TECS – Europols Computersysteme – Zwischenlösung geht in Betrieb

von Heiner Busch

Zum 1. Oktober ist die Europol-Konvention in Kraft getreten. Bis sämtliche der unter dem Kürzel TECS (The Europol Computer Systems) zusammengefaßten Datensysteme des Europäischen Polizeiamtes in Betrieb gehen, dürften noch einige Jahre verstreichen. Beruhigen kann das aber nicht, denn schon die Zwischenlösung hat es in sich.

Als im Juli 1995 die Europol-Konvention unterzeichnet wurde, verkündete Europol-Chef Jürgen Storbeck, daß man jetzt daran gehen müsse, die Datensysteme des Amtes zu planen, damit diese gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Vertrages in Betrieb gehen könnten. Tatsächlich erhielt die britische Firma CREW-Services 1996 den Zuschlag zur Ausarbeitung des ‘Statement of requirements’, der Durchführbarkeitsstudie. In einer zweiten Phase wurde UNISYS mit der Spezifizierung dieser Pläne beauftragt. Trotz des frühen Beginns der Planungen und der langen Zeit, die die Ratifizierung des Vertrages in Anspruch nahm, ist mit einem vollen Betrieb aller Untersysteme von TECS erst im Jahre 2001 zu rechnen. Die Nachricht von der Verzögerung hat im Sommer dieses Jahres eine klammheimliche Freude in linken und bürgerrechtlichen Kreisen aufkommen lassen. Die Häme dürfte aber nicht von Dauer sein.

Denn schon im Herbst 1997 haben die zuständigen Gremien der Dritten Säule der EU, die Europol-Arbeitsgruppe und der K4-Ausschuß, eine Zwischenlösung vereinbart. Der Rat der Innen- und Justizminister hat diese Entscheidung im März dieses Jahres abgesegnet. Die Zwischenlösung entspricht, wie ein hoher Europol-Beamter auf telefonische Anfrage erklärte, im wesentlichen dem späteren Analyse-System, auf dem die Arbeitsdateien zu Analysezwecken betrieben werden sollen. Damit steht einer der beiden Pfeiler von TECS. Im Unterschied zum ‘Informationssystem’, das eine Registerdatenbank über Verurteilte, Verdächtige und potentiell verdächtige Personen darstellen wird, dürfen in den Arbeitsdateien auch (potentielle) Opfer, Kontaktpersonen, (potentielle) ZeugInnen und „andere Personen“ gespeichert werden. Auch die Art der zu speichernden Daten ist weitgehend offen. Selbst Daten über Gesundheit, Sexualität und Rassenzugehörigkeit dürfen erfaßt werden, sofern sie für die Analyse notwendig erscheinen. Unmittelbaren Zugang zu den Daten erhalten nur die Mitglieder der jeweiligen Analyse-Gruppe, Europol-Bedienstete und Verbindungsbeamte bzw. SpezialistInnen der ‘betroffenen’ Mitgliedstaaten. Einen online-Zugriff der nationalen Polizeizentralen, wie er für das Informationssystem vorgesehen ist, soll es bei den Analysedateien nicht geben.

Millionenkapazität – Millionenkosten

Laut Aussagen des genannten Europol-Beamten waren die Testläufe für die ‘Zwischenlösung’ bereits im Sommer dieses Jahres abgeschlossen. Danach sei es prinzipiell möglich, insgesamt 5.000 Arbeitsdateien mit jeweils mehreren Tausend Datensätzen parallel zu betreiben. In der Praxis sei aber nur von einigen Hunderten auszugehen. Rund eine Million Datensätze sollen auf dem noch aufzubauenden Informationssystem Platz haben.
Wie der Zugang der nationalen Polizeizentralen für dieses zweite Standbein von TECS technisch geregelt wird, ist noch unklar. Eine denkbare Lösung wäre die des Schengener Informationssystems (SIS). Hier werden alle Daten parallel in einer zentralen Komponente und in den nationalen Systemen der angeschlossenen Staaten gespeichert. Das SIS war ursprünglich für acht teilnehmende Staaten konzipiert. Mittlerweile sind es zehn. Der Beitritt weiterer Mitglieder zum Schengener Club zwingt die Vertragsstaaten nun zum Aufbau eines neuen SIS der zweiten Generation und damit zu weiteren Investitionen in Millionenhöhe.
Angesichts der bevorstehenden Erweiterung der EU und damit auch des Kreises der an Europol beteiligten Staaten will man von den Schengener Erfahrungen lernen. Die Kosten für TECS sind ohnehin schon größer als anfänglich gedacht. 1996 sprach das Bundesinnenministerium im Haushaltsausschuß des Bundestages von etwa 20 Mio. ECU. Der von uns befragte Europol-Beamte rechnet jetzt mit ungefähr 35 Mio. Euro.

Heiner Busch ist Redakteur von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.