von Michael Plöse
Zentrales Merkmal des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit ist der staatsfreie, unreglementierte Charakter von Protesten. Ihnen steht ein in den 50er Jahren verhaftetes, regulierendes und sanktionierendes Versammlungsrecht gegenüber, dessen Vollstreckungsorgane auf dem aktuellen Stand der Überwachungstechnik sind.
Schuhe werden im Internet bestellt, Filme gestreamt, Meinungen gepostet, Petitionen geklickt, aber demonstriert wird immer noch auf der Straße. Auch im Zeitalter der Digitalisierung ist das Bedürfnis nach physischer Präsenz auf der Straße nach wie vor hoch. Die Anzahl angemeldeter und durchgeführter Versammlungen hält sich seit Ende der 90er Jahre auf einem anhaltend hohem Niveau (für Berlin, vgl. Tabelle). Sand im Getriebe: Kämpfe mit dem und um das Versammlungsrecht weiterlesen →
von Peter Grottian
Die Fixierung auf die Gewaltfrage zum 1. Mai in Berlin-Kreuzberg ist inzwischen zur Gewohnheit geworden. Einen Ausweg aus dieser Falle zu suchen, einen politischen und polizeifreien 1. Mai zu gestalten, das war das Ziel, das sich ein Personenbündnis in diesem Jahr gesetzt hatte.
Noch Ende der 80er Jahre interpretierte man die Auseinandersetzungen zwischen der Staatsmacht und zumeist Vertretern der autonomen Szene als Ausdruck stadtpolitischer und sozialer Proteste, sogar als Angriff auf die Strukturen des kapitalistischen Systems. In den 90er Jahren standen selbst diejenigen ratlos da, die noch am ehesten für regelverletzende, kapitalismuskritische Interventionen als Jugend- und Systemprotest Sympathien hegten, aber mit dem ritualisierten, inhaltsleeren, inhaltsversteckenden Protest nichts mehr anzufangen wussten. Das ermutigte den CDU-Innensenator Eckart Werthebach in den Jahren 2000 und 2001 einen systematischen Aufheizungsprozess weit vor dem 1. Mai zu inszenieren und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich einzuschränken. Eine polizeiliche Einkesselungs- und Zerstörungsstrategie des Mariannenplatz-Festes führte zu den sattsam bekannten Schuldzuweisungen von beiden Seiten, wobei das demonstrationsbeobachtende Komitee für Grundrechte und Demokratie die Dynamik der Eskalation sehr eindeutig der Politik und der Polizei anlastete. Den 1. Mai in Berlin neu denken – Ein erfolgreiches Scheitern und ein Lernprozess weiterlesen →
von Otto Diederichs*/ Till Meyer**
Der Einsatz am 1. Mai d.J. hat Berlins Polizei wieder einmal weit über die Stadtgrenzen hinaus ins Gerede gebracht. Die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie die „Pannen“, die diesen Einsatz zu einem polizeilichen Desaster mit rund 320 „verletzten“ Beamten machten. Häme über einen dilettantischen Einsatz ist jedoch ebenso unangebracht wie Genugtuung über die erste Bauchlandung des neuen rot-grünen Senats oder gar der Ruf nach mehr Härte. Alles trifft in diesem Falle nicht, denn bei näherem Hinsehen entpuppt sich das Ganze – so die These des folgenden Beitrages – als durchaus nicht ungeschickt eingefädeltes Komplott der Berliner Polizeiführung. Mai-Randale 89 in Berlin-Kreuzberg – Obristenrevolte gegen „Rot-Grün“ weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.