Schlagwort-Archive: Schweiz

Dicke Pakete – Anti-Terror-Gesetzgebung in der Schweiz

Der schweizerische Bundesrat, die Regierung des Landes, will sowohl das strafrechtliche Anti-Terror-Instrumentarium als auch die präventiv-polizeilichen Befugnisse gegen „Gefährder“ ausbauen. Das gerade neu gewählte Parlament wird sich im nächsten Jahr mit zwei umfangreichen Gesetzespaketen auseinandersetzen müssen.

Anders als in Deutschland ist das Repertoire an Anti-Terror-Gesetzen in der Schweiz bisher vergleichsweise klein. 2003 ratifizierte das Parlament zwar das UN-Übereinkommen gegen Terrorismusfinanzierung und fügte einen entsprechenden Artikel ins Strafgesetzbuch (Art. 260 quinquies StGB) ein, aber eine generelle Terrorismusstrafnorm lehnte es ebenso ab wie eine dem deutschen § 129a (terroristische Vereinigung) vergleichbare Strafbestimmung. Dicke Pakete – Anti-Terror-Gesetzgebung in der Schweiz weiterlesen

Vor dem Weltwirtschaftsforum: Ausnahmezustand am Zauberberg

Die EinwohnerInnen von Davos müssen sich nicht nur auf die BesucherInnen des World Economic Forum WEF gefasst machen, sondern auch auf die Präsenz Tausender bewaffneter Sicherheitskräfte.

Vom 23.-26. Januar 2018 findet die Jahrestagung des WEF in Davos statt. Bereits in der zweiten Januarwoche hat die Armee mit der Vorbereitung ihres Einsatzes begonnen. 341 Soldaten seien schon da, meldete das Verteidigungsministerium (VBS) am 12. Januar. Maximal 5000 können für den Dienst beim WEF aufgeboten werden, hatte das Parlament 2015 entschieden. Die Luftwaffe wird den Himmel über Davos überwachen – und weil die Grenze so nahe ist, wird sie das in Zusammenarbeit mit ihrem österreichischen Pendant tun. Am Boden werden Milizsoldaten für Sanitätsdienst, Objektschutz und Verkehrsregelung eingesetzt, Berufssoldaten für Personenschutz und Zutrittskontrollen. Die Truppe ist bewaffnet und verfügt über Polizeibefugnisse. Die Soldaten können also Personen anhalten, durchsuchen, festnehmen und dabei gegebenenfalls auch Zwang anwendenVor dem Weltwirtschaftsforum: Ausnahmezustand am Zauberberg weiterlesen

Schweiz: Nur falsche Demokratien brauchen richtige Geheimdienste

Am 25. September 2015 hat das schweizerische Parlament das Nachrichtendienstgesetz verabschiedet. Exakt ein Jahr später haben die BürgerInnen des Landes die Chance, beim Referendum diese Fehlentscheidung zu korrigieren.

Die Landesregierung (der Bundesrat) und die Parlamentsmehrheit wollen aus dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) einen wirklichen Geheimdienst machen. Er soll Telefone abhören, E-Mails mitlesen und sich an den Verbindungsdaten bedienen, die bei der Telekommunikation anfallen. Er soll fremde Computer hacken, Wohnungen durchsuchen und Wanzen und Videokameras darin installieren dürfen. Und schliesslich will man ihm erlauben, die „leitungsgebundenen Netze“ der Telekommunikation mit dem elektronischen Staubsauger zu bearbeiten; diese „Kabelaufklärung“ soll zwar nur bei „grenzüberschreitenden Signalen“ möglich sein, d.h. also wenn entweder SenderIn oder EmpfängerIn im Ausland sitzen – eine Filterung, die im Internet-Verkehr nur schwer möglich ist und die selbst grössere Geheimdienste nicht hinbringen. Schweiz: Nur falsche Demokratien brauchen richtige Geheimdienste weiterlesen

«Das können wir gegenüber Deutschland nicht rechtfertigen»

«Es ist schwer erträglich, solche Zustände zu sehen. Deshalb darf es nur ein Ziel geben: Solche Zustände darf es in Europa nicht mehr geben.» Das sagte die schweizerische Bundesrätin Simonetta Sommaruga am 11. August 2016 bei strahlendem Sonnenschein am «Medienanlass» ihres Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Sie sagte es wie immer mit leicht bebender Stimme und fast war man geneigt, ihr die Erschütterung abzunehmen – aber eben nur fast.

Como ist die letzte italienische Bahnstation vor der Grenze zum schweizerischen Südkanton Tessin. In Como sind Hunderte Geflüchtete gestrandet. Sie lagern unter prekären Bedingungen am Bahnhof und im Park davor – unterstützt, so gut es eben geht, von solidarischen Leuten aus Como selbst, aber auch aus der Schweiz, vor allem aus dem Tessin. «Das können wir gegenüber Deutschland nicht rechtfertigen» weiterlesen

Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich: Die Linke in einer städtischen Exekutive

Die Macht erobern oder von der Macht erobert werden? Seit zweieinhalb Jahrzehnten ist das Stadtzürcher Polizeidepartement in linken Händen. Was hat’s gebracht?[1]

Bürgerliche PolizeidirektorInnen haben es einfach: Sie können sich problemlos mit der Polizei identifizieren. Es ist ihre Polizei, ­die ihre Ordnung verteidigt und sichert gegen vermeintliche und wirkliche Kriminelle, gegen „ungebührliches Verhalten“, gegen „Saubannerzüge“.

Martialische Polizeieinsätze gegen Demonstrationen oder die Vertreibung unliebsamer „Szenen“ aus dem Stadtbild mögen zwar empörte Reaktionen bei den Betroffenen und im schwindenden liberalen Teil der Öffentlichkeit hervorrufen. Für bürgerliche PolizeidirektorInnen boten und bieten sie die Gelegenheit, die eigene politische Klientel zu bedienen und mit den Mitteln der staatlichen Gewalt ein Stück Wahlkampf zu betreiben. Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich: Die Linke in einer städtischen Exekutive weiterlesen

Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich

Die Macht erobern… oder von der Macht erobert werden? Seit 25 Jahren ist das Stadtzürcher Polizeidepartement in linken Händen. Was hat’s gebracht?

Bürgerliche Polizeidirektoren haben es einfach: Sie können sich problemlos mit der Polizei identifizieren. Es ist ihre Polizei, ­die ihre Ordnung verteidigt und sichert gegen vermeintliche und wirkliche Kriminelle, gegen «ungebührliches Verhalten», gegen «Saubannerzüge».

Martialische Polizeieinsätze gegen Demonstrationen oder die Vertreibung unliebsamer «Szenen» aus dem Stadtbild mögen zwar empörte Reaktionen bei den Betroffenen und im schwindenden liberalen Teil der Öffentlichkeit hervorrufen. Für bürgerliche Polizeidirektoren boten und bieten sie jedoch gleichzeitig die Gelegenheit, die eigene politische Klientel zu bedienen und mit den Mitteln der staatlichen Gewalt ein Stück Wahlkampf zu betreiben. In Zürich konnte sich Stadtrat Hans Frick (LdU) zwei Jahrzehnte lang in dieser Rolle wohlfühlen. Der Mann, der ­als Linkenhasser verschrien war, leitete von 1970 bis 1990 das Polizeidepartement der grössten Schweizer Stadt. Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich weiterlesen

Internet-Überwachung à la suisse – Zwischenbilanz eines Rechtssetzungsprozesses

von Dinu Gautier und Heiner Busch

Das schweizerische Justizministerium und sein Überwachungsdienst wollen den ganzen Internet-Verkehr verdächtiger Personen abzapfen und nicht nur ihre E-Mails.

Anfang Juni 2009 erhielten die rund 650 beim Bundesamt für Kommunikation registrierten Internetprovider Post vom Dienst „Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs“ (ÜPF). Man lud sie ein, zur neuen „IP-Richtlinie“ sowie den zugehörigen „organisatorischen und administrativen Anforderungen“ Stellung zu nehmen.

Von der „Echtzeit-Überwa­chung der kompletten Kommunikation des Breitband-Internetanschlus­ses“ war in den Dokumenten die Rede.[1] Konkret sollten die Provider nun das gesamte Surfverhalten einer Nut­zerIn an den Dienst umleiten, sofern gegen die Person ein entspre­chen­des Strafverfahren eröffnet worden ist, die zuständige Staatsanwalt­schaft die Überwachung angeordnet und das Zwangsmassnahmengericht eines Kantons oder die Beschwerdekammer des Bundesstraf­gerichts das Ganze genehmigt hat. Der Staat sollte also Diskussionen in Chats oder Einträge in Foren mitlesen, bei Gesprächen über Dienste wie Skype mit­hören oder zusehen können, sobald die Person eine Webcam aktiviert. Internet-Überwachung à la suisse – Zwischenbilanz eines Rechtssetzungsprozesses weiterlesen

Darf’s sonst noch was sein? Schweiz: Neues Polizeirecht für den Bund

von Viktor Györffy und Heiner Busch

Ende November 2009 hat das schweizerische Justizministerium, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), den Vorentwurf für ein Polizeiaufgabengesetz des Bundes (PolAG) vorgelegt. Geregelt werden darin auch die verdeckten Methoden der Bundeskriminalpolizei.

Das PolAG solle „die Zersplitterung des heutigen Polizeirechts des Bundes“ überwinden, so heißt es in zwei amtlichen Pressemitteilungen sowie in dem rund 100 Seiten langen erläuternden Bericht zu dem Gesetzentwurf.[1] Die Polizeiaufgaben des Bundes seien derzeit in „zahlreichen Bundesgesetzen“ und in einer „Vielzahl von verstreuten Einzelnomen“ geregelt. Das sei nicht nur unübersichtlich, sondern stehe in einem „gewissen Kontrast“ zu der organisatorischen Konzentration der polizeilichen Dienste auf eidgenössischer Ebene im Bundesamt für Polizei, das sich seit einigen Jahren neumodisch als „fedpol“ abkürzt. Das PolAG bringe keine grundsätzlichen Änderungen, es fasse bloß die vorhandenen Bestimmungen zusammen und konkretisiere sie da, wo es nötig sei. Darf’s sonst noch was sein? Schweiz: Neues Polizeirecht für den Bund weiterlesen