von Benjamin Derin, Christian Meyer und Friederike Wegner
Staatliches Interesse an Daten ist keineswegs neu. Mit der fortschreitenden Digitalisierung gewinnt das Nutzungspotenzial von Informationen – und damit auch das polizeiliche Streben danach – jedoch eine neue Qualität. Der behördliche Datenhunger trifft zudem auf eine unter dem Primat der Prävention stehende Gesellschaft, die ihr Verständnis von Sicherheit und Risiko neu definiert.
Registrierungs- und Identifizierungstechniken haben eine lange historische Tradition. Das Interesse am (heimlichen) Beobachten anderer lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. In der Renaissance entwickelten sich kulturell geprägte Praktiken und Techniken (wie Geheimschriften, Kryptographie, verborgene Tunnel und Türen), die alsbald auch (sicherheits-)politisch genutzt wurden.
Selbst die scheinbar harmlose Einführung von Hausnummern diente nicht (nur) dazu, die Orientierung der Bevölkerung zu erleichtern. Hausnummern gibt es seit dem 18. Jahrhundert, dem Zeitalter von Rationalisierung und sich verdichtender Bürokratisierung; und sie waren stets eine von der Obrigkeit verordnete Maßnahme, die die staatliche Kontrolle in den Bereich der häuslichen Privatsphäre ausweitete. In Wien versuchte man 1753 im Zuge einer Polizeireform und unter dem Stichwort der Verbrechensbekämpfung eine Hausnummerierung einzuführen. Nutzen und Gebrauch der individuellen Häuserkennzeichnung wuchsen schnell über den ursprünglich angegeben Zweck hinaus. Die Nummerierung erleichterte die militärische Rekrutierung, die Bekämpfung von Bettelei, aber auch Steuer- und Versicherungsangelegenheiten. Der Blick nach vorn im Datendschungel: Datafizierung und Prävention weiterlesen