von Fredrik Roggan
Über sechs Jahre waren seit der Erhebung der ersten Verfassungsbeschwerde vergangen, bis das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 20. April 2016 sein Urteil zum BKA-Gesetz verkündete. Die Anti-Terror-Maßnahmen des BKA fanden also während eines langen Zeitraums auf der Basis teilweise verfassungswidriger Regelungen statt. Die Entscheidung versteht sich als Grundsatzentscheidung in Sachen Polizeirecht.
Mit Gesetz vom 25. Dezember 2008 hatte das BKA die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus einschließlich entsprechender Befugnisse erhalten.[1] Das Gesetz war sowohl im Grundsätzlichen wie auch im Detail umstritten und wurde mit mehreren Verfassungsbeschwerden angegriffen.[2] Der erste Senat des BVerfG wählte zwei Beschwerden aus – ließ sich dann aber lange Zeit, bis es zunächst zu einer mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2015 und schließlich zur Urteilsverkündung am 20. April 2016 kam. Die Entscheidung fiel ausführlich aus: Mit der bislang längsten Urteilsbegründung ein Sicherheitsgesetz betreffend schuf das BVerfG eine Blaupause, die nicht nur auf die Befugnisse zur verdeckten Datenerhebung im BKA-Gesetz passt, sondern darüber hinaus auf alle Polizeigesetze der Länder gelegt werden muss. Schon im Vorfeld hieß es, eine „Enzyklopädie des Polizeirechts“ sei zu erwarten.[3] Ausstrahlungswirkung besitzt es darüber hinaus auch auf das Strafverfahrens- sowie das Geheimdienstrecht. Man mag es insofern als durchaus „nutzerfreundlich“ betrachten, dass das Gericht allgemein geltende Grundsätze „vor die Klammer“ zog und sich erst im Anschluss den angegriffenen Vorschriften des BKA-Gesetzes (BKAG) widmete. Vorzustellen sind im Folgenden die wesentlichen Leitplanken der Entscheidung, soweit sie die Erhebung von Daten zum Gegenstand haben.
Querschnittsfragen
Als wichtiges Querschnittsthema gilt nicht nur auf der Ebene des konkreten staatlichen Handelns, sondern schon auf der Ebene der hierzu ermächtigenden Rechtsgrundlagen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Vereinfacht gesagt: Je intensiver beispielsweise eine heimliche staatliche Überwachungsmaßnahme in die Rechte von BürgerInnen eingreift, umso restriktiver müssen die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen hierzu ausgestaltet sein.[4]
Ebenso übergreifend gelten für „eingriffsintensive“ Überwachungs- und Ermittlungsmaßnahmen, die gegenüber den Betroffenen heimlich durchgeführt werden und bei denen auch höchstprivate Informationen erfasst werden können, dass sie grundsätzlich einer vorherigen Kontrolle durch eine unabhängige Stelle bedürfen, etwa in Form einer richterlichen Anordnung.[5] Die Frage des „Ob“ darf demnach nicht alleine einer sicherheitsbehördlichen Entscheidung überlassen sein, sondern bedarf der vorherigen externen Kontrolle (sogenannter „prozeduraler Grundrechtsschutz“).[6]
Ein wichtiger Topos seit der Entscheidung des BVerfG zum Großen Lauschangriff[7] ist der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, der auch als Intimsphärenschutz bezeichnet werden kann.[8] Noch deutlicher, als das in der bisherigen Rechtsprechung zum Ausdruck kam, proklamiert das BVerfG nun, dass bei allen Ermittlungsmaßnahmen, die typischerweise mit der Verletzung dieses Kernbereichs verbunden sein können („verletzungsgeneigte Datenerhebungsmethoden“), dieser Kernbereichsschutz in den gesetzlichen Ermächtigungen explizit enthalten sein muss.[9] Fehlt er, ist die gesamte Befugnis verfassungswidrig.
Auch bestimmte Berufs- und andere Personengruppen (RechtsanwältInnen etc.), deren Tätigkeit auf eine besondere Vertraulichkeit angewiesen ist, bedürfen eines besonderen Schutzes. Auch in diesem Bereich kann es nicht der Praxis der Sicherheitsbehörden überlassen bleiben, sich Selbstbeschränkungen aufzuerlegen. Vielmehr verlangt das Gericht, dass das Gesetz die entsprechenden Grenzen ausdrücklich definiert.[10]
Und schließlich wird mit dem Transparenzgebot ein Prinzip proklamiert, das auf den ersten Blick wenig mit heimlichen Überwachungsmaßnahmen zu tun hat. Durch Transparenz, so das BVerfG, soll den Betroffenen, soweit möglich, subjektiver Rechtsschutz ermöglicht und zugleich einer diffusen Bedrohlichkeit geheimer staatlicher Beobachtung entgegengewirkt werden.[11] Dazu gehören Benachrichtigungspflichten ebenso wie Auskunftsrechte von Betroffenen, eine (nachträgliche) gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle sowie Berichtspflichten gegenüber Parlament und Öffentlichkeit.
Angesichts dieser vorangestellten Grundsätze sollte das Bundesverfassungsgericht doch ein Urteil gesprochen haben, das auch unter bürgerrechtlichen Gesichtspunkten frei von Angriffsfläche ist. Tatsächlich erklärt das Urteil lediglich zwei Regelungen für nichtig (Lauschangriffe auf die Wohnungen von Kontakt- und Begleitpersonen von „Terrorverdächtigen“ sowie eine Löschungsregelung) und belässt es im Übrigen bei Reparaturaufträgen an den Bundestag.
Einschränkungen bei Observationen & Co.
Teilweise erhebliche Einschränkungen erfuhr die Regelung des § 20g BKAG, die ein breites Spektrum von Überwachungsmaßnahmen außerhalb von Wohnungen erlaubt. Im Unterschied zur optischen und akustischen Überwachung von Wohnungen (§ 20h BKAG) handelt es sich hierbei um sehr viel häufiger praktizierte Ermittlungsmethoden wie längerfristige Observationen, die Erstellung von heimlichen Bildaufzeichnungen, das Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes im öffentlich zugänglichen Raum („kleiner Lauschangriff“), das Orten von Terrorverdächtigen mittels Peilsendern oder der Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern. Das BVerfG verwarf solche Überwachungen, sofern sie dem BKA auch im weitestgehend unbestimmten Vorfeld von konkreten Gefahren erlaubt waren (§ 20g Abs. 1 Nr. 2 BKAG). Solche Maßnahmen sind mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann zu vereinbaren, wenn bestimmte Tatsachen – nicht alleine polizeiliche Erfahrungssätze – eine Prognose erlauben, die auf die konkrete Gefahr eines terroristischen Anschlags hindeuten.[12] Im Ergebnis schließt das Gericht solche Vorfeldermittlungen nicht gänzlich aus, steigert aber die Begründungsanforderungen für das BKA nicht unerheblich. Die bloße Befürchtung eines in unbestimmter Zukunft liegenden Anschlags an unbekanntem Ort reicht beispielsweise für das Einschleusen einer
V-Person in eine verdächtige Szene nicht mehr aus. Damit entfällt zugleich die Möglichkeit, durch einen solchen Einsatz potenziell bedeutsame Informationen überhaupt zu generieren.
Auch auf einzelne der genannten Überwachungsmöglichkeiten bezogen, sieht Karlsruhe Nachbesserungsbedarf: Ohne einen vorherigen richterlichen Beschluss sind längerfristige Observationen (einschließlich der Anfertigung heimlicher Überwachungsvideos sowie der Nutzung von Peilsendern), das heimliche Mithören nichtöffentlicher Gespräche oder der V-Leute-Einsatz nicht mehr zulässig. Bemerkenswerterweise spricht das Gericht hier von der „disziplinierenden Wirkung“ der richterlichen Entscheidung.[13] Die Passage dürfte im BKA durchaus so verstanden werden, dass das BVerfG ein gewisses Misstrauen hegt, was die Sorgfalt bei der Entscheidung über das „Ob“ einer tief in die Rechte der Betroffenen eingreifenden Überwachungsmaßnahme anbelangt.
Schließlich bemängelt das BVerfG, dass § 20g BKAG keine Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung enthält, obgleich die Vorschrift auch die oben bereits genannten verletzungsgeneigten Überwachungsbefugnisse enthält.[14] Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass es auch in den Landespolizeigesetzen sowie in der Strafprozessordnung einigen Nachbesserungsbedarf gibt. Dort fehlen Kernbereichsregelungen bei den genannten Überwachungsbefugnissen flächendeckend!
Kein gezieltes Überwachen von Unverdächtigen
Nach bisheriger Rechtslage durften Wohnungen auch dann optisch wie akustisch überwacht werden, wenn sich eine Zielperson in ihr nicht aufhielt, der Lauschangriff also auf nicht-gefahrenverantwortliche Personen geführt werden sollte (§ 20h Abs. 1 Nr. 1c BKAG). Das BVerfG verwirft die Überwachung solcher Kontakt- und Begleitpersonen mit einer ebenso knappen wie deutlichen Begründung als unverhältnismäßig.[15] Gleichwohl: Die Einbeziehung von Dritten in solche Maßnahmen verbot das Gericht nicht. Es billigte vielmehr ausdrücklich, dass auch die Wohnung einer unverdächtigen Drittperson überwacht werden darf, wenn sich eine Zielperson in ihr aufhält. So wird der Blick auf die Grundproblematik gelenkt, dass Lausch- und Spähangriffe stets auf die Überwachung menschlicher Interaktionen gerichtet sind. Es liegt in der Logik solcher Maßnahmen, dass Unverdächtige keineswegs „planwidrig“ erfasst werden, sondern als (je nach Räumlichkeit) unvermeidbare „Kollateralbetroffene“. Dieses Phänomen tritt nicht nur bei Lausch- und Spähangriffen auf, sondern gerade auch bei Telekommunikationsüberwachungen. Es wäre nur dann zu vermeiden, wenn eine Überwachungsbefugnis ausschließlich Zielpersonen im Blick hätte, also nur die Überwachung der Interaktion zwischen (Terror-)Verdächtigen erlauben würde. Wohnungen von Nicht-Zielpersonen wären also „überwachungsfrei“ zu stellen. Diesem Gedanken erteilt das BVerfG allerdings eine klare Absage.
Voraussetzungen der Rasterfahndung unbeanstandet
Die sogenannten Rasterfahndungen hatten im Zuge der Anti-Terrormaßnahmen nach dem 11. September 2001 eine Renaissance erlebt[16] – waren nach einer Entscheidung des BVerfG aber verfassungswidrig, sofern die entsprechenden Befugnisse in den Polizeigesetzen nicht eine konkrete Gefahr als Voraussetzung enthielten.[17] Das Ende 2008 novellierte BKAG sah eine solche Gefahr „in der Regel“ auch dann als gegeben, wenn konkrete Vorbereitungshandlungen die Annahme rechtfertigen, dass eine terroristische Straftat begangen werden soll
(§ 20j Abs. 1 BKAG). Die Verfassungsbeschwerdeführer (und nicht nur sie) hatten in dieser Formulierung den Versuch des Gesetzgebers gesehen, den Begriff der konkreten Gefahr aufzuweichen und damit die Rasterfahndung auch im Vorfeld einer solchen Gefahr zuzulassen.[18] Dieser Einschätzung erteilte das BVerfG eine klare Abfuhr, indem es – in einem einzigen Absatz – die Regelung der Eingriffsvoraussetzungen zur Rasterfahndung als verfassungsgemäß bezeichnet.[19] Die Formulierung in § 20j Abs. 1 BKAG sei nichts anderes als ein „Regelbeispiel“, eine „exemplarische“ Konkretisierung einer konkreten Gefahr.
Gleichwohl wird im dritten Leitsatz der Entscheidung § 20j BKAG als mit der Verfassung nicht vereinbar bezeichnet. Dies liegt jedoch lediglich an der Übermittlungsvorschrift des § 20v Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKAG, die die Nutzung von Daten aus Rasterfahndungen für Zwecke der Strafverfolgung betrifft.[20] Weil die Übermittlungsvoraussetzungen nicht hinreichend eng gefasst sind, wird auf diesem (Um-)Wege auch § 20j BKAG „infiziert“. Es mutet kurios an, dass diese Regelung zwar verfassungswidrig ist, aber nicht geändert werden muss. Dieser Bedarf besteht nur im Falle der Übermittlungsregelung des § 20v BKAG.
Einschränkungen bei Online-Durchsuchungen …
Mit Spannung war das Urteil auch deswegen erwartet worden, weil das BVerfG sich nun zum zweiten Mal mit der Verfassungsmäßigkeit einer Befugnis zur Online-Durchsuchung (§ 20k BKAG) befassen musste. In seiner ersten Entscheidung 2008 hatte das Gericht eine Regelung im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz geprüft und verworfen.[21] Gleichzeitig machte es vergleichsweise detaillierte Angaben, unter welchen Voraussetzungen verdeckte Eingriffe in informationstechnische Systeme unter Verwendung von „Trojanern“ verfassungsgemäß wären. In der „zweiten Runde“ in punkto Online-Durchsuchungen ging es nun nicht zuletzt um die Frage, ob der Gesetzgeber diesen Maßgaben in ausreichendem Maße gefolgt war. Mit Blick auf die enge Anlehnung des § 20k BKAG an die eigene Rechtsprechung aus der „ersten Runde“ wird dies nun – was die Durchführung der Datenerhebung („erste Phase“) anbelangt – weitestgehend bejaht.
Korrekturbedarf sieht das BVerfG hingegen in der „zweiten Phase“, also auf der Ebene der Aus- und Verwertung von Erkenntnissen, die aus den heimlich ausgelesenen IT-Systemen stammen. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Kernbereichs privater Lebensgestaltung verlangt es, dass nicht das BKA den ersten Zugriff auf die Informationen erhält, sondern eine unabhängige Stelle. Diese habe kernbereichsrelevante Daten frühzeitig herauszufiltern und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass sie dem BKA (bzw. generalisierend: den Sicherheitsbehörden) nach Möglichkeit nicht offenbart werden.[22] Die Formulierung „nach Möglichkeit“ musste gewählt werden, weil das Gericht bei dieser Vorabkontrolle die Hinzuziehung eines Bediensteten des BKA (mit gesonderter Verschwiegenheitsverpflichtung) „zur Gewährleistung von ermittlungsspezifischem Fachverstand“ nicht ausschließen wollte.
Das verfassungsrechtlich gebotene Modell der Online-Durchsuchungen sieht danach vor, dass nach der Entscheidung über das „Ob“ eines Trojaner-Einsatzes durch das BKA zunächst einmal eine schützende Glocke über die gewonnenen Daten gestülpt wird und das BKA damit – wenn auch temporär – von einem Zugriff abgeschnitten wird. Sodann folgt eine externe Sichtung dieser Daten und eine Entscheidung, ob die Durchführung der Maßnahme überhaupt rechtmäßig war. Sollte dies der Fall sein, folgt die Entscheidung darüber, welche Daten das BKA selber auswerten darf. Es ist nicht auszuschließen, dass man im BKA diese Einschränkungen bei der Durchführung von Online-Durchsuchungen als verfassungsrechtlich hergeleitete Misstrauensbekundung auffassen wird.
… und bei Telekommunikationsüberwachungen
Eine Befugnis zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüber-wachung (Quellen-TKÜ) ist verfassungswidrig, sofern der Gesetzgeber bei ihrer Schaffung diejenige Software nicht kannte, die dafür nötig ist. So befand es das Landesverfassungsgericht von Sachsen-Anhalt und verwarf die dortige Regelung.[23] Ebenso wenig wie das Landesparlament den Quellen-TKÜ-spezifischen Landestrojaner kannte, war dem Bundestag bei der Verabschiedung des BKA-Gesetzes die Funktionsweise jener Software bekannt, die für die Infiltration von IT-Systemen zum Zwecke der Quellen-TKÜ nötig ist. Diese wurde erst im Jahr 2016 für einsetzbar erklärt.[24] Dem Argument, eine solche Gesetzgebung auf Vorrat sei verboten, vermochte das BVerfG offenbar nichts abzugewinnen – es wird in der Entscheidung vom 20. April 2016 mit keinem Wort erwähnt.
Ganz grundsätzlich bemängelt das BVerfG hingegen, dass das BKA-Gesetz die TKÜ nicht nur beim Vorliegen einer konkreten (terroristischen) Gefahr erlaubte, sondern auch in deren Vorfeld im Bereich der Straftatenverhütung (§ 20l Abs. 1 Nr. 2 BKAG). Die Formulierung, wonach eine solche Maßnahme auch gegen Personen gerichtet werden darf, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie terroristische Straftaten vorbereiten, sei in ihrer „konturenarmen offenen Fassung“ weder mit dem Bestimmtheits- noch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar.[25] Dies wird in allen Ländern zu Gesetzesänderungen führen müssen, in deren Polizeigesetzen sich entsprechende oder ähnliche Formulierungen finden[26] bzw. die ebenso wenig bestimmte Tatsachen verlangen, die auf eine konkrete Gefahr bezogen sind.[27] Im Ergebnis verbietet das BVerfG damit die TKÜ im Vorfeld einer konkreten Gefahr nicht völlig, fordert aber eine striktere Fassung ihrer Voraussetzungen.
Neben der inhaltlichen Überwachung der Telekommunikation besitzt die Erhebung der Verkehrsdaten in der polizeilichen Praxis eine erhebliche Bedeutung, weil sich aus ihnen die Information ergibt, ob, wann und wie oft zwischen welchen Personen oder Telekommunikationseinrichtungen Telekommunikationsverkehr stattgefunden hat oder versucht worden ist. Solche Ermittlungen werden vom BVerfG als schwerwiegende Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis gewertet.[28] Die entsprechende Befugnisregelung im BKA-Gesetz (§ 20m BKAG) erklärte das Gericht unter denselben Gesichtspunkten wie die zur inhaltlichen TKÜ für zu unbestimmt und unverhältnismäßig weit.[29]
Schutz von Vertrauensbeziehungen zu AnwältInnen
Gespräche mit VerteidigerInnen genießen, von engsten Ausnahmen abgesehen, einen strikten Vertrauensschutz. Deshalb sind Maßnahmen gegen als StrafverteidigerInnen tätige RechtsanwältInnen auch grundsätzlich verboten (§ 20u Abs. 1 BKAG). Einen geringeren Schutz sollten andere AnwältInnen genießen: Nach der bisherigen Regelung sollten beispielsweise die Telefonanschlüsse von FachanwältInnen für Familienrecht nach einer einzelfallbezogenen Abwägung durchaus anzapfbar sein (§ 20u Abs. 2 BKAG). Diese Differenzierung hat das BVerfG verworfen, weil die Art des Mandatsverhältnisses als Abgrenzungskriterium für einen unterschiedlichen Schutz ungeeignet sei.[30] Es komme nicht darauf an, ob AnwältInnen in Scheidungsangelegenheiten oder in Strafsachen tätig sind. Bei der nötigen Neufassung des BKA-Gesetzes wird der Gesetzgeber also die Frage beantworten müssen, warum nicht alle RechtsanwältInnen denselben Schutz genießen sollen.[31]