Alle Beiträge von Heiner Busch

Schengen und Amsterdam

Gemäß dem zum Amsterdamer Vertrag gehörenden Schengen-Protokoll soll die bisherige multilaterale Zusammenarbeit der Schengen-Gruppe in die EU-Strukturen überführt werden. Dabei wird nicht nur das bestehende Schengen-Sekretariat in das des Rates eingegliedert. Entsprechend der im Amsterdamer Vertrag vorgesehenen Aufteilung der justiz- und innenpolitischen Zusammenarbeit auf die erste Säule einerseits – Asyl, Migration, Außengrenzen, Zusammenarbeit im Zivilrecht – und auf die dritte andererseits – Polizei, quasi-polizeiliche Tätigkeiten der Zollbehörden, Strafrecht – soll auch die Schengen-Kooperation gesplittet werden. Schengen und Amsterdam weiterlesen

Eurodac per Verordnung

Die Pläne für die Fingerabdruckdatenbank Eurodac sind –  kurzfristig – auf Eis gelegt. Dies erklärte ein hoher Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums auf einer Tagung der Grünen-Bundesarbeitsgemeinschaft „Demokratie und Recht“ am 23. Januar 1999 in Hannover. Über die inhaltlichen Fragen des Informationssystems war in den Gremien der 3. Säule bereits im März 1998 Einigung erzielt worden. Auf Druck Deutschlands und Österreichs sollen in Eurodac nicht nur die Fingerabdrücke von Asylsuchenden, sondern auch von „illegalen Einwanderern“ gespeichert werden. Eurodac per Verordnung weiterlesen

TECS – Europols Computersysteme – Zwischenlösung geht in Betrieb

von Heiner Busch

Zum 1. Oktober ist die Europol-Konvention in Kraft getreten. Bis sämtliche der unter dem Kürzel TECS (The Europol Computer Systems) zusammengefaßten Datensysteme des Europäischen Polizeiamtes in Betrieb gehen, dürften noch einige Jahre verstreichen. Beruhigen kann das aber nicht, denn schon die Zwischenlösung hat es in sich.

Als im Juli 1995 die Europol-Konvention unterzeichnet wurde, verkündete Europol-Chef Jürgen Storbeck, daß man jetzt daran gehen müsse, die Datensysteme des Amtes zu planen, damit diese gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Vertrages in Betrieb gehen könnten. Tatsächlich erhielt die britische Firma CREW-Services 1996 den Zuschlag zur Ausarbeitung des ‘Statement of requirements’, der Durchführbarkeitsstudie. In einer zweiten Phase wurde UNISYS mit der Spezifizierung dieser Pläne beauftragt. Trotz des frühen Beginns der Planungen und der langen Zeit, die die Ratifizierung des Vertrages in Anspruch nahm, ist mit einem vollen Betrieb aller Untersysteme von TECS erst im Jahre 2001 zu rechnen. Die Nachricht von der Verzögerung hat im Sommer dieses Jahres eine klammheimliche Freude in linken und bürgerrechtlichen Kreisen aufkommen lassen. Die Häme dürfte aber nicht von Dauer sein. TECS – Europols Computersysteme – Zwischenlösung geht in Betrieb weiterlesen

Die elektronischen Instrumente der Abschiebung – Fahndung als Ausländerkontrolle

von Heiner Busch

Die Polizei fahndet nach Kriminellen. Das ist die landläufige Assoziation, die das Wort Fahndung hervorruft. Spätestens beim Blick auf den Inhalt von elektronischen Fahndungssystemen wird man eines besseren belehrt. Mehr als die Hälfte aller im deutschen INPOL-System zur Fahndung ausgeschriebenen Personen sind AusländerInnen aus Nicht-EU-Staaten, die abgeschoben oder an der Grenze zurückgewiesen werden sollen. Im Schengener Informationssystem (SIS) liegt ihr Anteil bei sogar 86%.

Im Oktober vergangenen Jahres hätte die bundesdeutsche Polizei ein besonderes Ereignis zu feiern gehabt: 25 Jahre zuvor war mit dem Anschluß der ersten 35 Terminals an das Informationssystem INPOL der Startschuß für einen bundesweiten polizeilichen EDV-Verbund gefallen, dessen erstes Teilstück die Personenfahndung wurde. Die elektronischen Instrumente der Abschiebung – Fahndung als Ausländerkontrolle weiterlesen

Hart an der Grenze – Technische Aufrüstung für die Abschottungspolitik

von Heiner Busch

Seit die Abdichtung der Grenzen gegen Flüchtlinge und (illegale) MigrantInnen zu einem zentralen Bezugspunkt der Politik Innerer Sicherheit westeuropäischer Staaten geworden ist, hat die Technisierung der Grenzüberwachung und -kontrolle einen enormen Aufschwung erlebt.

So wird z.B. seit dem Sommer 1997 im schweizerischen Kanton Tessin die Grenze zu Italien nicht nur vom Grenzwachtkorps kontrolliert, sondern auch von einem Kontingent von anfangs 20 und seit Mai dieses Jahres 100 Berufssoldaten aus dem Festungswachtkorps. Die Militarisierung einer zivilen Angelegenheit brachte auch eine besondere technische Errungenschaft: Seit einigen Monaten testen die eingesetzten Soldaten ein System, das sie sich von der israelischen Armee besorgt haben. Sie hören den Mobiltelefonverkehr jenseits der Grenze ab und wollen auf diese Weise Schlepper lokalisieren, die ihre Kunden – derzeit meist Flüchtlinge aus Kosovo – an die Orte bringen, von denen aus sie die Grenze überqueren sollen. Das Militärministerium hatte zunächst beteuert, mit der Apparatur könnten die Benutzer von Handys nur lokalisiert, die Gespräche selbst aber nicht abgehört werden – eine Behauptung, die schon am nächsten Tag revidiert wurde. [1] Hart an der Grenze – Technische Aufrüstung für die Abschottungspolitik weiterlesen

Anschluß ans Europa der Polizeien – Die Schweiz und Schengen

von Heiner Busch

Seit Oktober 1997 ist die Schweiz von Staaten umgeben, die allesamt das Schengener Durchführungsübereinkommen anwenden. Als Nicht-EU-Staat kann die Eidgenossenschaft nicht Mitglied der Schengen-Gruppe werden, dennoch bemüht sich das schweizerische Justizministerium, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), seit mehreren Jahren um einen Anschluß ans Europa der Polizeien. Hilfe kommt jetzt aus Deutschland und Österreich. Anschluß ans Europa der Polizeien – Die Schweiz und Schengen weiterlesen

Nicht „undurchdringlich“ – Kontrolle und Überwachung der Schengener Außengrenze

von Jürg Lüdi und Heiner Busch

Wie schon 1993 hat der Schengener Exekutivausschuß auch im vergangenen Jahr Besuchsteams an die Außengrenzen der Vertragsgemeinschaft entsandt. Das Fazit ihres Berichtes: „Trotz aller Anstrengungen“ werde es nicht gelingen, „die absolute Undurchdringlichkeit der Außengrenzen zu gewährleisten“. [1]

Das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) gibt den Vertragsstaaten in Art. 6 einen Kontrollstandard für die Außengrenzen vor. Alle Personen seien an den zugelassenen Grenzübergängen zumindest einer Paßkontrolle und einer Fahndungsabfrage im SIS und im jeweiligen nationalen Fahndungscomputer zu unterziehen. Ausländer aus Nicht-EU-Staaten müssen zusätzlich eine „eingehende Kontrolle“, inkl. Durchsuchung mitgeführter Sachen, über sich ergehen lassen. Darüber hinaus sollen auch die „grüne“ bzw. die „blaue“ Grenze überwacht werden. Dazu müssen „Kräfte in ausreichender Zahl für die Durchführung der Kontrollen und die Überwachung der Außengrenzen zur Verfügung“ gestellt werden (Art. 6 Abs. 4). Nicht „undurchdringlich“ – Kontrolle und Überwachung der Schengener Außengrenze weiterlesen

Schengen und die Folgen – Eine einseitige Erfolgsbilanz

von Heiner Busch

1985 versprachen die Schengener Regierungen, die Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen schrittweise abzubauen, wenn parallel dazu der angebliche Sicherheitsverlust ausgeglichen würde. Mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) von 1990 sollte beides erledigt sein. Der Deal erwies sich als sehr einseitig. An Binnengrenzen wird nach wie vor kontrolliert. Die nicht realisierte Kontrollfreiheit muß für immer neue Sicherheitsmaßnahmen herhalten.

Bern, 19. Februar 1998 – Pressekonferenz des Europäischen Bürgerforums: „Wir haben nichts anderes getan, als das Schengener Abkommen anzuwenden“, erklärt Gerardo Manello, Bürgermeister von Badolato, jener kleinen Gemeinde am äußersten Südzipfel Italiens, vor der am 26. Dezember vergangenen Jahres die „Ararat“ mit 826 Flüchtlingen an Bord gestrandet war. 339 von ihnen sind in der Gemeinde untergekommen. Viele wohnen schon nicht mehr im Schulgebäude, sondern in diversen Häusern und Ferienwohnungen, die von den Bewohnern des Ortes schnell zur Verfügung gestellt wurden. Polizisten verzichteten auf die Bezahlung der Überstunden und spendeten das Geld ans Rote Kreuz, das die Flüchtlinge betreut. Für Badolato sei die Ankunft der Kurden eine Chance. Gemeinsam mit ihnen will die Gemeinde die alten Häuser des Burgo renovieren, des alten Dorfkerns, der sich auf 270 Meter über dem neuen direkt am Meer gelegenen Badolato Marina erhebt. In das Dorf, das durch die Migration nach Norditalien, in die Schweiz und nach Deutschland entvölkert wurde, sollen die Kurden wieder Leben bringen. Die Erfahrungen mit der Emigration erklären auch die Bereitschaft der Dorfbewohner, schnell und unbürokratisch zu helfen. „Wir wissen, was es bedeutet, wenn man fortgehen muß, um das zu suchen, was einem die eigene Heimat verweigert.“ Man habe, so erzählt der Bürgermeister mit einem listigen Grinsen, Rechtsanwälte und Übersetzer organisiert, die die Flüchtlinge über ihr Recht, einen Asylantrag zu stellen, aufklärten. Das Recht auf ein Asylverfahren sei übrigens im Schengener Abkommen ausdrücklich bestätigt. Schengen und die Folgen – Eine einseitige Erfolgsbilanz weiterlesen