Schlagwort-Archive: Definitionsmacht

Gefährliche Orte und die Definitionsmacht der Polizeibehörden

von Florian Krahmer

„Gefährliche Orte“ sind polizeilich eingerichtete Sonderzonen, die es Polizist*innen ermöglichen, Maßnahmen gegen Personen auch ohne konkreten Tatverdacht durchzuführen. Sie zeigen sich immer wieder als Austragungsort für politische Konflikte und bilden darüber hinaus auch ein Experimentierfeld für neue polizeiliche Maßnahmen.

Polizeibeamt*innen kommt bei der Bewertung von Gefahren und der damit verbundenen Entscheidung über die (aus ihrer Sicht) notwendigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr ein hohes Maß an Definitionsmacht zu. Feest und Blankenburg zeigten in ihrer Arbeit, dass diese Entscheidungen nicht nur von der konkreten Gefahrenlage, sondern auch durch andere Aspekte, wie zeitökonomische Erwägungen, Erfolgsdruck durch Vorgesetze sowie eigenen Karriereambitionen geprägt sind.[1] Bisherige Arbeiten zur Definitionsmacht der Polizei beziehen sich auf das Handeln einzelner Polizeibeamt*innen. Wenig Beachtung fand unterdessen die Definitionsmacht der Polizist*innen in der Verwaltungsebene, die den Vollzugsbeamt*innen übergeordnet sind. Nachfolgend soll anhand verschiedener Beispiele zu sogenannten Gefährlichen Orten in Sachsen ein Beitrag dazu geleistet werden, den Blickwinkel auf Verwaltungsentscheidungen innerhalb der Behörde Polizei zu erweitern, die mit ihrer Definitionsmacht Einfluss auf die Festlegung von Kontrollbereichen und die öffentliche Wahrnehmung „Gefährlicher Orte“ nehmen. Gefährliche Orte und die Definitionsmacht der Polizeibehörden weiterlesen

Schutzgut Polizei? Zur Ausweitung der Strafbarkeit des § 113

Johannes Busch

Am heutigen Donnerstag wird im Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition ein Gesetz zur „Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ verabschiedet.[1] Mit der nun geplanten Reform erfüllt die Bundesregierung eine bereits lange bestehende Forderung der Polizeigewerkschaften nach einer Verschärfung des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte).[2]

Die Änderung, deren Geschichte hier kurz nachgezeichnet werden soll, kann sich zum einen auf keinerlei empirische Grundlage stützen. Zum anderen steht die angedrohte Mindeststrafe in keinem Verhältnis zu den Fällen, die in der Praxis erfasst werden. Die Reform schafft ein Sonderrecht insbesondere für PolizeibeamtInnen und wird zu einer Stärkung der Definitionsmacht der Polizei führen – was wahrscheinlich nicht zu einer Deeskalation von Konfliktsituationen beitragen wird. Es handelt sich um einen Fall symbolischer Gesetzgebung, von der jedenfalls mittelbar eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu erwarten ist und der in seiner praktischen Anwendung bestimmte Gruppen überproportional treffen wird.

Da das Gesetz der Zustimmung des Bundesrats nicht bedarf und mit dessen Einspruch nicht zu rechnen ist, ist zu erwarten, dass es bereits in einigen Wochen in Kraft tritt. Schutzgut Polizei? Zur Ausweitung der Strafbarkeit des § 113 weiterlesen