Archiv der Kategorie: CILIP 083

(1/2006) WM 2006: Die Welt überwacht von Freunden

Redaktionsmitteilung

Dieses Heft ist nicht nur für Fußballfans gedacht, denen die fürsorgliche Belagerung durch die staatliche und private Sicherheitsbranche anlässlich der Weltmeisterschaft zu eng wird oder schon vorher zu eng geworden ist. Es richtet sich ebenso an jene, die sich nicht für Fußball, aber für den Zustand der Republik interessieren.

Kaum ein Ereignis zuvor mobilisierte so viel „Sicherheitspersonal“ wie die „FIFA WM 2006TM“: Polizeien, private Sicherheitsfirmen, Geheimdienste und selbst Soldaten, wenn auch vor allem als Sanitäter oder Quartiermeister. Selten zuvor haben sich Repräsentanten von Regierung und etablierten Parteien derart schamlos und offen für die Beteiligung des Militärs an polizeilichen Aufgaben im engeren Sinne eingesetzt. Völlig selbstverständlich schien es ihnen auch, eine viertel Million Menschen durch den Verfassungsschutz auf ihre Zuverlässigkeit überprüfen zu lassen. Zudem ist die WM ein Testlauf für die diversen neuen Überwachungstechniken – vom Funkchip auf der Eintrittskarte bis zur Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Gäste im Hochsicherheitstrakt – Wie sich die Staatsgewalt auf die WM vorbereitet

von Heiner Busch

Hunderttausend PolizistInnen, zehntausend Angestellte privater Sicherheitsdienste, eine wie immer unbekannte Zahl von Geheimdienstleuten und siebentausend Soldaten proben zur Fußball-WM den Ausnahmezustand.

„Hochsicherheitstrakt Berlin“, titelte die Berliner Morgenpost am 26. Mai letzten Jahres. Einen Tag zuvor hatten sich die Innenminister des Bundes und der Länder auf das „Nationale Sicherheitskonzept“ zur Fußball-Weltmeisterschaft geeinigt. Die Auswirkungen auf die Hauptstadt schienen selbst dem Blatt aus dem Hause Springer zu weit zu gehen. Umso mehr, als die Höhe der von Bund und Ländern zu tragenden Kosten für den Sicherheitsaufwand völlig unklar blieb. Von „mehreren Hundert Millionen Euro“ war die Rede. „Kosten zu nennen, wäre unseriös“, zitiert die Morgenpost den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily. „Es gibt derzeit keine realistische Kalkulation.“ Die gab es auch im Oktober noch nicht, als Berlins Innensenator Ehrhart Körting die Landesplanungen für die WM-Sicherheit präsentierte und nur angeben konnte, dass bezahlt werde, aber weder wie viel noch aus welcher der leeren Kassen seiner Stadt.[1] Eine Gesamtschau der Sicherheitskosten fehlt nach wie vor. Und ob die in den Haushalten von Bund und Ländern veranschlagten Einzelposten wirklich ausreichen, ist sehr zu bezweifeln. Gäste im Hochsicherheitstrakt – Wie sich die Staatsgewalt auf die WM vorbereitet weiterlesen

Summaries

Guests in a high security wing – the preparations for the world cup 2006
by Heiner Busch
„The world is our guest – a time to make friends“, this is the motto of the world cup 2006. As a welcome, Germany is positioning 100.000 police officers, 10.000 private security employees, an unknown number of secret security agents and 7.000 soldiers. Large parts of the Federal Republic will develop into a police-controlled area. CCTV surveillance will not only take place in the stadiums, but also in the enclosed „public viewing areas“. 250.000 people, those who will enter the stadiums without tickets as journalists, volunteers, hot dog sellers or cleaning staff, will have to undergo a security check by the internal security service (Verfassungsschutz). Summaries weiterlesen

Aus G5 wird G6

Seit drei Jahren arbeiten die Innenministerien Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens als Fünfergruppe (G5) zusammen, um der EU-Innenpolitik zusätzliche „Impulse“ zu verleihen. Das selbsternannte „Laboratorium“ ist bisher vor allem mit Vorschlägen zu einer verschärften „Bekämpfung der illegalen Zuwanderung“ hervorgetreten. Bei der letzten Ministertagung am 22. und 23. März 2006 in Heiligendamm stieß nun auch Polen zu den scharfen Fünf hinzu. Wie die Abschlusserklärung des Treffens zeigt, hat sich dadurch die politische Ausrichtung der Gruppe nicht geändert.[1] Aus G5 wird G6 weiterlesen

Beschuldigtenrechte

Während die EU dabei ist, mit schnellen Schritten das Prinzip der „gegenseitigen Anerkennung justizieller Entscheidungen“ umzusetzen, um damit freie Bahn für die Strafverfolgungsbehörden zu schaffen, sieht es um die Rechte der Beschuldigten weiterhin schlecht aus. Im Mai 2004 hatte die Kommission den Vorschlag „für einen Rahmenbeschluss des Rates über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren“ präsentiert. Nachdem die Diskussion im Rat zeitweise ins Stocken geraten war, versuchen die Mitgliedstaaten nun, die im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Mindestnormen weiter zu verwässern.[1] Beschuldigtenrechte weiterlesen

Verfassungsschutz und Berufsverbot

Am 13. März 2006 wies die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe die Klage des mit hervorragenden Zeugnissen in Theorie und Praxis ausgestatteten Lehrers Michael Csaszkóczy ab. Geklagt hatte Csaszkóczy gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe – Schule und Bildung. Letzteres hatte ihm die Einstellung in den Schuldienst verweigert. Grund: Zweifel an seiner „Verfassungstreue“. Verfassungsschutz und Berufsverbot weiterlesen

Bundesgerichtshof schränkt Demonstrationsrecht ein

Am 20. Januar 2006 verkündete der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil,[1] mit dem das Hausverbot für rechtens erklärt wird, das der Betreiber des Frankfurter Flughafens gegen FlugblattverteilerInnen ausgesprochen hatte. Mit dem Flugblatt, das am 11. März 2003 am Abfertigungsschalter eines Lufthansa-Fluges nach Athen verteilt worden war, wurden die Passagiere darauf hingewiesen, dass mit dem Flug ein Ausländer gegen seinen Willen abgeschoben werden sollte. Bundesgerichtshof schränkt Demonstrationsrecht ein weiterlesen

Ermittlungen gegen LabourNet eingestellt

Nach mehr als acht Monaten hat das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bochum gegen den LabourNet.de e.V. nun, wie erwartet[1], ein sang- und klangloses Ende gefunden. Mit der Einstellung wurde lediglich noch nachvollzogen, was das Landgericht Bochum in seinem Beschluss vom 10. Januar 2006[2] zu der Durchsuchung bei der Chefredakteurin des Internetportals festgestellt hatte: Es lagen keine „sachlich zureichenden plausiblen Gründe für eine Durchsuchung“ und keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Betroffene einer Urkundenfälschung verdächtig ist.[3] Ermittlungen gegen LabourNet eingestellt weiterlesen