Schlagwort-Archive: AFIS

220 Abfragen pro Sekunde: Das Schengener Informationssystem wächst dynamisch

Die größte europäische Fahndungsdatenbank ist in den letzten Jah­ren ausgebaut worden. Die Zahl der Speicherungen und Abfra­gen steigt deutlich. Jetzt werden schrittweise weitere Funktionen eingeführt, und der Kreis der Zugriffsberechtigten wird erweitert.

Das Schengener Informationssystem (SIS) wird seit 25 Jahren von Grenz-, Polizei-, Zoll- oder Ausländerbehörden genutzt, auch Geheimdienste greifen lesend und schreibend zu. Am heutigen SIS II sind 26 EU-Mitglied­staa­ten (alle außer Irland und Zypern) sowie Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz beteiligt. Obwohl Einträge in der größten europäischen Fahndungsdatenbank einer Speicherfrist unterliegen, nimmt ihre Zahl deutlich zu. Zum 1. Januar 2020 waren mehr als 90 Millionen Personen und Gegenstände im SIS II gespeichert.[1] 2018 waren es noch 82 Millionen, 2017 etwa 76 Millionen. Die meisten Einträge (rund 22 Millionen) kamen 2018 aus Italien, gefolgt von Frankreich (15 Millionen) und Deutschland (fast 12 Millionen).[2] 220 Abfragen pro Sekunde: Das Schengener Informationssystem wächst dynamisch weiterlesen

Neues EU-System zur Identifizierung mit Fingerabdrücken freigeschaltet

Auch das Schengener Informationssystem (SIS II) verfügt jetzt über ein System zur Identifizierung von Personen mithilfe von Fingerabdrücken. Nach zweijähriger Probezeit wurde das „Automatic Fingerprint Identification System“ (AFIS) am Montagabend von der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-LISA ) freigeschaltet. Das zentral angelegte „Fingerabdruckidentifizierungssystem“ ist beispielsweise im Rahmen einer Polizeikontrolle durchsuchbar. Jeder neu in der Fahndungsdatenbank eingespeicherte Abdruck wird außerdem mit den vorhandenen daktyloskopischen Daten abgeglichen. So sollen die allgemeine Kriminalität, aber auch der Missbrauch von Identitäten bekämpft werden. Neues EU-System zur Identifizierung mit Fingerabdrücken freigeschaltet weiterlesen

Kommentar: Biometrie: Vom Ende des «Identitätsbetrugs» in Europa

Vor dem 11. September 2001 erschien die Biometrie im Wesentlichen als eine Technik, die das Allerheiligste von Banken und Versicherungen oder allenfalls die Chefetagen großer Firmen vor dem Zugang durch Unbefugte schützen sollte. Gesichtserkennung, das Abchecken der Augeniris und dergleichen mehr kannte man meist nur aus Science-Fiction-Filmen. Automatische Fingerabdruckidentifizierungssysteme – kurz AFIS – gab es zwar schon seit den 1990er Jahren, aber sie wurden bis dahin nicht unter dem Stichwort Biometrie diskutiert, sondern galten als Fortentwicklung einer bekannten polizeilichen Methode, nämlich der Daktyloskopie. Kommentar: Biometrie: Vom Ende des «Identitätsbetrugs» in Europa weiterlesen

Counter-terrorism and the inflation of EU databases

Heiner Busch and Matthias Monroy. Translation by Viktoria Langer

The topic of counter-terrorism in Europe remains closely linked to the development and expansion of police (and secret service) databases. This was the case in the 1970s, after 11 September 2001 and has also been the case since 2014, when the EU Member States started working on their action plans against ‚foreign terrorist fighters‘.

The first effect of this debate has been a quantitative one: the amount of data in the relevant databases has increased explosively since 2015. This can be seen by looking in particular at available data on the Europol databases, like ‚Focal Points‘ (formerly: Analytical Work Files) of the Europol analysis system. Since 2015 they have become one of the central instruments of the European Counter Terrorism Centre (ECTC) which was established in January 2016. Counter-terrorism and the inflation of EU databases weiterlesen

Die Trias digitaler Grenzen: Eurodac, SIS II und VIS

von Eric Töpfer

Ursprünglich waren die drei großen IT-Systeme zur Überwachung von Nicht-EU-BürgerInnen als Instrumente zur Umsetzung von Dublin-Regime und Schengener Abkommen gedacht. Doch obwohl sowohl das Gemeinsame Europäische Asylsystem als auch das Europa der offenen Grenzen am Ende scheinen, hält die EU unbeirrt an ihren „digitalen Grenzen“ fest. Nun soll ihre Nutzung für eine verschärfte Abschiebepraxis und die Terrorabwehr sogar noch intensiviert werden.

Eigentlich hat eu-LISA, die 2012 gegründete Agentur für das Betriebsmanagement der drei großtechnischen IT-Systeme, die sich die Europäische Union zur Migrationskontrolle leistet, ihren Sitz in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Tatsächlich aber arbeiten zwei Drittel ihrer etwa 120 Beschäftigten im französischen Straßburg.[1] Dort ist der Maschinenraum von Europas digitalen Grenzen. In einer Hochsicherheitsanlage stehen die Server, auf denen die zentralen Datenbanken des Schengen- und des Visa-Informationssystems (SIS und VIS) sowie von Eurodac laufen. Gespeichert und verarbeitet werden dort Informationen zu mehr als sieben Millionen Personen sowie weit über 50 Millionen Datensätze zu Reise- und anderen Dokumenten, Fahrzeugen, Banknoten und Waffen – Tendenz steigend. Der Betrieb der drei Systeme kostet allein die EU jährlich mehr als 30 Millionen Euro.[2] Dazu kommt eine unbekannte Summe, die die teilnehmenden Staaten für den Betrieb der nationalen Teilsysteme aufbringen müssen. Die Trias digitaler Grenzen: Eurodac, SIS II und VIS weiterlesen

Eurodac und die IT Agentur: Zur Digitalisierung der europäischen Grenze

von Brigitta Kuster und Vassilis S. Tsianos

Der folgende Text beschäftigt sich am Beispiel von Eurodac mit der Digitalisierung der europäischen Grenzkontrolle. Eurodac, eine Informations-, Kommunikations- und Kontrolltechnologie, operiert mittels einer europäischen Datenbank, in der die Fingerabdrücke von Asylsuchenden und irregulären MigrantInnen in einem so genannten Automatischen Fingerabdruck-Identifikations-System (AFIS) gespeichert werden. Der politische Geltungsraum dieses Systems bildet die Dublin II Regulation. Sie wurde als Antwort auf die Krise des europäischen Asylsystems konzipiert, die die Konstruktion und den Gebrauch von flapsigen Begriffen wie “refugees in orbit” und “asylum shopping” begleiteten.[1] Dublin II folgt dem Verursacherprinzip, welches besagt, dass der Mitgliedstaat, der die Einreise eine_r Asylantragssteller_in „verursacht“ hat (etwa durch Vergabe eines Visums oder aufgrund mangelnder Sicherung der Grenze), das Asylverfahren durchführen muss. Indem es mit Hilfe der Datenbank Eurodac die Zuständigkeit eines und nur eines Mitgliedstaates pro Asylantrag rekonstruiert, bildet Dublin II das innere Regulativ der Mobilität von Nicht-EU-Staatsbürger_innen ohne Visum innerhalb der EU. Eurodac und die IT Agentur: Zur Digitalisierung der europäischen Grenze weiterlesen