Körpervermessung von CASTOR-GegnerInnen

Fünf Atomkraftgegner, darunter der Kassenwart der Bürgerinitiative Lü­chow-Dannenberg, waren im Vorfeld der CASTOR-Proteste von der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow zu einer so genannten präventiven erkennungsdienstlichen Maßnahme vorgeladen worden: Sie sollten – notfalls auch gewaltsam – dazu gezwungen werden, Finger- und Hand­kantenabdrücke abzugeben sowie sich im Portrait und im Detail „zum Vermessen von Tätowierungen und anderen Körpermerkmalen wie z.B. Narben“ fotografieren zu lassen. Zur „Begründung“ zählte die Polizei eine imposante Liste von Ermittlungsverfahren auf – tatsächlich ist aber keiner der Betroffenen deswegen jemals rechtskräftig verurteilt worden! Unverdrossen geht die Polizei aber von einer „großen Rückfallwahrscheinlichkeit“ aus; es könne „nicht ausgeschlossen“ werden, dass „Sie sich in nächster Zeit erneut strafrechtlich relevant verhalten werden“.[1]

Die fünf Betroffenen wollten gegen diese Vorladung rechtlich vorge­hen. Nach einer Analyse auf „Legal Tribune Online“ dürften ihre Klagen „gute Erfolgsaussichten“ haben: Bereits 2007 hatte ein Oberverwaltungs­gericht entschieden, dass die Aufzählung von eingestellten Ermitt­lungsverfahren die Komplettvermessung von Atomkraftgegnern nicht rechtfertigen könne. Die „einschüchternde Wirkung“ der geplanten polizeilichen Vermessungen stehe „außer Frage“: Die Betroffenen wüssten sich „im Fokus polizeilicher Beobachtung“ und würden sich deshalb eine Teilnahme an Demonstrationen „sehr genau überlegen“. Die ED-Be­hand­lung schränke damit die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit mittelbar ein. Die geplante körperliche Komplettvermessung sei zudem alles andere als ein „geringfügiger“ Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Im Ergebnis sei die geplante Maßnahme – ohne den tatsächlichen Bezug auf eine rechtskräftige Verurteilung der Betroffenen im Zusammenhang mit Demonstrationen – schlicht unverhältnismäßig.[2]

(Mark Holzberger)

[1]      www.bi-luechow-dannenberg.de/chronologisch/pressemitteilungen/protest-gegen-vorla
dungen-zur-erkennungsdienstlichen-behandlung
[2]     www.lto.de/de/html/nachrichten/1738/polizeiliche-vermessung-von-atomkraftgegnern/