Chronologie September 2020

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. September: Prozesse gegen Polizist*innen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VerwGH) entscheidet, dass einem Polizeibeamten, der mehrfach sein Privatfahrzeug mit der dienstlichen Tankkarte betankt und verbotene Munition in seinen Spind versteckt hatte, die Pension entzogen wird (Az.: 16a D 18.1918). Am 23. September urteilt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg, dass ein Berliner Polizeibeamter, der mehrfach Geld aus Fundsachen entwendet hatte, aus dem Dienst entfernt wird und den Beamtenstatus verliert. Am 25. September wird bekannt, dass die StA Stuttgart (Baden-Württemberg) die Anzeige gegen einen Polizeiführer abgelehnt hat, der während eines Einsatzes im Juni ihm unterstellte Beamt*innen per Voice Message darüber informierte, bei den randalierenden Jugendlichen handele es sich „nur um Kanaken“. Die StA stufte die Äußerung als nicht strafrelevante „private Meinung“ ein. Durch Presseberichte wird am 30. September bekannt, dass sich vor dem Schöffengericht Würzburg (Baden-Württemberg) gegen einen Polizeibeamten verhandelt wird, der einen schwer Krebs erkrankten Freund um rund 60.000 EUR betrogen haben soll.

Kriminelle Polizist*innen: In Braunschweig (Niedersachsen) wird ein Thüringer Polizeibeamter festgenommen, der seiner Ex-Freundin am Vortag in Erfurt (Thüringen) aufgelauert und sie mit mehreren Messerschnitten im Gesicht verletzt hatte, bevor er geflohen war. Am 23. September durchsuchen Polizeibeamt*innen aus mehreren Bundesländern 30 Wohnungen und sieben Dienststellen von 21 bayerischen Polizisten und 17 weiteren Beschuldigten wegen des Besitzes von Drogen und Dopingmitteln sowie des Diebstahls aus Asservatenkammern. Gegen einige von ihnen wird auch wegen der Verfolgung Unschuldiger ermittelt. Die Ermittlungen laufen seit Anfang des Jahres. Vor dem Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses schildert am 25. September ein nach dem Anschlag zu Unrecht festgenommener Pakistaner, dass er mehrere Stunden mit hinter dem Kopf gefesselten Händen auf einer Pritsche liegend ausharren musste, obwohl der Polizei längst klar war, dass er mit dem Anschlag nichts zu tun hatte. Erst einen Tag später sei er wieder freigelassen worden.

Hasskriminalität: Die Berliner Justiz richtet eine Zentralstelle Hasskriminalität ein. Sie soll antisemitische, rassistische und andere menschenfeindliche Straftaten künftig effektiver verfolgen.

Kindesmissbrauch: Bundesweit durchsucht die Polizei die Wohnungen von 50 Tatverdächtigen in Zusammenhang mit dem Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach (NRW) unter dem Verdacht des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie; vier Personen werden bei dem Einsatz verletzt. Mehr als 2.000 Beweismittel werden sichergestellt. Insgesamt wird in dem Komplex allein in NRW gegen 84 Beschuldigte ermittelt, eine Person ist in Haft, acht in Untersuchungshaft. Am 4. August wird durch Presseberichte bekannt, dass die Staatsanwaltschaft (StA) Düsseldorf (NRW) Anklage wegen Besitz und Weitergabe von Bildmaterial über Kindesmissbrauch gegen den Ex-Fußballprofi Christoph Metzelder erhebt. Er soll knapp 300 Dateien auf seinem Handy gespeichert haben. Durch weitere Presseberichte wird am gleichen Tag bekannt, dass die StA Koblenz (Rheinland-Pfalz) gegen einen früheren Mitarbeiter des dortigen Kinderschutzbundes wegen der Verbreitung kinderpornografischen Materials ermittelt. Am 11. September verurteilt das Landgericht (LG) Mönchengladbach (NRW) zwei Männer wegen schwerem sexuellen Kindesmissbrauch sowie Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie zu Haftstrafen von dreizehn- und vierzehneinhalb Jahren.

Angriffe auf Polizist*innen: Als Polizist*innen in Düsseldorf (NRW) einen Mann, der sich weigert einen Mundschutz zu tragen, aus einem Bus führen wollen, greift dieser sie an. Die Beamtin wird dabei so stark verletzt, dass sie vom Dienst abtreten muss. Gegen den Täter wird ein Strafverfahren eingeleitet. In Nürnberg (Bayern) wird die Polizei am 7. September zu einem gewalttätigen Mietstreit gerufen. Bei ihrem Eintreffen werden die Beamten von einer Frau mit einem Messer angegriffen; sie wird überwältigt und in eine Psychiatrie gebracht. Bei einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt am 9. September in Berlin werden die Beamten vom Mann sofort massiv angegriffen und so verletzt, dass drei von ihnen vom Dienst abtreten müssen; auch der Täter wird verletzt ins Krankenhaus gebracht. Nach einer Kurden-Demonstration am 10. September in Schleswig-Holstein greifen in einem Zug etwa 80 Teilnehmer*innen ohne Fahrkarten zunächst das Zugpersonal und anschließend die alarmierten Polizist*innen an. Gegen sie werden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei einer Unfallaufnahme am 17. September in Berlin schüttet ein Mann einer Polizistin seinen heißen Kaffee ins Gesicht. In Kelsterbach (Hessen) kommt es am 18. September zu einem heftigen Streit zweier Familien. Als die Polizei einen der Beteiligten festnehmen will, wird sie von sechs Personen angegriffen um die Festnahme zu verhindern. Mehrere Personen verbarrikadieren sich, es kommt zu einem polizeilichen Großeinsatz. Ebenfalls werden am 20. September in Frankfurt/M. (Hessen) Polizisten massiv angegriffen, als sie eine Kneipenschließung durchsetzen wollen, Etwa 50 Personen bewerfen die Beamt*innen mit Steinen, Flaschen und Gläsern; ein Beamter wird von einer Flasche im Gesicht getroffen und muss im Krankenhaus behandelt werden. Drei Männer werden festgenommen. Wenige Stunden zuvor waren Polizeibeamte bereits bei einer Personenkontrolle von einer etwa 150-köpfigen Menge beschimpft und angegriffen worden. Als Polizist*innen am 25. September in einem Park in Berlin eine illegale Party auflösen wollen, werden sie mit Flaschen beworfen. Mehrere Jugendliche werden vorübergehend festgenommen. Bei einem schwerem Autounfall am 28. September in Fürth (Bayern) würgt ein Gaffer einen Polizisten, der ihn auffordert das Filmen einzustellen. Er wird kurzfristig festgenommen und Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Umweltdemonstrationen: Die Polizei Aachen (NRW) bestätigt, dass sieben Umweltdemonstrant*innen, die zuvor im Braunkohletagebaugebiet Garzweiler einen Kohlebagger besetzt hatten, im Polizeigewahrsam in einen Hungerstreik getreten sind. Der Verfassungsgerichtshof (VGH) in Kassel (Hessen) entscheidet am 11. September, dass ein Protestcamp gegen den Bau einer Autobahn und die Räumung einer Waldbesetzung durchgeführt werden darf und annulliert damit eine anderslautende Entscheidung des Verfassungsgericht (VG) Gießen (Az: 2 B 2254/20, 2 B 2255/20, 2B 2256/20). Am 16. September werden bei der Räumung von Barrikaden auf den Zufahrtswegen des bestzten Waldstücks zwei Personen festgenommen, die versuchen ein Kranfahrzeug zu besetzen. Das VG Gießen (Hessen) entscheidet am 23. September, dass das Verbot von Blockadeaktionen gegen den Ausbau einer Autobahn rechtmäßig ist (Az: 4 L 3142/20.GI). Nach einer Kontrolle der Infektionsschutzmaßnahmen durch das Ordnungsamt am 24. September erteilt die Stadt Aachen (NRW) einem Klimacamp die Genehmigung weiterhin bestehen zu bleiben. Am 25. September beschließt der VGH Hamburg, dass drei Klimademonstration in der Stadt unter Einhaltung der Corona-Auflagen stattfinden dürfen. (Az:14 E 4035/20) (VG HH 25-9-2020 FFF.pdf). Nach unterschiedlichen Angaben beteiligen sich am 26.September zwischen 1.000 und 3.000 Teilnehmer*innen an einer Demonstration gegen den Braunkohle-Tagebau in Garzweiler (NRW). Rund 200 Personen besetzen dabei kurzfristig Anlagen am Rande des Tagebaus und ein Kraftwerk. Die Polizei setzt Pfefferspray und Hunde ein. Am 29. September verurteilt ein Berliner Amtsgericht (AG) einen Klima-Aktivisten, der sich bei einer Sitzblockade angekettet hatte, wegen Widerstandes zu einer Geldstrafe von 1.350 EUR.

2. September: Polizei und Datenschutz: Durch eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag wird bekannt, dass die bayerische Polizei Corona-Gästelisten von Gaststätten, die eigentlich nur der Nachverfolgung von möglichen Infektionsketten dienen dürfen, auch zur Verfolgung von Kleinkriminalität genutzt hat. Auch in anderen Bundesländern wurde so verfahren.

Salafismus: Vor dem LG Frankfurt/M. (Hessen) beginnt der Prozess gegen einen radikalen Salafisten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Der Mann hatte versucht, einen Selbstmordanschlag auf ein Lokal in Frankfurt/M. zu verüben, der jedoch gescheitert war.

Demonstrationen gegen Corona-Auflagen: Mit rund 180 Teilnehmer*innen findet in Berlin erneut eine Anti-Corona-Demonstration statt; zu Zwischenfällen kommt es nicht. Durch Presseberichte wird am 6. September bekannt, dass eine Rechtsanwältin aus Dortmund (NRW) Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) wegen Rechtsbeugung angezeigt hat, weil er die Anti-Corona-Demonstration am 29. August verbieten wollte. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird ebenfalls am 6. September bekannt, dass nach Zählung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) seit Ende April mehr als 90 Anti-Corona-Demonstrationen von Rechtsextremisten dominiert wurden; der Schwerpunkt liegt dabei in Sachsen-Anhalt. Am 8. September versuchen in Gernsheim (Hessen) vier Anti-Corona-Aktivist*innen vor einem Gymnasium Flugblätter gegen das Tragen von Mund-Nasen-Schutz zu verteilen. Die Aktion wird von Schüler*innen und Lehrer*innen verhindert. Laut eines vorläufigen Berichtes des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Berlin vom 9. September hatten sich an der Demonstration Ende August, bei der die Reichstagstreppe gestürmt worden war, etwa 3.000 Rechtsextremisten und Reichsbürger beteiligt, von denen rund 500 den Sturm angeführt hätten. Am 10. September verbietet München (Bayern) eine für das Wochenende angekündigte Anti-Corona-Demonstration in der Innenstadt und genehmigt sie mit strengen Auflagen und beschränkter Teilnehmer*innen-Zahl lediglich in einem Außenbereich. Am gleichen Tag erklärt das VG Hannover (Niedersachsen) die, von der Polizei erlassenen Auflagen bei einer geplanten Anti-Corona-Demonstration für rechtens (Az: 10 B 4681/20). Der VGH München (Bayern) hebt das Verbot der Stadt München für die Anti-Corona-Demonstration am 12. September teilweise auf und gestattet sie von der Innenstadt bis zur Theresienwiese; die weiteren Auflagen behalten ihre Gültigkeit. Nach einigen 100 Metern stoppt die Polizei den Zug, da sich mehr als die genehmigten 500 Personen daran beteiligen und die Hygiene-Anordnungen nicht eingehalten werden. Die Versammlungsleitung bricht die Demonstration ab und fordert die Menschen auf, sich zur Abschlusskundgebung zu begeben, an der sich dann letztlich etwa 10.000 Menschen beteiligen. In Hannover beteiligen sich am 12. September rund 1.100 Personen an einer Anti-Corona-Demonstration. Etwa 20 Personen werden wegen Widerstand, Körperverletzung oder anderer Straftaten festgenommen, zudem stellt die Polizei rund 100 Anzeigen wegen Verstoß gegen die Maskenpflicht. An einer Gegendemonstration beteiligen sich mehrere 100 Menschen. An einer Anti-Corona-Demonstration in Wiesbaden (Hessen) am 12. September beteiligen sich 150 Menschen; zudem gibt es eine Mahnwache mit 50 Teilnehmer*innen. Am 19. September demonstrieren in Düsseldorf (NRW) etwa 5.000 bis 6.000 Menschen gegen die Corona-Beschränkungen; der Mindestabstand wird von den Teilnehmer*innen eingehalten, es kommt lediglich zu einzelnen kleineren Rangeleien. An einer Gegendemonstration beteiligen sich einige 100 Personen. In einem Park in Frankfurt/M. (Hessen) versammeln sich zeitgleich etwa 300 bis 350 Personen zu einer Anti-Corona-Kundgebung; an der Gegenkundgebung beteiligen sich rund zwei Dutzend Teilnehmer*innen.

3. September: Rechtsextremer Mordanschlag: Durch Presseberichte wird bekannt, dass das Oberlandesgericht (OLG) Hessen und der Generalbundesanwalt (GBA) eine Übersendung der Akten zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) an den Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages abgelehnt haben. Dadurch werde der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder gefährdet. Im Mordprozess vor dem OLG Frankfurt/M. (Hessen) erklärt der neue Verteidiger des Hauptangeklagten, der für den Tatablauf unterdessen drei verschiedene Versionen angegeben hat, der frühere Verteidiger habe sich Teile des zweiten Geständnisses selbst ausgedacht. Am 17. September sagt die ehemalige Partnerin – selbst früher in der Neonazi-Szene verhaftet – des Mörders aus, dieser sei immer schon ein Einzelgänger und Waffennarr gewesen. Am 22. September will das OLG den früheren Anwalt des Hauptangeklagten zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigen anhören. Dieser verweigert jedoch die Aussage und begründet dies mit einer möglichen Strafverfolgung. Am 30. September wird der bisher wegen Beihilfe Mitangeklagte am Mord an Walter Lübcke aus der Untersuchungshaft entlassen, da er nach Ansicht des OLG „nicht mehr verdächtig“ ist.

NSU 2.0“-Drohschreiben: Durch Presseberichte wird bekannt, dass eine türkisch-stämmige Rechtsanwältin in Hessen, die im NSU-Prozess tätig war, erneut mit „NSU 2.0“-Schreiben bedroht wurde, obwohl ihre neue Adresse nicht öffentlich zugänglich ist. Weiter wird bekannt, dass auch in Berlin und Hamburg Polizist*innen im Verdacht stehen, in einigen Fällen hinter solchen Drohschreiben zu stecken. Durch weitere Presseberichte wird am 6. September bekannt, dass bei den Untersuchungen der Drohmail-Affäre vier Polizist*innen in Hamburg und Berlin aufgefallen sind, die unberechtigte Computer-Abfragen durchgeführt haben. Die Indizienlage sei jedoch sehr dünn, alle vier Beamt*innen seien weiter im Dienst. Durch Presseberichte wird am 18. September bekannt, dass eine Datenabfrage von einem Berliner Polizeicomputer zum ZDF-Moderator Jan Böhmermann im Juli 2019 keinen Bezug zu „NSU 2.0“-Drohschreiben hat, sondern dienstlich begründet war. Durch weitere Presseberichte wird zudem bekannt, dass im „NSU 2.0“-Komplex, dem unterdessen 88 Drohschreiben zugeordnet werden, gegen 50 Beschuldigte ermittelt wird. Ebenfalls durch Presseberichte wird am 20. September bekannt, dass im August auch zwei Comedians Drohschreiben erhalten hatten.

Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: Gegen einen Kriminalbeamten, der bei der Anti-Corona-Demonstration in Berlin am 29. August als Redner aufgetreten war, wird dienstrechtlich ermittelt; zudem wurde er in den Innendienst versetzt. Dies erklärt das Polizeipräsidium Augsburg (Bayern). Ebenfalls dienstaufsichtliche Ermittlungen werden aus diesem Grund gegen einen Beamten des Präsidiums Nürnberg (Bayern) geführt. Auch er wurde in den Innendienst ohne Bürger*innenkontakt versetzt. Am 5. September gibt die Polizei in München (Bayern) bekannt, dass gegen einen ihrer Beamten ermittelt wird, der bei einem Einsatz wegen Ruhestörung einen Mann mit seinem Schlagstock verletzt hatte. In Göttingen (Niedersachsen) schlägt ein Polizeibeamter bei einem Einsatz wegen Ruhestörung einem 19-Jährigen vor laufender Kamera ins Gesicht; das Polizeipräsidium leitet ein Strafverfahren ein. Die StA Frankfurt/M. (Hessen) gibt am 18. September bekannt, dass sie gegen einen Polizeibeamten, der in seinem Urlaub ungenehmigt als Söldner für eine im Verdacht des Rechtsextremismus stehende Sicherheitsfirma im Irak gearbeitet hatte, wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Bereits seit Ende August ist der Mann vom Dienst suspendiert, zudem wurde zusätzlich ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Proteste nach Hausräumung: Nach der Räumung eines besetzten Hauses in Leipzig (Sachsen) kommt es am Abend bei einer unangemeldeten Protestdemonstration zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Rund 500 Personen errichten Barrikaden und zünden Müllcontainer an. 22 Personen werden festgenommen. Für den 4. Oktober wird zu einer erneuten Besetzung aufgerufen. Am Abend versammeln sich etwa 200 Personen erneut zu einer Spontandemonstration. Auch sie verläuft konflikthaft, wird von der Polizei jedoch rasch aufgelöst; gegen etwa 15 Personen werden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zum dritten Mal hintereinander findet auch am 5. September eine Demonstration mit etwa 500 Teilnehmer*innen statt, die diesmal jedoch angemeldet ist. Auch sie verläuft konflikthaft. Am 6. September stellt die Polizei auf ihrem offiziellen Twitter-Account den Tweet eines anderen Nutzers ein, wonach es sich bei den Demonstrant*innen um „linkes Pack“ handelt, löscht ihn jedoch rasch wieder und entschuldigt sich. Am 12. September demonstrieren in Berlin Personen „im unteren vierstelligen Bereich“ gegen eine Berliner Hausräumung, Sie löst sich am Abend friedlich auf. Ähnliche Kundgebungen finden auch in Leipzig (Sachsen) und Hamburg statt.

Repression gegen linken Aktivismus: Der GBA leitet ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung gegen eine „Revolutionäre Aktionszelle“ (RAZ) ein. Die Gruppe soll seit Ende 2019 mehr als 30 Drohbriefe an Politiker*innen verschickt haben, darunter Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD); zudem sollen sie diverse Brandsätze deponiert haben. Ebenfalls am 3. September erklärt der Hamburger LfV-Präsident in einem lokalen Pressemedium die Flüchtlingsinitiative Seebrücke zur „linksextremistisch beeinflussten Organisation“. Am 16. September durchsuchen Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) die Wohnungen von fünf mutmaßlichen Linksextremisten; ihnen wird die Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Zu Festnahmen kommt es nicht. Zudem werden Verbindungen zu den Ausschreitungen zum G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg untersucht.

Alternative für Deutschland (AfD): Das AG Harburg (Hamburg) verurteilt ein AfD-Mitglied zu Geldstrafe von 700 EUR. Der Mann hatte im September 2010 mehrfach per Notruf die Polizei alarmiert und behauptet, Mitglieder der Antifa hätten ihn in seiner Wohnung überfallen, Gegenstände in Brand gesetzt und Schüsse abgegeben. Sämtliche Vorfälle waren vorgetäuscht, die Schüsse hatte er selbst abgegeben. Am 28. September wirft die AfD im Landtag von Stuttgart (Baden-Württemberg) einen Abgeordneten aus ihrer Fraktion, nachdem dieser bei einer Anti-Corona-Demonstration in Mainz (Rheinland-Pfalz) am 26. September zum gewaltsamen Sturz der Regierung aufgerufen hatte. Durch weitere Presseberichte wird am 29. September bekannt, dass die AfD-Bundestagsfraktion ihrem Pressesprecher gekündigt hat, nachdem dieser im Februar in einer Bar Gewaltfantasien über Migranten verbreitet hatte. Die schleswig-holsteinische Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) teilt am selben Tag mit, dass das LfV den offiziell aufgelösten rechtsradikalen „Flügel“ der AfD als Beobachtungsobjekt eingestuft hat, da dessen Aktivitäten weiter bestehen würden.

4. September: Anklage gegen Polizeigewerkschafter: Durch Presseberichte wird bekannt, dass StA Kiel (Schleswig-Holstein) gegen den ehemaligen Vizevorsitzenden des dortigen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Anklage wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen in mindestens 10 Fällen erhebt.

Kurdische Arbeiterpartei PKK: Das VG Hannover (Niedersachsen) entscheidet, dass eine Auflage der Polizei, die es verbietet, bei einer PKK-Demonstration für den inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan dessen Fotos zu zeigen, rechtmäßig ist (Az: 10 B 459/20). Am 5. September beginnt vor dem OLG München (Bayern) der Prozess gegen einen mutmaßlichen Funktionär der kurdischen Arbeiterpartei PKK wegen mehrerer Straftaten gegen Polizeibeamte und das Schwenken der PKK-Fahne. Die PKK ist seit 1993 als Terrororganisation verboten.

5. September: Asyl: In Frankfurt/M. und vielen anderen Städten in Hessen findet ein Aktionstag für Geflüchtete und gegen Rassismus statt. In einer Großaktion stellen am 7. September verschiedene Organisationen 13.000 Stühle auf der Wiese vor dem Reichstag in Berlin auf, um auf die Geflüchteten im griechischen Lager Moria aufmerksam zu machen. Am 9. September demonstrieren in Berlin rund 10.000 Personen für eine Aufnahme der Menschen aus dem abgebrannten Lager Moria. In Köln (NRW) sind es etwa 3.000 Teilnehmer*innen, in Hamburg 2.500  und in Frankfurt/M. (Hessen) rund 300. Auf politischen Druck erklärt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach längerer Verweigerung am 11. September, 100 bis 150 minderjährige Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Am 12. September demonstrieren in Leipzig (Sachsen) rund 600 Menschen gegen die „Festung Europa“. Am 15. September gibt die Bundesregierung bekannt, dass sie noch einmal 1.553 Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen werde. Am 18. September lehnt der Bundesrat eine Initiative zweier Bundesländer ab, die notwendige Zustimmung des Bundesinnenministeriums zur Aufnahme von Flüchtlingen abzuschaffen. Erneut demonstrieren am 20. September mindestens 5.000 Menschen in Berlin für die Aufnahme von Flüchtlingen; in Frankfurt/M. (Hessen) demonstrieren rund 450 Menschen. Am 30. September landen auf dem Flughafen Hannover (Niedersachsen) 139 Flüchtlinge aus dem griechischen Lager Moria, darunter 51 unbegleitete Minderjährige.

6. September: Rechtsradikale Polizist*innen: Durch eine Presseumfrage wird bekannt, dass in den letzten fünf Jahren bei den Polizeien der Länder mindestens 170 Beamt*innen durch rechtsradikales und/oder rassistisches Gedankengut aufgefallen sind (Bayern: 30 / Schleswig-Holstein: 6 / NRW: 21 / Baden-Württemberg: 18 / Mecklenburg-Vorpommern: 18 / Hamburg: 5 / Brandenburg: 1 / Saarland: 1 / Bremen: 0 / übrige Bundesländer: keine Angaben). Durch Presseberichte wird am 7. September bekannt, dass ein Polizeibeamter des Polizeipräsidiums Hamm (NRW) seit Februar in Untersuchungshaft sitzt, weil er im Verdacht steht Unterstützer einer mutmaßlich rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe S“ zu sein. Das VG Potsdam (Brandenburg) hatte bereits Mitte August entschieden, dass ein Polizeischüler der wegen rechtswidriger Aussagen von der Polizeischule verwiesen worden war, weiter ausgebildet werden muss. Auch gegen zwei weitere Kollegen wird ermittelt. Am 15. September durchsucht die Polizei in NRW insgesamt 34 Dienststellen und Wohnungen von Polizist*innen unter dem Verdacht der Volksverhetzung und des Verwendens verbotener Kennzeichen. Sie waren an rechten Chatgruppen beteiligt. Dies gibt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am 16. September bekannt. 29 Polizist*innen werden suspendiert und müssen ihre Dienstwaffen abgeben; gegen sie wird strafrechtlich ermittelt, gegen 14 mit dem Ziel der Dienstentfernung. Zudem wird am 16. September eine weitere Beamtin suspendiert, bei ihr wurden bei den bei den Durchsuchungen dienstliche Munition, ein Gewehr und Drogen gefunden. Mit den rechtsradikalen Chats hat sie nichts zu tun, diese werden ihrem Freund zugeordnet. Durch Presseberichte wird am 18. September bekannt, dass einige der Beamt*innen eigenes Fehlverhalten eingeräumt und die Postings zugegeben haben. Am gleichen Tag teilt der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU) mit, dass zwei Polizisten wegen rechtsradikaler Umtriebe vom Dienst suspendiert wurden; gegen zwei weitere wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Insgesamt stehen damit 18 Polizeibedienstete im Verdacht des Rechtsradikalismus. Im Innenausschuss des Landtages erklärt NRW-Innenminister Reul (CDU) am 24. September, dass weitere 16 Hinweise zu rechtsradikalen oder rassistischen Äußerungen von Polizist*innen eingegangen sind. Aktuell sei die Zahl der verdächtigen Beamt*innen auf 31 gestiegen. Zugleich wird bekannt, dass seit 2017 insgesamt 100 Polizist*innen und vier Mitarbeiter*innen des Innenministeriums in den Verdacht rechten Verhaltens geraten sind; 71 entsprechende Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Am 25. September informiert das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg die Kollegen in Leipzig (Sachsen) über Erkenntnisse zu rechtsextremen und rassistischen Chatäußerungen eines Leipziger Polizisten. Der Mann wird am nächsten Tag vom Dienst suspendiert und Ermittlungen eingeleitet. In Bielefeld (NRW) durchsucht die Polizei am 30. September eines früheren Dienstgruppenleiters, der im Verdacht steht, in einer privaten Chatgruppe rechtsextremistische Symbole gepostet zu haben.

Polizeischüsse: In Berlin wollen Polizisten ein Fahrzeug kontrollieren, das mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist. Der Fahrer gibt daraufhin noch einmal Gas und fährt direkt auf einen Beamten zu. Dieser gibt daraufhin mehrere Schüsse auf das Fahrzeug ab. Der Fahrer kann dennoch flüchten, der Beamte bleibt unverletzt. In Großbeeren (Brandenburg) gibt am 3. September ein Polizeibeamter einen Warnschuss ab, um einen, in ein Maisfeld flüchtenden, Fahrzeugdieb zu stoppen. Am 20. September schießt ein Polizeibeamter in Taunusstein (Hessen) im Verlauf eines Einsatzes auf einen Mann und verletzt ihn schwer. Der Mann wird ins Krankenhaus gebracht, Lebensgefahr besteht nicht. Nähere Einzelheiten sind nicht bekannt. Am 22.September schießt ein Polizeibeamter in München (Bayern) auf eine psychisch kranke Frau, die ihn mit einem Messer bedroht und trifft sie in den Oberkörper. Sie wird in ein Krankenhaus gebracht. Bei der Festnahme eines Verdächtigen im Rahmen einer Drogenrazzia löst sich am 23. September aus der Waffe eines Polizisten ein unbeabsichtigter Schuss, verletzt wird niemand. Am 26. September eskaliert in Hanau (Hessen) ein Familienstreit soweit, dass einer der Beteiligten eine Schusswaffe einsetzt. Ein alarmiertes SEK kann den Mann überwältigen; auch dabei fällt ein Schuss. Verletzt wird niemand. Nähere Einzelheiten sind nicht bekannt. Am 29. September wird die Polizei in Lengfeld (Thüringen) zu einem Fall von häuslicher Gewalt gerufen. Da der Mann sich in der Wohnung verbarrikadiert hat, verschaffen sich die Beamten gewaltsam Zutritt und werden daraufhin mit einer Axt angegriffen. Ein hinzugezogenes SEK überwältigt und verletzt ihn mit Schüssen, der Mann wird in ein Krankenhaus gebracht.

7. September: Rechtsextremismus: Laut dem Verfassungsschutzbericht 2019 des LfV Brandenburg gibt es in dem Bundesland insgesamt 2.765 Rechtsextremisten (2018: 1.676). Am 9. September durchsucht die Polizei in Berlin drei Objekte eines Rechtsextremisten unter dem Verdacht des Subventionsbetruges bei Corona-Hilfen. Gegen den Mann wird zudem bereits in Zusammenhang mit einer Anschlagsserie ermittelt. In Seevetal (Niedersachsen) durchsucht die Polizei am 11. September die Wohnung eines Rechtsextremisten unter dem Verdacht des Verstoßes gegen das Waffen- und das Kriegswaffenkontrollgesetz. 250 Schusswaffen und mehrere 1000 Schuss Munition werden sichergestellt. Am 14. September verurteilt das AG Halle (Sachsen-Anhalt) einen bekannten Rechtsextremisten wegen Volksverhetzung, Verleumdung und anderer Straftaten zu 11 Monaten Haft, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In Hessen führt die Polizei am 16. September eine Razzia gegen bekannte Rechtsextremist*innen durch. Nach Behördenangaben wurden seit 2019 mehr als 220 Durchsuchungen durchgeführt, dabei insgesamt 196 Haftbefehle vollstreckt. Am 25. September bestätigt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig (Sachsen) das Verbot der rechtsextremistischen Gruppierung „Combat 18“ (Az: BVerwG 6 VR1.20). Aus Presseberichten geht am 26. September hervor, dass der Abschlussbericht einer Sonderkommission zur Aufklärung von 72 rechtsextremistischen Anschlägen im Berliner Bezirk Neukölln in den Jahren 2013 bis 2019 über Jahre unterbesetzt war. Als Grund wird der Weihnachtsmarktanschlag von 2016 genannt. Die Neuköllner Anschläge sind bislang immer noch nicht aufgeklärt. In Magdeburg (Sachsen-Anhalt) löst die Polizei am gleichen Tag eine Kampfsport-Veranstaltung der militanten rechtsextremistischen Szene auf. Am 27. September wird bekannt, dass sich ein Beamter des LKA Berlin im März 2018 mit einem der Tatverdächtigen in der rechtsextremistischen Anschlagserie offenbar privat in einer Kneipe getroffen hatte. Nach dem Bekanntwerden des Treffens im Frühjahr 2019 waren daraufhin Observationskräfte aus anderen Bundesländern angefordert worden. Im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses stellt die Polizei am 28. September den Abschlussbericht einer im Mai 2019 eingerichteten Sonderkommission zur Anschlagsserie im Stadtteil Neukölln vor: Die Polizei habe zwar drei namentlich bekannte Rechtsextremisten im Visier gehabt, ihnen aber nichts nachweisen können. Am 29. September klagt die StA Celle (Niedersachsen) einen jungen Rechtsextremisten wegen Volksverhetzung und Terrorvorbereitung an. Der Mann hatte im Mai im Internet Anschläge auf Muslime angedroht und sich dazu bereits Waffen beschafft. Im Bereich Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) durchsucht die Polizei am 30. September mehrere Objekte eines Rechtsextremisten. Der Mann steht im Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten.

Oktoberfestattentat 1980: Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion zum Oktoberfestattentat verweigert die Bundesregierung die Antwort auf wesentliche Fragen, weil diese „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ die Enttarnung von V-Leuten ermöglichen würde. Bei dem rechtsradikalen Attentat waren 13 Menschen getötet und über 200 verletzt worden.

Presseangriffe durch Polizei: Ein Kameramann, der im September 2019 bei Arbeiten in Treuenbrietzen (Brandenburg) von einem Polizisten angegriffen und schwer verletzt worden war, wurde im August vom Gericht freigesprochen. Der Polizist hatte ihn, unterstützt von Kollegen, als Angreifer angezeigt.

Angriffe auf Obdachlose: In Berlin sticht ein Mann mit einem Messer mehrfach auf einen schlafenden Obdachlosen ein bevor er flüchtet; er wird wenig später festgenommen. Der Schwerverletzte muss stationär in einem Krankenhaus aufgenommen werden. Am 17. September findet wiederum in Berlin eine Frau einen bewusstlosen Obdachlosen. Er war von einem Unbekannten niedergeschlagen und mit einem Messer verletzt worden. Der Mann wird ins Krankenhaus gebracht. In Berlin erfasst am 28. September eine betrunkene Autofahrerin bei der Einfahrt in eine Tiefgarage einen im Eingang liegenden Obdachlosen, schleift ihn mit und lässt ihn schwerverletzt liegen. Der Mann muss ins Krankenhaus gebracht werden.

8. September: Antisemitismus: Aus dem Bericht der „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ (RIAS) geht hervor, dass es in Berlin seit März zu 75 antisemitischen Vorfällen gekommen ist. Zudem kam es bundesweit bei mindestens 123 Anti-Corona-Demonstrationen zu antisemitischen Äußerungen, RIAS geht hier jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. Vor der israelischen Botschaft in Berlin ruft ein Mann am 7. September antisemitische und volksverhetzende Parolen. Er wird kurzfristig festgenommen und erhält einen Platzverweis. Durch Presseberichte wird am 8. September bekannt, dass bei einem Verbindungstreffen einer Burschenschaft in Heidelberg (Baden-Württemberg) Ende August ein jüdischer Besucher von acht Personen antisemitisch beleidigt und misshandelt wurde. Gegen die Täter*innen wird ermittelt.

Drogenfahndung: Das BKA teilt mit, dass in der Bundesrepublik 2019 insgesamt 31 illegale Drogenlabore ausgehoben wurden (2018; 19). Zudem wurden im vergangenen Jahr insgesamt 359.747 Drogendelikte registriert (2018: 350.662); davon 20.107 Fälle von Kokainmissbrauch (2018: 17.920). In Bremen durchsuchen am 16. September Polizei- und Zollbeamt*innen 20 Wohnungen von mutmaßlichen Drogenhändlern. Größere Drogenmengen, Waffen und ein fünfstelliger Bargeldbetrag werden beschlagnahmt und sechs Haftbefehle vollstreckt.

Rechtsradikalismus: In Berlin wird die Polizei zu einem Fall von Häuslicher Gewalt gerufen. Als die Beamt*innen den Mann aus der Wohnung bringen, beschimpft er sie als Nazis und zeigt den Hitlergruß. Bei einer Mahnwache für mehr Flüchtlingshilfen wird die Polizei in Limburg (Hessen) am 15. September auf einen Mann aufmerksam gemacht, der den Hitlergruß zeigt. Er wird festgenommen und ein Strafverfahren eingeleitet. Das Landratsamt Merseburg (Sachsen-Anhalt) bestätigt am 17. September, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Leiter des Ausländeramtes Saalekreis wegen dessen rechtsradikalen Verhaltens aufgehoben wurde. Am 18. September verbietet Bremen das öffentliche Zeigen von Reichsfahnen und Reichskriegsflaggen. In der Innenstadt von Wuppertal (NRW) grölt am 19. September eine 10-köpfige Gruppe Jugendlicher Naziparolen. Die Polizei stellt die Personalien fest und erteilt Platzverweise. Kurze Zeit später beschmiert die Gruppe Autos mit Hakenkreuzen und greift zwei Männer an. Drei Männer und eine Frau werden vorläufig festgenommen. Gegen sie wird wegen Volksverhetzung, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt.

9. September: Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU): Durch Presseberichte wird bekannt, dass der Unterstützer und Waffenlieferant des NSU Carsten S. Mitte Juni aus der Haft entlassen wurde und sich im Zeugenschutzprogramm befindet.

Rechtsradikalismus bei der Bundeswehr: Durch Presseberichte wird bekannt, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) aktuell 712 rechtsradikale/rechtsextremistische Verdachtsfälle bei der Bundeswehr prüft (August: 638). Am 14. September durchsuchen Polizeibeamt*innen in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) die Wohn- und Büroräume eines Bundeswehrsoldaten mit Kontakten in die rechtsextreme Szene unter dem Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Justizskandale: Nach einem Skandal um einen korrupten Oberstaatsanwalt (OStA) gibt die hessische Justizministerin in Wiesbaden (Hessen) bekannt, dass sie eine neue Stabsstelle in der Innenrevision geschaffen hat, die direkt dem Staatssekretär unterstellt ist. Durch Presseberichte wird am 18. September bekannt, dass der, der Korruption beschuldigte OStA ein Geständnis abgelegt hat und daraufhin aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.

11. September: Fall Oury Jalloh: Nach der Kenntnisnahme eines Untersuchungsberichtes zum Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau (Sachsen-Anhalt) im Januar 2005 stellt die Landesregierung fest, dass die Polizei in dem Fall rechtswidrig gehandelt hat. Die juristische Aufarbeitung wird damit für abgeschlossen erklärt und auf weitere Konsequenzen verzichtet. Jalloh war an Händen und Füßen gefesselt in der Zelle verbrannt.

12. September: Rockerkriminalität: Mit einem Motorradkorso demonstrieren in Berlin 1.600 Rocker der „Hells Angels“ und der „Bandidos“ gegen das seit 2017 geltende Verbot ihrer Vereinsabzeichen. Zu Zwischenfällen kommt es nicht. Im Rahmen einer größeren Razzien wegen Geldwäsche wird in Frankfurt/M. (Hessen) am 30. September ein Mitglied einer Rockergruppe festgenommen. Mit ihm beschuldigt werden noch zwei weitere Männer.

Reichsbürger“: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Gemeinde Brieselang (Brandenburg) im März eine „Reichsbürgerin“ als neue Bauleiterin eingestellt hat. Ihr Lebenspartner betreibt im benachbarten Rathenow mit einem „Bürger Meister Büro“, eine Anlaufstelle Reichsbürger und Rechtsextremisten. Am 14. September wird die Frau vom Dienst freigestellt und dann am 22. September entlassen.

14. September: Verfassungsschutz: Durch Forschungen eines Historikers wird bekannt, dass ein früherer SS-Hauptscharführer und Gestapo-Beamter mit der Gründung des LfV Baden-Württemberg 1951 zu einem Verfassungsschützer gemacht wurde, der für die politische Linke zuständig war. Durch Presseberichte unter Berufung auf das Bundesministerium des Innern (BMI) wird am 18. September bekannt, dass ein Leibwächter des BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang, der unter Rechtsextremismus-Verdacht stehenden Gruppierung „Uniter“ angehört. Laut einem Lagebericht des BfV, der am 27. September durch Presseberichte bekannt wird, verzeichnet das BfV mehr als 350 Verdachtsfälle von Rechtsextremismus in den deutschen Sicherheitsbehörden. Erfasst ist der Zeitraum von Januar 2017 bis Ende März 2020. Besonders betroffen ist Hessen.

Demonstrationsrecht: Das VG Gießen (Hessen) entscheidet, dass Blockadetrainings grundsätzlich als friedliche Versammlungen im Sinne des Grundgesetzes gelten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az: 4 L 3000/20.GI).

17. September: Terroranschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Der Untersuchungsausschuss des Bundestages verweist einen Zuhörer des Saales nachdem sich herausstellt, dass er nach dem Anschlag als Verbindungsbeamter der Bundespolizei (BPol) kurzzeitig in die Ermittlungen eingebunden war und somit als Zeuge in Frage kommen könnte. Durch Presseberichte wird am 18. September bekannt, dass Fotos, die den späteren Attentäters Anis Amri gemeinsam mit zwei bekannten Islamisten zeigen, beim LfV Berlin nach dem Anschlag im Dezember 2016 monatelang unentdeckt herumlagen.

18. September: Abschiebungen: In Hessen nimmt die Polizei einen 19-jährigen Guineer in Abschiebehaft, den sie zuvor aus seiner Schule geholt hatte.

Beschwerdestelle der Polizei: Die Polizei Hamburg richtet eine mit 18 Mitarbeiter*innen besetzte neue Beschwerdestelle ein. Sie ist direkt beim Polizeipräsidenten angesiedelt, aber nicht weisungsgebunden.

Rassistische Handlungen: In Berlin nimmt die Polizei einen Mann vorläufig fest, der vor einer Flüchtlingsunterkunft rassistisch herum pöbelt. Wegen des Fackelwurfs auf die Wohnwagen von Roma-Familien im Mai 2019 verurteilt das LG Ulm (Bayern) die Angeklagten zu Jugendstrafen am 23. September auf Bewährung und den Besuch einer KZ-Gedenkstätte. In Heidenau (Sachsen) wird am gleichen Tag eine junge afghanische Frau unvermittelt von drei Männern geschubst, geschlagen und beleidigt bevor sie ihr das Kopftuch abreißen. Die Frau wird leicht verletzt; die Täter können unerkannt flüchten. In einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin beleidigt am 26. September ein Mann einen anderen Mann und dessen Mutter rassistisch; stößt dem Mann einen Stuhl in den Rücken und schlägt ihn ins Gesicht. Der Täter wird von Sicherheitsleuten überwältigt und der Polizei übergeben.

22. September: Organisierte Kriminalität (OK): Gemeinsam mit Beamten der Steuerfahndung durchsuchen Polizist*innen insgesamt 18 Objekte eines arabischen Clans in Berlin und Brandenburg.

Europol: In einer weltweiten Aktion sind Polizeibehörden gegen Kriminalität im Darknet vorgegangen. In Deutschland wurden dabei 42 Personen festgenommen und größere Geldmengen und Drogen sichergestellt. Das teilt die Europäische Polizeibehörde Europol mit.

24. September: Militärischer Abschirmdienst (MAD): In Zusammenhang mit der Affäre um rechtsextreme Soldaten entlässt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer den Chef des MAD, Christof Gramm. Gramm war seit 2015 MAD-Chef.

Homophobe Handlungen: In Berlin wird ein Mann von fünf Unbekannten homophob beleidigt und mit einer Verkehrswarnbake geschlagen.

28. September: Dschihadist*innen-Prozesse: In Hamburg beginnt der Prozess gegen eine Frau, die in Syrien einige Jahre beim „Islamischen Staat“ (IS) gelebt hatte, bevor sie zurück nach Deutschland gekommen war.

Beitragsbild: Polizeikritisches Adbusting in Berlin (Indymedia).

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