von Peter Grottian
Die Fixierung auf die Gewaltfrage zum 1. Mai in Berlin-Kreuzberg ist inzwischen zur Gewohnheit geworden. Einen Ausweg aus dieser Falle zu suchen, einen politischen und polizeifreien 1. Mai zu gestalten, das war das Ziel, das sich ein Personenbündnis in diesem Jahr gesetzt hatte.
Noch Ende der 80er Jahre interpretierte man die Auseinandersetzungen zwischen der Staatsmacht und zumeist Vertretern der autonomen Szene als Ausdruck stadtpolitischer und sozialer Proteste, sogar als Angriff auf die Strukturen des kapitalistischen Systems. In den 90er Jahren standen selbst diejenigen ratlos da, die noch am ehesten für regelverletzende, kapitalismuskritische Interventionen als Jugend- und Systemprotest Sympathien hegten, aber mit dem ritualisierten, inhaltsleeren, inhaltsversteckenden Protest nichts mehr anzufangen wussten. Das ermutigte den CDU-Innensenator Eckart Werthebach in den Jahren 2000 und 2001 einen systematischen Aufheizungsprozess weit vor dem 1. Mai zu inszenieren und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich einzuschränken. Eine polizeiliche Einkesselungs- und Zerstörungsstrategie des Mariannenplatz-Festes führte zu den sattsam bekannten Schuldzuweisungen von beiden Seiten, wobei das demonstrationsbeobachtende Komitee für Grundrechte und Demokratie die Dynamik der Eskalation sehr eindeutig der Politik und der Polizei anlastete. Den 1. Mai in Berlin neu denken – Ein erfolgreiches Scheitern und ein Lernprozess weiterlesen