Weitgehend unbeachtet neben der EU-Datenschutz-Grundverordnung landete die sogenannte JI-Richtlinie[2] auf den Tischen der Legislative und bedurfte der Umsetzung in nationales Recht. Die Bundesländer sind dabei sehr unterschiedliche Wege gegangen. Eine ambitionierte Neuausrichtung des in die Jahre gekommen Rechts der polizeilichen Datenverarbeitung ist dabei ausgeblieben.
Mit der JI-Richtlinie (JI-RL) wird erstmals die rein innerstaatliche Datenverarbeitung durch Polizei und Strafjustiz direkt von europarechtlichen Vorgaben berührt. Frühere Regelungen betrafen allein den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Die JI-Richtlinie ist Teil der Novelle des EU-Datenschutzrechtes und steht gleichsam als „kleine Schwester“[3] neben der allseits bekannten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Bis zum 6. Mai 2018 sollte die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland haben sowohl Bund als auch Länder diese Frist überschritten, obgleich die Notwendigkeit seit April 2016 bekannt war. EU-Datenschutz und Polizei: Die JI-Richtlinie im deutschen Polizeirecht weiterlesen →
Seit mehr als zehn Jahren steht die Figur der „reisenden Täter“ im Zentrum der polizeilichen Bekämpfung von mutmaßlich organisierter Eigentumskriminalität. Im Rahmen der täterorientierte Verfolgungsstrategie haben insbesondere als Sint_izze und Rom_nja markierte Menschen ein hohes Risiko, ins Visier polizeilicher Ermittlungen wegen Organisierter Kriminalität (OK) zu geraten.
Als nach 2008 die Einbruchszahlen in Deutschland deutlich stiegen, waren die vermeintlich Schuldigen schnell benannt: „Reisende Täter“ oder „mobile kriminelle Banden“ aus Ost- und Südosteuropa wurden von Innenpolitik und Polizei verantwortlich gemacht und die Bekämpfungsstrategien entsprechend ausgerichtet. Den Höhepunkt fand die Entwicklung, als die Innenministerkonferenz (IMK) auf ihren Sitzungen 2016 erklärte, dass die Bekämpfung reisender Einbrecherbanden weiterhin oberste Priorität habe und die konsequente Umsetzung eines „täterorientierten Ansatzes“, eine Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit sowie die Verschärfung des Strafrechts und neue Befugnisse zur Strafverfolgung forderte.[1] „Reisende Täter“ – OK-Bekämpfung und rassistische Stigmatisierung weiterlesen →
Mit einem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die ab 2008 vergebene Steuer-ID als Identifikationsnummer aller in Deutschland lebenden Personen etablieren. Damit soll der Datenaustausch zwischen Behörden vereinfacht werden. Neu sind die Pläne für ein solches Personenkennzeichen in der Geschichte nicht, die Bedenken gegen eine solche Katalogisierung von Menschen bleiben ebenso aktuell.
Mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung und Verwendung einer einheitlichen Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung zur Änderung weiterer Gesetze“ (Registermodernisierungsgesetz, RegModG)[1] soll ein wesentlicher Schritt in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gegangen werden. Die scheitere bislang, so suggeriert der Gesetzentwurf, nicht nur an der geringen digitalen Verfügbarkeit der Daten von Bürger*innen in der Verwaltung; fragten die Behörden untereinander Daten ab, so könnten sie dies bislang nur mit alphanumerischen Daten wie Name/Vorname, Geburtsdatum und -ort. Gerade Namen seien heutzutage aber eine große Fehlerquelle – sei es wegen unterschiedlicher Transkription nicht lateinisch geschriebener Namen, Übertragungsfehlern, Namensänderungen infolge von Heiraten oder dem Wechseln des Geschlechts. Eine Nummer für alles und jeden: Zur geplanten Einführung einer Personenkennziffer weiterlesen →
Der Fall Franco A., rechte Chatgruppen, der Verein Uniter, Feindeslisten und Drohbriefe: Wie weit reichen die rechten Netze in der Bundeswehr und der Polizei?
Als bekannt wurde, dass der rechte Bundeswehr-Oberleutnant Franco A. sich eine Tarnidentität als Flüchtling aufgebaut hatte, um möglicherweise Anschläge zu begehen, waren Aufmerksamkeit und Druck groß. Zwar währte dieser Druck nicht lange, unmittelbar reichte er jedoch, um die Verteidigungsministerin dazu zu bringen, eine durchaus grundsätzliche Initiative zu lancieren. „Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen und da müssen wir konsequent dran gehen“, äußerte sich Ursula von der Leyen damals.[1]Schattenarmee oder Einzelfälle? – Rechte Strukturen in den Sicherheitsbehörden weiterlesen →
Mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes“ will die Bundesregierung die Anforderungen der EU-Datenschutzrichtlinie umsetzen und die Zentralstellenfunktion des Zollkriminalamtes stärken. Der Entwurf dient auch zur Anpassung an die neuesten Entwicklungen im Polizeirecht.[1]
Durch den Neuentwurf des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZfdG-E) soll die Datenhaltung beim Zollkriminalamt (ZKA) und den Zollfahndungsämtern insgesamt fluider werden. Die Zollfahndungsämter sollen nun direkt auf die Datensysteme des ZKA zugreifen können. Umgekehrt erhält das ZKA die Befugnis zum Abgleich personenbezogener Daten mit den Systemen der Zollfahndungsämter, die diese in eigener (örtlicher) Zuständigkeit führen. Neues Zollfahndungsdienst-Gesetz: Zoll im Kampf gegen „drohende Gefahren“ weiterlesen →
Am 6. Juni 2019 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das die Befugnisse des Zolls erweitert und das Personal der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ aufstockt. Es verstärkt Sozialstaatsausschlüsse, die prekäre migrantische Arbeit fördern, und bekämpft Prekarität mit Kontrolle.
Das GiBS[1] ist ein Artikelgesetz, das Änderungen zahlreicher Gesetze (z.B. Sozialgesetzbücher, Aufenthaltsgesetz und Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) bündelt. Die 13 Seiten im Bundesgesetzblatt haben es in sich. Denn das Gesetz erweitert die Kapazitäten der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) des Zolls enorm. Die gegenwärtig ca. 7.000 Stellen, die ohnehin bis 2026 auf über 10.000 Stellen aufgestockt werden, wachsen angesichts der gesetzlichen Aufgabenerweiterung um weitere 3.500 Stellen an. Hinzu kommen rund neue 900 Stellen für unterstützende Tätigkeiten beim Zoll, z. B. in der Informationstechnik. Mit Kontrolle gegen Armut – Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (GiBS) weiterlesen →
Die Omnipräsenz informationstechnischer Systeme in Verwaltung, „kritischer Infrastruktur“ (Strom-, Telefon-, Wassernetze etc.) und in Industrie und Handel macht alle diese Lebensbereiche angreifbar für eine ganze Reihe von AkteurInnen, die Schaden zufügen oder Daten stehlen wollen. Zahlreiche Einrichtungen mit je eigenen Interessen befassen sich in der Bundesrepublik mit der Abwehr digitaler Bedrohungen.
Eine Vielzahl von Institutionen und Gremien der EU befasst sich mit der Überwachung digitaler Kommunikation. Im Mittelpunkt stehen derzeit die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, der Zugriff auf Daten in der Cloud und das Umgehen von Verschlüsselung. Viele der neuen Maßnahmen tragen die Handschrift des Bundeskriminalamts.
Das 2015 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz zur „Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ sollte die überarbeitete EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung und Nutzung von Telekommunikationsdaten umsetzen.[1] Ab dem 1. Juli 2017 wären Telefon- und Internetdienstleister verpflichtet gewesen, Verkehrsdaten ihrer KundInnen für zehn Wochen zu speichern. Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof die Richtlinie gekippt, da sie gegen die Grundrechtecharta der Union verstößt. Grenzüberschreitendes Abhören – Die „Verfügbarkeit von Daten“ in der Europäischen Union weiterlesen →
Seit dem Angriff auf die IT-Systeme des Bundestags 2015 raunten Sicherheitsbehörden und konservative PolitikerInnen von aus Moskau gesteuerten Manipulationen der Wahlen im September 2016. Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau war in der letzten Legislaturperiode Vorsitzende der Kommission für Informations- und Kommunikationstechnik des Ältestenrates. Dirk Burczyk befragte sie zu dem Hackerangriff und zur Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) bei dessen Aufklärung.
Frau Pau, zunächst meinen Glückwunsch zur Wiederwahl in den Bundestag. Die Wahl ist sicherlich nicht so ausgegangen, wie viele erhofft haben, aber immerhin ohne Manipulationsversuche. Wenige Wochen vor der Wahl, am 20. Juni 2017, hatte der Tagesspiegel getitelt: „Hacker wählt mit“. In dem Artikel zeigte sich ein Abgeordneter des Bundestages sicher, die im Juni 2015 gehackten Daten würden vor der Wahl auftauchen, und die Entscheidung darüber falle in Moskau. Das deckt sich auch mit vielen Aussagen von BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen. Nun ist nichts passiert – sind Sie überrascht? Staatliche Hackerfantasien helfen nicht – Das BfV und der Cyber-Angriff auf den Bundestag weiterlesen →
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