Umstrittene Ausbildungshilfe für Weißrussland

Die Bundespolizei hat weißrussische Polizeiangehörige in der „Bekämpfung der illegalen Migration“ und der „Bewältigung von polizeilichen Lagen“ geschult.[1] Die Bereitschaftspolizeien der Länder führten überdies elf Maßnahmen zur polizeilichen Ausstattungs- und Ausbildungshilfe durch, darunter zu Einsätzen bei Sportgroßveranstaltungen und einer „Erläuterung polizeilicher Schwerpunkte in einer Stadt (Ballungsräume)“. Das Bundeskriminalamt half den Kollegen in Minsk mit Workshops zu „Operativer Analyse“, in denen „Grundlagen und Methoden der polizeilichen Informationsverarbeitung“ vermittelt wurden.

Erst ein Bericht des Tagesspiegels machte bekannt, dass weißrussische Polizisten im Oktober 2010 den Polizeieinsatz beim Castor-Trans­port beobachten durften.[2] Derartige Hospitationen osteuropäischer Polizeien stehen im Kontext der „Östlichen Partnerschaft“ der EU: Beamte aus Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, Ukraine und Weiß­russland sollen an „EU-Standards“ herangeführt werden. Eine ähn­liche Kooperation betreibt etwa Hamburg mit der Polizei in Istanbul.

Im August lieferte die sächsische Landesregierung schließlich weitere Details:[3] Demnach durften weißrussischen Polizisten auch einem Fußballspiel des FSV Zwickau gegen Sachsen Leipzig beiwohnen. Die dabei erlangten Erkenntnisse sollen womöglich bei der Handhabung der Eishockeyweltmeisterschaft helfen, die 2014 in Weißrussland ausgetragen wird. Auf dem Programm standen aber auch studentische Bildungsproteste in der sächsischen Landeshauptstadt. Der „Hospitationsaufenthalt“ führte im Februar 2010 überdies zum jährlich größten deutschen rechten Aufmarsch in Dresden, wo die Polizei massiv gegen antifaschistische GegendemonstrantInnen vorgegangen war.[4]

Die Bundespolizei hat mit ihrer Ausbildungshilfe jedoch eher die Bedeutung Weißrusslands für die europäische Migrationsabwehr und die Bekämpfung „illegaler Migration“ im Sinn: Neben „Führungs- und Einsatzmitteln“ wurden Auswahlverfahren der Truppe vorgestellt. Die belarussischen Grenztruppen bilden eine eigene Behörde, die nicht dem Innenministerium untersteht. Vier Stabsoffiziere des Grenzschutzes besuchten zudem die Spezialeinheit GSG 9.[5]

Die EU verhandelt derzeit mit der Regierung in Minsk über ein Rückübernahmeabkommen. In den 27 Mitgliedstaaten unerwünschte Migranten könnten dann nach Weißrussland abgeschoben werden. Dort erwartet sie die Inhaftierung in Gefängnissen, die Präsident Lukashenko selbst als „Konzentrationslager“ bezeichnet.

(Matthias Monroy)

[1]      BT-Drs. 17/8119 v. 9.12.2011
[2]     Tagesspiegel v. 23.8.2012
[3]     Landespolizeipräsidium Sachsen: Pressemitteilung v. 24.8.2012
[4]     siehe den Beitrag von Elke Steven in diesem Heft
[5]     BT-Drs. 17/10742 v. 24.9.2012