Der belgische Ratsvorsitz hat sich mit dem EU-Parlament Anfang Februar auf die Änderung des Schengener Grenzkodex geeinigt.[1] Unter anderem will die EU die Vorschriften im Zusammenhang mit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen neu regeln. Möglich ist dies bei „bei vorhersehbaren Bedrohungen“ für bis zu zwei Jahren plus einer zweimaligen Verlängerung um jeweils sechs Monate. Im Fall einer „unvorhersehbaren Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit“ können die Kontrollen für einen Monat unverzüglich eingeführt und um höchstens drei Monate verlängert werden. Neuer Schengener Grenzkodex weiterlesen
Archiv der Kategorie: Meldungen Europa
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Fluchthelfer in Gefahr
Im Dezember haben die EU-Staaten und das Parlament den „Asyl- und Migrationspakt“ beschlossen und damit das Asylrecht in weiten Teilen eingeschränkt. Nun sollen auch Helfer*innen von Flüchtenden stärker verfolgt werden. Hierzu hat die EU-Kommission am 28. November ein Gesetzespaket zur „Bekämpfung des Menschenschmuggels“ vorgelegt.
Mit einer neuen Richtlinie sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Arbeit von Schleusern mit „speziellen Ermittlungsinstrumenten“ zu überwachen.[1] Außerdem soll der Strafrahmen in den EU-Staaten einheitlich hoch werden. Eine zusätzliche neue Verordnung soll Europol mehr operative und strategische Kompetenzen zur Verfolgung von „Schleusern“ geben.[2] Die EU-Polizeiagentur würde dann enger mit den 27 Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Fluchthelfer in Gefahr weiterlesen
Fingerabdrücke im Personalausweis selten überprüft
Mit der Verordnung 2019/1157 vom 20. Juni 2019 wurde durch die EU die Pflicht zur Speicherung von Fingerabdrücken in Personalausweisen und Aufenthaltstiteln verfügt. Sie sollen ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal sein, anhand dessen die Authentizität eines Personaldokuments überprüft werden kann. In Deutschland werden diese Fingerabdrücke ausschließlich im Personaldokument selbst gespeichert. Der Aufbau der dafür erforderlichen technischen Infrastruktur bei der Bundesdruckerei und in den kommunalen Passbehörden wurde über die Anhebung der Gebühren auf die Bürgerinnen und Bürger umgelegt. Statt bis dahin 28,80 kostet der Personalausweis seit 2021 37 Euro. Fingerabdrücke im Personalausweis selten überprüft weiterlesen
EuG: EDPS-Klage gegen Europol-Verordnung unzulässig
Am 6. September 2023 wies das Europäische Gericht (EuG) die Klage des EU-Datenschutzbeauftragten (EDPS) gegen die Novelle der Europol-Verordnung als unzulässig ab.[1] Der EDPS hatte Mitte September 2022 erstmals eine Nichtigkeitsklage eingereicht, um die Annullierung von Bestimmungen zu erreichen, durch die er seine Unabhängigkeit und Kontrollbefugnisse von den gesetzgebenden Institutionen der EU verletzt sah. Dabei ging es um die rückwirkende Legalisierung der Verarbeitung von Massendaten durch Europol, deren Löschung der Datenschutzbeauftragte im Januar 2022 auf Grundlage der bis Juni des gleichen Jahres gültigen Fassung der Europol-Verordnung angeordnet hatte.[2] EuG: EDPS-Klage gegen Europol-Verordnung unzulässig weiterlesen
App gegen längere EU-Grenzkontrollen
Nach mehreren Verschiebungen will die EU das seit rund zehn Jahren geplante Ein-/Ausreisesystem (EES) bis Ende 2024 endgültig in Betrieb nehmen. Dann müssen alle Reisenden aus Drittstaaten beim Grenzübertritt ihre biometrischen Daten abgeben. Bislang werden die Fingerabdrücke und ein Gesichtsbild nur bei Visa-Antragssteller*innen und Asylsuchenden verlangt.
Mit der Einführung des EES erwarten die Grenzbehörden lange Warteschlangen an den Landaußengrenzen der EU und vor allem an Flughäfen. Die EU-Grenzagentur Frontex will diese Wartezeiten mit einer App wieder verkürzen. Die Reisenden sollen sich diese vor ihrem Grenzübertritt herunterladen und darüber Angaben zu ihrem Besuch in den EU-Staaten machen. Mit der Entwicklung hat Frontex die Bundespolizei beauftragt. Die App richtet sich ausschließlich an Reisende mit Kurzzeitvisa oder aus Ländern, mit denen die EU Abkommen zur Visafreiheit geschlossen hat. App gegen längere EU-Grenzkontrollen weiterlesen
63 Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen Seenotrettung
Laut der EU-Grundrechteagentur haben Deutschland, Italien, Malta, die Niederlande und Spanien in den vergangenen sieben Jahren Dutzende Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen Träger oder Angehörige der Crews von Seenotrettungsschiffen eingeleitet.[1] In dem im Oktober veröffentlichten Bericht betrachtet die Agentur den Zeitraum von 2017 bis zum 30. Juni 2023. Ein Drittel der juristischen Vorgänge sind Strafverfahren, die meisten anderen Fälle betreffen Inspektionen, Untersuchungen oder Beschlagnahmungen durch die Hafenbehörden. Dazu behaupteten die Behörden etwa technische Unregelmäßigkeiten. Im Verhältnis habe die Zahl der Verwaltungsmaßnahmen gegen die Seenotretter in den vergangenen Jahren zu- und die Zahl der Strafverfahren abgenommen. Fast alle abgeschlossenen Strafverfahren endeten mit einem Freispruch oder der Freigabe des beschlagnahmten oder festgehaltenen Schiffes oder seien aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. 63 Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen Seenotrettung weiterlesen
Europol kriminalisiert Anti-Frontex-Kampagne
In ihrem jährlichen „Bericht über die Lage und Entwicklung des Terrorismus in der Europäischen Union“ (TE-SAT) listet Europol terroristische Vorfälle in den 27 Mitgliedstaaten und damit im Zusammenhang stehende Verhaftungen.[1] Wie Europol schreibt, erwähnt der Bericht aber auch „gewalttätige extremistische Vorfälle, Handlungen und Aktivitäten“ sowie entsprechende „Netzwerke“. Im aktuellen TE-SAT wird hierzu unter anderem „Abolish Frontex“ genannt. Dieser internationale Zusammenschluss arbeitet zur EU-Migrationsabwehr und besteht derzeit aus 132 Gruppen und Organisationen, darunter aus der Seenotrettung oder Rechtsberatung, sowie der Selbstorganisation von Geflüchteten. Auch eine „No-Border-Bewegung“ wird erwähnt. Deren Anhänger*innen bezeichnet Europol als „Extremisten“, die „Narrative zur Unterstützung ihrer eigenen Vorstellungen über Migration“ entwickelten. Dabei werde vor allem die Grenzagentur Frontex „als Feindbild gesehen“. Außerdem zählt Europol ein Grenzcamp vom August 2022 in Rotterdam zu den Netzwerken, die linken Terrorismus begünstigten. Europol kriminalisiert Anti-Frontex-Kampagne weiterlesen
Frontex bereitet massenhafte Abschiebungen vor
Frontex soll die EU-Staaten bei „Rückführungen“ und Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber*innen in ihre Herkunftsländer oder auch in Drittstaaten außerhalb Europas stärker unterstützen. Seit ihrer 2019 erneuerten Verordnung hat die Agenur am eigenen Sitz in Warschau ein „Europäisches Rückkehrzentrum“ eingerichtet. Im Corona-Jahr 2020 brachte Frontex rund 12.000 Menschen in Drittstaaten, 2021 bereits 18.000 und im vergangenen Jahr rund 25.000. Die freiwillige Rückkehr ist laut Frontex die „bevorzugte Form“, dies sei aber nur bei 40 Prozent der Betroffenen der Fall.[1] Alle anderen „Rückführungen“ erfolgen unter Zwang. Zwei Drittel der Betroffenen werden mit Linienflügen aus der EU geschafft und ein Drittel mit Charterflügen. [2] Mit Abstand die meisten erfolgen jeweils aus nur einem Mitgliedstaat, in geringerem Umfang auch als „gemeinsame Rückführungen“ aus drei oder mehr Mitgliedstaaten. Möglich sind zudem Sammelflüge, bei denen die Menschen vom Zielland selbst abgeholt werden. Im zweiten Halbjahr 2022 wurden derartige „Rückholflüge“ mithilfe von Deutschland und Frankreich organisiert. Frontex bereitet massenhafte Abschiebungen vor weiterlesen
Neue Richtlinie zum polizeilichen Informationsaustausch
Am 11. Juni 2023 trat eine neue Richtlinie über den Informationsaustausch zwischen den Polizei- und Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten in Kraft.[1] Abgelöst wurden damit der 16 Jahre alte Rahmenbeschluss 2006/960/JI („Schwedische Initiative“) sowie Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ). Diese hatten – jenseits der Regeln für die großen IT-Systeme der EU – bisher den europarechtlichen Rahmen abgesteckt für grenzüberschreitende Datenübermittlungen zur Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten, etwa wenn im Nachklapp zu Treffern bei Abfragen in den DNA-, oder Fingerabdruckdatenbanken anderer Mitgliedstaaten diese um weitere Informationen ersucht wurden. Neue Richtlinie zum polizeilichen Informationsaustausch weiterlesen
Untersuchungsausschuss zu „Pegasus“ endet
Mehrere europäische Regierungen setzen Software zum Ausspähen von Telefonen auch gegen Medienschaffende, Anwält*innen und die Opposition ein. Bekannt wurden Fälle aus Polen, Spanien, Griechenland und Ungarn. Mit der Software erhalten Behörden Zugriff auf Inhalte und Funktionen eines Mobiltelefons. Mikrofon und Kamera können aus der Ferne aktiviert werden, das Gerät wird so zu einer Wanze umfunktioniert.
Wegen der gleichzeitigen Betroffenheit mehrerer EU-Staaten hatte das EU-Parlament einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, der im Mai nach 14 Monaten seinen Abschlussbericht beschlossen hat.[1] Darin verurteilt er „aufs Schärfste den Einsatz von Spähsoftware durch die Regierungen der Mitgliedstaaten, Mitglieder von Regierungsbehörden oder staatliche Institutionen zu dem Zweck, Opposition, Kritiker*innen und die Zivilgesellschaft zu überwachen, zu erpressen, einzuschüchtern, zu manipulieren und zu diskreditieren“. Weitreichendere Forderungen finden sich in den Mitte Juni vorgelegten Empfehlungen zur „Prüfung des Einsatzes von Pegasus und ähnlicher Überwachungs- und Spähsoftware“.[2] Untersuchungsausschuss zu „Pegasus“ endet weiterlesen