Schlagwort-Archive: Justiz

Chronologie April 2022

zusammengestellt von Otto Diederich

1. April: Umweltdemonstrationen: Das Landgericht (LG) Gießen (Hessen) verurteilt eine Umweltaktivistin gegen die Rodung des Dannenröder Forstes wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen die an der Räumung des Besetzer*innen-Camps beteiligten Polizist*innen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Gegen das Urteil ist Berufung möglich. Die Frau befindet sich seit etwa 16 Monaten in Untersuchungshaft. Während der Urteilsverkündung kommt es zu lautstarken Protestrufen von Unterstützer*innen; die Polizei räumt den Saal. Am 11. April legen die Anwälte der Aktivistin Revision beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. (Hessen) ein. Am gleichen Tag kleben sich andere Umweltaktivist*innen auf Straßen und Autobahnzufahrten in Frankfurt/M. fest; der Verkehr muss umgeleitet werden. Weitere übergießen die Eingänge von zwei Frankfurter Banken mit schwarzer Farbe. Auch am 12. April werden in Frankfurt/M. wieder Straßenblockaden durchgeführt. Bei den Aktionen am 11./12. April werden insgesamt über 50 Personen vorübergehend festgenommen. Erneut blockieren am 13. April Aktivist*innen eine zentrale Verkehrsachse in Frankfurt/M. und verschütten schwarze Farbe auf der Straße; diesmal werden rund 40 Personen in Gewahrsam genommen. Am 14. April werden in der Frankfurter Innenstadt zwei Brücken blockiert und wiederum Farbe ausgeschüttet. Vier Radfahrer*innen kommen dadurch zu Fall, eine Frau muss ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei nimmt 40 Aktivist*innen in Gewahrsam. Seit Beginn dieser Blockaden wurden etwa 200 Personen fest- und 30 in einen längerfristigen Gewahrsam genommen worden; rund 140 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Am 19. April blockieren Klimaaktivist*innen erneut an drei verschiedenen Orten in Frankfurt/M. die Fahrbahnen und kleben sich teilweise fest. Insgesamt wurden bei den bisherigen Aktionen fast 200 Personen festgenommen; 30 von ihnen mussten über Ostern in Gewahrsam bleiben. In Berlin reißen Klimaaktivist*innen am 19. April das Pflaster des Bürgersteigs von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf, legen Rohre mit der Aufschrift „Qatar Stream“ daneben und verschütten Farbe. Die Polizei beendet die Aktion, sieben Personen werden vorläufig festgenommen. Am gleichen Tag verurteilt das Amtsgericht (AG) Ravensburg (Baden-Württemberg) einen Hochschulprofessor wegen Baumbesetzung gemeinsam mit Klimaaktivist*innen im Mai 2021 zu einer Geldstrafe von 4.000 EUR. Mit der Aktion sollte für intelligentes Heizen in der Hochschule geworben werden. Vor dem AG München (Bayern) beginnt am 26. April der Prozess gegen drei Teilnehmer*innen eines „Klimacamps“ gegen die Automesse IAA im September 2021. Am 27. April versuchen Umweltaktivist*innen in Ramersbach (Rheinland-Pfalz) und Schwedt (Brandenburg) Öl- und Gaspipelines zu unterbrechen. Im Innenausschuss des Hessischen Landtags erklärt Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) am 28. April, dass es in Zusammenhang mit Aktionen von Klima- und Umweltaktivist*innen bisher über 200 vorläufige Festnahmen gegeben hat und über 140 Strafverfahren eingeleitet wurden; 57 Personen seien richterlich vorgeführt worden. Chronologie April 2022 weiterlesen

Chronologie März 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. März: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: In Berlin durchsucht die Polizei die Wohnung und die Dienststelle eines ihrer Beamten wegen unerlaubtem Drogenbesitz. Zahlreiche Beweismittel werden sichergestellt; disziplinarrechtliche Schritte werden eingeleitet und die Staatsanwaltschaft (StA) ermittelt wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Am 7. März teilt die Berliner Polizei mit, dass gegen einen ihrer Beamten wegen Datenmissbrauch, Stalking und Sachbeschädigung ermittelt wird. Der Mann hatte im September 2019 illegal mehrere 100 Daten von mehr als 10 Menschen aus dem Umfeld seiner früheren Freundin aus dem Polizeilichen Informationssystem abgefragt; er ist vom Dienst suspendiert. In die Ermittlungen wurde auch die Berliner Datenschutzbeauftragte einbezogen. Die StA in Bonn (NRW) teilt am 22. März mit, dass gegen einen Beamten der Bonner Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Wie ein Video dokumentiert, hatte der Beamte sich mehrfach auf den Kopf eines bereits gefesselten, mutmaßlichen Straftäters gekniet, obwohl dieser keinen Widerstand leistete. Chronologie März 2022 weiterlesen

Chronologie Februar 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Februar: Polizeischüsse: In Gemünden (Hessen) ersticht ein Mann seine Frau und verletzt sich anschließend selbst schwer. Dennoch kann er erst nach einem Schusswaffengebrauch von Polizeibeamt*innen festgenommen und ins Krankenhaus gebracht werden. Näheres ist aktuell nicht bekannt. Am 7. Februar versucht in Efringen-Kirchen (Baden-Württemberg) ein betrunkener Autofahrer sich einer Verkehrskontrolle zu entziehen, fährt dabei einen Polizisten an und verletzt ihn schwer. Obwohl seine Kollegen daraufhin auf den Wagen schießen, kann der Fahrer trotz zweier Armschüsse zunächst fliehen. Er wird später festgenommen. Mit einem Kleinbus durchbricht am 12. Februar ein Mann die Schranke eines Werksgeländes in Sindelfingen (Baden-Württemberg). Als er kurz darauf einen Unfall hat, versucht er zu Fuß zu flüchten. Als Polizist*innen ihn stoppen, bedroht er sie mit einem Messer. Ein Beamter schießt ihm ins Bein, der Mann wird in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Am 15. Februar gibt in Wörth (Bayern) ein Polizist einen Warnschuss ab um einen ausreisepflichtigen Mann bei der Flucht vor seiner Abschiebung zu stoppen. In München (Bayern) gibt am 16. Februar ein Polizist einen Schuss auf eine Frau ab, die einen Kollegen mit einem Messer angreift. Die Frau bleibt unverletzt und wird am 17. Februar in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Am 24. Februar wird in Gunzenhausen (Bayern) gegen Mitternacht ein Randalierer gemeldet. Die eintreffenden Beamt*innen bemerken Feuer im Haus und rufen die Feuerwehr. Bei deren Eintreffen greift der mutmaßlich psychisch Gestörte diese mit einem Messer an. Auch die Polizist*innen greift er an; als der Einsatz von Pfefferspray wirkungslos bleibt, schießen die Beamt*innen. Der Mann stirbt im Krankenhaus.

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Chronologie Januar 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Januar: Rechtsextremismus: In Iserlohn (NRW) werden auf einem muslimischen Friedhof 30 Grabstellen verwüstet. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird am 6. Januar bekannt, dass in einem Berliner Bezirk zwischen März und Dezember 2021 insgesamt 123 rechtsextremistische Straftaten registriert wurden (Juni 2020 – März 2021: 155). Durch Presseberichte wird am 14. Januar bekannt, dass die StA Marburg (Hessen) drei Burschenschafter der Studentenvereinigung „Frankonia“ wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung anklagt. Die Männer hatten im Juni 2020 das Verbindungshaus der Vereinigung überfallen. Hintergrund ist eine Auseinandersetzung zwischen rechten und liberal gesinnten Studenten. Am 15. Januar entdecken Polizist*innen in Berlin einen Mann, der auf einen Baukran geklettert ist. Als sie ihn auffordern herunter zu kommen, zeigt er den Hitlergruß und grölt nationalsozialistische Parolen. Er wird festgenommen. Am 18. Januar wird durch eine parlamentarische Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag bekannt, dass die Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) 2021 insgesamt 19.000 rechtsextreme Straftaten verzeichnet. Auf Pressenachfragen bestätigt die Generalbundesanwaltschaft (GBA) am 21. Januar, dass sie das Ermittlungsverfahren gegen zwei Mitglieder der rechtsextremistischen „Prepper“-Gruppe „Nordkreuz“ wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach über vier Jahren aus nicht hinreichendem Tatverdacht eingestellt hat. Am gleichen Tag wird ebenfalls durch Presserecherchen bekannt, dass der seit Dezember 2020 amtierende Chef der Bundestags-Polizei Mitglied der rechten Burschenschaft „Gothia“ ist. Die Burschenschaft hat personelle Verbindungen zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und der AfD. Der Referatsleiter wurde bis auf Weiteres von seinen Aufgaben entbunden. In Halle (Sachsen-Anhalt) gibt am 23. Januar ein Mann aus einem gegenüberliegenden Haus mehrere Schüsse mit einer Luftdruckwaffe auf eine Moschee ab. Er wird festgenommen; laut Polizei war er bisher nicht auffällig. Am 24. Januar spricht das Justizministerium Sachsen-Anhalt einer Auszubildenden im Justizvollzugsdienst wegen Rechtsextremismusverdacht ein Betretungsverbot für Haftanstalten aus. Eine weitere dienstliche Prüfung ist eingeleitet. Am 29. Januar durchsucht die Polizei in Fulda (Hessen) nach einem Hinweis ein Mehrfamilienhaus. Dabei werden Nazi-Devotionalien, Waffen und Munition gefunden und sichergestellt.  Chronologie Januar 2022 weiterlesen

Chronologie Dezember 2021

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Dezember: Alternative für Deutschland (AfD): Durch Presseberichte wird bekannt, dass hochrangige bayerische AfD-Mitglieder, darunter Landtags- und Bundestagsabgeordnete, seit Jahren eine geschlossene Chatgruppe betreiben, in der auch Umsturz- und Bürgerkriegspläne erörtert werden. Am 2. Dezember nimmt die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) München (Bayern) daraufhin die Ermittlungen auf. Am 7. Dezember übernimmt die AfD im neuen Bundestag den Vorsitz des Innenausschusses. Die AfD-Bundestagsfraktion benennt am 10. Dezember zwei Polizisten als Vertreter im Innenausschuss, darunter einen wegen Verstoß gegen Versammlungsauflagen bei einer Anti-Corona-Demonstration vom Dienst suspendierten Beamten sowie einen vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) 2020 als Rechtsextremisten eingestuften ehemaligen Bundeswehrsoldaten als Vertreter im Verteidigungsausschuss. Gegen den Mann besteht seit 2020 ein Dienst- und Uniformverbot. Bei der Wahl zum Innenausschussvorsitzenden am 15. Dezember fällt der AfD-Kandidat durch. Am 17. Dezember durchsucht die Polizei die Wohnungen von zwei AfD-Politikern, die sich an den „Umsturz“-Chats beteiligt hatten. Handys und Datenträger werden beschlagnahmt. Ebenfalls am 17. Dezember bestätigt die Staatsanwaltschaft (StA) Berlin eine Presseanfrage, wonach sie gegen einen AfD-Bundestagsabgeordneten ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte bei einer Anti-Corona-Demonstration im November 2020 führt und die Aufhebung der Immunität des Mannes beantragt hat. Chronologie Dezember 2021 weiterlesen

Schusswaffengebrauch neu sortiert: CILIP-Webseite zu tödlichen Polizeischüssen ab 1976

von Johannes Filter und Matthias Monroy

Auffällig viele Menschen werden von der Polizei in ihrer eigenen Wohnung getötet, in vielen Fällen befanden sich die Betroffenen in einer psychischen Ausnahmesituation. Früher trugen die Getöteten häufiger selbst eine Schusswaffe, heute sind es eher Stichwaffen. Diese und andere Informationen lassen sich aus einer datenjournalistischen Aufbereitung unserer jährlichen Todesschuss-Statistik ablesen.

Das größte Risiko, in Deutschland von einer Polizeikugel tödlich getroffen zu werden, besteht in Hamburg und Hessen. Insgesamt ist Berlin mit 28 Opfern die tödlichste Stadt. Am häufigsten betroffen sind 25-jährige Männer, gefährlichster Monat ist der Dezember. Auch eine Häufung an einzelnen Wochentagen ist erkennbar, es überwiegt der Donnerstag und der sechste Tag im Monat. Am Wochenende sterben weniger Menschen durch den polizeilichen Schusswaffengebrauch, dort fällt ebenso die Beteiligung von Spezialeinheiten an den tödlichen Einsätzen deutlich geringer aus. Schusswaffengebrauch neu sortiert: CILIP-Webseite zu tödlichen Polizeischüssen ab 1976 weiterlesen

Polizeiliche Todesschüsse 2020

von Otto Diederichs

Für das Jahr 2020 verzeichnet die offizielle Schusswaffengebrauchsstatistik insgesamt 75 Schüsse auf Personen und damit 13 mehr als im Vorjahr. Während die Zahl der dabei Getöteten mit 15 dem des Vorjahres entspricht, stieg die der Verletzten um 11 auf 41, einer dieser Schusswaffengebräuche gilt als unzulässig. 12 der tödlichen Schussabgaben wurden demnach in Notwehr/Nothilfe abgeben, die übrigen drei verzeichnet die Statistik unter Verhinderung von Verbrechen oder „gleichgestellten Vergehen“.[1] Polizeiliche Todesschüsse 2020 weiterlesen

Chronologie November 2021

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. November: Polizeischüsse: Die Polizei wird alarmiert, weil auf einer Bundesstraße bei Wanfried (Hessen) ein Mann mit einem Messer versucht, Fahrzeuge anzuhalten. Als die Beamt*innen eintreffen, greift er sie damit an. Die Polizist*innen schießen und verletzen ihn schwer. Er wird mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Am 28. November stoppt ein Zivilpolizist in Berlin nach einem Tankstellenüberfall den bewaffneten Täter mit einem Warnschuss. Er wird festgenommen.

Tod in Polizeigewahrsam: In Wuppertal (NRW) wird die Polizei gerufen, weil sich ein Mann mit seiner Schwester streitet und diese dabei verletzt. Als die Beamt*innen eintreffen, greift der Mann eine Polizistin an und reißt sie zu Boden. Mit Verstärkung gelingt es ihrem Kollegen, den Randalierenden zu überwältigen. Im Polizeigewahrsam wird ihm eine Blutprobe entnommen; dabei verliert der Mann das Bewusstsein und stirbt kurz darauf. Die näheren Umstände sind zunächst unbekannt; erst auf Pressenachfragen bestätigt die Polizei den Vorfall Tage später. Am 7. November teilen Staatsanwaltschaft (StA) und Polizei mit, die Obduktion habe kein Fremdverschulden sondern einen Zusammenhang mit dem Drogenkonsum des Mannes ergeben. Chronologie November 2021 weiterlesen