Chronologie Dezember 2017

zusammengestellt von Otto Diederichs

Rechtsradikalismus: Ende September registrierte die Polizei bundesweit offene Haftbefehle gegen insgesamt 501 untergetauchte Rechtsextremisten (2016: 161). Dies geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. 42 dieser Neo-Nazis werden dabei von der Berliner Justiz gesucht, wie am 5. Dezember eine Anfrage der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus ergibt. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz (Rheinland-Pfalz) entscheidet am 6. Dezember, dass ein Verfahren gegen 26 Mitglieder des rechtsradikalen „Aktionsbüro Mittelrhein“ wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung wieder aufgerollt werden muss. Ein erster Prozess war im Mai des Jahres geplatzt. Durch Presseberichte wird am 8. Dezember bekannt, dass gegen mindestens einen Bundeswehrsoldaten der Kaserne Pfullendorf (Baden-Württemberg) wegen Volksverhetzung ermittelt wird. Hintergrund ist eine per E-Mail versandte Fotomontage auf der Flüchtlinge vor dem KZ Auschwitz stehen, das den Schriftzug trägt: „Hier ist für jeden von euch Platz“. Seit Anfang 2016 wurden von der Polizei insgesamt 20 rechte Tötungsdelikte registriert. Dies geht am 14. Dezember aus einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Der wegen der Zündung eines hochexplosiven „Polenböllers“ auf einem Hamburger S-Bahnhof am 17. Dezember festgenommene Mann hat eine rechtsextremistische Vita und ist bereits wegen der Tötung eines Mannes, der Hitler als Verbrecher bezeichnet hatte, vorbestraft. Gegen ihn wird am 19. Dezember Haftbefehl erlassen. Durch Presseberichte wird am 21. Dezember bekannt, dass an der KZ-Gedenkstätte und in der Innenstadt von Dachau (Bayern) rassistische Plakate und Flugblätter einer bis dato unbekannten Gruppe „Patriotische Christen Deutschlands“ verteilt wurden. Laut Presseberichten vom 30. Dezember wurden in Berlin 2016 insgesamt 68 Personen wegen Volksverhetzung verurteilt (2015: 41; 2014: 12).

Vorgetäuschtes Bombenattentat: Am Weihnachtsmarkt in Potsdam (Brandenburg) wird ein verdächtiges Paket entdeckt und die Polizei alarmiert. Es enthält u.a. Hunderte von Nägeln und einen so genannten Polenböller jedoch keinen Zünder. Am 3. Dezember entpuppt sich der mutmaßliche Anschlagsversuch als Erpressung des Paketdienstes DHL.

Abschiebungen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Bundesrepublik einen bereits abgeschobenen Afghanen wieder zurückholen muss. Grund sind Fehler im Asylverfahren. Mehr als 20 Afghanen werden am 6. Dezember abgeschoben, darunter auch ein junger Mann aus seiner Ausbildung zum Ernährungs- und Versorgungsassistenten. Rund 560 Personen protestieren gegen die Abschiebung. Im ersten Vierteljahr scheiterten bundesweit 222 Abschiebungen an der Weigerung der Piloten. Dies geht am 7. Dezember aus einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Unter Berufung auf das Bundesinnenministerium (BMI) wird am 21. Dezember bekannt, dass in diesem Jahr knapp 22.200 Personen in ihre Heimatländer abgeschoben wurden (2016: ca. 25.400).

Rassistische Handlungen: In Bergkamen (NRW) wird ein Brandanschlag auf eine Unterkunft rumänischer und moldawischer Bauarbeiter verübt. 31 von ihnen werden verletzt, sieben lebensgefährlich. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion wird am 2. Dezember bekannt, dass es bis Ende September bundesweit zu insgesamt 1.067 Angriffe auf Flüchtlinge gekommen ist (2016: über 2.500). Am 7.Dezember greift in Arnstadt (Thüringen) eine Gruppe von acht bis zehn Männern auf den Weihnachtsmarkt einen Standbetreiber und dessen syrischen Angestellten an. In einem Berliner Spätkauf pöbeln am 8. Dezember zwei Männer über die Getränkepreise. Als der Inhaber sie des Ladens verweist, beschimpfen sie ihn rassistisch und bespucken und schlagen seine Kollegin. Sie werden festgenommen. In einem Berliner Bus verweigert am 22. Dezember eine Frau einem dunkelhäutigen Mann den freien Sitzplatz neben sich. Der Busfahrer verweist sie des Busses. Wiederum in Berlin bepöbelt am 23. Dezember ein betrunkener Mann eine deutsch-türkische Familie rassistisch. Er wird kurzfristig festgenommen. Am 27. Dezember beleidigt und schubst in Berlin erneut ein Betrunkener eine syrische Frau mit ihren Söhnen.

2. Dezember: Alternative für Deutschland (AfD): In Hannover (Niedersachsen) blockieren mehrere hundert DemonstrantInnen die Zufahrtswege zum Bundesparteitag der rechtspopulistischen AfD; es kommt zu Wasserwerfereinsätzen. Insgesamt protestieren an diesem Tag etwa 6.500 Menschen. Bei einer Diskussionsveranstaltung „Wie gehen wir mit der AfD um?“ in Berlin kommt es am 11. Dezember zunächst zu Provokationen durch einen AfD-Anhänger und anschließend zu einem Tumult. Am 13. Dezember hebt der Bundestag auf Antrag der Staatsanwaltschaft (StA) die Immunität von zwei AfD-Abgeordneten auf. Der Grund der Ermittlungen bleibt unklar. Am 16. Dezember wird durch Presseberichte bekannt, dass ein möglicher Mittäter des unter Terrorverdacht angeklagten, rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A., bei seinem Vorgesetzten einen Antrag auf eine Nebentätigkeit bei der AfD-Bundestagsfraktion gestellt hat. Der Mann war im Sommer aus der Untersuchungshaft entlassen; es wird jedoch weiter gegen ihn ermittelt.

3. Dezember: Angriffe auf Polizisten: Die StA München (Bayern) gibt bekannt, dass gegen den Mann, der im Juni eine Polizistin in den Kopf geschossen hatte, vermutlich keine Anklage erhoben werde, da er als geistig verwirrt und somit zur Tatzeit als schuldunfähig gelte. Die verletzte Beamtin liegt in einer Spezialklinik, ihr Zustand ist unverändert. Auf dem Bahnhof Jüterbog (Brandenburg) wollen Polizeibeamte am 8. Dezember die Identität von zwei Schwarzfahrern feststellen; daraufhin schlägt ein junger Mann nach den Beamten und seine Begleiterin bespritzt sie mit Muttermilch. In Berlin wird ein Mann von einem anderen geschlagen und ruft die Polizei. Als die Beamten die Personalien des Angreifers aufnehmen wollen, werden sie von ihm und seinen Begleitern ebenfalls angegriffen. Ein Beamter muss im Krankenhaus behandelt werden, zwei weitere werden leicht verletzt. Ebenfalls in Berlin nehmen am 10. Dezember Polizisten in einer Straßenbahn einen mutmaßlichen Drogendealer fest. Beim Aussteigen werden sie von etwa 30 Personen bedrängt und angegriffen. Es muss Verstärkung angefordert werden; drei Beamte werden leicht verletzt. Erneut greifen in Berlin am 17. Dezember drei Männer nach ihrer Festnahme die Beamten an, dabei tritt einer von ihnen einem Polizisten ins Gesicht. Bei einer Verkehrskontrolle in Nördlingen (Bayern) am 21. Dezember gibt eine Frau plötzlich Gas und schleift einen Polizisten mehrere Meter weit mit und verletzt ihn dabei schwer. Sie wird später festgenommen. In Mönchengladbach (NRW) werden am 27.Dezember zwei zu einer Streitschlichtung eintreffende Polizisten von den Streitenden mit Tritten, Schlägen und Pfefferspray angegriffen. Durch weitere Einsatzkräfte können vier Personen festgenommen werden. Als Polizeibeamte in Berlin am 26. Dezember den Wagen eines mutmaßlichen Betrügers stoppen wollen, fährt die Beamten an. Am 30. Dezember wird in Berlin ein Polizist mit Silvesterböllern beschossen, er bleibt unverletzt. Der Mann wird festgenommen. In mehreren Städten werden in der Silvesternacht PolizeibeamtInnen und Feuerwehrleute teilweise massiv angegriffen.

Leichenschau: Bei einer dreijährigen Studie zur Leichenschau entdeckte das Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) bei der Überprüfung von Totenscheinen lediglich 223 ohne Fehler. In 44 Fällen spürten sie dabei sogar unentdeckte Morde auf. Dies wird durch Presseberichte bekannt.

4. Dezember: Asyl: Durch Presseberichte wird bekannt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im ersten Halbjahr knapp 220.000 Asylentscheidungen gefällt hat. Fast jedeR zweite AsylbewerberIn hat anschließend gegen die Ablehnung geklagt; mehr als jedeR vierte erfolgreich. Von Mai bis September kam es nach Zählung des BAMF zu 679 Fällen von Kirchen-Asyl (gleicher Zeitraum 2016: 389). Laut Presseberichten vom 31. Dezember liegt die Zahl der Asylklagen 2017 bei rund 320.000 (2016: ca. 70.000.

Rockerkriminalität: Einem beisitzenden Richter in einem Rockerprozess, in dem es um einen Mord geht, werden die Aktentasche und der Laptop mit einem Großteil der Akten aus dem Auto gestohlen. Unter Berufung auf Abhör- und Observationsprotokolle deutscher Sicherheitsbehörden, berichten Medien am 12. Dezember über mehrfache Geldübergaben eines türkischen Abgeordneten an die Rockergruppe „Osmanen Germania“. Durch weitere Presseberichte wird am 13. Dezember bekannt, dass die StA Stuttgart (Baden-Württemberg) gegen acht „Osmanen“-Mitglieder Anklage wegen versuchtem Totschlag, gefährlicher Körperverletzung und Zuhälterei erhoben hat.

Fußball-Hooligans: Vor dem Champions-League-Spiel FC des Bayern gegen Paris Saint-Germain gehen am Hauptbahnhof München (Bayern) 60 Anhänger der beiden Clubs aufeinander los. Die Polizei überprüft die Personalien und nimmt drei Bayern-Fans vorübergehend fest. In Bremen werden vor einer Bundesligapartie zwischen Werder Bremen und Mainz 05 Hooligan-Gruppen beider Vereine vor einer verabredeten Schlägerei von der Polizei aufgebracht und in Gewahrsam genommen; nach dem Spiel randalieren etwa 80 Bremer Ultras in einer Kneipe. In München (Bayern) greifen am 24. Dezember etwa 30-40 Fans des FC Bayern in einer Bar eine rivalisierende Gruppe an; es kommt zu mehreren Verletzten und massiven Sachschäden. 12 Hooligans können festgenommen werden.

5. Dezember: G20-Gipfel: Ein Hamburger Amtsgericht (AG) verurteilt einen Mann wegen Beteiligung an den Ausschreitungen vom Juli zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Es ist das bislang härteste Urteil, allerdings noch nicht rechtskräftig. Am gleichen Tag durchsucht die Polizei in einer großangelegten Razzia in acht Bundesländern mehr als 20 linke Objekte. Um weitere Beweise für die Ausschreitungen beim G20-Gipfel zu finden, werden Datenträger und Kommunikationsmittel sichergestellt. Presseberichten zufolge wussten AktivistInnen jedoch bereits seit dem Vortag von dem bevorstehenden Einsatz und verschickten SMS-Warnungen. Nach dem G20-Gipfel laufen derzeit über 3.000 Ermittlungsverfahren. Dies erklärt Hamburgs Polizeipräsident am 8. Dezember in einem Presseinterview. Für die Ausschreitungen macht er einen „internationalen Mob“ verantwortlich, das autonome Zentrum Rote Flora habe eher keine aktive Rolle gespielt. Insgesamt wirft die Hamburger StA 75 TeilnehmerInnen der G20-Demonstration schweren Landfriedensbruch vor. Dies geht am 15. Dezember aus Presseberichten hervor. In einer großangelegten Öffentlichkeitsfahndung veröffentlicht die Hamburger Polizei am 18. Dezember 104 Fotos von gesuchten G20-AktivistInnen. Noch am gleichen Tag meldet sich einer der Gesuchten und gibt an, an Plünderungen beteiligt gewesen zu sein. Im Gegenzug zeigen Linksradikale auf der Internet-Plattform de.indymedia.org die Fotos von 54 PolizistInnen. Durch Presseberichte wird am 19. Dezember bekannt, dass Polizeibeamte in mindestens einem Fall vor einem G20-Prozess die Aussageprotokolle von Kollegen einsehen konnten. Am 20. Dezember teilt die Hamburger Polizei mit, dass durch die Öffentlichkeitsfahndung bereits sechs Personen identifiziert werden konnten. Zur Sitzung des Hamburger Sonderausschusses zu den G20-Ausschreitungen am 21. Dezember erscheinen die als Zeugen geladenen Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Bundespolizei (BPol) nicht, sondern sagen  kurzfristig ab.

Drohbrief, den Berliner AktivistInnen erhielten und im Internet veröffentlichten.

Durch ein Posting auf de.indymedia.org und anschließende Presseberichte wird am 30. Dezember bekannt, dass in linken Berliner Szene-Treffpunkten anonyme Briefe eingegangen sind, in denen gedroht wird, 42 angebliche AktivistInnen der autonomen Szene an die Polizei oder rechtsradikale Gruppen zu melden.

Fall Oury Jalloh: Der Landtag Sachsen-Anhalt erhält Einsicht in die Ermittlungsakten zum Fall des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh. Dies teilt Landesjustizministerin Keding (CDU) mit. Durch Presseberichte wird am 7. Dezember bekannt, dass der ermittelnde Staatsanwalt in einem Vermerk vom April des Jahres den Feuertod Jallohs mit drei anderen, älteren mysteriösen Todesfällen in der Zuständigkeit des Dessauer Reviers nicht mehr ausschließt. Der ermittelnde Oberstaatsanwalt hält es demnach für möglich, dass Jalloh schwer misshandelt wurde und „das Versterben eines weiteren Häftlings neuerliche Untersuchungen auslösen würde“.

Missstände an Berliner Polizeischulen: In Berlin zieht des Nachts eine Gruppe von Polizeischülern randalierend durch den Stadtteil Haselhorst. Am 7. Dezember wird bekannt, dass die Einstellungsverfahren bei der Polizei laut einem internen Bericht überarbeitet werden sollen.

Reichsbürger“: In Wusterhausen (Brandenburg) nimmt die Polizei einen „Reichsbürger“ fest, der eine Zahlung von 18.000 EUR wegen Volksverhetzung verweigert hatte. Er muss nun eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen absitzen. Am 6. Dezember schießt in Dietmannsried (Bayern) ein „Reichsbürger“ mehrfach um sich. Daraufhin umstellt die Polizei sein Haus und nimmt ihn am nächsten Morgen fest. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 23. Dezember gibt es in Bayern aktuell mehr als 3.500 „Reichsbürger“; weitere 1.200 Verdachtsfälle würden noch geprüft (2016: 1.700).

Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida): Durch Presseberichte wird bekannt, dass die StA Chemnitz (Sachsen) die Ermittlungen gegen einen Mann wegen Volksverhetzung eingestellt hat. Der Mann verkauft kleine Nachbildungen eines Pegida-Galgens für Bundeskanzlerin Angela „Mutti“ Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Sigmar „Das Pack“ Gabriel (SPD). Bei den Galgen handele es sich um Kunst, so die StA (Az: 250 Js 28707/17).

„Gaffer“: Nach einem Hochhausbrand in Saarbrücken (Saarland) mit vier Toten und über 20 Verletzten ermittelt die Polizei gegen drei sogenannte Gaffer. Nach einem schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) mit sechs Verletzten behindern Personen am 6. Dezember die Rettungsarbeiten, so dass zusätzliche Sicherheitskräfte eingesetzt werden müssen. Das AG in Günzburg (Bayern) verurteilt am 12. Dezember eine Person, die im September nach einem Autobahnunfall einen sterbenden Motorradfahrer gefilmt hatte, zu einer Geldstrafe von 2.700 EUR und einmonatigem Fahrverbot. In Gelsenkirchen (NRW) behindern nach einem schweren Verkehrsunfall am 16. Dezember vier Männer die Rettungsarbeiten derart, dass die Polizei schließlich einen Mann vorläufig festnimmt. In Stadtbergen (Bayern) verursacht eine Person am Rande eines Feuerwehreinsatzes einen Verkehrsunfall. Am 30. Dezember behindern Personen in Oberursel (Hessen) nach einem Verkehrsunfall einen Rettungseinsatz so massiv, dass die Polizei einschreiten muss.

6. Dezember: Spionageermittlungen: Die Bundesanwaltschaft (BAW) stellt ihre Ermittlungen gegen 19 Geistliche des Dachverbandes der türkischen Moscheegemeinden (Ditib) aus Mangel an Beweisen ein. Sie standen unter dem Verdacht, im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen ausgespäht zu haben.

Gewalt gegen Obdachlose: Die Polizei in Bochum (NRW) löst eine Öffentlichkeitsfahndung nach einem Mann aus, der im November einen Obdachlosen brutal zusammengeschlagen und anschließend unter Paletten mit Steinen und Splittsäcken versteckt hatte. Nach Stunden wurde der Mann entdeckt und kam schwerverletzt ins Krankenhaus.

7. Dezember: Bundesnachrichtendienst: In einem geheimen Bericht kommt das im Frühjahr neu geschaffene „Unabhängige Gremium“ zur Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu dem Ergebnis, es könne seine Aufgabe nur eingeschränkt ausüben, da der BND Einsicht in wichtige Unterlagen verweigert. Am 14. Dezember erklärt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Speicherung und Auswertung von Telefon-Verkehrsdaten durch den BND für rechtswidrig. Soweit sich die Klage auf Email- und Internet-Verkehrsdaten bezog, wurde sie abgewiesen. Geklagt hatten Mitglieder der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ und ein Rechtsanwalt; das Urteil bezieht sich sich nur auf die klagenden Personen (Az: 6 A 6.16).

Fremdenfeindliche Angriffe: In Jena (Thüringen) greift ein Mann einen syrisches Kind auf dem Schulweg mit einem Messer an und verletzt es am Hals.

8. Dezember: Terroranschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Berliner Polizei im Oktober 2016 eine Nachfrage des Landeskriminalamtes (LKA) NRW nach Informationen zum späteren Attentäter Anis Amri unbeantwortet gelassen hatte. In NRW war zuvor eine Warnung des marokkanischen Geheimdienstes eingegangen. Unter Berufung auf Ermittlungsakten der BAW und des BKA heißt es am 15. Dezember, dass Amri vor seinem Anschlag am Breitscheidplatz auch andere Weihnachtsmärkte auskundschaftete. Auch berichten Medien, dass Amri spätestens seit November 2015 von mehreren Sicherheitsbehörden überwacht wurde und das BfV eine eigene Sachbearbeiterin für ihn eingesetzt hatte. Am 18. Dezember bestreitet das BfV diese Meldung. Zum Jahrestag des Anschlags am 19. Dezember wird am Berliner Breitscheidplatz ein Mahnmal eingeweiht.

Love-Parade-Katastrophe: In einer eigens für den Prozess angemieteten Düsseldorfer Kongresshalle eröffnet das Landgericht (LG) Duisburg (NRW) die Verhandlung gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und vier der Veranstalter wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung. Bei der Love-Parade in Duisburg 2010 waren bei einer Massenpanik 21 Menschen zu Tode gekommen und mindestens 652 verletzt worden. Am 13. Dezember weitet das LG die Körperverletzungsvorwürfe von ursprünglich 18 auf bis zu 50 Fälle aus, zudem weist es Befangenheitsanträge gegen zwei Ersatzschöffen ab. Am 20. Dezember beantragen einige Verteidiger den Prozess einzustellen, da die Anklage zu ungenau sei.

Palästinenser-Demonstration: Vor der US-Botschaft in Berlin demonstrieren etwa 1.200 PalästinenserInnen gegen die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen. Es kommt zu vereinzelten Störungen; mehrere Personen werden vorläufig festgenommen.

Ermittlungen gegen Polizeibeamte: Die Berliner StA hat in der Affäre um marode Schießstände ein Ermittlungsverfahren gegen Polizeipräsident Klaus Kandt wegen Körperverletzung im Amt und Verstoß gegen die Chemikalienverordnung eingeleitet hat. Durch Presseberichte wird am 29. Dezember bekannt, dass es in den vergangenen 10 Jahren bundesweit rund 4.000 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten und Zollbeamte gab. Hauptgründe sind dabei Körperverletzung, Rechtsextremismus und Drogenmissbrauch.

Tod bei Festnahme: In Burgwald (Hessen) wird die Polizei zu einem Bauarbeiterstreit gerufen. Als einer der Männer festgenommen werden soll, leistet er massiven Widerstand und stirbt plötzlich aus „bisher noch ungeklärten Gründen“.

9. Dezember: Dschihadismus: Mit Stand von November sitzen in Berliner Gefängnissen 23 als Gefährder eingestufte Islamisten ein (2016: 11). Dies geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Berliner Linksfraktion hervor. Aus den nahöstlichen Kampfgebieten sind bisher rund 50 deutsche Islamistinnen zurückgekehrt. So steht es in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Am 18. Dezember wird bekannt, dass BKA und Länderpolizeien potentielle islamistische Gefährder mit einem neuen Analyse-System überprüfen. Nach Angaben des Präsidenten des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes vom 26. Dezember hat sein Landesamt „ein so genanntes Schwestern-Netzwerk mit 40 Frauen“ als mögliche Gefährder „im Blick“. Hierzu gehöre auch die Frau des Chefs der 2007 enttarnten „Sauerland-Gruppe“.

Polizeischuss: Als Polizeibeamte in Berlin nach einem Supermarktüberfall den Fluchtwagen auf einem Parkplatz entdecken, versuchen die Täter die Polizisten zu überfahren. Daraufhin gibt ein Beamter einen Schuss auf die Reifen ab; die Täter können entkommen.

11. Dezember: Salafismus: Nach Erkenntnissen des BfV ist die Zahl der Salafisten in Deutschland auf 10.800 gestiegen (2016: 9.700).

Polizeischüsse: In Bornheim-Roisdorf (NRW) wird die Polizei alarmiert, weil ein Mann versucht Sperrmüll anzuzünden. Als die Beamten ihn überprüfen wollen, greift er einen von ihnen mit einer Axt an. Der Beamte gibt daraufhin mehrere Schüsse auf seine Beine ab. Am Rande eines Weihnachtsmarktes in Hannover (Niedersachsen) löst sich ein Schuss aus einer polizeilichen Maschinenpistole; am 13. Dezember kommt es zu einem ähnlichen Zwischenfall auf einem Polizeigelände. Verletzt wird in beiden Fällen niemand; die Waffen werden eingezogen. In Heiligenhafen (Schleswig-Holstein) wird die Polizei zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt gerufen. Dabei werden sie von dem Mann mit einem Säbel und einem Luftgewehr bedroht, aus dem er auch einzelne Schüsse abgibt. Als er nach einem polizeilichen Warnschuss die Waffen nicht niederlegt, schießen die Beamten auf seine Beine ohne ihn jedoch zu treffen. Schließlich kann der Mann festgenommen werden.

Prozesse gegen mutmaßliche Dschihadisten: Die BAW erhebt Anklage gegen zwei im Mai festgenommene Männer. Sie wirft ihnen vor, ab 2012 hochrangige Mitglieder der syrischen Al-Nusra-Front und später des „Islamischen Staat“ (IS) gewesen zu sein.

12. Dezember: Rechtsextremistische Terrorgruppe NSU: Im Münchner NSU-Prozess erklärt eine Opferanwältin in ihrem Plädoyer, sie sehe keine Grundlage für eine Verurteilung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord. Zudem kritisiert sie andere Opferanwälte zum Teil scharf. Durch Presseberichte wird am 18. Dezember bekannt, dass ihre Mandantin daraufhin beim Gericht die Entpflichtung ihrer Anwältin beantragt hat.

Bundeswehrsoldat unter Terrorverdacht: Die BAW erhebt vor dem OLG Frankfurt/M. (Hessen) Anklage gegen den rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. wegen Vorbereitung eines Terroraktes. Erst Ende November war der Haftbefehl gegen A. vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben worden.

14. Dezember: Festnahmen von mutmaßlichen Dschihadisten: In Berlin durchsucht die Polizei mehrere Objekte von mutmaßlichen Gefährdern und nimmt mehrere Personen fest. Sie sollen aus dem Umfeld des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri stammen. Ein Berliner Kammergericht (KG) hebt am 18. Dezember die Haftbefehle von drei mutmaßlichen Islamisten wegen zu langer Untersuchungshaft auf. In Karlsruhe (Baden-Württemberg) lässt die BAW am 20. Dezember einen Mann unter dem Verdacht festnehmen, Kontakte zum IS und einen Anschlag in der Nähe des Karlsruher Christkindlesmarkt geplant zu haben. Am 21. Dezember wird er in Untersuchungshaft genommen.

Scharia-Polizei“: Vor dem BGH beginnt der Revisionsprozess gegen sieben Angeklagte, die im September 2014 in orangefarbenen Warnwesten als selbsternannte Sittenwächter durch die Innenstadt von Wuppertal (NRW) patroullierten um junge Muslime vom Besuch von Gaststätten und Discotheken abzuhalten.

15. Dezember: Automatische Gesichtserkennung: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verlängert das im August gestartete Gesichtserkennungsprogramm an einem Berliner S-Bahnhof um weitere sechs Monate. Ursprünglich hatte es Ende Januar 2018 enden sollen.

16. Dezember: „Identitäre Bewegung“: In Halle (Sachsen-Anhalt) beginnt die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ damit, ein Haus als „strategisches Zentrum“ aufzubauen. Am Jahrestag des Berliner Weihnachtsmarktanschlages stellen AktivistInnen der „Identitären Bewegung“ am 19. Dezember vor dem Brandenburger Tor „Gedenksteine“ für die „Opfer des islamistischen Terrors“ auf. Die Polizei entfernt die Steine und prüft einen Verstoß gegen das Versammlungsrecht.

17. Dezember: Rechte und fremdenfeindliche Angriffe auf Flüchtlingsheime: Vor einem Asylbewerberheim in Rangsdorf (Brandenburg) äußert sich ein Betrunkener rassistisch und schießt mit einer Schreckschusswaffe in Richtung des Wachschutzes. Er wird festgenommen. Unter Berufung auf das BKA kam es laut Presseberichten in diesem Jahr bundesweit zu insgesamt 264 Angriffen auf Flüchtlingsheime (2016: 995 / 2015: 1.031 / 2014: 199).

19. Dezember: Kinderpornografie: Bundesweit ermitteln Polizei und StA in Lörrach (Baden-Württemberg) in einer großangelegten Aktion gegen über 60 Verdächtige im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Auf die Spur gekommen waren sie ihnen bei der Hausdurchsuchung eines Hauptverdächtigen im Landkreis Lörrach.

Antisemitische Beleidigungen: Vor seinem Restaurant in Berlin wird der israelische Besitzer von einem Mann antisemitisch angepöbelt. Eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife nimmt den Mann fest. Gegen ihn werden Ermittlungen wegen Volksverhetzung und Widerstand gegen Polizeibeamte eingeleitet. Ein Berliner AG verurteilt am 20. Dezember einen Musiker einer rechtsgerichteten HipHop-Band wegen Volksverhetzung zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Die Band hatte in einem Song gegen Juden und AusländerInnen gehetzt. Von Januar bis Mitte Dezember kam es nach Polizeiangaben in Berlin zu 228 antisemitischen Vorfällen (2016: 231).

20. Dezember: Polizistinnen getötet: Bei der Aufnahme eines Wildunfalls wird bei Groß-Gerau (Hessen) eine Polizistin angefahren und getötet. Auf der Autobahn bei Viersen (NRW) fährt am 27. Dezember ein LKW in einen, auf dem Seitenstreifen stehenden Polizeiwagen. Eine Beamtin stirbt noch am Unfallort, eine weitere gerät in Lebensgefahr.

21. Dezember: Anschlag auf Fußballmannschaft: Vor dem LG Dortmund (NRW) beginnt der Prozess gegen einen Mann, der im April drei Bomben neben dem Mannschaftsbus des Fußballvereins Borussia Dortmund gezündet haben soll. Ihm wird 28-facher Mordversuch und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen.

22. Dezember: Rechtsradikale und fremdenfeindliche Angriffe auf Flüchtlinge: Laut Presseberichten unter Berufung auf das BKA kam es in diesem Jahr bundesweit zu insgesamt 743 Angriffen auf Flüchtlinge.

Homophobe Angriffe: In Berlin werden zwei Männer von einer sechsköpfigen Gruppe homophob beleidigt, angegriffen und leicht verletzt. Die Täter können unerkannt entkommen.

23. Dezember: Ermittlungen gegen mutmaßliche Dschihadisten: In diesem Jahr wurden etwa 1.000 Verfahren wegen Terrorismusverdacht mit islamistischem Hintergrund eingeleitet (2016: ca. 200). Dies gibt die BAW bekannt.

27. Dezember: Stasi-Akteneinsicht: Bei der Stasi-Unterlagenbehörde wurden bisher mehr als 3,2 Millionen Anträge auf Akteneinsicht gestellt.

Beitragsbild: Bericht der BILD-Zeitung zur G20-Fotofahndung vom 19. Dezember 2017.

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