Irgendwann zu Beginn der 70er Jahre muß Frau Gabriele Weber erstmals in den Blick der deutschen Sicherheitsbehörden geraten sein: Die damals Jugendliche war Mitglied der ‚Roten Hilfe Bonn‘, einer jener undogmatischen Gruppen dieser Zeit, die sich der Gefangenenbetreuung widmeten. Den sog. ‚Knastgruppen‘ schenkten Verfassungsschutz und Polizeilicher Staatsschutz ein besonderes Augenmerk, da man sie pauschal der Unterstützung des Terrorismus verdächtigte. Genau bekannt ist es trotz aller Bemühungen zwar auch heute noch nicht, aber sehr wahrscheinlich war dies der Grund. Wenn nicht, beginnt die Geschichte mit Sicherheit am 18. Oktober 1974.
An diesem Tag wurde Jürgen Bodeux, später Kronzeuge im sog. ‚Schmücker-Prozeß‘, aus der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Moabit zur Vernehmung gebracht. In diesem bisher längsten Strafprozeß in der Geschichte der Bundesrepublik, welcher von Justizskandalen nur so wimmelte, ging es um die Verwicklungen der Sicherheitsbehörden in den Feme-Mord an dem V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes Ulrich Schmücker. (1) Über die schwierige Aktenauskunft bei Sicherheitsbehörden – Ein authentischer Fall weiterlesen →
Das Recht der Bürger auf Zugang zu ihren Daten ist von elementarer Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hat dies im Volkszählungsurteil von 1983 besonders hervorgehoben: „Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß“.
Zwar auf das Volkszählungsgesetz bezogen, aber durchaus auch auf andere Bereiche übertragbar, heißt es in der Entscheidung an anderer Stelle: „Würde das Volkszählungsgesetz 1983 demnach verhindern, daß der Bürger Kenntnis erlangen könnte, wer wo über welche seiner personenbezogenen Daten in welcher Weise und zu welchen Zwecken verfügt, so wäre sein Rechtsschutz verfassungsrechtlich unzureichend.“ Aktenauskunft und Akteneinsicht bei der Berliner Polizei – Betrachtung aus Sicht des Datenschutzes weiterlesen →
Da Auskünfte und Einsichten aus bzw. in Akten von deutschen Behörden im allgemeinen schon außerordentlich schwer zu erhalten sind – bis hin zur faktischen Unmöglichkeit, ist es um so erstaunlicher, daß ein solches Recht auch bei den Sicherheitsbehörden besteht. Dennoch ist die Aktenauskunft für Betroffene (und zwar nur für Betroffene) in sämtlichen Polizeigesetzen der Länder und in fast allen Verfassungsschutzgesetzen verankert. Interessant wird somit die Frage, unter welchen Voraussetzungen Aktenauskunft gewährt wird und in welchem Umfange die BürgerInnen von diesem Recht Gebrauch machen.
Im März 1980 teilte der seinerzeitige parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Andreas von Schoeler (damals FDP) dem Innenausschuß des Bundestages mit, im Sommer des Jahres sollten neue ‚Richtlinien für die Errichtung und Führung von Dateien über personenbezogene Daten beim Bundeskriminalamt‘ (Dateirichtlinien) in Kraft treten. Darin werde erstmalig auch ein Auskunftsanspruch für die BürgerInnen geregelt. Wesentliche Schwierigkeiten beim Abstimmungsprozeß mit den Ländern (als den Datenlieferanten) seien nicht zu befürchten. „Künftig wird grundsätzlich Auskunft erteilt – bis auf begrenzte Ausnahmen“, so von Schoeler. (1) Der für das Bundeskriminalamt (BKA) zuständige Ministerialrat Kurt Fritz schätzte die polizeilichen Dateien, die künftig auskunftsfähig sein würden, gar auf 80%. (2) Bereits im zweiten Halbjahr 1980 verlangten daraufhin 370 BürgerInnen Auskunft darüber, ob beim BKA Daten über sie gespeichert seien. Im Vorgriff auf die zu erwartende neue Regelung teilte das BKA daraufhin 240 Personen mit, daß keine Erkenntnisse über sie vorhanden seien, 100 erhielten die Mitteilung, daß über sie Informationen vorhanden seien und in 30 Fällen wurde die Auskunft verweigert. (3) Im Frühjahr 1981 traten die Dateirichtlinien schließlich in Kraft – und parallel dazu ebenfalls die bundeseinheitlich geltenden ‚Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen‘, kurz ‚KpS-Richtlinien‘, die ebenfalls eine Auskunftsregelung für Betroffene enthielten. (4) Auskünfte bei Sicherheitsbehörden – Viele Vorbehalte und kaum genutzt weiterlesen →
Ein Blick über den Zaun macht es deutlich: Auf dem Feld des freien Zugangs zu Informationen hat Deutschland – gemeinsam mit Großbritannien – die Rolle der europäischen Nachhut und des Bremsers übernommen. Anders als in vielen anderen Staaten gibt es hier weder ein konstitutionell noch ein einfachgesetzlich verbürgtes Recht auf freien und voraussetzungslosen Zugang zu Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind. Dabei gibt es im internationalen Bereich eine Vielzahl von Beispielen, die belegen, daß ein allgemeines Informationszugangsrecht handhabbar ist und in den jeweiligen Gesellschaften allgemein akzeptiert wird. Das Recht auf freien Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen weiterlesen →
Unter dieser Fragestellung diskutierten die Grünen/ Alternativen Anfang der 80er Jahre ein allgemeines Akteneinsichtsrecht, als (ausgelöst durch den ‚Volkszählungsboykott‘ und das im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 postulierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung) Datenschutzfragen die bundesrepublikanische Öffentlichkeit stark beschäftigten.
Während in den angelsächsischen Ländern die BürgerInnen bereits seit längerem ein Recht auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen besitzen, entwickelte sich in der Bundesrepublik der Datenschutz als reines Abwehrrecht gegen informationelle Zumutungen des Staates. Dies gilt auch für die Auskunfts- und Akteneinsichtsregelungen der Datenschutz- und Spezialgesetze, da sie als reine Betroffenenrechte nur den Zugang zu Informationssammlungen über die eigene Person eröffnen.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Bestandteil des in Art. 2 Grundgesetz (GG) garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Als Herr der Informationen über seine Lebenssachverhalte entscheidet jeder Einzelne grundsätzlich selbst über deren Preisgabe. In dieser Verfügungsgewalt wird er/sie erst eingeschränkt, wenn ein überwiegendes Allgemeininteresse an ’seinen/ ihren Daten‘ besteht. Dazu bedarf es jedoch eines Gesetzes. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Verwaltung ist somit nur dann zulässig, wenn entweder die Betroffenen eingewilligt haben oder eine entsprechende Rechtsvorschrift dies erlaubt. Daraus folgt, daß jeder, der von einer Verwaltung Informationen über einen Dritten begehrt, an dessen Recht auf informationeller Selbstbestimmung scheitert, wenn letzterer der Informationsübermittlung nicht vorher zugestimmt hat, oder wenn ein Gesetz sie nicht ausdrücklich gestattet. Gesetzentwürfe der GRÜNEN zu einem allgemeinen Akteneinsichtsrecht – Datenschutz kontra Informationszugang? weiterlesen →
Mit dem immer umfassenderen Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechniken wird eine alte Forderung der Bürgerrechtsbewegung aktueller denn je: Das Recht auf Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung. Im Kern geht es dabei um die Ersetzung des ´Prinzips der Geheimhaltung´ durch das ´Prinzip der Öffentlichkeit´. Die Forderung nach „prinzipiell freiem Zugang zu Amtsunterlagen, Akten und Datenbeständen staatlicher und kommunaler Behörden“, wie es die ´Humanistische Union´ als eine der ersten bereits 1980 forderte (1), steht dabei keineswegs im Widerspruch zum Datenschutz, der immer dann besonders strapaziert wird, wenn es darum geht, staatliches Handeln möglichst im Dunkeln zu halten.
Zwar hat sich seit der letzten Ausgabe von Bürgerrechte und Polizei/CILIP an der grundsätzlichen Situation des ‚Institutes für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.‘ und des Verlags CILIP nichts geändert, (1) dennoch wagt die Redaktion einen innovativen Schritt: Mit Erscheinen dieser Ausgabe werden Teile des Heftes auch ins Internet eingestellt. Geplant ist, nach und nach auch zurückliegende Nummern auf diese Weise für online-Recherchen zur Verfügung zu stellen. Die Adresse lautet: http://www.ipn.de/cilip
Zum Schwerpunkt: Mit dem immer umfassenderen Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien wird auch eine alte Forderung der Bürgerrechtsbewegung wieder aktueller denn je: Das Recht auf Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung. Was in den skandinavischen Staaten, den USA u.a. seit langem praktiziert wird, ist in der Bundesrepublik auch nach über 15jähriger Debatte kaum vorangekommen. Eher ist das Gegenteil festzustellen. Auch auf der europäischen Ebene läuft die Uhr derzeit in die entgegengesetzte Richtung. Bereits der erste ‚Probelauf‘ nach Inkrafttreten des ‚Verhaltenskodex über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Rats- und Kommissionsdokumenten‘ Anfang 1994 Ratsunterlagen einzusehen, scheiterte an der Weigerung, die beantragten Protokolle herauszugeben (siehe S. 12). Unterdessen wurde diese Verweigerung vom ‚Europäischen Gerichtshof‘ (EuGH) zwar für nichtig erklärt (2), ob sich die Praxis dadurch ändert, bleibt gegenwärtig jedoch noch abzuwarten. Redaktionelle Vorbemerkung weiterlesen →
An Editorial Comment by Otto Diederichs
Following experiences gained in the USA and on the basis of the Council of Europe”s recommendation on ”Freedom of Information and the Public access to Government Documents”, the ”Humanist Union”, one of the oldest German civil liberties groups, started its campaign for access rights in 1980. 16 years later the struggle for freedom of information and access to personal files and data has made only littleprogress in the FRG. Legislative initiatives by green parliamentary groups in different federal states were either frustated or withdrawn. This edition of CILIP presents the current legal and practical situation with a special focus on access to police and security information. And something completely new: Beginning with this issue CILIP is available via Internet. Step by step we will also intend to make all back issues available. Our Internet adress is: http://www.ipn.de/cilip Summaries weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.