Polizeiproblem 6/2025

Einsatz von Taser:

1. Juni: Beamte in Brandenburg trafen bei einem Einsatz wegen einer Ruhestörung auf einen mit einer Axt bewaffneten Mann, von dem sie sich bedroht fühlten. Sie setzten daraufhin einen Taser ein und nahmen den 50-Jährigen fest. Er wurde danach in ein Fachklinikum eingewiesen, um Anzeichen einer psychischen Störung zu untersuchen.

2. Juni: In einem Eiscafé in Bremen-Findorff bedroht ein Mann sich selbst mit einem Messer und droht, alle zu töten, die sich ihm in den Weg stellen. Die herbeigerufenen Polizisten setzen einen Taser ein, um die Situation zu beenden. Der Mann wurde mit leichten Verletzungen am Hals, die er sich mit dem Messer zugefügt hatte, in ein psychiatrisches Krankenhaus überführt.

3. Juni: In Müllrose (Brandenburg) wird ein nackter Mann mit leichten Schnittverletzungen und einem Messer gesichtet. Die Polizei brachte ihn schließlich mit Tasern zu Boden und fixierte ihn. Wegen seiner Verletzungen wurde er in ein Krankenhaus gebracht und operiert.

4. Juni: Nachdem ein Mann in Germersheim um die Mittagszeit betrunken bereits ein zweites Mal mit der Polizei aneinandergeraten war, setzte die Polizei vor der Festnahme einen Taser ein.

5. Juni: In den frühen Morgenstunden gerieten zwei Männer (39 und 41 Jahre) in der Nürnberger Innenstadt in Streit und bedrohten sich gegenseitig mit einer abgebrochenen Flasche bzw. einem Schraubenzieher. Die Polizei forderte den 39-Jährigen mehrfach auf, den Schraubenzieher wegzulegen, was dieser ignorierte. Als er den anderen Mann attackieren wollte, setzten die Beamten einen Taser ein. Der Angreifer ging zu Boden und konnte festgenommen werden.

Verletzung bei Polizeieinsatz:

2. Juni: In Berlin wurde erneut ein Videojournalist bei der Arbeit von der Polizei angegriffen – trotz sichtbar getragenem Presseausweis. Der junge Mann filmte eine Antifa-Demonstration gegen einen Neonazi-Aufmarsch, als ihn zwei Beamte erst schubsten, dann zu Boden stießen, wobei er sich am Fuß verletzte. Der Vorfall ist auf zwei Videos dokumentiert. Laut dem Verband Jugendpresse Berlin-Brandenburg musste der Journalist mehrere Stunden im Krankenhaus behandelt werden. Der Verband fordert nun eine umfassende Aufklärung, dienstrechtliche Konsequenzen und Maßnahmen zum Schutz der Pressefreiheit. Die Polizei äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.

 Polizist*innen gegen das Recht:

6. Juni: FragDenStaat hat Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und den Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann, gestellt, weil sie trotz gegenteiliger Gerichtsentscheidungen rechtswidrige Zurückweisungen an der Grenze anordnen bzw. fortsetzen und damit mutmaßlich Untergebene zur Straftat verleiten; dies stelle laut den Klägern Nötigung im Amt dar, wofür Beamt*innen auch persönlich haftbar seien – ein Angriff auf den Rechtsstaat, dem mit rechtlichen Mitteln begegnet werden soll.

11. Juni: Im Verfahren gegen Lina E. und die „Antifa Ost“ werfen Anwält*innen und Unterstützer*innen dem LKA Sachsen vor, wiederholt interne Ermittlungsdetails und persönliche Daten der Beschuldigten unrechtmäßig an die Presse weitergegeben zu haben. Besonders kritisiert wird, dass Medienvertreter vorab über Anklageinhalte und Namen informiert wurden, während die Verteidigung noch keine Kenntnis hatte – ein Vorgang, der als Verstoß gegen die Unschuldsvermutung und als staatlich initiierte Vorverurteilung gewertet wird. Wegen dieser mutmaßlichen Geheimnisweitergabe wurden bereits Strafanzeigen gegen Verantwortliche des LKA gestellt.

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

2. Juni: Das LKA Bayern ermittelt gegen einen Polizeibeamten aus Neu-Ulm, dem zunächst der Handel mit Drogen vorgeworfen wurde. Im Zuge der verdeckt geführten Ermittlungen weitete sich der Tatverdacht aus: Mit Komplizinnen aus einem Labor und einer Kraftfahrzeugstelle soll er durch gefälschte Abstinenznachweise einer Reihe von Personen geholfen haben, ihren Führerschein wiederzuerlangen. Gegen insgesamt 13 Personen wird ermittelt, an Razzien in 23 Objekten waren über 100 Polizisten beteiligt.

3. Juni: Gegen einen 24-jährigen Polizeimeister wurden Ermittlungen eingeleitet, nachdem dieser in Rochlitz (Sachsen) einen 16-Jährigen von seinem Moped gerissen hatte. Dieser war zuvor vor einer Polizeikontrolle geflohen.

5. Juni: Drei Berliner Polizisten wurden verhaftet, weil sie laut Staatsanwaltschaft bei vorgetäuschten Verkehrskontrollen mit gefälschten Papieren mehreren Autofahrern tausende Euro Bargeld abgenommen haben sollen – unter anderem 500 Euro im April in Pankow und mindestens 8.000 Euro im Mai in Charlottenburg; ein 45-jähriger mutmaßlicher Mittäter soll dafür Mietwagen bereitgestellt haben, während bei Durchsuchungen in mehreren Berliner Bezirken Handys und Dokumente beschlagnahmt wurden und dienstrechtliche Konsequenzen geprüft werden.

18. Juni: Das Landgericht Gera hat die Telefonüberwachung und eine Wohnungsdurchsuchung bei einer Polizeibeamtin im Zusammenhang mit einer internen Ermittlung der Thüringer Polizei für rechtswidrig erklärt und damit die Verhältnismäßigkeit des gesamten Vorgehens infrage gestellt – ein Urteil mit potenziell weitreichenden Folgen für die laufende Polizeiaffäre um überzogene Maßnahmen interner Ermittler, bei der es ursprünglich um eine Verfolgungsjagd 2021 in Saalfeld ging. Die Beamtin war damals lediglich Zeugin, wurde aber überwacht und bei einer Razzia gewaltsam durchsucht. Das Gericht kritisierte das Vorgehen als unverhältnismäßig, da der Vorfall drei Jahre zurücklag, und stellte zudem den Anfangsverdacht insgesamt infrage. Auch andere betroffene Beamte planen rechtliche Schritte, was das gesamte Verfahren – einschließlich laufender Ermittlungen wegen Geheimnisverrats gegen Personalräte und die Durchsuchung der Polizeigewerkschaft GdP – ins Wanken bringen könnte. Inzwischen prüft der Landesdatenschutzbeauftragte mögliche Verstöße bei der Beschlagnahmung sensibler GdP-Daten.

22. Juni: Eine ehemalige BKA-Mitarbeiterin, die nach eigenen Angaben im Bereich „Operativtechnik Audio“ tätig war, hat im Juni 2025 eine offene Geldstrafe von 1447 Euro für Christian B. bezahlt – den Hauptverdächtigen im Fall Madeleine McCann, die 2007 in Portugal spurlos verschwand und deren mutmaßlicher Entführer und Mörder B. sein soll, was dieser bestreitet. Die Zahlung verhinderte eine Ersatzfreiheitsstrafe von 111 Tagen und ermöglicht ihm nun die reguläre Entlassung im September. Die Frau gab an, irrtümlich von einer Strafe wegen Beleidigung ausgegangen zu sein, und erklärte, sie habe keinen persönlichen Kontakt zu Christian B. gehabt. Zuvor hatte sie sich bei seinem Anwalt gemeldet und behauptet, an einer geheimen Abhörmaßnahme gegen ihn beteiligt gewesen zu sein. Eine Aussage vor Gericht unterblieb, da sie keine Aussagegenehmigung des BKA erhielt.

26. Juni: Erneut sind die Geschäftsräume der Polizeigewerkschaft GdP in Erfurt durchsucht worden – diesmal im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Untreue und Betrug in Höhe von rund 80.000 Euro. Laut Staatsanwaltschaft richten sich die Ermittlungen gegen mehrere Vorstandsmitglieder, darunter auch Landeschefin Mandy Koch, wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Mitgliedsbeiträgen. Die GdP weist die Vorwürfe als haltlos zurück und kritisiert eine pauschale öffentliche Vorverurteilung. Grundlage der aktuellen Maßnahmen sollen Daten von zuvor beschlagnahmten Servern sein, deren Rechtmäßigkeit allerdings juristisch umstritten ist. Der Fall sorgt als Thüringer Polizeiaffäre inzwischen auch im Landtag für politische Debatten.

Urteile gegen Polizist\*innen:

3. Juni: Ein salomonisches Urteil erging vom Landgericht Düsseldorf. Es sei zwar rechtswidrig gewesen, dass ein Polizist bei einer Maßnahme einem fliehenden Obdachlosen in den Rücken geschossen hatte, aber nicht strafbar. Dies sei nur gegeben, wenn der Polizist willkürlich oder seine Machtposition ausnutzend gehandelt hätte, hier aber sei er davon ausgegangen, dass von dem Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgegangen sei. Die Staatsanwaltschaft hat Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

4. Juni: Ein Polizist wurde am Landgericht Düsseldorf vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Amt freigesprochen. Er hatte im August 2024 einem psychisch beeinträchtigten Mann in den Rücken geschossen und diesen lebensgefährlich verletzt. Das Gericht erkannte zwar an, dass keine Notwehrlage vorlag und der Schusswaffeneinsatz objektiv nicht gerechtfertigt war, wertete die Tat jedoch als „Augenblicksversagen aufgrund einer Fehleinschätzung“. Der Beamte habe nicht willkürlich oder missbräuchlich gehandelt, sondern in einer extrem stressbelasteten Situation falsch reagiert. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, das Urteil rechtlich zu prüfen.

30. Juni: Trotz zahlreicher menschenverachtender, rassistischer und rechtsradikaler Äußerungen in privaten WhatsApp-Chats – darunter extrem geschmacklose Kommentare über Holocaust-Überlebende und antisemitische Witze während seines Einsatzes als Personenschützer – bleibt der Polizist Michael R. im Dienst: Wie jetzt bekannt wurde stufte ihn der VGH München lediglich um einen Dienstgrad zurück, da die Nachrichten laut Gericht keine eindeutig verfassungsfeindliche Gesinnung belegten, sondern als geschmacklose Ventile sozialer Isolation gewertet wurden; der Schutz der vertraulichen Kommunikation und das Fehlen dienstlicher Auffälligkeiten überwogen letztlich gegenüber dem öffentlichen Interesse an disziplinarischen Konsequenzen.

Tod durch Polizeischüsse:

7. Juni: Eine Frau in München wurde erschossen, nachdem sie offenbar mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen und einen Mann und eine Frau verletzt hatte. Als sie im Bereich der Theresienwiese trotz Aufforderungen durch Polizist*innen nicht zurückwich, eröffneten diese das Feuer. Die Frau wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, wo sie später starb. Die Frau soll wenige Stunden zuvor bereits „auffällig“ geworden und gefesselt auf ein Polizeirevier gebracht, dort jedoch wieder entlassen worden sein.

26. Juni: Ein afghanischer Staatsangehörige sollte nach Angaben des Landeskriminalamts Baden-Württemberg an seinem Wohnort festgenommen und in Haft gebracht werden. Hintergrund war ein Körperverletzungsdelikt. Laut LKA zog der Mann während seiner Festnahme in Wangen ein Messer und griff die Beamten unvermittelt an. Die Polizei eröffnete daraufhin das Feuer. Der 27-Jährige wurde mehrfach getroffen und starb noch vor Ort, trotz eingeleiteter Reanimationsversuche. Ein Polizist erlitt bei dem Einsatz Schnittwunden und wurde schwer verletzt. Er schwebt nach Angaben des LKA aber nicht in Lebensgefahr. Die Beamt*innen trugen bei dem Einsatz keine Bodycams. Diese wurden 2019 flächendeckend eingeführt, müssen aber manuell eingeschaltet werden.

Verletzung durch Polizeischüsse:

9. Juni: In Siedenbrünzow nahe Demmin wurde die Polizei zu einem Einsatz in einer Wohnung gerufen, in der sich eine 20-jährige Frau in einem psychischen Ausnahmezustand befand und mit einem Messer bewaffnet hatte. Nach Angaben der Polizei hatte sich die Situation nach Eintreffen der Beamten bereits beruhigt, bevor die Frau mit dem Messer einen Notarzt und einen Polizisten angriff. Ein weiterer Polizist stoppte sie mit zwei Schüssen. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht. Gegen die Polizisten wurden keine Ermittlungen eröffnet, wie die zuständige Staatsanwaltschaft mitteilte.

10. Juni: In Northeim stoppten Beamte einen 50-Jährigen mit einem Schuss ins Bein, nachdem er mit einer Axt in der Hand auf sie zugegangen war. Die Polizei war von einem Ehepaar gerufen worden, das der Mann mit einer Holzlatte attackiert hatte.

Polizeischüsse:

22. Juni: Ein mutmaßlicher Einbrecher hat am Samstag im Grenzgebiet von Baden-Württemberg und Bayern auf spektakuläre Weise zwei Streifenwagen gestohlen und dabei mehrere Unfälle verursacht. Nachdem er bei einem Einbruch ertappt wurde, flüchtete der 39-Jährige zunächst zu Fuß, dann mit einem Auto und schließlich nacheinander mit zwei Polizeiwagen – jeweils nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Beamten. Die Polizei gab während der Verfolgung mehrfach Schüsse ab. Der Tatverdächtige konnte nach einem erneuten Unfall festgenommen werden.

26. Juni: Am Strand von Rantum auf Sylt erschoss die Polizei einen Berner Sennenhund mit drei Schüssen, nachdem dieser seinem Halter die Fingerkuppe abgebissen und sich laut Polizei auch gegenüber Beamten und Umstehenden aggressiv verhalten hatte. Die Beamten sahen sich durch das Verhalten des Tieres akut bedroht und handelten laut eigener Aussage aus Gründen der Gefahrenabwehr. Die Halterin bestreitet jedoch, dass der Hund unkontrollierbar war, und wirft der Polizei vor, durch ihr Eingreifen die Situation verschärft zu haben.

Anklage gegen Polizist*innen:

25. Juni: Ein angesetzter Gerichtstermin gegen die bayerische Polizistin Stefanie R. wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen in über 100 Fällen und Volksverhetzung wurde kurzfristig abgesetzt – doch ihr Fall bleibt brisant: Über Jahre hinweg soll sie wiederholt interne Polizeidaten, Fotos von Leichen sowie Ermittlungsstände an Bekannte weitergegeben und rechtsextreme Nachrichten verschickt haben. Aufgeflogen war das nur durch Zufall, als ein Betroffener auf mögliche Datenlecks hinwies. Bereits im Dezember 2024 war Stefanie R. zu einer Bewährungsstrafe und 5.000 Euro Geldauflage verurteilt worden, legte aber Berufung ein, um ein mögliches Ende ihres Beamtenverhältnisses abzuwenden.

Beitragsbild: Polizeigewalt bei der Demonstration „United for Gaza“ am 21. Juni in Berlin (Montecruzfoto).

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