European Police Forces Training (EUPFT) 2010 . Bild: leftvision

Bürgerkrieg in Askania – Europäisches Polizeitraining in Lehnin

von Matthias Monroy

Mit den European Union Police Forces Trainings und der Europäischen Gendarmerietruppe schafft sich die Europäische Union ein stattliches Arsenal zivil-militärischer Intervention – nicht nur im Ausland.

„Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus“, frohlockte ein Sprecher der Bundespolizei in der April-Ausgabe der Hauspostille. Gemeint war die Vorbereitung auf das European Union Police Forces Training (EUPFT), das dieses Jahr zum dritten Mal Polizeien aus EU-Mitglied­staa­ten zum Aufstandsbekämpfungstraining versammelte.[1]

Geübt wurde im fiktiven Örtchen Rauhberg auf dem militärischen Truppenübungsplatz Lehnin, rund 20 Kilometer westlich von Potsdam. Der Hausherr Bundeswehr preist Rauhberg als deutschlandweit einmalige „Ortskampfanlage“ mit Schule und Reisebüro, Flugplatz und Bäckerei und sogar einer potemkinschen Eisdiele. Die 70 Häuser werden von einem kleinen Kanalnetz und Unterführungen ergänzt. Stolz rapportiert der „Platzkommandant“ des Truppenübungsplatzes gegenüber der Lokalpresse, dass nicht nur „Soldaten verschiedener Länder“ regelmäßig in Lehnin trainieren. Die europaweit einmalige Anlage sei auch bei Rettungskräften vom Deutschen Roten Kreuz und Technischem Hilfswerk sowie polizeilichen Spezialkräften beliebt.

Das EUPFT 2010 wurde mit einer zweiwöchigen Pause im Juni und Juli abgehalten. An der ersten Staffel nahmen insgesamt 277 Polizisten und Gendarmen teil.[2] Fast alle rekrutierten sich aus 15 EU-Mitglied­staa­ten (Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien), als einziger EU-Beitrittskandidat war die Ukraine vertreten; in der zweiten Staffel kamen Polizisten aus Ungarn hinzu. Die Gesamtzahl eingesetzter Einheiten betrug laut Bundespolizei 342 Angehörige von Polizei und Gendarmerie.[3]

Die Trainings gehen auf einen Ratsbeschluss der Europäischen Union[4] zurück, die mit 698.948 Euro den größten Posten der Übungskosten (873.685 Euro) übernimmt, den Rest trägt die Bundesregierung. Mit den European Union Police Forces Trainings will die EU ihre „Kapazitäten zur zivilen Konfliktlösung“ stärken, die vor zehn Jahren erstmals auf dem Europäischen Rat im portugiesischen Santa Maria da Feira festgeschrieben wurden.[5] Als Ziel galt der Aufbau „nichtmilitärischer Polizeikräfte“, die in einer Stärke von bis zu 5.000 Beamten für internationale Missionen entsendet werden können (nach EU-Erweiterung auf 27 Mitgliedstaaten 2004 auf 5.761 erhöht). Die Mitgliedstaaten sagen zu, innerhalb von 30 Tagen bis zu 1.400 Polizeibeamte zusammenzustellen.

Auf dem Gipfel in Nizza im Dezember 2000 hatte der Europäische Rat die zukünftigen polizeilichen Auslandsmissionen konkretisiert und in zwei Einsatzformen unterschieden.[6] Demnach sollen Formed Police Units (FPU) als geschlossene, bewaffnete Polizeihundertschaften etwa anlässlich von UN-Einsätzen die Lücke zwischen lokaler Polizei und „Blauhelmen“ schließen. Neben dem Schutz noch existierender Polizeikräfte im Einsatzgebiet sowie eigener Kräfte sollen die FPU Grenzen und Gefängnisse sichern und vor allem Demonstrationen und andere polizeiliche Großlagen handhaben. Demgegenüber übernehmen die Integrated Police Units (IPU) das gesamte Spektrum polizeilicher Aufgaben, darunter kriminalpolizeiliche Aufgaben, geheimdienstliche Tätigkeiten, Training und Ausbildung der lokalen Polizei und alle anderen anfallenden Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Während die FPU erst im Anschluss einer militärischen Intervention zur Sicherung der „Etappe“ eingesetzt werden, können IPU-Kräfte zusammen mit dem Militär und dementsprechend unter dessen Leitung agieren.

Paramilitärischer Sonderweg

Der Verwendung deutscher (wie auch österreichischer und britischer) Polizisten unter militärischem Kommando stehen allerdings (vorläufig) rechtliche und politische Bedenken im Weg. Das mag erklären, weshalb auf Initiative Frankreichs und Italiens mit der „Europäischen Gendarmerietruppe“ (EUROGENDFOR oder EGF) eine parallele Polizeistruktur entstand, in der sich die europäischen paramilitärischen IPU-Kontin­gente fortan organisieren.

Die Einrichtung der EGF wurde 2004 in Nordwijk (Niederlande) von den Verteidigungsministern Frankreichs, Italiens, Spaniens, Portugals und der Niederlande besiegelt, vertragliche Aspekte und Vollmachten wurden allerdings erst drei Jahre später im Vertrag von Velsen geregelt.[7] 2008 trat Rumänien als Vollmitglied bei. Polen und Litauen avancierten 2007 und 2009 zu Partnerländern, die Türkei erhielt Beobachterstatus. Sitz der Truppe ist das italienische Vicenza, wo im „Permanent Headquarter“ (PHQ) 30 Gendarmeriekräfte stationiert sind. Mit dem „Centre of Excellence for Stability Police Units“ (CoESPU) wird zudem eine Polizeiakademie unterhalten, in der unter anderem Führungskräfte von Polizeien aus „Drittstaaten“ in Aufstandsbekämpfung unterrichtet werden.

Operationen der EGF können unter das Mandat von EU, UNO, OSZE oder NATO sowie nicht näher definierten „Ad hoc-Koalitionen“ gestellt werden. Die multinationale Truppe stellt innerhalb von 30 Tagen 800 Polizeisoldaten nebst ausgearbeitetem Einsatzkonzept bereit, im Verlauf einer Mission kann die Zahl auf 2.300 steigen. Über den Einsatz entscheidet ein „Interministerielles Komitee“ (CIMIN) der EGF-Mitglieder. Frankreich und Italien, die über eine lange Tradition von Polizeien mit militärischem Status verfügen, dominieren die politische und strategische Entwicklung. Demzufolge setzen sich die Offiziere und Stabsfeldwebel im Hauptquartier zu einem Drittel aus Carabinieri zusammen.

Erster Einsatz der EGF war die Operation „EUFOR Althea“ 2007 in Bosnien-Herzegowina, wo die Truppe die Führung des Hauptquartiers der von der Europäischen Union gestellten Integrated Police Units (IPUs) übernommen hatte.[8] Seit Dezember letzten Jahres ist die EGF im Rahmen der „NATO Training Mission“ (NTM-A) in Afghanistan im Einsatz. Der Beschluss zur Entsendung von 200 Gendarmen wurde im Mai letzten Jahres vom CIMIN getroffen. Am 25. Januar 2010 kam der Rat für Außenbeziehungen der EU überein, dass die Union auf Ersuchen der Vereinten Nationen 300 Polizeikräfte innerhalb der MINUSTAH-Mission in Haiti bereitstellt. In jenem Kontingent enthalten sind Kräfte der EGF, die von der UNO ausdrücklich nachgefragt wurden.[9]

Die IPU-Truppen der Europäischen Union zur Auslandsverwendung werden also gegenwärtig von den EGF-Mitgliedstaaten gestellt. Jedoch haben auch die EGF-Nichtmitglieder das von der EU-Kommission gebetsmühlenartig vorgetragene Mantra verstanden, demgemäß die „Rolle Europas in der globalisierten Welt“ auch in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Recht gefestigt werden soll. Unter anderem postuliert das „Stockholmer Programm“ die interne und externe Sicherheit als „untrennbar miteinander verbunden“, daher sei die „Abwehr von Bedrohungen, auch fernab von unserem Kontinent, entscheidend für den Schutz von Europa und seinen Bürgern“.[10] Auch Europas Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt: Jedoch mit weniger Militär und stattdessen mehr Polizisten und Polizeisoldaten, was in der Öffentlichkeit als leicht verdauliche „zivile Konfliktlösung“ präsentiert wird und ohne Parlamentsbeschluss auskommt.

Remilitarisierung der Bundespolizei durch die Hintertür

Bislang nimmt Deutschland nicht an internationalen IPU-Polizei­mis­sio­nen teil – oder, um es genauer zu sagen, stellt keine IPU-Kontingente. Allerdings wird seit 1989 deutsche Polizei ins Ausland entsendet, früher noch als Bundesgrenzschutz, heute als Auslandshundertschaft der Bundespolizei. Der Bundesgrenzschutz verlor 1994 seinen Kombattanten-Status und wurde damit auch „entmilitarisiert“, wie Mark Holzberger in Bürgerrechte & Polizei ausführt.[11] Weil die Bundespolizei allerdings im Rahmen von IPU-Einsätzen außerhalb der EU „(para-)militärisch geschult“ wird, argwöhnt Holzberger eine „Remilitarisierung der Bundespolizei durch die Hintertür“, wenn jene Polizeihundertschaften mit gendarmerieähnlicher Kampferfahrung auch im Inland eingesetzt werden. Problematisch ist allerdings auch andersherum, wenn Bundespolizisten (wie zuletzt im brandenburgischen Lehnin) im Rahmen des European Union Police Forces Trainings zusammen mit EGF-Gendarmen trainieren.

Die beiden ersten EUPFT wurden 2008 in Frankreich und 2009 in Ita­lien abgehalten, mithin von jenen Regierungen verantwortet, die sich mit der EGF ein unabhängigeres Format zum Einsatz ihrer Gendarmerien geschaffen hatten. Von einer Trennung der EUPFT und der EGF kann ohnehin nur formal gesprochen werden. Das letztjährige Training fand mit 639 Polizisten aus 19 Ländern am Sitz des Hauptquartiers der EGF in Vicenza statt. Gegenüber dem diesjährigen EUPFT waren 2009 Kräfte aus Österreich, Zypern, der Tschechischen Republik, Finnland, Griechenland und Malta zugegen. Das Setting war von 15 Carabinieri unter Regie des Carabinieri-Oberleutnants Leonardo Albesi zusammengestellt worden, der nach Ende der Übung wieder nach Afghanistan abreiste. Die „Missionslagen“ von 2008 und 2009 illustrieren, welche Szenarien auf der Wunschliste zukünftiger EU-Polizeieinsätze stehen: „Evakuierung von EU-Bürgern“, „Bekämpfung von Menschenhandel“, „Schutz einer Sportveranstaltung“, „EU-Staatsbesuch“, „Schutz von öffentlichen Gebäuden und Personen“ sowie die allgemeine „Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“.

Zerfallende Staaten im „Herzen Europas“

Es mag verwundern, warum ausgerechnet Deutschland als dritter Ausrichter des polizeilichen Spiels ohne Grenzen fungiert. „Die Bundespolizei wurde aufgrund ihrer zivilpolizeilichen Kompetenz als Ausrichter für die EUPFT 2010 durch die EU-Kommission ausgewählt“, beschwichtigt die Bun­desregierung, „die Lage sieht keine bürgerkriegsähnlichen Zustände vor“.[12]

Eine Inaugenscheinnahme des EUPFT auf dem Truppenübungsplatz lässt allerdings Zweifel aufkommen: Eindeutig steht das Kosovo Pate für die Übung im fiktiven „Askania“, einem „zerfallenden Staat“ im „Herzen Europas“. Die Europäische Union rückt mit einer „Europäischen Militärmission in Askania“ (EMMA) an, im Hinterland sorgt ihre Polizeimission EUPMIR für Ruhe und Ordnung. Die allerdings wird von militanten Demonstranten gestört, die die EU-Besatzer mit Flaschen und Steinen eindecken. Gleichzeitig müssen Flüchtlinge durch EUPMIR-Angehörige mitten durch den Ort gelotst werden. Zudem meldet der militärische Geheimdienst, dass am Nachmittag ein „Terrorist“ am Bahnhof eintrifft, der sich mit Gleichgesinnten treffen will. Alles andere also als eine Abwesenheit „bürgerkriegsähnlicher Zustände“.

Am Tag unseres Besuchs passieren wir eine große Gruppe von Hooligans am Straßenrand, die in ihrem richtigen Leben Bundespolizisten spielen. Die Bundespolizei stellt 50 Statisten für das diesjährige EUPFT. „Wer Erfahrung mit Hooligans hat, kommt auch im Kosovo zurecht“, erklärt Friedrich Eichele. Zusammen mit seinem Stab hat sich Eichele die „Missionslagen“ des EUPFT ausgedacht, das Mandat der spielenden Polizisten bezeichnet er als „relativ robust“.[13] Der jahrelange Chef der GSG 9 war 2007 zum Leiter der EUPOL-Mission in Afghanistan ernannt worden, musste den Posten allerdings nach drei Monaten eilig räumen und wurde im Zuge der Bundespolizei-Reform von Ex-Innenminister Wolfgang Schäu­ble zum Präsidenten der neuen Direktion Bundesbereitschaftspolizei ernannt.[14]

Dass es mit der Trennung der EUPFT und EGF nicht weit her ist, bestätigt Eichele unter anderem für das EUPFT 2009. Das Training in Vicenza sei von der EGF-Polizeiakademie CoESPU geleitet worden. Später berichtigt er, es habe sich eher um organisatorische Arbeit gehandelt. Die These, dass die von der EU finanzierten Trainings die zivil-militärische Zusammenarbeit mit der Europäischen Gendarmerietruppe fördern, will der Ex-GSG 9-Chef nicht gelten lassen. Auch eine Dominanz der EGF weist Eichele zurück. Schaut man sich jedoch die Aufschlüsselung zum EUPFT entsandter Einsatzkräfte genauer an, fällt auf dass alle EGF-Mitgliedstaaten mit mehr Gendarmen (also IPU-Kräften) als Polizeien präsent sind. Selbst die Bundespolizei spricht davon, dass in Lehnin „zwei Formed Police Units (FPU) mit je vier Einsatzzügen, eine Integrated Police Unit (IPU) mit einem geschützten Zug (armoured platoon), einer Zugriffskomponente (special intervention unit) sowie zwei Einsatzzügen (general policing platoons)“ übten.[15]

Die europäischen Trainings sollen EU-weite Standards für polizeiliche Großlagen entwickeln, Beobachter kamen nach Auskunft der Bundespolizei auch aus Jordanien, China und Indien. Obwohl angeblich nur Szenarien nach Bürgerkriegen exerziert werden, steht auch eine internationale Sportveranstaltung auf dem Trainingsplan. Olympische Winterspiele in Georgien, UEFA-Cup im Kosovo? „Auch in Krisengebieten spielen die Menschen Fußball“, lächelt Eichele. Und warum nimmt die Ukraine als Noch-nicht-EU-Mitglied am EUPFT teil? „Die sind hier gern gesehen“, kommentiert Eichele knapp. Es wird unter anderem daran liegen, dass Polen und die Ukraine die Fußball-Europameisterschaft 2012 ausrichten. Diese Veranstaltung hat angesichts kurzer Reisewege für Fans durchaus Risiko-Potential, das Interesse der Ukraine am EUPFT könnte in einem zukünftigen gemeinsamen Polizeieinsatz liegen.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zum EUPFT 2010 weist die Bundesregierung auf drei bereits bestehende Schnittpunkte deutscher Zusammenarbeit mit ausländischen Gendarmerieeinheiten hin, darunter in der gemeinsamen polizeilichen Verbindungsstelle Niederlande/ Deutschland in Goch sowie gemeinsamen Bootsstreifen der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt mit der niederländischen Marechaussee in der Nordsee. Eine ebenfalls ausgeprägte Kooperation wird im gemeinsamen Zentrum der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Kehl gepflegt, die sich zuletzt anlässlich des Einsatzes deutscher Wasserwerfer beim NATO-Gipfel 2009 manifestierte. Missionslagen-Ausdenker Eichele ist stolz auf die deutschen Wasserwerfer, deren Beschaffung sich nach seinen Vorstellungen EU-weit durchsetzen wird.

Bundespolizei unter militärischem Kommando?

Auch andernorts wird laut über die zukünftige Verwendung deutscher Polizisten unter militärischem Kommando nachgedacht. Die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) hatte hierzu im März eine Studie vorgelegt.[16] Unter dem Titel „Gendarmerieeinheiten in internationalen Stabilisierungsmissionen – Eine Option für Deutschland“ schlägt Verfasserin Ronja Kempin vor, zukünftig Truppen der Bundespolizei oder der GSG 9 unter militärisches Kommando zu stellen. Sollte der hierfür erforderliche „robuste Selbstschutz“, der beispielsweise den Einsatz automatischer Waffen gegen Aufständische einschließt, politisch nicht durchsetzbar sein, könnte stattdessen die „Militärpolizei der Bundeswehr funktional erweitert“ werden. Feldjäger hätten in Afghanistan gezeigt, dass ihr „militärischer Status nützlich“ sei und sie daneben grundlegende polizeiliche Aufgaben erfüllen. Den Militärs mangele es allerdings an „kriminalpolizeilichen Fähigkeiten“, Soldaten seien auf „letale Gewalt“ und „Ausschaltung eines gegnerischen Ziels“ spezialisiert. Die also zu erwartenden Kollateralschäden im militärpolizeilichen „Kampf gegen das organisierte Verbrechen“ seien der Zivilbevölkerung im Einsatzgebiet und der Heimatfront schwer zu vermitteln. Politisch drohe Deutschland ein Bedeutungsverlust in der NATO, sollte die Bundesregierung nicht beispielsweise mit „einigen hundert Gendarmen“ in Afghanistan aushelfen.

Genau davor warnt eine im August veröffentlichte Studie der Informationsstelle Militarisierung (IMI), die unter anderem einen gemeinsamen Bericht von acht US- und EU-Think Tanks (Titel: „Shoulder to Shoulder“) analysiert.[17] In dem Machwerk spielt der Einsatz von Gendarmerien eine große Rolle zur Aufrechterhaltung der westlichen Dominanz. Da nur die EU über ein Instrument wie die EGF verfüge, könnte ihre Stärkung ein Werkzeug werden, um in der NATO deutlich an Einfluss zu gewinnen.

Bereits 2007 deutete der damalige Innenstaatssekretär August Hanning an, „eine Einheit, die auch im Inland eingesetzt wird, auf Auslandseinsätze mit Zusatzqualifikationen vorzubereiten“. Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hatte 2007 „Polizeieinsätze robusten Charakters“ angekündigt. Die SWP-Studie rät der Bundesregierung, für die Ausweitung polizeilicher Auslandseinsätze enger mit der CoESPU-Akademie in Vicenza zusammenzuarbeiten und von den dortigen „internationalen Standards für Gendarmeriefähigkeiten“ zu profitieren. Für den Fall dass in Deutschland Protest gegen die Kooperation von Polizei, Geheimdiensten und Militär aufkäme, gibt die SWP vorsorglich Argumentationshilfen. Demnach seien die Bedenken leicht zu zerstreuen, da sich der etwaige Gendarmerie-Einsatz von Bundespolizisten auf eine „Auslandsverwendung“ beziehe, die im Trennungsgebot nicht berücksichtigt sei. Es gebe darüber hinaus kein grundsätzliches verfassungsrechtliches Verbot einer Gendarmerie, sofern Funktion und Wirkungsweise nicht „nach innen gerichtet“ seien. Weil die Bundespolizei keine Streitkraft ist, müsse auch der Bundestag nicht konsultiert werden.

Matthias Monroy arbeitet als freier Journalist in Berlin.
[1] Bebensee, A.: Von Vicenza nach Lehnin, in: Bundespolizei kompakt 2010, H. 2, S. 50
[2] BT-Drs. 17/2263 v. 22.6.2010
[3] Bundespolizei: Pressemitteilung v. 26.7.2010, www.bundespolizei.de/nn_249932/DE/
Home/01__Aktuelles/2010/07/100722__eupft-in-lehnin.html
[4] www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/Military_capabilities_EN.pdf
[5] www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressdata/de/ec/00200-r1.d0.htm
[6] Holzberger, M.: Polizisten, Soldaten und Gendarmen. Polizeiliche Auslandseinsätze der EU, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 91 (3/2008), S. 42-52
[7] www.eurogendfor.org/referencetexts/EGF%20Treaty%20english%20version.pdf
[8] www.eurogendfor.org/PressReview.aspx?langcd=6
[9] BT-Drs. 17/977 v. 8.3.2010
[10] Ratsdok. 17024/09 v. 2.12.2009
[11] siehe Holzberger a.a.O. (Fn. 5), S. 52
[12] BT-Drs. 17/2263 v. 22.6.2010
[13] Leiter („Head of Mission“) der eigentlichen Übungen des EUPFT ist demgegenüber Maurizio Piccolotti, stellvertretender Polizeichef von Ancona. Piccolotti war in die Fälschung von Beweismitteln anlässlich der polizeilichen Razzia in der „Diaz-Schule“ beim G8 in Genua 2001 verwickelt und wurde mehrmals vor Gericht zitiert.
[14] Eicheles Abgang soll mit Konflikten mit dem EU-Sondergesandten in Afghanistan, dem Spanier Francesc Vendrell, zusammenhängen, so der Tagesspiegel v. 9.9.2007.
[15] Windisch, S.: Einsatz in Askania, in: Deutsche Polizei 2010, H. 7, S. 32-35 (33)
[16] www.swp-berlin.org/en/common/get_document.php?asset_id=6882
[17] www.imi-online.de/2010.php?id=2161

Bibliographische Angaben: Monroy, Matthias: Bürgerkrieg in Askania. Europäisches Polizeitraining in Lehnin, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 96 (2/2010), S. 42-49