Online-Durchsuchungen: Erste Entwürfe aus Bayern

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 27. Februar 2008 die Regelung über so genannte Online-Durchsu­chungen im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz als nichtig verworfen.[1] Zugleich hat es den Gesetzgebern in Bund und Ländern unter engen Voraussetzungen die Schaffung entsprechender Befugnisse jedoch ausdrücklich gestattet.

Als erstes Bundesland hat Bayern auf diese Möglichkeit mit einem Gesetzentwurf reagiert:[2] Die Online-Durchsuchung soll Einzug in das Bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) halten, dort als „Verdeckte Online-Datenerhebung“ bezeichnet (Art. 6e BayVSG-E). In Übereinstim­mung mit den Vorgaben des BVerfG wird für den heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme das Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut verlangt. Auch müht sich der Entwurf, den Kernbereich privater Lebensgestaltung, also die „digitale Intimsphäre“, zu schonen, soweit dies „informationstechnisch und ermittlungstechnisch“ möglich ist. Als notwendige Be­gleitmaßnahme soll dem Landesamt für Verfassungsschutz darüber hinaus gestattet werden, heimlich Sachen zu durchsuchen sowie die Wohnung des Betroffenen zu betreten und zu durchsuchen (Art. 6g BayVSG-E). Erstmalig seit 1989 würde damit eine deutsche Sicherheitsbehörde die Erlaubnis zur heimlichen Hausdurchsuchung erhalten. Hiermit ist untrennbar die Betroffenheit des Wohnungsgrundrechts (Art. 13 GG) verbunden, das entsprechende Maßnahmen allerdings nicht gestattet. Es verwundert daher kaum, dass im Zuge der – bundesweit ge­führten – Diskussion über die Einführung von Online-Durch­suchungen eine (abermalige) Verfassungsänderung gefordert wird.[3]

Unabhängig davon wurde in Bayern die Frage aufgeworfen, ob die Abwehr von konkreten Gefahren dem Verfassungsschutz zu übertragen sei, der seiner Zuständigkeit nach ja vor allem Beobachtungsaufgaben wahrnehmen soll.[4] Immerhin befindet sich – insoweit folgerichtig – in Bayern auch eine polizeirechtliche Befugnis in Planung.

(Fredrik Roggan)

[1]      Neue Juristische Wochenschrift 2008, H. 12, S. 822–837
[2]     LT-Drs. 15/10313 v. 1.4.2008
[3]     s. Berliner Zeitung v. 4.4.2008
[4]     LT-Protokoll 15/118 v.3.4.2008, S. 33-38