Private und staatliche Kriminalisten – Konvergenzen, Kooperationen, Gefahren

von Norbert Pütter

Telekom, Deutsche Bahn, Lidl … – so könnte eine Liste jener namhafter deutscher Unternehmen beginnen, deren Sicherheitsanstrengungen in den letzten Jahren für Skandale gesorgt haben. Nach der öffentlichen Aufregung und der juristischen Bewältigung ist es wieder ruhig geworden um die im Verborgenen wirkenden privaten Sicherheitsexperten. Kein Grund zur Entwarnung.

Seit die inneren Sicherheitsdebatten vom „neuen Sicherheitsbegriff“ überwölbt werden, schwinden vertraute Grenzziehungen. Diese aufzulösen, war und ist dessen strategischer Sinn. Das betrifft mit der behaupteten Verflechtung von innerer und äußerer Sicherheit die Trennung zwischen militärischen und polizeilichen Aufgaben. Die Entgrenzung erstreckt sich aber auch auf die Verbindung von wirtschaftlichen und staatlichen Interessen und damit auf das Verhältnis zwischen „privater“ und öffentlicher Sicherheitswahrung. So wie in der Polizei-Militär-Frage Tendenzen der Entdifferenzierung – also der Zusammenarbeit und Vermischung vormals getrennter Aufgaben und Tätigkeiten – unübersehbar sind, so hat „Sicherheit“ für Unternehmen einen solchen Stellenwert eingenommen, dass ihnen die Kombination aus „Werksschutz“ und staatlicher Polizei nicht mehr auszureichen scheint. Private und staatliche Kriminalisten – Konvergenzen, Kooperationen, Gefahren weiterlesen

Netzwerke der Information – Wirtschaft und Staat als „Sicherheitspartner“?

von Randalf Neubert

Mehr Kooperation, mehr Informationsaustausch, eine echte „Public Private Partnership“ wolle man erreichen. Was wirklich in den im letzten Jahrzehnt entstandenen Netzwerken von staatlichen Sicherheitsbehörden und privaten Unternehmen passiert, ist für die Öffentlichkeit nicht durchschaubar.

„Das Bundeskriminalamt (BKA) baut das Netzwerk im Kampf gegen die Kriminalität aus.“ Mit diesen Worten beginnt eine Presseerklärung des Amtes vom 20. April 2006. Zu vermelden war eine „Tagung zur Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden des Bundes mit der Wirtschaft“, die das BKA zusammen mit der „Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft“ veranstaltete. BKA-Präsident Jörg Ziercke referierte über die innere Sicherheit, weitere Vorträge beschäftigten sich mit Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche und Korruption. Die Tagung, an der etwa siebzig Sicherheitsverantwortliche von Unternehmen teilnahmen, lief hinter verschlossenen Türen ab. Es war die erste der seither jährlich stattfindenden „Wirtschaftskonferenzen“ des BKA. Netzwerke der Information – Wirtschaft und Staat als „Sicherheitspartner“? weiterlesen

Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund

von Eric Töpfer

Die europaweite Verknüpfung polizeilicher DNA-Datenbanken schreitet voran. Wirklich reibungslos funktioniert der grenzüberschreitende Informationsaustausch, der auf eine Initiative des ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schily aus dem Jahr 2003 zurückgeht, bislang allerdings nicht.

Stichtag ist der 26. August 2011: Bis dahin soll die Vernetzung der nationalen DNA- und Fingerabdruckdatenbanken sowie der Kraftfahrzeugregister aller 27 EU-Mitgliedstaaten abgeschlossen sein; so gibt es der Ratsbeschluss der Europäischen Union (EU) 2008/615/JI zur „Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität“ vor.[1] Gemäß den Prüm-Beschlüssen, mit denen das 2005 geschlossene Abkommen in den EU-Rahmen überführt wurde, sollen europäische Polizeien die entsprechenden Datenbestände anderer Staaten automatisch durchsuchen können. Mit der Teilautomatisierung der Rechtshilfe würden sich lange Dienstwege verkürzen auf die Anfrage bei nationalen Kontaktstellen, die als elektronische Schnittstellen für die Datenabfrage bei den Partnerländern zuständig sind. In Deutschland übernimmt das Bundeskriminalamt diese Funktion, bei Kfz-Registerdaten zusammen mit dem Kraftfahrzeugbundesamt. Erst im Falle eines „Treffers“ müssten auf dem Wege klassischer Rechtshilfeersuchen weitere Informationen angefragt werden. Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund weiterlesen

Summaries

Thematic focus: Private prosecutors

Private and state investigators – an introduction
by Norbert Pütter
The private security market is not restricted to patrol and watch services. In the context of increasing industry interest in security, the focus has turned to investigative activities executed either by in-house security departments and/or external service providers. The private contractor thereby decides the cause of the „investigation” and decides whether its results lead to charges being filed. There is, however, no contradiction in the relation between private and state security. Rather, different forms of cooperation and information exchange exist, which are sometimes legally fixed and at other times result from informal connections. The area of „grey policing”, whereby industry and state interest overlap, represents a serious threat. Summaries weiterlesen

Anti-Terrormaßnahmen der Geheimdienste 2009

Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2002 und dessen Ergänzung von 2007 hatten BfV, MAD und BND die Befugnis erhalten, von Luftfahrtunternehmen, Banken, Finanzdienst­leis­tungs-, Post- und Telekommunikationsunternehmen Auskünfte über Kunden und Nutzer einzuholen sowie den sog. IMSI-Catcher zur Ortung und Identifizierung ein­geschalteter Mobiltelefone einzusetzen. Anti-Terrormaßnahmen der Geheimdienste 2009 weiterlesen

Kampagne gegen „DNA-Sammelwut“

2011 startet das Gen-ethische Netzwerk (GeN) eine Kampagne gegen die wachsenden DNA-Datenbanken deutscher Polizeibehörden und ihre internationale Vernetzung. 22 Jahre nach der ersten (west-)deutschen DNA-Analyse sind heute mehr als 700.000 Personendatensätze und 180.000 Spuren in der nationalen DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt gespeichert. Diese soll bis zum 26. August 2011 im Rahmen der sogenannten Prüm-Beschlüsse für grenzüberschreitende Datenabgleiche europaweit vernetzt werden. Kampagne gegen „DNA-Sammelwut“ weiterlesen

Körpervermessung von CASTOR-GegnerInnen

Fünf Atomkraftgegner, darunter der Kassenwart der Bürgerinitiative Lü­chow-Dannenberg, waren im Vorfeld der CASTOR-Proteste von der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow zu einer so genannten präventiven erkennungsdienstlichen Maßnahme vorgeladen worden: Sie sollten – notfalls auch gewaltsam – dazu gezwungen werden, Finger- und Hand­kantenabdrücke abzugeben sowie sich im Portrait und im Detail „zum Vermessen von Tätowierungen und anderen Körpermerkmalen wie z.B. Narben“ fotografieren zu lassen. Körpervermessung von CASTOR-GegnerInnen weiterlesen

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.