnahmen von:
Hans-Christian Ströbele: www.stroebele-online.de/show/107920.html 
Max Stadler: www.fdp.de/files/821/Sondervotum_Stadler_22_02_06.pdf

27.02./02.03.: Die New York Times berichtet, dass der BND geheime Verteidigungspläne an US-Stellen übermittelt habe. Außerdem sei ein BND-Mitarbeiter direkt beim Kommando der US-Streitkräfte in Katar stationiert gewesen.

07.04.: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: Der Ausschuss soll Fragen zu vier Komplexen beantworten: CIA-Flüge, Entführung El Masri, Vernehmungen im Ausland und BND-Einsatz in Bagdad.