von Anna Biselli
Seit einigen Jahren setzt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zunehmend auf IT-Systeme, um die Identität von Geflüchteten zu bestimmen und zu verifizieren. Doch die Systeme machen Probleme: Sie sind fehleranfällig und greifen teilweise tief in die Privatsphäre der Schutzsuchenden ein. Die Asylverfahren werden weiter entmenschlicht, Schicksale werden zunehmend Maschinen überlassen.
In der ersten Hälfte des Jahres 2016 wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fast 400.000 Asylanträge gestellt. Die Behörde kam mit der Bearbeitung der Anträge nicht mehr hinterher, unerledigte Asylverfahren stapelten sich. Mehrere Tausend neue Mitarbeiter*innen sollten helfen, die Anträge schneller abzuarbeiten. Stattdessen brachten sie neue Probleme: Laut einer internen Auswertung des BAMF aus dem Jahr 2017 hatten nur rund 20 Prozent die vorgesehene Grundausbildung durchlaufen. Es kursierten interne Zielvorgaben, die kaum zu schaffen sind: 3,5 Entscheidungen oder drei Anhörungen pro Tag sollten die Angestellten jeweils bewältigen.[1] Nicht viel Zeit, um sich mit den Schutzsuchenden auseinanderzusetzen, von denen alle ihre eigene Flucht- und Verfolgungsgeschichte mitbrachten. Automatisierte Identitätsprüfung: Im BAMF urteilen zunehmend Computer über Geflüchtete weiterlesen →
von Anna Biselli
Sprachanalyse-Software, Fingerabdruckabgleich und Handydatenauswertung – das sind nur einige Maßnahmen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den letzten Monaten eingeführt hat. Asylverfahren werden digital, die Entscheidungen über menschliche Schicksale zunehmend Maschinen überlassen.
Das BAMF greift immer stärker auf technische Mittel zurück, wenn es darum geht, die Identität und Herkunft von Asylsuchenden zu bestimmen und zu prüfen. Laut BAMF könnten nur etwa 40 Prozent der AntragsstellerInnen einen Pass vorlegen. Ein sogenanntes digitales Assistenzsystem soll dem „besseren Flüchtlingsmanagement“ dienen und helfen, das Problem der Identitätsfeststellung zu bewältigen. Das System wurde zunächst in der Aufnahmeeinrichtung des BAMF in Bamberg getestet und wird nun bundesweit eingesetzt.[1] Digitalisierte Migrationskontrolle: Wenn Technik über Asyl entscheidet weiterlesen →
Es existiere kein geregeltes Verfahren der Registrierung mehr, die Behörden wüssten nicht mehr, wer sich in Deutschland aufhalte, die Innere Sicherheit sei gefährdet. So lauteten die Klagen von OrdnungspolitikerInnen angesichts der ab Mitte 2015 stark gestiegenen Zahl von Asylsuchenden. Das „Datenaustauschverbesserungsgesetz“ sollte deshalb die Verwaltung der Geflüchteten optimieren und zugleich den datenmäßigen Zugriff von Polizei und Geheimdiensten sichern.
Zur effizienteren Verwaltung von Geflüchteten führte das Anfang Februar 2016 in Kraft getretene Gesetz[1] zwei neue Instrumente ein: einen „Kerndatensystem“ und den „Ankunftsnachweis“, der mit einem aufgedruckten QR-Code den personenbezogenen Zugriff auf das Kerndatensystem ermöglicht. Damit ist eine neue Qualität in der „Verdatung“ von MigrantInnen erreicht, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schien. Die amtlich bestallten DatenschützerInnen hielten sich angesichts der Flüchtlingslage mit Kritik zurück, obwohl die Verletzung datenschutzrechtlicher Prinzipien wie der Datensparsamkeit offensichtlich ist. Von der aktuellen Adresse bis zur Bildungskarriere wird alles zentral gespeichert und ist für zahlreiche Behörden abrufbar. Geflüchtete als Datenmasse: Riesiger Datenpool für viele Behörden weiterlesen →
von Mark Holzberger
Bei der Bekämpfung der unerlaubten Einwanderung bzw. „terrorverdächtiger“ AusländerInnen arbeiten deutsche Polizeibehörden und Geheimdienste inzwischen eng zusammen.
Den ersten Schritt in diese Richtung unternahm das Bayerische Staatsministerium des Inneren (StMI), als es im Herbst 2004 die Arbeitsgruppe BIRGiT ins Leben rief.[1] BIRGiT steht für „beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus/Extremismus“. Die Arbeitsgruppe trifft sich etwa alle zwei Wochen. Neben dem StMI gehören ihr zunächst die Ausländerbehörden der Städte München und Nürnberg sowie der Bezirksregierungen Oberbayern und Mittelfranken an. Bei denen hatte das StMI im Juli 2005 eigens die Zuständigkeiten für Ausweisungsverfügungen und Überwachungsmaßnahmen (§ 54a Aufenthaltsgesetz, AufenthG) konzentriert.[2] Weil „die meisten Gefährderfälle einen Asylbezug haben“, ist auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beteiligt.[3] Mit von der Partie sind ferner VertreterInnen des Landeskriminalamts (LKA) und des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV). Anlassbezogen werden auch die Landesanwaltschaft sowie andere bayerische Behörden und Kommunen hinzugezogen.
Hauptziel der AG BIRGiT ist es, sog. Gefährder unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Ausreise aus Deutschland zu bewegen. Wenn eine Ausreise rechtlich (noch) nicht möglich sein sollte, so will die Arbeitsgruppe den Handlungsspielraum der betroffenen Person so weit wie möglich einschränken. … was nicht zusammen gehört – Polizei und Geheimdienste kooperieren gegen Ausländer weiterlesen →
von Germán Meneses Vogel*/Dieter Liehmann**
Nachdem die Neufassung des Ausländerrechts unter dem früheren Innenminister Zimmermann (Referentenentwurf vom 1.2.88) erst in der Öffentlichkeit zerpflückt, dann auch innerhalb der Regierungskoalition zu Fall gebracht wurde, liegt mit Datum vom 27.09.89 ein weiterer Referentenentwurf des BMI für ein neues Ausländergesetz vor. Die Voraussetzungen sind dieses Mal anders; be-reits im Frühsommer einigte sich eine Arbeitsgruppe aus den Koalitionsparteien auf sogenannte „Eckwerte“ und steckte damit den Rahmen für den neuen Entwurf ab. Ausländergesetz: 2. Referentenentwurf: Wenig Integration – viel Abschottung weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.