Archiv der Kategorie: CILIP 063

(2/1999) Jugend – Kriminalität – Polizei

Literatur

Literatur zum Schwerpunkt

Zum Themenkomplex „Jugend – Polizei – Kriminalität“ können wir an dieser Stelle nur wenige Hinweise geben, die Einblicke darin bieten, wie polizeilicherseits auf abweichendes Verhalten Jugendlicher reagiert wird. Wir verzichten bewußt auf die umfängliche kriminologische Literatur zur Kriminalität des Jugendalters und – mit Ausnahme einer empfehlenswerten Neuerscheinung – auf die Diskussion um Alternativen zum Strafen bzw. alternative Strafformen. Literatur weiterlesen

Kontrolle ist vorgesehen? Erfahrungen mit der Geheimdienstkontrolle

von Manfred Such

Auf Bundesebene sind die Grünen lange mit der Begründung, potentielle Geheimnisverräter zu sein, aus der Geheimdienstkontrolle ferngehalten worden. Erst nach öffentlichen Bekundungen, sich an die Spielregeln halten zu wollen, konnte der Autor des folgenden Erfahrungsberichtes damit rechnen, von der Bundestagsmehrheit in die Parlamentarische Kontrollkommission für die Geheimdienste (PKK) gewählt zu werden. Gerade wegen dieser Spielregeln – insbesondere der strikten Geheimhaltung – ist die Bilanz seiner vierjährigen Kontrolltätigkeit eher mager.

Der BND ist seit langem nicht nur für die geringe Tauglichkeit seiner außenpolitischen Analysen, sondern auch für seine Skandale bekannt, ob es sich nun um veranlaßte oder geduldete Transfers von Waffen und Dual-use-Gütern (Erntemaschinen-Skandal), um fragwürdige Auslandskontakte und -operationen oder auch nur um interne Affären handelt. Im April 1995, nach nur zwei Sitzungen, setzte ein neuer BND-Skandal meiner Eingewöhnungsphase in der PKK ein Ende. Durch eine Veröffentlichung des „Spiegel“ wurde offenbar, daß der BND im August 1994 – mitten im Bundestagswahlkampf – die Lieferung von 560 Gramm schwerem Plutoniumgemischs aus Rußland nach München veranlaßt hatte.[1] Die Aktion fand ohne ausreichende Koordinierung mit den Polizeibehörden statt. Sie war nach Aussagen von BND-Zeugen ein „Pilotprojekt“ für die neuen Tätigkeitsfelder des Dienstes. Kontrolle ist vorgesehen? Erfahrungen mit der Geheimdienstkontrolle weiterlesen

Sozialarbeit und Polizei – Neue Aufgaben, Gemeinsamkeiten und notwendige Grenzen

von Titus Simon

Moderne Gesellschaften, die sich in einem fortwährenden Wandlungsprozeß befinden, weisen fast zwangsläufig Bruchstellen auf, an denen Konflikte entstehen, aus denen Gewalt, Gesetzesverstöße oder einfach nur „Ordnungsstörungen“ resultieren. Individualisierungsprozesse, der Rückgang von verbindlichen Beziehungsmustern, Migration, Armut, die Veränderungen der Arbeitsgesellschaft und nicht zuletzt die mediale Berichterstattung verstärken den Ruf nach Instanzen, die „regulierend“ eingreifen. Klassischerweise waren dies in den letzten Jahrzehnten Sozialarbeit und Polizei, die immer mehr Berührungspunkte entwickelt haben.

Diese „Berührungen“ stammen nicht so sehr aus reflektierten und abgestimmten Strategien zur Annäherung der beiden Berufsgruppen, sondern sind im wesentlichen das Produkt dreier Entwicklungslinien:

Erstens gibt es immer mehr Ziel- und Problemgruppen, denen sich Polizei und Sozialarbeit gleichermaßen zuwenden: Jugendliche im öffentlichen Raum, StraftäterInnen aller Altersgruppen, Wohnungslose, Stricher, Prostituierte, DrogengebraucherInnen, Fußballfans, politisch motivierte Jugendszenen aus dem linken und rechten Spektrum. Hinzu kommen sehr viele einzelfallbezogene Interventionen, die vom Umgang mit psychisch Kranken bis zum Krisenmanagement in familialen Kontexten reichen. Sozialarbeit und Polizei – Neue Aufgaben, Gemeinsamkeiten und notwendige Grenzen weiterlesen

Chronologie

von Andrea Böhm und Sandra Titze

März 1999

01.03.: Gemäß dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung ist die Zahl der Drogentoten 1998 um 173 Fälle (11,5 %) auf 1.674 angestiegen. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Ecstasy-, Heroin- und LSD-Konsumierenden zurück; der Amphetamin- und Kokainkonsum stieg an. Der Bericht stellt die Überlebenshilfe und Schadensminimierung als Ziel künftiger Drogenpolitik in den Vordergrund.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Clement macht mit der Ernennung Reinhard Rauballs zum Justizminister die verfassungswidrige Fusion des Innen- und Justizministeriums rückgängig. Weil er seinen Aufsichtsratsitz bei der Notarkammer nicht angegeben hatte, tritt Rauball bereits kurze Zeit später (am 10.3.) zurück.

04.03.: Der Berliner Justizsenator Erhard Körting legt dem Rechtsausschuß des Abgeordnetenhauses einen ausführlichen Bericht über die Geschehnisse vom 17.2. im israelischen Generalkonsulat vor. Die Aussagen der israelischen Sicherheitsbeamten und der Polizei bleiben widersprüchlich. Der von Bündnis 90/Die Grünen im Parlament beantragte Untersuchungsausschuß nimmt am 7.5. seine Arbeit auf. Das erste Urteil gegen einen kurdischen Beteiligten der Besetzung des israelischen Generalkonsulates ergeht am 5.5. Der 19jährige Imren S. wird von einem Berliner Strafgericht wegen Hausfriedensbruchs zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt. Chronologie weiterlesen

Neue Wachtumsringe im SIS – Ausbauplanung und Datenstatistik

von Heiner Busch

Ende März 1995 ging das Schengener Informationssystem (SIS) mit sieben angeschlossenen Staaten ans Netz. Inzwischen ist nicht nur die Zahl der Teilnehmer gestiegen, sondern auch die der im SIS gespeicherten Daten. Weiteres Wachstum ist vorprogrammiert.

Das Schengener Informationssystem ist das erste supranationale Fahndungssystem, das von lokalen Terminals aller beteiligter Staaten abgefragt werden kann. Es besteht aus einer zentralen Komponente mit Sitz in Strasbourg (C.SIS) und daran angeschlossenen nationalen Systemen (N.SIS), in denen der gesamte Datenbestand parallel gespeichert wird.

Verantwortlich für die Ausschreibungen sind jeweils nationale Zentralen – in Deutschland das BKA. Diese Stellen werden auch eingeschaltet, wenn ein „Fahndungstreffer“ erfolgt – daher auch ihr Name: SIRENE (Supplementary Information Request at the National Entry). Über ein eigenständiges Kommunikationsnetz liefern sie Informationen, die weit über die kurzen SIS-Datensätze hinausgehen. Neue Wachtumsringe im SIS – Ausbauplanung und Datenstatistik weiterlesen

Polizeiliche Todesschüsse 1998

von Otto Diederichs

So zynisch es klingen mag, aber für den polizeilichen Schußwaffengebrauch mit Todesfolge war 1998 ein vergleichsweise gutes Jahr. Mit acht Toten ist nach rund zehn Jahren erstmals wieder ein Tiefstand zu verzeichnen.[1] In mindestens vier Fällen hatten sich Straftäter zuvor einen Schußwechsel mit PolizistInnen geliefert, in dessen Verlauf sie getötet wurden.

Die offizielle Schußwaffengebrauchsstatistik der Innenministerkonferenz (IMK) läßt derzeit noch auf sich warten. Zwar liegt sie seit dem Frühsommer im sächsischen Innenministerium vor. Ihre Veröffentlichung durch den IMK-Vorsitzenden, Innenminister Klaus Hardraht, ist laut telefonischer Auskunft der Pressesprecherin erst im Herbst geplant. Polizeiliche Todesschüsse 1998 weiterlesen

Sicherheit durch Polizeigewahrsam? Anwendung und Recht des „Unterbindungsgewahrsams“

von Andrej Wroblewski und Stephen Rehmke

Der polizeiliche Unterbindungsgewahrsam erlaubt es der Polizei, Personen auch ohne den Verdacht einer bereits begangenen Straftat festzuhalten. Im Zusammenspiel mit den Instrumenten des Platzverweises und des Aufenthaltsverbotes gewinnt er zunehmend praktische Bedeutung beim Vorgehen der Polizei gegen unliebsame Personen im Innenstadtbereich und erweitert ihre Eingriffsmöglichkeiten auf Versammlungen und Demonstrationen.

Die unter dem Begriff „vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ laufende neuere Politik der Inneren Sicherheit erlaubt der Polizei Eingriffe gegen Personen, die weder eine konkrete Straftat begangen haben, noch einer verdächtigt werden. Es reicht, sie mit Tatsachen in Verbindung zu bringen, die annehmen lassen, daß die Betroffenen zukünftig eine Straftat begehen könnten. Statt auf individuelle StörerInnen und von ihnen ausgehende konkrete Gefahren abzustellen, stuft die Polizei immer häufiger ganze „Szenen“ pauschal und kollektiv als gefährlich ein. Die polizeiliche Verantwortlichkeit Einzelner ergibt sich dann im Zirkelschluß durch ihre Anwesenheit, die die Gefahr, die von der Szene ausgehe, allein dadurch mitverursache, daß sie diese personell verstärke.[1] Sicherheit durch Polizeigewahrsam? Anwendung und Recht des „Unterbindungsgewahrsams“ weiterlesen

Frauen und polizeiliche Jugendarbeit – Von der Weiblichen Kriminalpolizei zur männlichen Jugendsachbearbeitung

von Dunja Rother

Die „Weibliche Polizei“ und die „Weibliche Kriminalpolizei“ bildeten die Anfänge der polizeilichen Jugendarbeit insgesamt. Heute ist der Frauenanteil in diesem polizeilichen Tätigkeitsbereich nur noch sehr gering. Das Geschlechterrollenstereotyp aber blieb.

Anfang der 70er Jahre lag der Frauenanteil am Polizeipersonal der westeuropäischen Staaten zwischen 0,5 und 15%. Beförderungsmöglichkeiten bestanden für die Beamtinnen kaum. Führungspositionen waren fast ausschließlich von Männern besetzt. Die relativ wenigen Frauen in Führungspositionen waren meist Chefinnen anderer Frauen. Der Aufgabenkatalog von Polizei-/ Kriminalbeamtinnen war international relativ einheitlich. Sie befaßten sich schwerpunktmäßig mit gefährdeten und delinquierenden Kindern und Jugendlichen, mit Kindern und Frauen als Opfern von Straftaten sowie weiblichen „hilflosen Personen“.[1] Genau dies war auch der Tätigkeitsbereich der in den 20er Jahren entstandenen Weiblichen Kriminalpolizei (WKP), die bis in die 70er der einzige Bereich der Polizei war, zu dem Frauen in Deutschland Zugang hatten. Der Frauen bis heute unterstellte gute Umgang mit Kindern und Jugendlichen machte die Anfänge polizeilicher Jugendarbeit zur reinen Frauendomäne. Frauen und polizeiliche Jugendarbeit – Von der Weiblichen Kriminalpolizei zur männlichen Jugendsachbearbeitung weiterlesen