von Norbert Pütter
Seit der „neue Sicherheitsbegriff“ zum Bezugspunkt der Politik geworden ist, gibt es kein Halten mehr: Weil sich innere und äußere Gefahren nicht mehr unterscheiden ließen, weil Kriminalität, Terrorismus und Krieg im Zeitalter der „asymmetrischen Bedrohungen“ eine gefährliche Melange eingegangen wären, müsse das Militär potentiell überall eingreifen können. Auf vier Wegen wird derzeit versucht, dieses Ziel zu erreichen.
Im Vordergrund der Debatte steht seit Jahren der Streit um die Änderung des Grundgesetzes. Die entscheidenden Bestimmungen waren 1968 durch die Notstandsgesetzgebung in die Verfassung eingefügt worden. Sie beschränken den Einsatz der Bundeswehr – außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalls – auf die Hilfe bei schwerwiegenden Katastrophen und Unfällen. Bereits in den 90er Jahren hatten Politiker der CDU immer wieder den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert – mal zur Abwehr von Flüchtlingsströmen, mal zur Kontrolle der Chaostage. Jedoch erst mit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde die Debatte konkreter.[1] Im Feld der Inneren Sicherheit – Über den Vormarsch der Bundeswehr in der Heimat weiterlesen →
von Albrecht Funk
„Risikoanalyse“ und „Sicherheitsmanagement“ halten in der deutschen Polizeiausbildung Einzug. Hinter den neuen Begriffsmoden zeigen sich Sicherheitskonzepte, die nicht mehr am Handeln potenzieller StörerInnen oder StraftäterInnen orientiert sind, sondern an der Wahrscheinlichkeit und Schwere des möglichen Schadens.
Aus der alten Lageeinschätzung wird Risikoabschätzung, aus den „Führungs- und Einsatzwissenschaften“ wird ein integrales Sicherheitsmanagement. Die für die Polizeiausbildung zuständigen deutschen Fachhochschulen haben die Risikoanalyse und das Sicherheitsmanagement für sich entdeckt, viele bieten hierfür sogar eigene Studiengänge an, wenn auch nicht für die Polizei, sondern für das private Sicherheitsgewerbe. Hamburg hat im Januar 2007 offiziell eine „Fachhochschule für Polizei und Sicherheitsmanagement“ aus der Taufe gehoben.[1]
Was bedeuten diese neuen Methoden und Techniken für die Ausbildung der Polizei? Wie verändern Risikoanalyse und integrales Sicherheitsmanagement ihr strategisches Handeln? Stellen diese angewandten Wissenschaften ein neues Paradigma privater und öffentlicher Sicherheitsstrategien dar? Oder handelt es sich nur um eine weitere jener im raschen Wechsel auftauchenden und wieder verschwindenden Begriffsschablonen, die den sich aktuell zwar immer wieder einmal verändernden, doch über lange Strecken gleich bleibenden Aufgaben aufgedrückt werden? Risiko- und Sicherheitsmanagement – Von den Gefahren einer neuen Sicherheitslogik weiterlesen →
von Heiner Busch und Norbert Pütter
Der öffentliche Raum gehört allen. Nur wenn alle Zugang haben, wenn alle gleich unbehelligt bleiben, ist ein Platz, eine Straße, ein Stadtviertel „öffentlich“. Die Wirklichkeit unserer Städte entfernt sich immer weiter von dieser Idee: Der öffentliche Raum wird mehr denn je zum Kontrollraum der Polizei und ihrer neuen Hilfstruppen.
„Reclaim the streets“, kurz RTS – sich die Straße zurückholen. So heißt eine Mischung aus Straßenkarneval und politischer Aktionsform, die zunächst in Großbritannien erprobt wurde und nun auch auf dem Kontinent Anklang findet: ein ungeregelter tanzender und feiernder Umzug, an dem mitmachen kann, wer Lust dazu hat. Die Teilnehmenden erobern zumindest zeitweise den öffentlichen Raum zurück und protestieren so gegen dessen zunehmende private Aneignung und staatliche Verregelung. Genehmigungen durch die kommunalen oder staatlichen Behörden sind dabei sekundär.
RTS-Aktionen folgen gleichsam einem emphatischen Begriff des öffentlichen Raumes in dem Sinne, dass hier Bewegungs- und Versammlungsfreiheit herrscht und Öffentlichkeit hergestellt wird. Die Botschaft lautet: Der öffentliche Raum gehört allen – im Gegensatz zum privaten „umfriedeten Besitztum“. Reclaim the Streets – Öffentlicher Raum unter staatlicher Kontrolle weiterlesen →
von Volker Eick
Heruntergekommene Quartiere stabilisieren, ihre Bevölkerung aktivieren – das sind die wohlklingenden Ziele des Berliner Quartiersmanagements. Dabei geht es auch um eine neue lokale Sicherheitspolitik, bei der Langzeitarbeitslose in die Erbringung von Sauberkeits-, Ordnungs- und Sicherheitsdienstleistungen und damit in eine neue Ausgrenzungspolitik eingebunden werden.
Der Senator für Stadtentwicklung bestimmt gemeinsam mit den Bezirksverwaltungen die Träger des Quartiersmanagements (QM). Die MitarbeiterInnen des QM-Teams agieren als „Intermediäre“. Sie loten gemeinsam mit den BewohnerInnen die Bedürfnisse des Quartiers aus und beauftragen wiederum Träger für einzelne Aktivitäten und Projekte – vom Rockfestival über Tagesmenüs für Schulen und Obdachlosenhilfen bis hin zu Sicherheits- und Ordnungsdiensten. Viele dieser Vorhaben werden aus Mitteln der Arbeitsagenturen finanziert und geben damit Erwerbslosen aus dem Quartier wieder eine bezahlte Arbeit – wenn auch nur auf dem zweiten Arbeitsmarkt. In Berlin gibt es derzeit 17 Gebiete, in denen ein solches Quartiersmanagement eingerichtet wurde; weitere 16 befinden sich in Vorbereitung.[1] Sicher, sauber, sittsam – Quartiersmanagement und lokale Sicherheitspolitik weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.