Chronologie März 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. März: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: In Berlin durchsucht die Polizei die Wohnung und die Dienststelle eines ihrer Beamten wegen unerlaubtem Drogenbesitz. Zahlreiche Beweismittel werden sichergestellt; disziplinarrechtliche Schritte werden eingeleitet und die Staatsanwaltschaft (StA) ermittelt wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Am 7. März teilt die Berliner Polizei mit, dass gegen einen ihrer Beamten wegen Datenmissbrauch, Stalking und Sachbeschädigung ermittelt wird. Der Mann hatte im September 2019 illegal mehrere 100 Daten von mehr als 10 Menschen aus dem Umfeld seiner früheren Freundin aus dem Polizeilichen Informationssystem abgefragt; er ist vom Dienst suspendiert. In die Ermittlungen wurde auch die Berliner Datenschutzbeauftragte einbezogen. Die StA in Bonn (NRW) teilt am 22. März mit, dass gegen einen Beamten der Bonner Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Wie ein Video dokumentiert, hatte der Beamte sich mehrfach auf den Kopf eines bereits gefesselten, mutmaßlichen Straftäters gekniet, obwohl dieser keinen Widerstand leistete.

Umweltdemonstrationen: Vor dem Landgericht (LG) Gießen (Hessen) wird der Berufungsprozess gegen eine Baumbesetzerin des Dannenröder Forstes fortgesetzt. Die Frau wird beschuldigt, bei der polizeilichen Räumung Polizist*innen getreten und geschlagen zu haben und deren Absturz dabei in Kauf genommen zu haben. Sie befindet sich seit November 2020 in Untersuchungshaft. Am 3. März tritt sie in einen Hungerstreik. Am 4. März verurteilt das Verwaltungsgericht (VG) Gießen (Hessen) eine Umweltaktivistin, die sich von einer Autobahnbrücke abgeseilt hatte dazu, die Polizeikosten der Aktion in Höhe von 13.393,90 EUR zu bezahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az: 4 K 2855/21.Gl). Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es in Zusammenhang mit den Autobahnblockaden über 270 Strafanzeigen und rund 120 Ordnungswidrigkeitsanzeigen gegen Klimaaktivist*innen. Am 18. März versuchen Klimaaktivist*innen erneut sich in Berlin auf Straßen festzukleben um diese zu blockieren. Überwiegend werden sie von den bereits anwesenden Polizist*innen weggetragen, bevor der Sekundenkleber wirkt. Anlässlich der Eröffnung des Tesla-Werkes in Grünheide (Brandenburg) am 22. März, seilen sich Klimaaktivist*innen von einer Brücke über der Autobahn ab. Die Polizei muss die Strecke sperren; der Verkehr ist stundenlang blockiert. Weitere Aktivist*innen blockieren die Werkstore.

Organisierte Kriminalität (OK): Vor einem Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages zur Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen die italienische Mafia sagt eine Beamtin des Bundeskriminalamtes (BKA) als Zeugin aus. Dabei erklärte sie u.a., dass der Staatsanwalt (StA), der weiter ermitteln wollte, überraschend abgelöst und durch einen anderen StA ersetzt worden sei. Am gleichen Tag durchsucht in Berlin die Polizei in mehreren Bezirken sieben Wohnungen und andere Räume eines arabischen „Clans“; fünf Männer werden festgenommen. In mehreren Städten in NRW durchsucht die Polizei am 12. und 13. März insgesamt 159 Objekte; 18 Haftbefehle werden vollstreckt und 140 Strafanzeigen erstattet. Am 30. März durchsuchen Polizei, Zoll und Steuerfahndung in sechs Bundesländern insgesamt 39 Häuser, Wohnungen und Büros von 32 Verdächtigen unter dem Verdacht ein illegales Finanznetzwerk zur Geldwäsche zu betreiben. Sechs Männer werden festgenommen; Konten, Bargeld, eine Gewerbeimmobilie und weitere Beweismittel werden beschlagnahmt. Durch Presseberichte wird am 31. März bekannt, dass die Polizei im gesamten Stadtgebiet von Berlin Wohnungen, Kioske und Corona-Teststationen einer mutmaßlichen Betrügerbande durchsucht hat, die durch falsche Krankenkassen-Abrechnungen rund sechs Mio. EUR ergaunert hat. Ein Mann und eine Frau werden festgenommen.

Angriffe auf Polizist*innen: In München (Bayern) wird die Polizei von einer Frau darüber informiert, dass die Wohnungstür ihrer Nachbarin offensteht. Als die Beamt*innen einen, in der Wohnung befindlichen Mann kontrollieren wollen, greift er sie mit einer Eisenstange an. Am 3. März gibt der Polizeipräsident von Südhessen bekannt, dass dort im vergangenen Jahr 446 Polizeibeamt*innen im Dienst angegriffen wurden (2020: 294). Durch eine parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird am 4. März bekannt, dass es in der Stadt im vergangenen Jahr zu insgesamt 8.589 Angriffen auf Polizist*innen gekommen ist (2020: 7.505). Am 7. März wird die Polizei in Dresden (Sachsen) darüber informiert, dass etwa zwei Dutzend Personen mit Fackeln und Nebeltöpfen durch die Stadt marschieren. Als ein Streifenwagen eintrifft, wird er sofort mit Gegenständen beworfen. Vor dem Amtsgericht (AG) Frankfurt/M. (Hessen) beginnt der Prozess gegen eine Corona-Leugnerin, die bei einer Demonstration im November 2020 einem Polizisten zunächst ihr Protestschild auf den Kopf geschlagen und sich danach in seinen Oberschenkel verbissen hatte. Am 20. März zieht in Berlin bei einer Fahrzeugkontrolle ein Mann eine Schusswaffe und bedroht die Polizeibeamt*innen; erst als diese ihrerseits einen Schusswaffengebrauch androhen, gibt er auf. Er wird festgenommen. Als mehrere Polizist*innen am 28. März in Berlin auf eine lautstarke Abiturientenfeier auf einem Spielplatz zugehen, zielt einer der Jugendlichen mit einer Pistole auf den Kopf eines Polizisten bevor er unerkannt in der Menge verschwindet. Ein weiterer Jugendlicher trägt eine Schutzweste und ebenfalls eine Pistole im Gürtel. Er wird vorübergehend festgenommen. Am 30. März schlägt auf dem Bahnhof Neubrandenburg (Brandenburg) ein Maskenverweigerer einem Beamten der Bundespolizei (BPol), der ihn auf die Maskenpflicht anspricht, mit der Faust ins Gesicht; dessen Kollegen würgt er. Er wird schließlich überwältigt und in Gewahrsam genommen.

2. März: Rechtsextremismus: Die Staatsanwaltschaft (StA) München bestätigt, dass ein Mann, der im Internet ein KZ-Eingangstor mit dem Schriftzug „Impfen macht frei“ gepostet hat, wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 2.500 EUR verurteilt worden ist. Durch eine parlamentarische Anfrage im brandenburgischen Landtag wird am 3. März bekannt, dass es in dem Bundesland im vergangenen Jahr zu 200 rassistisch motivierten Straftaten kam (2020: 113 / 2019: 219); davon15 Körperverletzungen (2020: 10). Zudem 52 Fälle von Beleidigung, Bedrohung und Nötigung (2020: 27). Am 5. März, an dem in Chemnitz (Sachsen) an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg gedacht wird, marschieren 1.500 Anhänger der rechtsextremistischen Kleinpartei „Freie Sachsen“ durch die Stadt. Ebenfalls in Chemnitz (Sachsen) wird am 10. März ein Mann, der mehrere Jugendliche anspricht, die Naziparolen rufen, von diesen zusammengeschlagen. Dabei rufen sie den Hitlergruß; die Polizei kann fünf Verdächtige stellen. Am 15. März stellt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vor; darin sind etwa 1.500 Personen geheimdienstlich erfasst. Auf dem Flughafen Frankfurt/M. (Hessen) verweigert die BPol am 17. März einer populären spanischen Rechtsextremistin, in deren Gepäck sich eine Hakenkreuzfahne und rechtes Propagandamaterial befinden, die Einreise. Beim Fußball-WM-Auftaktspiel Israel gegen Deutschland am 26. März zeigt ein Mann den Hitlergruß.

3. März: Prozesse gegen Polizist*innen: Das LG Berlin stellt das Verfahren gegen zwei Polizeibeamte wegen rechter Propaganda ein; der Sachverhalt sei nicht mehr aufzuklären. Die damaligen Polizeischüler sollen bei einem Basketballspiel 2018 „Sieg Heil“ gerufen haben. Im Drogenskandal bei der Polizei München (Bayern) verurteilt das AG München am 10. März einen Polizisten zu einer Haftstrafe von drei Jahren und Einweisung in eine Entziehungsanstalt. Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn alle Vorwürfe eingeräumt. In Stade (Niedersachsen) durchsucht die Polizei am 15. März vier Wohnungen von fünf Beamt*innen der dortigen Polizei unter dem Verdacht der Impfpassfälschung. Die Verdächtigen werden suspendiert, Disziplinar- und Strafverfahren werden eingeleitet.

Rechtsextremistische und rassistische Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime: Durch eine parlamentarische Anfrage im brandenburgischen Landtag wird am 3. März bekannt, dass es in dem Bundesland im vergangenen Jahr zu 170 Angriffen auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte kam (2020: 209 / 2019: 268), davon waren 47 direkte Angriffe auf Flüchtlinge (2020: 37).

4. März: Rechtsextremer Mordanschlag: Im Lübcke-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages sagen drei Verfassungsschtz-Mitarbeiter*innen als Zeug*innen aus, dass das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die Beobachtung des späteren Mörders des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) im Juni 2019 in den Jahren 2015/2016 eingestellt hatte. Spätere Erkenntnisse der Polizei waren zudem nicht an das LfV weitergegeben worden.

Alternative für Deutschland (AfD): Gegen einen AfD-Bundestagsabgeordneten wird der Strafbefehl über eine Geldstrafe von 3.000 EUR rechtskräftig. Der Mann hatte bei einer Corona-Demonstration im November 2020 Widerstand gegen die Polizei geleistet. Vor dem VG Köln (NRW) beginnt am 7. März der Prozess um die Frage, ob die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gerechtfertigt oder rechtswidrig war. Nach rund 10-stündiger Verhandlung entscheidet das VG noch am gleichen Tag, dass die gesamte Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingeordnet und geheimdienstlich beobachtet werden darf. Hierfür lägen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte vor. Ebenfalls am 7. März teilt das sächsische Dienstgericht für Richter mit, dass ein früherer AfD-Bundestagsabgeordneter mit rechtsextremistischen Ansichten bis zur endgültigen Entscheidung seinen Dienst als Richter am AG Dippoldiswalde (Sachsen) seinen Dienst aufnehmen kann. Das sächsische Justizministerium will den Mann in den Ruhestand versetzen und leitet am 14. März ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts auf Dienstvergehen gegen ihn ein. Am gleichen Tag werfen in Bautzen (Sachsen) zwei Männer die Fahne des Infostandes eines AfD-Bundestagsabgeordneten um, danach schlägt einer von ihnen den Abgeordneten nieder. Die Männer flüchten unerkannt. Vor dem Landesverfassungsgericht (LVerfG) Brandenburg beginnt am 17. März der Prozess um die Frage, ob das LfV die Partei öffentlich als extremistischen „Verdachtsfall“ bezeichnen durfte. Am 18. März teilt die StA München mit, dass die Polizei bei einer Durchsuchung der Räume des AfD-Landesverbandes Hohenbrunn (beide Bayern) ein Video mit Aufnahmen eines Hitlergrußes gefunden hat, das bei einer AfD-Kundgebung aufgenommen wurde. In Berlin kehrt eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete als Richterin ans LG zurück. Das Dienstgericht Leipzig hingegen untersagt es am 26. März dem einstigen AfD-Bundestagsabgeordneten, sein Richteramt am AG Dippoldiswalde (beide Sachsen) weiter auszuüben. Er sei „gegenwärtig nicht mehr tragbar“.

7. März: Rechtsradikale Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass ein türkisch-stämmiger Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes (ZOS) der Berliner Polizei sich im Internet in voller Uniform, mit Dienstwagen und im Dienstwagen sowie mit Symbolen der türkischen „Grauen Wölfe“ dargestellt hat. Die Polizei prüft strafrechtliche Schritte, allerdings ist die rechtsnationalistische Gruppierung nicht verboten. Am 9. März wird durch Presseberichte bekannt, dass bei der Berliner Polizei aktuell 64 Disziplinarverfahren gegen Beamt*innen wegen rassistischem oder rechtsradikalem Fehlverhalten geführt werden (2021: 47). In 11 Fällen besteht ein Dienstverbot, in drei Fällen laufen Verfahren die Beamt*innen zu entlassen. In 2021 wurden 50 Fälle an die StA übergeben. Gegen einen Polizeibeamten aus Straupitz (Brandenburg), der in seiner Freizeit in SS-Uniform und Waffen posierte, wird am 25. März ein Disziplinarverfahren eingeleitet und er wird vom Dienst suspendiert. Zudem leitet die StA Strafverfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen und Verstoß gegen das Waffengesetz ein. Auslöser der Verfahren sind Presseberichte.

Ermittlungen gegen Justizbeamt*innen: Im Hessischen Landtag teilt Landesjustizministerin Kühne-Hörmann (SPD) mit, dass sich ein, unter dem Verdacht der gewerbsmäßigen und fortgesetzten schweren Korruption stehender Oberstaatsanwalt (OStA) der Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Frankfurt/M. (Hessen) im Januar seiner erneuten Verhaftung zunächst entzogen hatte, indem er zu seiner Verlobten gezogen war. Der Umzug und die Verlobung waren bis dahin unbekannt. Da die Frau ebenfalls bei der GStA arbeitet, wurde sie versetzt. Der OStA ist seither in Untersuchungshaft.

Rechtsextremistischer Mordanschlag in Hanau: Im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages sagt der Polizeipräsident von Hamm (NRW) als Sachverständiger aus. Danach war die Personalsituation der Polizeistation Hanau während des Mordanschlages im Februar 2020 „äußerst defizitär“ und habe nicht gereicht, um eine solche Lage zu bewältigen. Am 18. März sagt im Untersuchungsausschuss der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes als Sachverständiger aus. Er bemängelt, dass er keine Einsicht in Ermittlungsakten und Polizeiprotokolle erhalten hat. Weiterhin kritisiert er, dass die StA Hanau Lücken in den Ermittlungen nicht nachgegangen ist.

Rassistische Angriffe: Auf einem Supermarktparkplatz in Berlin wird ein Mann rassistisch beleidigt und mit Nazi-Parolen beschimpft. Am 10. März beleidigt in einem Berliner Wohnhauseingang eine Frau einen Mann rassistisch und bespuckt ihn bevor sie unerkannt verschwindet. Vor einer Berliner U-Bahnstation sprüht ein Mann am 11. März zwei Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe zunächst Reizgas ins Gesicht und beleidigt sie danach rassistisch. Er wird festgenommen. An einer Bushaltestelle in Berlin beleidigt und bedroht am 16. März ein unbekannter Autofahrer einen Busfahrer rassistisch bevor er weiterfährt. Wiederum in Berlin verweigert am 18. März in einer Corona-Teststation ein Mann den Test aufgrund der Hautfarbe des Testers und beschimpft diesen rassistisch und volksverhetzend. Er wird vorübergehend festgenommen. Am 25. März wird in Berlin erneut eine Frau rassistisch beleidigt bevor der Mann in ihren Kinderwagen spuckt und unerkannt verschwindet. Am 26. März beleidigt in einem Bus in Berlin ein Mann einen anderen Fahrgast zunächst rassistisch und schlägt ihm dann mit seinem Schuh auf den Kopf. Er wird festgenommen (https://www.tagesspiegel.de/berlin/taeter-festgenommen-staatsschutz-ermittelt-bus-fahrgast-in-berlin-grunewald-rassistisch-beleidigt-und-mit-schuh-geschlagen/28204214.html). Am 28. März wird in Berlin eine dunkelhäutige Tänzerin von einem Mann rassistisch beleidigt. Anhand eines Twitter-Videos konnte die Polizei den Mann identifizieren; er erhielt eine Anzeige wegen Volksverhetzung. Die Berliner Registrierstelle RIAS meldet am 29. März für das Jahr 2021 insgesamt 1.425 rassistische Vorfälle in der Stadt. In Berlin schlägt am 30. März ein Mann auf eine Frau mit Kopftuch ein und wirft ihr eine Flasche an den Kopf. Ein Zeuge des Vorfalls verfolgt den flüchtenden Täter und hält ihn fest bis er von der Polizei festgenommen wird.

Antisemitismus: In Berlin schlägt ein Unbekannter einer Israelin mit der Faust ins Gesicht und bricht ihr dabei die Nase. Am 10. März schlägt in einem Berliner Hostel ein Syrer einem Juden die Kippa vom Kopf und trampelt darauf herum, anschließend schlägt er den Mann mehrfach ins Gesicht. Er wird vorübergehend festgenommen. Laut einem Bericht der GStA Berlin, der am 22. März bekannt wird, leitete die Berliner StA im vergangenen Jahr insgesamt 661 Verfahren wegen antisemitischer Straftaten ein (2020: 417 /2019: 386).

8. März: Abschiebungen: Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird bekannt, dass im vergangenen Jahr 11.982 Abschiebungen; davon 163 Sammelabschiebungen von insgesamt 5.462 Personen durchgeführt wurden. Am 16. März werden eine iranische Frau und ihre minderjährige Tochter nach Teheran abgeschoben; der Vater muss vorerst zurückbleiben, da für ihn kein Platz mehr im Flugzeug vorhanden ist. Die Familie lebte seit 2012 in Büdingen (Hessen), beide Eltern waren berufstätig. Am 31. März gibt Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) bekannt, dass aus Bayern 2021 insgesamt 1.913 Abschiebungen durchgeführt wurden (2020: 1.558).

Demonstrationen gegen Corona-Auflagen: Das VG Cottbus (Brandenburg) entscheidet, dass die Polizei den Versammlungsleiter eines Anti-Corona-“Spazierganges“ nicht hätte ausschließen dürfen. Dagegen stehe der hohe Wert versammlungsrechtlicher Bestimmungen. Gegen das Urteil ist Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) möglich (Az: 3 L 71/22). Am 18. März wird durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im bayerischen Landtag bekannt, dass in dem Bundesland 2021 in Zusammenhang mit Anti-Corona-Protesten von den Sicherheitsbehörden knapp 1.000 politisch motivierte Straftaten registriert wurden, darunter 46 Gewaltdelikte. Hiervon waren 26 Angriffe auf Polizist*innen. Bei einer Anti-Corona-Demonstration mit mehreren 1000 Personen am 20. März in Dresden (Sachsen) werden aus Solidarität mit dem Aggressor in der Ukraine auch etliche Russland-Fahnen geschwenkt. Am 28. März wird durch Presseberichte bekannt, dass das BKA im vergangenen Jahr rund 9.000 Straftaten mit Corona-Bezug registriert hat.

10. März: Dschihadismus: Das Innenministerium in NRW verbietet den „Islamischen Kulturverein Nuralislam“ in Dortmund wegen Nähe zum „Islamischen Staat“ (IS). Zeitgleich führt die Polizei Durchsuchungen in deren Moschee und Wohnungen von Funktionären durch um Vereinsvermögen und Datenträger sicherzustellen. Am 12. März teilt die Bundesanwaltschaft (BAW) mit, dass sie am Flughafen Frankfurt/M. (Hessen) eine Deutsche wegen Mitgliedschaft im IS und Betrieb eines Spendennetzwerkes für den IS hat festnehmen lassen. Die Frau war 2013 mit ihrem Mann nach Syrien ausgereist. Erneut verbietet das NRW-Innenministerium am 17. März einen islamistischen Moscheeverein wegen Unterstützung der Hizbullah und lässt fünf Wohnungen in Münster durchsuchen. Durch Presseberichte wird bekannt, dass die BAW die Ermittlungen im Fall des Messerattentats in einem ICE-Zug im November 2021 übernommen hat. Bei dem Syrer, der vier Männer mit einem Messer zum Teil schwer verletzt hatte, waren Propagandavideos und Aufrufe des IS gefunden worden. Am 24. März verurteilt das OLG Hamburg eine deutsche Frau wegen „IS“-Mitgliedschaft und fahrlässiger Tötung zu sechseinhalb Jahren Haft. Die Frau war im Herbst 2016 mit ihrem minderjährigen Sohn nach Syrien ausgereist. Der Sohn war dort als Kindersoldat umgekommen. Die BAW erhebt am 25. März vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg Anklage gegen einen mutmaßlichen Dschihadisten, der einen Bombenanschlag im Raum Hamburg geplant haben soll. Am 31. März lässt die BAW auf dem Flughafen Frankfurt/M. (Hessen) vier IS-Anhängerinnen festnehmen, die von der Bundesregierung aus Gefangenenlagern in Syrien zurückgeholt worden waren. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und weitere Delikte zur Last gelegt. Insgesamt hat die Bundesregierung 10 Mütter und 27 Kindern zurückgeholt.

11. März: Hasskriminalität: In Berlin wirft ein Unbekannter einen Brandsatz gegen den Eingang einer deutsch-russischen Schule; dieser zündet jedoch nicht. Auf einem Spielplatz belästigt etwa zur gleichen Zeit ein Mann geflüchtete jüdische Kinder mit pro-russischen Parolen. Die Polizei nimmt seine Personalien auf und erteilt ihm einen Platzverweis. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine zählte die Polizei bisher 80 derartige Vorfälle. Bundesweit meldet das BKA 318 anti-russische Vorfälle. Am 15. März werfen Unbekannte in Berlin Glasflaschen auf eine russisch-orthodoxe Kirche, drei Scheiben werden beschädigt. Am 16. März verzeichnet das BKA dann rund 500 anti-russische Vorfälle. In 13 Bundesländern durchsucht die Polizei am 21. März Wohnungen und Häuser von mehr als 100 Verdächtigen wegen strafrechtlich relevanter Hasspostings im Internet; in Hessen sind es die Wohnungen von 12 Personen, in Berlin von acht Personen. Am 26. März beleidigt auf einem Berliner U-Bahnhof eine Gruppe ukrainisch sprechender Personen eine Gruppe junger Russ*innen zunächst rassistisch bevor sie zwei Männer mit einem Messer angreift und verletzt und danach unerkannt flüchtet. Insgesamt zählte die Polizei in Berlin bisher 117 Straftaten gegen russische Einrichtungen und Personen. Die Berliner Registrierstelle RIAS meldet am 29. März für das Jahr 2021 insgesamt 4.841 rechte, rassistische und antisemitische Vorfälle in der Stadt (2020: 3.422).

Körperverletzung im Amt: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die StA Trier (Rheinland-Pfalz) ein Verfahren gegen drei Polizisten und einen Mitarbeiter des Ordnungsamts wegen Falschaussage einleitet. Die Beamten waren bei einem Einsatz wegen Ruhestörung bei einer Gartenparty „übermäßig gewalttätig“ aufgetreten. Bei einer Verhandlung vor dem AG Trier hatten sie dies in ihrer Tatversion jedoch energisch bestritten und waren erst durch Aufnahmen einer Überwachungskamera widerlegt worden. Als sich am 21. März in Berlin eine Schwarzfahrerin weigert, Kontrolleur*innen ihre Personalien anzugeben, rufen diese die Polizei. Auch dieser gegenüber weigert sie sich. Die Polizist*innen ringen sie daraufhin mit Hilfe eines Kontrolleurs brutal nieder. Die Frau wehrt sich, schlägt und beißt um sich; sie wird gefesselt und festgenommen.

14. März: Polizeischüsse: In Polling (Bayern) droht ein Mann sich zu erschießen, daraufhin alarmieren Nachbarn die Polizei. Als der Mann auf die eintreffenden Beamt*innen schießt, rufen diese ein Spezialeinsatzkommando (SEK). Dabei kommt es zu einem Schusswechsel, wobei der Mann leicht verletzt wird. Er wird in ein Krankenhaus gebracht. Am gleichen Tag stoppen bei Marktl (Bayern) Polizeibeamt*innen die Flucht von zwei mutmaßlichen Schleusern durch Warnschüsse in die Luft. Am 16. März bedroht ein Mann in Lüneburg (Niedersachsen) seine Ex-Partnerin und Nachbar*innen mit einem Gewehr. Als er auch die alarmierten Polizist*innen bedroht, schießt ihm ein Beamter in den Oberschenkel. In Mainz (Rheinland-Pfalz) greift am 22. März ein Mann seinen Fahrlehrer und zwei weitere Menschen mit einem Messer an, dabei wird der Fahrlehrer lebensgefährlich verletzt. Ein Polizist, der in der Nähe einen Verkehrsunfall aufnimmt, gibt mehrere Schüsse auf den Angreifer ab, der dabei ebenfalls verletzt wird. Opfer und Täter müssen notoperiert werden. Am 24. März bemerken die Polizist*innen bei einer Fahrzeugkontrolle in München (Bayern) dass der Fahrer beim Aussteigen von einem der Beifahrer mit einer Schusswaffe bedroht wird. Als er diese trotz Aufforderung nicht ablegt, eben sie Warnschüsse ab. Die zwei Beifahrer werden festgenommen. In Burgthann (Bayern) fährt am 30. März bei einer Verkehrskontrolle ein Autofahrer einen Polizisten an und verletzt ihn, danach flüchtet er. Die Kolleg*innen schießen auf das Fahrzeug, verletzt wird dabei niemand. Der Beamte muss ins Krankenhaus gebracht werden, gegen den Fahrer wird wegen eines versuchten Tötungsdelikt ermittelt.

15. März: Rechtsextremismus bei der Bundeswehr: Im vergangenen Jahr gab es bei der Bundeswehr 589 rechtsextremistische Verdachtsfälle (2020: 477 / 2019: 363). Das geht aus dem Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Bundestages hervor. Bei den Reservisten sind es 1.337 Verdachtsfälle. Am 25. März erhebt die StA Frankfurt/M. Anklage gegen einen ehemaligen Bundeswehrsoldaten aus Glashütten (beide Hessen) wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und weiterer Delikte. Er soll aus rechtsextremistischer Gesinnung einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Mitangeklagt wurden der Vater und der Bruder wegen Beihilfe; die drei Männer waren im Februar festgenommen worden. Beim Haftprüfungstermin am 28. März wird ein Bundeswehroffizier, bei dem im Oktober 2021 neben einer größeren Menge an Schusswaffen auch Handgranaten und radioaktive Substanzen gefunden worden waren, wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei dem Mann aus Aldenhoven (NRW) liege eine „stark ausgeuferte, an Suchtverhalten grenzende Sammelleidenschaft“ vor, so die StA Frankfurt/M. (Hessen), Hinweise auf Anschlagspläne lägen nicht vor.

16. März: Asyl: Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellten im Januar 172 Menschen aus der Russischen Föderation einen Asylantrag in Deutschland, im Februar waren es 187 Anträge. Am 31. März gibt Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) bekannt, dass in Bayern 2021 insgesamt 25.027 Asylanträge gestellt wurden; 20.089 davon waren Erstanträge (2020: 12.346 / 2019: 18.368 / 2018: 21.900).

NSU 2.0“-Drohschreiben: Im Prozess um die „NSU 2.0“-Drohschreiben vor dem LG Frankfurt/M. (Hessen) erklärt eine RAin, hinter den Schreiben stecke vermutlich ein Beamter eines Frankfurter Polizeireviers, der auch in rechten Darknet-Foren aktiv sei. Am 24. März wird der Zeuge Deniz Yücel im Zeugenstand vom Angeklagten bedroht.

Spionage: Vor dem OLG Düsseldorf (NRW) erhebt die BAW Anklage wegen Spionage gegen einen ehemalgen Reserveoffizier der Bundeswehr. Der Mann soll von 2014 bis 2020 Interne Informationen und personenbezogene Daten an den russischen Geheimdienst geliefert haben.

19. März: Verfassungsschutz: Durch Presseberichte unter Bezug auf den Berliner Haushaltsplan 2022/2023 wird bekannt, dass von den 266 Stellen des LfV Berlin 39 unbesetzt sind.

20. März: Tod nach Polizeieinsatz: Als die Polizei in Wenzenbach (Bayern) einen mutmaßlichen Straftäter zu Boden bringt und fesselt um ihn festzunehmen, wird der Mann bewusstlos. Reaninmierungsversuche bleiben erfolglos.

22. März: Geheimdienstkontrolle: Vor dem BVerfG beginnt der Prozess um die Beantwortungspflicht der Bundesregierung bei Parlamentarieranfragen. Ein FDP-Abgeordneter hatte 2020 wissen wollen, wie viele Agent*innen das BfV im Ausland eingesetzt hat; darauf hatte die Bundesregierung die Antwort verweigert. Durch Presseberichte wird am 24. März bekannt, dass sich das Parlamentarische Kontrollgremium (PkGr) des Bundestages für die Geheimdienstkontrolle neu formiert hat. Ihm gehören künftig 11 Abgeordnete an, AfD und Die Linke sind nicht mehr vertreten.

23. März: „Reichsbürger“: Das OVG Koblenz (Rheinland-Pfalz) erklärt die Aberkennung der Pension für eine ehemalige Lehrerin, die sich in mehreren Büchern und Behördenschreiben als „Reichsbürgerin“ bekennt, für rechtens. Am 28. März wird durch Presseberichte bekannt, dass sich die „Reichsbürger“-Szene im Ukraine-Krieg mit Russland solidarisiert und regelmäßig prorussische Kundgebungen zu der Zerschlagung der Ukraine vor dem Berliner Reichstag abhält. Im Landkreis Neumarkt (Bayern) führt die Polizei am 30. März eine Razzia bei sechs Männern durch, die geplant haben sollen, Anschläge auf große Stromtrassen zu verüben, um die Stromversorgung in Teilen Deutschlands lahmzulegen. Etwa 70 Schusswaffen und weitere Beweismittel werden beschlagnahmt. Zudem werden Verbindungen in die „Reichsbürger“-Szene geprüft.

28. März: Videoüberwachung: Durch Presseberichte unter Berufung auf die hessische Kriminalstatistik wird bekannt, dass die Polizei in Wiesbaden (Hessen) durch öffentliche Videoüberwachung 2021 insgesamt 135 Tatverdächtige ermitteln konnte. Seit August 2020 sind in Wiesbaden 75 Kameras an 19 Standorten in Betrieb.

31. März: Militärischer Abschirmdienst (MAD): Auf Pressenachfrage bestätigt das AG Köln (NRW), dass die Kölner StA Anklage wegen Geheimnisverrat gegen einen MAD-Agenten erhoben hat. Der Mann soll noch während einer laufenden Durchsuchung bei einem KSK-Soldaten vertrauliche Informationen an einen anderen KSK-Soldaten weitergegeben haben.

Beitragsbild: Kundgebung am 18. März am Kottbusser Tor in Berlin.

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