Neuer Schengener Grenzkodex

Der belgische Ratsvorsitz hat sich mit dem EU-Parlament Anfang Februar auf die Änderung des Schengener Grenzkodex geeinigt.[1] Unter anderem will die EU die Vorschriften im Zusammenhang mit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen neu regeln. Möglich ist dies bei „bei vorhersehbaren Bedrohungen“ für bis zu zwei Jahren plus einer zweimaligen Verlängerung um jeweils sechs Monate. Im Fall einer „unvorhersehbaren Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit“ können die Kontrollen für einen Monat unverzüglich eingeführt und um höchstens drei Monate verlängert werden.

Möglich sind auch „alternative polizeiliche Maßnahmen“, bei deren Aktivierung auf Binnengrenzkontrollen verzichtet werden kann. Hierzu gehören polizeiliche Streifen, wie sie in Deutschland als „Schleierfahndung“ bekannt sind. Die dabei aufgegriffenen „Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten“, können von den betreffenden Staaten sofort in jenes Land „überstellt“ werden, aus dem sie „eingetroffen“ sind.

Diese Praxis führt zu mehr Polizeikontrollen, die auf „rassischen, ethnischen oder religiösen Merkmalen“ basieren, warnt die Plattform für internationale Zusammenarbeit zur Sicherung sozialer Gerechtigkeit und  Menschenrechte für undokumentierter Migrant*innen (PICUM), und legalisiere sogenannte „Pushbacks“.[2]

Auch Abschnitte von EU-Außengrenzen können auf Grundlage des neuen Grenzkodex zweitweise geschlossen werden, etwa im Falle einer neuen Pandemie. Dann können die Zahl der Grenzübergangsstellen reduziert oder deren Öffnungszeiten verkürzt werden. Aufgenommen wurden auch Bestimmungen zur Außengrenzschließung im Falle einer „Instrumentalisierung von Migranten“ durch eine andere Regierung. Hierzu wird in der Verordnung die Definition der umstrittenen Krisenverordnung verwendet, darunter der „massenhafte“ Ansturm, bei dem auch Gewalt eingesetzt wird. Zwar werden „humanitäre Hilfsmaßnahmen“ in dem Gesetzestext ausgeklammert, jedoch nur dann, „wenn sie nicht darauf abzielen, die Union oder einen Mitgliedstaat zu destabilisieren“. Die Anwendung der Verordnung wäre also möglich, wenn ein Staat einzelnen NGOs eine Absicht zur „Destabilisierung“ unterstellt.

[1]   Ratsdok. 6331/24 v. 13.2.2024, online unter www.statewatch.org/media/4178/eu-council-schengen-borders-code-final-compromise-6331-24.pdf
[2]   https://picum.org/blog/racial-profiling-schengen-borders-code

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