Selten war der Unsinn des V-Leute-Wesens offensichtlicher: Mindestens 17 Spitzel tummelten sich im Umfeld des „Nationalsozialistischen Untergrunds“.
Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) legt – wenn man ihm glauben will – bereits seit Jahren hohe Maßstäbe an Lebenswandel und Selbstverständnis seiner Quellen an. Maßstäbe, die laut dem Bundesamt deutlich über den Kriterien liegen, nach denen die meisten Landesämter ihre sogenannten Vertrauenspersonen vulgo Spitzel auswählen. Und natürlich soll der Bundesmaßstab nun künftig auch von den Ländern angelegt werden, regt Köln als Konsequenz aus dem Desaster um die rechte Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) an. Von Spitzeln umzingelt. Der NSU und die V-Leute des Verfassungsschutzes weiterlesen →
Im Januar 2012 begann der Untersuchungsausschuss seine Arbeit. Wie ist er zustande gekommen? Welche Möglichkeiten hat er? Was sind seine bisherigen Ergebnisse? Eine Zwischenbilanz.
Nachdem im November 2011 die Mord- und Verbrechensserie des sich selbst Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nennenden Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe publik wurde, war schnell klar, dass es sich um einen der spektakulärsten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik handelt: Eine Naziterrorzelle lebte mehr als 13 Jahre unerkannt im Untergrund und verübte in dieser Zeit neun rassistisch motivierte Morde, einen Mord an einer Polizistin und einen Mordversuch an ihrem Kollegen, zwei Bombenanschläge auf Geschäfte und Straßen mit migrantischer Bevölkerung und ca. 14 Banküberfälle. Eine verheerende Bilanz der Sicherheitskräfte des Landes wurde deutlich. Nicht nur hatte man nach eigenem Bekunden keinerlei Kenntnis einer solchen Terrorzelle; die Mordserie des NSU wurde über Jahre völlig falsch eingeschätzt, die Opfer und ihre Angehörigen zu Hauptverdächtigen erklärt. Institutioneller Rassismus und die völlige Verkennung der tödlichen Gefahr von rechts waren Vorwürfe, die gegen Polizei und Verfassungsschutz erhoben wurden. Naziterror und Behördenversagen. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags weiterlesen →
Unser Titelbild zeigt die Brückenstraße in Berlin-Treptow. Sie rangiert in den Meldungen von Reach-out, der Berliner Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt, immer wieder als Tatort. Der letzte Eintrag stammt vom 2. September 2012: „Gegen 3.20 Uhr wird ein 23-jähriger Mann von drei Neonazis, die zu einem Bundestreffen in der Neonazi-Kneipe ‚Zum Henker‘ angereist sind, als ‚Linker‘ erkannt, geschubst, geschlagen und gejagt. Der 23-Jährige rettet sich in einen Imbiss.“ Redaktionsmitteilung weiterlesen →
Die Geschichte des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ beginnt nicht erst mit dem Abtauchen des Trios Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe 1998. Das Gewaltpotenzial der Neonazi-Szene wurde verharmlost. Der Verfassungsschutz agierte mit seinen V-Leuten „rechts- und regellos“, sagt Martina Renner. Heiner Busch befragte die Landtagsabgeordnete der LINKEN und stellvertretende Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses.
Was ist der Auftrag des Untersuchungsausschusses?
Der Untersuchungsausschuss wurde im Januar 2012 auf gemeinsamen Antrag aller Fraktionen im Thüringer Landtag eingesetzt. Er soll mögliches Fehlverhalten der Sicherheits- und Justizbehörden des Landes im Zusammenhang mit Aktivitäten rechtsextremer Strukturen, insbesondere des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und des „Thüringer Heimatschutzes“ (THS), unter die Lupe nehmen. Zum Auftrag des Ausschusses gehört auch die Rolle der zuständigen Ministerien einschließlich ihrer politischen Leitungen sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen, der so genannten menschlichen Quellen, der V-Leute also. Auch die Vorgeschichte im Blick – Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss weiterlesen →
Ein Kooperationszentrum und ein gemeinsames Informationssystem für Polizei und Verfassungsschutz sollen „Pannen“ wie bei der Verfolgung der Zwickauer Zelle künftig ausschließen. Falsche Konsequenzen aus einer falschen Problemanalyse.
Wir erinnern uns: Kurz nach dem 11. September 2001 – der Staub über Manhattan hatte sich kaum gelegt – legte der seinerzeitige Bundesinnenminister Otto Schily gleich ein ganzes Bündel an Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen vor. Mit den im Volksmund bald so genannten Otto-Katalogen sollten insbesondere der Kampf gegen islamistische „Schläfer“ aufgenommen und „Sicherheitslücken“ geschlossen werden. Mit Bits und Bytes gegen Rechts? Anti-Terror-Datei gegen Rechtsextremisten weiterlesen →
Für das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) ist klar: Es braucht ein Frühwarnsystem gegen Neonazis – aber kein geheimdienstliches, sondern eines, das aus der Gesellschaft selbst kommt.
Zu keiner Zeit seit 1990 gab es so vielfältige Einblicke in die Arbeitsweise und Denkweise der Verfassungsschutzbehörden wie in den letzten zwölf Monaten. Plötzlich liegt all das auf dem Tisch: die undemokratischen Einstellungen der MitarbeiterInnen, das systemische Versagen in der Analyse der Naziszene und die andauernde Fehlbewertung der tödlichen Gefahren, die sich daraus ergeben. Und auf einmal stellt sich die Frage, ob der Verfassungsschutz (VS) abgeschafft gehört. Eine politische Forderung, die noch vor Jahresfrist einem politischen Selbstmord immerhin ziemlich nahe kam. Ach, der Verfassungsschutz! Der Inlandsgeheimdienst und die Antifa weiterlesen →
Zuviel Grenzüberwachung und Migrationskontrolle: Das ist das Ergebnis der „Borderline“-Studie, die im April dieses Jahres in Berlin veröffentlicht wurde. Die Migrationsabwehr wird zunehmend ins Vorfeld verlagert.
Die Wissenschaftler Ben Hayes und Mathias Vermeulen untersuchten im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung das „europäische Grenzüberwachungssystem“ EUROSUR und die „Initiative für intelligente Grenzen“.[1] Mit letzterer (engl. „Smart Border Package“) wollen die Innenminister der Europäischen Union die Handhabung wachsender „Reiseströme an den Grenzen“ verbessern.[2] Kontrollen gegen unliebsame MigrantInnen werden durch technische Hilfsmittel verschärft, während gleichzeitig Privilegien für „legal Reisende“ geschaffen werden. Damit soll Personal entlastet werden: Laut dem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission werden die Außengrenzen der 27 EU-Mitgliedstaaten jährlich rund 700 Millionen Mal übertreten. Ein Drittel der Einreisen an Land, auf See und in der Luft werden „Drittstaatsangehörigen“ zugeschrieben. Allein für den Luftverkehr wird bis 2030 von einer Zunahme von 400 auf rund 720 Millionen Reisende im Jahr 2030 ausgegangen. Seit wann sind Grenzen intelligent? Die EU will mehr „Lagebewusstsein“ für Schengen weiterlesen →
13 Jahre nachdem das europäische Polizeiamt seine Arbeit aufgenommen hat, wird wieder einmal über seine Zukunft diskutiert. Auch wenn eine Ausweitung des Mandats unwahrscheinlich ist, hat das Amt inzwischen deutlich an Macht gewonnen. Ob seine Kontrolle gestärkt wird, bleibt abzuwarten.
„Im Herzen der europäischen Sicherheit“ verortet sich Europol laut einer bunten, aber nichts sagenden Imagebroschüre.[1] Öffentlichkeitsarbeit schreibt das Amt inzwischen groß. Nachdem es durch den Europol-Beschluss des Rates von 2009 auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wurde, gab es auch ein neues Logo: den stilisierten Ausschnitt eines Spinnennetzes, dessen Fäden bei Europol zusammenlaufen.[2]Auf dem Weg zur Europol-Verordnung – Das EU-Polizeiamt weiterhin auf Wachstumskurs weiterlesen →
Für den 16. bis 19. Mai 2012 hatte ein breites Bündnis unter dem Namen „Blockupy Frankfurt“ zu Europäischen Aktionstagen gegen das Spardiktat von Troika und Regierung und für internationale Solidarität und die Demokratisierung aller Lebensbereiche aufgerufen. Die Stadt reagierte mit einem kompletten Verbot der Proteste.[1]
Während für Mittwoch, den 16. Mai 2012, lediglich die Anreise, eine Aktion bei der Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) und ein abendlicher Rave geplant waren, sollten am Donnerstag in der Innenstadt im Sinne der Occupy-Bewegung Plätze besetzt und für kultur-politische Protestveranstaltungen und Assambleas angeeignet werden. Für Freitag war geplant, die Zugänge zur EZB mit dem Ziel zu blockieren, den Bankenstandort Frankfurt am Main für einen Tag lahmzulegen. Angekündigt waren Menschenblockaden. Bei den Aktionen sollten Gegenstände mitgeführt werden, die thematisch den Widerstand und Protest gegen die Auswirkungen der Krisenpolitik zum Ausdruck bringen. Den Abschluss der Aktionstage sollte eine internationale Großdemonstration am Samstag bilden, zu der zunächst 30.000 bis 40.000, später dann 20.000 TeilnehmerInnen erwartet wurden.[2]Frankfurt im Ausnahmezustand? Staatliche Reaktionen auf die Blockupy-Proteste weiterlesen →
Die Bundesregierung und die etablierten Parteien haben sich längst festgelegt: Mangelnde Koordination, fehlender Informationsaustausch und unklare Kompetenzen seien die Gründe für das Versagen der Sicherheitsbehörden angesichts der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gewesen. Dementsprechend sehen auch ihre Folgerungen aus.
Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) und die Arbeit der „Sicherheitsbehörden“ beschäftigen derzeit mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Jener des Bundestages wurde im Januar 2012 nach dem üblichen Gerangel zwischen Regierung und Opposition eingesetzt. Das Innenministerium Thüringens – jenes Bundeslandes, aus dessen Neonazi-Szene der NSU hervorgegangen ist – beauftragte zunächst ein Dreiergremium unter Leitung des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer mit einem Gutachten,[1] bevor der Landtag ebenfalls Ende Januar einen Untersuchungsausschuss auf die Beine stellte. Die Parlamente Sachsens und Bayerns zogen im März bzw. im Juli nach. Unfall NSU? Falsche Interpretationen und übliche Lösungen weiterlesen →
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