Archiv der Kategorie: CILIP 112

Alles Anti-Terror? (März 2017)

Ausnahmezustand in Frankreich – Vom Notstand zum „gewöhnlichen“ Bekämpfungsrecht

von Fabien Jobard

Die Anschläge von 2015 und 2016 waren die schlimmsten Massaker in Paris seit der Niederschlagung der Kommune im Jahre 1871. Durch den bis dato fünfmal verlängerten Ausnahmezustand hat sich der harte Kurs der französischen Behörden gegen den Terror einerseits und gegen arabischen Protest andererseits noch einmal deutlich verschärft.

Am 13. Juli 2016, einen Tag vor dem LKW-Attentat in Nizza, erklärte Justizminister Jean-Jaques Urvoas in einem Interview, der Ausnahmezustand werde Ende des Monats beendet. Ausnahmezustand in Frankreich – Vom Notstand zum „gewöhnlichen“ Bekämpfungsrecht weiterlesen

Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf – Mehr Geld, mehr Personal und neue Waffen für die Polizei

Polizei und Geheimdienste erhalten im „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ nicht nur immer neue Befugnisse, sie werden auch personell aufgestockt und neu ausgestattet: Tausende Stellen bei Polizei, Sondereinheiten, Schutzausrüstung und Bewaffnung – Versuch einer Bestandsaufnahme.

Nicht ohne Stolz verwies der Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Armin Schuster, auf das Wirken seiner Kollegen in der Innenpolitik bei der Aufstellung des Haushalts 2017: „Der Plan der CDU- und CSU-Innenpolitiker unter Stephan Mayer war 2014 … den Haushalt des Innenressorts mit einem echten Aufwuchs zu versehen. … Das war ein Mehrjahresplan. … Ich bedanke mich auch beim Koalitionspartner, dass wir das … konzentriert und geduldig durchgezogen haben.“[1] Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf – Mehr Geld, mehr Personal und neue Waffen für die Polizei weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 haben sich die Parteien, die (bisher noch) in einer Großen Koalition vereinigt sind, mit Vorschlägen überboten, wie sie künftige Anschläge verhindern wollen. Das wollen sie nicht nur mit den üblichen Mitteln der Überwachung, sondern auch mit der elektronischen „Fußfessel“.

Eingesetzt werden soll sie nicht nur gegen bereits einschlägig Verurteilte, die man zwar nach dem Ende der Strafe aus der Haft entlassen muss, aber nicht aus der Rund-um-die-Uhr-Kontrolle freigeben will. Neue Regelungen im Aufenthaltsgesetz und im BKA-Gesetz sollen dafür sorgen, dass auch „Gefährdern“ diese Freiheitsbeschränkung aufgezwungen werden kann – Leuten also, die (bisher) keine Straftat begangen haben, bei denen die Polizei aber vermutet, dass sie künftig eine begehen könnten. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Fast verdächtig: Die unerträgliche Leichtigkeit der Gesetzgebung

von Heiner Busch

Der LKW-Angriff auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 war die perfekte Vorlage für Forderungen nach noch schärferen Anti-Terror-Maßnahmen. Mit zwölf Toten und 55 Verletzten war er das schwerste einzelne Attentat in Deutschland seit jenem auf das Oktoberfest 1980.

„Je mehr über Anis Amri bekannt wird, desto absurder wirkt, dass er nicht abgeschoben wurde“, wunderte sich die „Welt“ bereits zwei Tage nach dem Anschlag. Und der „Spiegel“ fragte drei Wochen später, warum die Sicherheitsbehörden „den für eine Abschiebung vorgemerkten Radikalen nicht aus dem Verkehr zogen“.[1] Formulierungen wie diese finden sich seit Ende Dezember in den deutschen Medien zu Hauf. Fast verdächtig: Die unerträgliche Leichtigkeit der Gesetzgebung weiterlesen

Das BVerfG zum Blockupy-Polizeikessel

Bei den Blockupy-Protesten im Juni 2013 war ein Teil des Demonstrationszugs von der Polizei eingekesselt worden. Die fast tausend Betroffenen durften erst nach mehreren Stunden den Kessel verlassen, nachdem sie Identitätsfeststellungen, Durchsuchungen und Videobildaufnahmen über sich hatten ergehen lassen müssen. Mit einer Verfassungsbeschwerde wehrte sich hiergegen eine der festgehaltenen Personen. Die Festhaltung seiner Person hätte nicht vorgenommen werden dürfen, da kein konkreter Verdacht gegen ihn vorgelegen habe, die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit habe unverhältnismäßig lange gedauert, so der Kläger. Das BVerfG zum Blockupy-Polizeikessel weiterlesen

Summaries

Thematic focus: Nothing but counter-terrorism?

Almost suspicious – an introduction
by Heiner Busch

The man who killed twelve people by driving a truck into a Berlin Christmas market on 19 December 2016 was under close surveillance by the police. However, the evidence for making a criminal case was not sufficient. The German government is now planning to expand the powers against so-called “dangerous persons” and aims, among others, to amend the Residence Act and the Federal Criminal Police Office Act. Summaries weiterlesen

Literatur

Zum Schwerpunkt

Seit mit 9/11 der Anti-Terrorismus zum zentralen Bezugspunkt jeder Sicherheitspolitik avancierte, sind nicht nur die Verschränkungen zwischen innerer und äußerer Sicherheit zahlreicher geworden. Zugleich ha­ben die Aktivitäten auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene zugenommen, die teilweise ineinandergreifen, teilweise als nationale Besonderheiten entstanden sind, insgesamt aber als beschleunigte und „modernisierte“ Fortsetzung schon lange vor 2001 bestehende Entwicklungen hin zu mehr staatlicher Kontrolle und weniger Bürgerrechten erscheinen. Eine kleine Auswahl zum Stand der Dinge: Literatur weiterlesen

E-Privacy: Keine Regeln für vertrauliche Kommunikation

Die EU hat mit der Verabschiedung der Europäischen Datenschutzreform den Weg für einen gemeinsamen europäischen Datenschutzraum geebnet. Die Reform erstreckt sich jedoch nicht über alle Bereiche, die einen zeitgemäßen Datenschutz ausmachen. Insbesondere bei der digitalen Kommunikation gibt es Regulierungslücken. Daher steht nun die Reform der e-Privacy-Richtlinie aus dem Jahr 2002 an, die den Umgang mit elektronischer Kommunikation regelt. Das ist dringend nötig, denn die Richtlinie deckt etwa beliebte Messenger-Dienste wie Whats­App und Skype nicht ab. Gemäß dem Verordnungsvorschlag der Kommission vom Januar 2017 sollen diese sogenannten Over-the-top Dienste im Schutzniveau künftig mit althergebrachten Diensten wie der SMS gleichgestellt werden. Ebenso sollen künftig Browser mit einer Do-Not-Track-Funk­tion ausgestattet sein, die auch einzuhalten ist.[1] Bei Verstößen gegen die Bestimmungen drohen ebenso wie bei der Datenschutzverordnung empfindliche Strafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Nach dem Vorschlag der Kommission soll die e-Privacy Richtlinie zudem in eine Verordnung überführt werden und wäre damit von den Mitgliedstaaten nach Verabschiedung sofort anzuwenden. E-Privacy: Keine Regeln für vertrauliche Kommunikation weiterlesen

Dänemark bei Europol herabgestuft

Ab dem 1. Mai 2017 soll Dänemark bei Europol nur noch als Drittstaat angesehen werden. Die Polizeiagentur will dafür ein sogenanntes Drittstaatsabkommen mit der Regierung in Kopenhagen verhandeln. Den Entwurf eines Durchführungsbeschlusses zur Aufnahme in die Liste der Länder für solche Abkommen hat der Rat der EU bereits im Dezember veröffentlicht.[1] Davon abgedeckt wäre unter anderem der Austausch von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen oder die begrenzte Mitarbeit in gemeinsamen Operationen. Dänemark bei Europol herabgestuft weiterlesen

Neuausrichtung von Interpol

Unter dem Namen „INTERPOL 2020“ hat die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation eine Neuausrichtung ihrer Tätigkeiten beschlossen. Die inzwischen 190 Mitgliedstaaten mandatieren das Generalsekretariat in Lyon/Frankreich, die Aufgaben, Prioritäten und Strukturen umfassend zu überprüfen und „notwendige Veränderungen“ anzustoßen.[1] Dies betrifft die Bereiche Verwaltung und Finanzierung, Partnerschaften sowie die Entwicklung „neuer Dienste und technischer Lösungen“. Interpol soll sich beispielsweise neue Finanzierungsquellen suchen. Bestehende Partnerschaften werden auf ihren Nutzen hin überprüft und durch neue ersetzt. Interpol will zudem mehr Regionalbüros einrichten. Die Kooperation mit Europol wird ebenfalls erweitert, insbesondere gegen „Schleusungskriminalität“ und „ausländische Kämpfer“. Neuausrichtung von Interpol weiterlesen