Polizeiproblem 10/2024

Polizeischüsse:

3. Oktober: In in Stuttgart-Süd hat ein Polizist einen Schuss abgegeben, nachdem die Einsatzkräfte wegen eines Beziehungsstreits in ein Mehrfamilienhaus gerufen wurden. Eine 20-Jährige habe die Beamten im Treppenhaus plötzlich mit einem Messer bedroht, woraufhin ein Polizist schoss. Die Frau wurde dadurch verletzt, nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft besteht jedoch keine Lebensgefahr mehr. Ein Polizist sei ebenfalls an der Hand verletzt worden.

9. Oktober: In Leipzig-Mockau hat die Polizei bei einem Einsatz eine 56-jährige Frau mit Schüssen schwer verletzt. Die Polizei erklärte später, die Frau habe sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Nach Medienberichten hat ein Nachbar berichtet, dass  die Polizisten die Frau zunächst aufgefordert hatten, ein Messer fallen zu lassen, bevor sie zweimal auf sie schossen.

10. Oktober: Nachdem in Krefeld an drei Stellen in der Stadt Brände gelegt worden  waren – wohl vor der Agentur für Arbeit, einem Mehrfamilienhaus und einem Streetwork-Mobil der Caritas- , stellte die Polizei den Tatverdächtigen vor einem Multiplex-Kino. Dort machte zumindest ein Beamter von seiner Schusswaffe Gebrauch, der Täter wurde dadurch schwer, aber nicht lebensbedrohlich verletzt.

25. Oktober: In Kiel schoss die Polizei einem 29-jährigen in die Beine, nachdem dieser mit zwei Messern in den Händen auf sie losgegangen war. Es handelte sich bei den Polizisten um Streifenbeamte, die von Passanten wegen des auffälligen Verhaltens des 29-Jährigen gerufen worden waren.

Polizeiliche Todesschüsse:

11. Oktober: Nachdem ein 32-jähriger Mann in  Bochum Möbel aus der Wohnung geworfen und eintreffende Polizisten mit einem Hammer angegriffen hatte, wurde ein Spezialeinsatzkommando (SEK) herbeigerufen. Beim Zugriff in der Wohnung, in der sich der Mann verbarrikadiert hatte, wurde er von zwei Schüssen getroffen und verstarb noch vor Ort. Die Staatsanwaltschaft geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass der Mann an einer Schizophrenie litt, die sein Verhalten erklären könnte.

21. Oktober: Bei einem Polizeieinsatz in Gangelt bei Aachen haben die Beamt*innen nach eigenen Angaben aus Notwehr eine Frau erschossen, die zuvor mit einem Messer und einer Schere gedroht habe. Sie soll sich in einem Zustand psychischer Verwirrung befunden haben. Der Vorfall ereignete sich in einem Hinterhof in einer Straße mit Wohnhäusern, nahe einem Gewerbegebiet.

24. Oktober: In Schwalmstadt erschoss die Polizei eine 20-Jährige. Nach Angaben des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft Marburg hatte die demnach polizeibekannte Frau am frühen Morgen im Außenbereich der Schwalmstädter Wache auf Polizisten geschossen. Die Beamt*innen eröffneten daraufhin das Feuer und verletzten sie schwer. Wenig später starb sie im Rettungswagen. Später teilte die Polizei mit, es habe sich bei der Waffe um eine Softairwaffe gehandelt.

Tod bei Polizeieinsatz:

28. Oktober: Bei einem Polizeieinsatz in Ulm starb ein Mann, nachdem Polizeibeamte ihn in seiner Wohnung „fixiert“ hatten. In einer Meldung hieß es, der Mann habe in seiner Wohnung randaliert und sich beim Eintreffen der Polizei „renitent“ verhalten. Das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen zur Todesursache und dem Hergang des Ereignisses aufgenommen.

Einsatz von Taser:

4. Oktober: Gegen einen 44-Jährigen mit 1,8 Promille Blutalkohol setzte die Polizei gleich zweimal ein Distanzelektroimpulsgerät ein. Er hatte sich geweigert, um 2:00 Uhr eine Kneipe zu verlassen und den Wirt angegriffen, woraufhin die Beamten ihn zum ersten Mal schockten, das zweite Mal dann beim Versuch der Festnahme.

7. Oktober: Am Vormittag rückte die Polizei in Dortmund zu einem Einsatz an einem Einkaufszentrum aus. Ein mit einem Messer bewaffneter Obdachloser, der sich nach späteren Angaben der Polizei in einem psychischen Ausnahmezustand befand, wurde dabei „in einem günstigen“ Augenblick mit einem Taser betäubt, nachdem Versuche, ihn zu beruhigen, kein Ergebnis gebracht hatten.

13. Oktober: Bei einem Einsatz der Polizei in Berlin-Neukölln kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit einem 26-jährigen, gegen den die Polizei einen Taser als Zwangsmittel einsetzte.  Passanten hatten die Polizei gerufen, weil der Mann scheinbar schlafend in seinem Wagen auf der linken Fahrspur einer Hauptverkehrsstraße stand. Nachdem die Polizei die Scheiben des Wagens eingeschlagen hatte, fanden sie Kokain und eine leere Lachgasampulle. Als der Fahrer sich gegen seine Festnahme wehrte, setzte ein Beamter seinen Elektroschocker ein.

17. Oktober: Ein 24-jähriger Mann hatte ein Krankenhaus verlassen, in das er wegen Alkoholvergiftung und Drogenintoxikation von der Polizei gebracht worden war. Weil wegen seines multitoxischen Zustands von einer Lebensgefahr ausgegangen wurde, suchte die Polizei ihn und versuchte, ihn erneut ins Krankenhaus zu bringen. Nachdem er einen Beamten angegriffen hatte, setzte dieser ein Elektroimpulsdistanzgerät ein.

26. Oktober: Die Polizei in Angermünde rückte zu einem Einsatz aus, weil ein ein 54-jähriger in einem Garagenhof wütete, wobei erste Adresse seiner Wut der Boden und seine Waffe eine Schaufel war. Als die Polizei eintraf, „verbarrikadierte“ er sich in einer Ecke seiner Garage und verbarg sich hinter einem Rucksack gefüllt mit Werkzeug. Nachdem der Einsatz eines Tasers offenbar nicht ganz die erhoffte Wirkung hatte blieb, brachte die Polizei ihn einfach so zu Boden.

26. Oktober: Die Zahl der Taser-Einsätze in Nordrhein-Westfalen ist leicht rückläufig. In den ersten neun Monaten wurde das DEIG 923 mal eingesetzt, im Vergleich zu 1.052 Einsätzen im Vorjahreszeitraum. Allerdings wurde das Gerät in einer hoheren Quote von Fällen nicht nur angedroht, sondern auch tatsächlich eingesetzt, nämlich 21,6% im Vergleich zu 18,8%. Damit liegen die Zahlen jedenfalls deutlich über denen des Schusswaffengebrauchs. Der Taser ist damit keineswegs die nicht-lethale Alternative zur Schusswaffe, als der er gern angepriesen wird, sondern in der Praxis ein weiteres und äußerst schmerzhaftes Zwangsmittel. Zu bedenken ist bei den Zahlen, dass das DEIG bislang nur in 18 der 47 Kreispolizeibehörden zur Einsatzaustattung gehört.

Urteile gegen Polizist*innen:

9. Oktober: Ein Polizist ist wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt worden, die Strafe wurde für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt. Er soll bei einem Einsatz wegen Ruhestörung und häuslicher Gewalt in einer Rehlinger Villen-Gegend vier Frauen als „besoffener Hühnerhaufen“ bezeichnet haben, wie diese übereinstimmend als Zeuginnen aussagten. Die anderen Polizisten in diesem Einsatz hatten diesen Zusatz zu einer Aufforderung zur Ruhe nicht gehört. Der Polizist hat angekündigt, in Berufung zu gehen.

17. Oktober: Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil gegen einen Polizisten aus Mannheim aufgehoben und an das Landgericht Mannheim zurückverwiesen. In dem zugrundliegenden Fall hatten zwei Polizisten am 2. Mai 2022 versucht, einen aus einer Psychiatrie entwichenen Patienten in die Einrichtung zurückzubringen. Er starb infolge von Schlägen gegen den Kopf, die ihm ein Polizist beigebracht hatte, als er bereits zu Boden geworfen war. Das Landgericht hatte ihn zu einer Strafe von 120 Tagessätzen verurteilt, dagegen hatte eine Nebenklägerin Revision mit dem Ziel einer höheren Strafe eingelegt.

17. Oktober: Nach einem bereits im August gefällten Urteil wegen schwerer Körperverletzung im Dienst ist der verurteilte Beamte der Unterstützungskräfte (USK) der Bereitschaftspolizei Bayern nun nach Rechtskraft des Urteils aus dem Dienst entlassen worden. Die anderen an dem Vorfall in Augsburg beteiligten Beamten – offenbar eine zunächst mit Wasserpistolen geführte Auseinandersetzung innerhalb des USK, die mit einem scharfen Schuss auf die in einem Bus sitzenden Kollegen endete – sind in den Streifendienst oder andere Einheiten der Bereitschaftspolizei versetzt worden.

30. Oktober: Das Landgericht Leipzig hat eine Polizistin wegen Bestechlichkeit und Untreue in knapp 70 Fällen verurteilt. Die 47-Jährige hatte beschlagnahmte Fahrräder gegen eine Zahlung von 50 Euro pro Rad, hauptsächlich an andere Polizeibeamt*innen, weitergegeben. Das Gericht verhängte eine Strafe von 380 Tagessätzen zu je 45 Euro, insgesamt 17.100 Euro. Die eingenommenen knapp 4.000 Euro sollen eingezogen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und dienstrechtliche Konsequenzen stehen aus. Der „Fahrradgate-Skandal“ um den illegalen Verkauf sichergestellter Räder war bereits 2019 bekannt geworden.

Ermittlungen gegen Polizist*innen:

26. Oktober: Drei Beamte des Bayerischen Landeskriminalamts stehen im Verdacht, Waffen und andere Gegenstände, die zur Vernichtung bestimmt waren, unterschlagen und illegal verkauft zu haben. Einer dieser Revolver, der eigentlich 2018 hätte eingeschmolzen werden sollen, tauchte 2019 bei einem Mordfall in Nordrhein-Westfalen auf: Eine junge Frau wurde mit dieser Waffe erschossen. Der Mordfall hatte für großes Aufsehen gesorgt, da der Täter, ein ehemaliger Kandidat der Talentshow „Deutschland sucht den Superstar,“ seine Ex-Freundin verfolgte und sie tötete. Nun wird ermittelt, wie diese Waffe aus der Asservatenkammer des LKA entwendet und in die Hände des Täters gelangte. Nachdem die Münchner Staatsanwaltschaft bereits zwischen 2019 und 2021 erfolglos ermittelte, wurde der Fall 2023 erneut aufgenommen, da neue Hinweise auftauchten.

26. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt wegen schwerer Misshandlungsvorwürfe gegen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen in Bayern, nachdem Berichte aufkamen, dass Häftlinge in sogenannten „besonders gesicherten Hafträumen“ misshandelt worden sein sollen. Diese Räume, die eigentlich dem Schutz der Häftlinge vor Selbstverletzung dienen, sollen missbräuchlich genutzt worden sein: Gefangene mussten dort angeblich nackt und ohne Matratze oder Decke auf Betonboden schlafen. Zudem soll das Licht in den Zellen rund um die Uhr ausgeschaltet gewesen sein, und die Häftlinge bekamen laut Aussagen nur kalte Mahlzeiten und wenig Wasser. Eine Anwältin hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht, nachdem ihre Mandanten über diese Zustände berichteten und bezweifelten, dass es gerechtfertigte Gründe für die Einzelhaft gab. Die Staatsanwaltschaft führt Ermittlungen gegen zehn Bedienstete wegen möglicher Körperverletzung im Amt sowie tätlicher Übergriffe auf Inhaftierte.  Unter den Verdächtigen befindet sich auch die stellvertretende Anstaltsleiterin der JVA.  Das Justizministerium teilte zudem mit, dass gegen die Beschuldigten Disziplinarmaßnahmen eingeleitet wurden und für die JVA Betretungsverbote ausgesprochen sind.

30. Oktober: Ein Staatsanwalt aus Hannover befindet sich wegen mutmaßlicher Verbindungen zu einem internationalen Drogenkartell in Untersuchungshaft. Er steht unter Verdacht, in einem schweren Fall der Bestechlichkeit involviert zu sein. Der Mann hatte zuvor selbst gegen das Drogen-Netzwerk ermittelt, das 2022 durch Razzien in mehreren europäischen Ländern zerschlagen wurde. Die Behörden waren auf die Organisation durch entschlüsselte Nachrichten im Sky-ECC-Messengerdienst aufmerksam geworden, wobei Chatprotokolle Hinweise auf mögliche Informanten innerhalb der Behörden lieferten. Ob der Staatsanwalt einer dieser Informanten ist, bleibt bislang unklar.

Verletzung nach Polizeieinsatz:

28. Oktober: Im Kreis Greiz in Thüringen ist ein Polizeiwagen auf der B92 verunglückt. Beim Versuch, ein Auto zu überholen, rammte das Einsatzfahrzeug den Wagen, der nach links abbiegen wollte. Zwei Polizisten und zwei Insassen des anderen Fahrzeugs wurden verletzt, einer davon schwer. Beide Fahrzeuge erlitten erhebliche Schäden.

Tod im Polizeigewahrsam:

In Gotha ist ein 31-jähriger Mann in einer Polizeizelle gestorben, nachdem er am Abend zuvor festgenommen wurde. Der Mann sei alkoholisiert gewesen und habe sich bei der Festnahme gewehrt, so die Darstellung der Behörden. Gegen 1:40 Uhr hätten die Beamten ihn leblos in seiner Zelle gefunden. Die Polizei schließt Fremdverschulden aus. Interne Ermittler*innen und die Staatsanwaltschaft untersuchen nun die Umstände seines Todes; Details zur Festnahme wurden bislang nicht veröffentlicht.

Beitragsbild: Polizeieinsatz bei pro-palästinensischer Demonstration am 7. Oktober in Berlin (Oliver Feldhaus).

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